Das "lange" S

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Andi36
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Das "lange" S

Beitrag von Andi36 »

gerade gefunden:

der Artikel des Tages auf Wikipedia widmet sich dem langen S.

Gruß,
Andreas
Don't feed the troll.
mirosc
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Re: Das "lange" S

Beitrag von mirosc »

Andi36 hat geschrieben: der Artikel des Tages auf Wikipedia widmet sich dem langen S.
Du meinſt:
"widmet ſich dem langen ſ." :)

Vielen Dank für den Hinweis!
Ich hatte neulich mit einem englischen Kollegen darüber gesprochen, der ganz erstaunt war, dass es das auch im Englischen gegeben haben soll... Schön, dass das im Artikel auch zu Wort kommt.
Gruß, Michael
pejole
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Re: Das "lange" S

Beitrag von pejole »

Hallo,

vor allem das Wort - Wachstube - in Kurrent oder Fraktur geschrieben, mit rundem s wirklich die Wachstube für Schuhcreme, mit langem s die Wachstube der Soldaten, da kann es schnell zu Verwechslungen kommen wenn die s-Regel nicht beachtet wird.

pejole
pejole
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Re: Das "lange" S

Beitrag von pejole »

@ mirosc

vielleicht kannst du das Wort - Wachstube - mal mit langem s schreiben,daneben mit rundem s, ich weiß nicht mit welcher Kombination das geht, dann sieht man ggf auch mal den Unterschied deutlicher.

Gruß, pejole
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Tenryu
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Re: Das "lange" S

Beitrag von Tenryu »

Fraktur.jpg
Fraktur.jpg (20.33 KiB) 7171 mal betrachtet
Wachstube - Wachſtube
ausſuchen
ſich ſelbſt

Ich benutze das lange ſ recht häufig, weil ich dann die Texte auch in Fraktur drucken kann, wenn ich das möchte. (Es ist auch viel einfacher, bei Bedarf das ſ per "ſuche und ersetze" in s umzuwandeln, als umgekehrt.)
In den Antiqua-Schriften iſt es ſeit den 1920er Jahren eigentlich kaum noch gebräuchlich. Jedoch beſitze ich einige ältere Taſchenbücher (z.B. R.L. Stevenſon. Die Schatzinſel. Diogenes Verlag, 1979) wo das noch so geſetzt wurde.

In Word kann man es leicht über die Sonderzeichentabelle einfügen und ihm auch eine Taſtenkombination zuweiſen. Hier im Forum geht das leider nicht, ſo daß ich es nur aus der Zwiſchenablage kopieren kann. Vermutlich gibt es irgend einen ASCII- oder ANSI-Code, aber den kenne ich leider nicht.
mirosc
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Re: Das "lange" S

Beitrag von mirosc »

@pejole:
Tenryu hat das viel zu schön gemacht, als dass ich da noch etwas hinterher schicken dürfte...
:-)
Gruß, Michael
pejole
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Re: Das "lange" S

Beitrag von pejole »

@ Tenryu

wunderbar, anschaulicher kann man die Wachstube/Wachstube nicht bringen. Vielen Dank.

Ich füge mal ein Foto bei von einem Buch Ausgabe 1937 in Fraktur geschrieben da ist zu sehen wo das runde s und das lange s den Regeln nach geschrieben werden, habe das Buch in den Fünfzigern gelesen als 10jähriger und habe damals schon erstaunlicherweise diese Schrift gut lesen können. Ich kenne Erwachsene in meinem Alter die Schwierigkeiten haben diese Schrift zu lesen.

Gruß, pejole
agnoeo
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Re: Das "lange" S

Beitrag von agnoeo »

Unicode: "latin small letter long s"

http://graphemica.com/%C5%BF
- David
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aljen
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Re: Das "lange" S

Beitrag von aljen »

Moin auch,

um die Jahrtausendwende gab es ein typografisches Projekt, das genau diese Eigenarten der deutschen Sprache aufgriff. Den Bericht hatte ich damals in PAGE gelesen, als ich das Blatt noch abonnierte. Später habe ich nichts mehr von dem Projekt erfahren, dessen Teilnehmer ich genauso vergessen habe, wie den Schirmherrn. Auf jeden Fall hatte es mit dem damaligen Oberhype-FF zu tun, wenn ich mich recht erinnere.
Et in Arcadia ego.
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Cepasaccus
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Re: Das "lange" S

Beitrag von Cepasaccus »

Fraktur hat gegenueber der Antiqua einen Lesbarkeitsvorteil, weil es mehr Ober- und Unterlaengen gibt und einem das ſ hilft Wortteile zu erkennen. Sie hat aber auch Lesbarkeitsnachteile, weil es sehr aehnliche Buchstaben gibt. Sehr aehnlich: B und V, ſ und f, etwas aehnlich: r und x, m und w. Da muss man schon mal ganz genau hinschauen, wenn die Schrift kleiner und nicht sauber gedruckt ist. In der Antiquaſchrift iſt der Unterſchied zwifchen ſ und f vielleicht schon etwas deutlicher.
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aljen
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Re: Das "lange" S

Beitrag von aljen »

Fraktur-Freunden, die das wunderschöne Buch „Fraktur Mon Amour“ von Judith Schalansky immer noch nicht kennen (was ich für äußerst unwahrscheinlich halte), sei eben dieses Buch empfohlen.

Ich kann mich noch gut an die plötzlich ernsthaften Gesichter erinnern, als ich (auf Nachfrage) das Buch als Geschenkidee für meineneinen genannt habe: „Sachma, bist du jetzt unter die Rechten gegangen?“. :lol:

Es folgte die übliche Richtigstellung zu der großen, überaus internationalen und polykulturellen Schriftfamilie der gebrochenen Schriften Mitteleuropas und zu dem einschlägigen Verbot dieser Schriften durch eine deutsche Diktatur… :)

Viele Grüße
Alexander
Et in Arcadia ego.
Zino
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Re: Das "lange" S

Beitrag von Zino »

Servus miteinander!

Eben lese ich Stephen Greenblatt: Die Wende / Wie die Renaissance begann, und dort über den Beginn der humanistischen Schrift und der heute als Antiqua bekannten Typen, die – unter anderem – auf die Handschrift von Poggio Bracciolini zurückgehen.

Und beim Nachschlagen der Handschrift finde ich dieses Beispiel, das ich mit Euch teilen möchte. Es entstammt den Orationes in Laurentium Vallam in einer Sammelhandschrift in humanistischer Minuskel (findet sich auf Wikipedia).

Gruß!
Peter
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Tenryu
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Re: Das "lange" S

Beitrag von Tenryu »

So schön würde ich auch gerne schreiben können. 8)

Gibt es irgend eine moderne Feder, die das gleiche Schriftbild erzeugt, wie die damals verwendeten Gänsekiele?
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YETI
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Re: Das "lange" S

Beitrag von YETI »

Ja, die alten Soennecken Breitfedern sind relativ flexibel. Damit kommt man schon ziemlich nah an das Schriftbild eines Federkiels heran. Das Schreibgefühl ist natürlich komplett anders. Ein Federkiel ist viel weicher.
Noch viel wichtiger als das Werkzeug ist aber die Frage der richtigen Schreibtechnik, damit man dieses Schriftbild so gut hinbekommt. Vor Allem die Betonungen der Abstriche ist nicht leicht hinzubekommen. Daran beisse ich mir auch noch die Zähne aus. Ich muß aber dazu sagen, daß ich mich eigentlich auf andere Schriften konzentriere. Man kann leider nicht alles auf einmal lernen.

Schöne Grüße

Andreas
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pejole
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Re: Das "lange" S

Beitrag von pejole »

Tenryu hat geschrieben:So schön würde ich auch gerne schreiben können. 8)

Gibt es irgend eine moderne Feder, die das gleiche Schriftbild erzeugt, wie die damals verwendeten Gänsekiele?
Hallo,

versuchs doch mal mit einer Bambusfeder oder Rohrfeder, die schreibt weicher und individueller als Bandzugfedern. Eine kleine Anleitung zum selber basteln im Link.

@ YETI

Wenn du die Abstriche betonen willst musst du je nach Buchstaben beim schreiben die Feder drehen oder wie in dem Bild das kleine l oben neben dem Anfangsstrich nochmals kurz links daneben ansetzen und diese Serife machen.


http://www.kallipos.de/rohrfeder.html

Gruß, pejole
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