Einen neuen Kork herstellen

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newlife
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Einen neuen Kork herstellen

Beitrag von newlife »

Liebe Leute!

Diese Anleitung habe ich in abgewandelter Form schon einmal in einem Thread gepostet, möchte sie aber nun, da die Anleitung für den Parker Duofold Junior von Thorsten / reduziert offenbar Anklang gefunden hat, hier mit etwas leichterem Zugriff erneut einstellen, da mit Sicherheit immer wieder Bedarf besteht.

Wie die Admins damit verfahren, möchte ich ihnen überlassen. Einerseits könnten andere Teilnehmer ihren Senf dazugeben, andererseits könnte man auch der Übersichtlichkeit halber sagen, lieber einen anderen Thread aufmachen. Ganz nach Belieben, mir ist das eine wie das andere recht.




Ich verfahre beim Herstellen von Korken folgendermaßen:

Das Material spielt eine Rolle, ich verwende gewachsenen Kork, der durchaus auch von ein Wein- oder Sektflasche stammen darf. Beim Entkorken darauf achten, dass der Kork möglichst nicht völlig durchbohrt wird, bei Sektkorken, die im Allgemeinen auch gute Qualität haben, passiert das nicht. Im Weiteren darauf achten, dass man keine Presskorken verwendet, die aus verklebtem Korkgranulat bestehen.

Dann schneide ich eine Scheibe vom Kork ab, die der Länge des zu ersetzenden Korks entspricht. Nun bringe ich die Bohrung an, ich habe einen Satz Dremel-Bohrer von 3 - 6 mm mit Zentrierspitze, ich verwende jeweils den, der dem Durchmesser des Korksitzes am besten entspricht, also den nächstkleineren, die endgültige Anpassung der Bohrung erfolgt zum Schluss.

Nun muss der Korken auf den passenden Durchmesser gebracht werden. Da ich über keine Messlehre verfüge, die den Füllerschaft von innen abtasten kann, verwende ich meinen HHS-Bohrersatz. Passt ein 8er, aber ein 8,5er nicht mehr, ist die Sache klar, ich muss den Kork auf 8,5 bringen und mich dann vorsichtig an das Endergebnis herantasten.

Zum Schleifen nehme ich auf Preßspanstreifen aufgeklebtes Schleifpapier, zunächst 100er fürs grobe, 320er fürs feine Schleifen. Mein Schwager will mir aus Messing noch ein paar Stäbe drehen, mit abgestuftem Durchmesser, auf die ich die Korken aufpressen kann, meine bisherige Lösung ist etwas primitiver, funktioniert aber auch. Ich spanne einen dünnen, glatten Stab in meine Proxxon-Maschine ein, stecke den Kork stramm auf, sodass er beim Schleifen nicht verrutschen kann, helfe eventuell mit Tesa nach. Bei minimaler Drehzahl (in meinem Fall 5000 U/min) hat man mit dem 100er Papier den Kork recht schnell im endgültigen Bereich, dann gilt es, vorsichtiger zu werden, denn letztlich entscheiden Zehntelmillimeter darüber, ob der Kork auch dicht abschließt.

Für die Feinanpassung nehme ich den Kork ab, denn ich will ihn ja zur Probe in den Füllerschaft stecken. Dazu dient mir eine lange 6 mm Schraube mit zwei Muttern drauf, eine als Widerlager, die andere, damit der Kork beim Herausziehen nicht im Schaft steckenbleibt. Auf jeden Fall den Kork immer bis zum Ende des Schafts einführen, ich habe schon Füller erlebt, deren Schaft ungleichmäßig geschrumpft war, meist waren sie in Nähe des Griffstückes weiter, warum auch immer. Möglicherweise hat das Griffstück das Material dort am Schrumpfen gehindert. Auf jeden Fall muss ich das Gefühl haben, dass der Kork auch an der weitesten Stelle noch guten Kontakt hat, sonst bin ich beim Schleifen übers Ziel hinausgeschossen.

Nun passe ich den Innendurchmesser an. Dazu dient ein an einem Ende geschlitztes 2 mm Stahlstäbchen in meiner Minibohrmaschine. Dort fädele ich einen schmalen Streifen feines Schleifpapier ein, nur ca. zwei cm lang, und winde es so um das Stäbchen, dass es dem Drehsinn entspricht. Dann stecke ich den Kork auf, halte ihn gut fest und schleife intervallweise, bis der Kork gut auf den Kolbensitz passt. Er sollte auch dort straff sitzen, damit keine Luft eindringen kann. Es geht natürlich auch von Hand mit einer Rundfeile!

Zum Schluss bringe ich an den Kanten eine leichte Fase an, damit sich der Kork gut einführen lässt, und dann erhält er noch ein abschließendes Wachsbad. Ich nehme ganz normales Paraffin, erhitze es auf dem Gasherd in einer winzigen Kasserolle, wenn es schon leicht raucht, ist es heiß genug. Wenn aus dem Kork keine Luftblasen mehr austreten, hat er sich vollgesaugt, wird mit einem Zahnstocher herausgefischt und zum Abtropfen auf Küchenkrepp gelegt.

Damit er noch etwas besser gleitet, bekommt er noch ein Tröpfchen Paraffinöl ab, das ich mir aus der Apotheke besorgt habe.

Das ist die Prozedur, die ich mir wegen meiner bescheidenen Mittel erarbeitet habe, die aber gut funktioniert, auch ohne Profiwerkzeuge wie etwa Korkenschneider. Die müsste man sich dann halt auf der Drehbank anfertigen, man muss sie sich etwa wie eine Lochstanze im Miniaturformat vorstellen. Aber angesichts der vielen unterschiedlichen Hersteller hätte man einige Arbeit, bis man alle Maße abgedeckt hat.

Nachtrag: Ich habe es trotz aller Sorgfalt bei der Herstellung schon erlebt, dass ein neu bekorkter Füller nach einiger Zeit - unbenutzt zwischen vielen anderen Oldies - an Dichtwirkung verliert, also beim lang ersehnten ersten Einsatz keine oder wenig Tinte aufnehmen will. Am unangenehmsten fällt das auf, wenn der Kolben wie bei vielen simplem Modellen nur durch Reibung am Schaft ein- und ausfährt. Bessere Systeme haben ja einen Verwindungsschutz, der den Kolben immer ausfahren lässt, Reibung oder nicht.

So recht kann ich mir das Schrumpfen nicht erklären, ich dachte, das Wachstränken schützt den Kork davor, aber das scheint nicht so zu sein. Ich denke, man beugt am besten erstens dadurch vor, dass man den Korkdurchmesser großzügig hält, lieber etwas dicker als gerade eben passend, zweitens, indem man den Füller vorm Einlagern mit etwas Wasser füllt. Frühere Hersteller sind glaube ich nicht ohne Grund irgendwann auf Kunststoffdichtungen umgestiegen!
Grüße von Klaus!
newlife
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Re: Einen neuen Kork herstellen

Beitrag von newlife »

P.S.: Wer möchte, dass ich weitere Verfahren beschreibe, meldet sich am besten per PM, dann kann ich abschätzen, ob ich dazu etwas Wissenswertes veröffentlichen kann. Andererseits ist so ein Thread wie von Thorsten als Einstieg wegen der aussagekräftigen Fotos, z.B. mit dem teilweise gelösten Griffstück, auch nicht übel.
Grüße von Klaus!
Blautiger
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Re: Einen neuen Kork herstellen

Beitrag von Blautiger »

Ich finde solche Beschreibungen, genauso wie zur Reparatur von Druckknopffüllern sehr hilfreich und würde mir wünschen, wenn es so eine Art "Leitfaden" zur Reparatur, Federn, Tinte, Aufbewahrung, Pflege etc. geben würde. Das alles fest "angepinnt" und übersichtlich, so wie jetzt, sucht man sich hier alles Stück für Stück zusammen.

Gruß
Andreas
Gruß
Andreas
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patta
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Re: Einen neuen Kork herstellen

Beitrag von patta »

Herzlichen Dank!
Ich habe zwar keinen Buttonfiller oder Korkdichtungs-FH, aber wie hier jeder weiß, kann sich dies durch die stetig steigende Zahl der Schreibgeräte schnell ändern. Zudem macht es Mut, sich diesen Stiften zu nähern, wenn man weiß - und es nicht in englischen Foren zusammensuchen muss, in denen man Fachtermini und Produktnamen nicht kennt und Lieferquellen nicht nutzen kann - wie man sie schreibbereit machen kann. Daher: Bitte weiter so!

Die Hälfte dessen, was man schreibt, ist schädlich, die andere Hälfte unnütz. - Friedrich Dürrenmatt
werner
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Re: Einen neuen Kork herstellen

Beitrag von werner »

Blautiger hat geschrieben:Ich finde solche Beschreibungen, genauso wie zur Reparatur von Druckknopffüllern sehr hilfreich und würde mir wünschen, wenn es so eine Art "Leitfaden" zur Reparatur, Federn, Tinte, Aufbewahrung, Pflege etc. geben würde. Das alles fest "angepinnt" und übersichtlich, so wie jetzt, sucht man sich hier alles Stück für Stück zusammen.
Hallo zusammen,

das Archiv ist angelegt, angepinnt und schon um den Beitrag "Einen neuen Kork herstellen" ergänzt. Jetzt muss es nur noch von vielen Interessenten genutzt werden. Wertvolle Ergänzungen bitte melden, diese werden dann sofort aufgenommen.

Viele Grüße
Werner
Leserlichkeit ist die Höflichkeit der Handschrift. (Friedrich Dürrenmatt)
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