Chemie des Tintenlöschstiftes

Moderatoren: desas, MarkIV, Linceo, Lamynator, JulieParadise, HeKe2

Antworten
Benutzeravatar
vanni52
Beiträge: 6225
Registriert: 02.03.2016 17:57

Chemie des Tintenlöschstiftes

Beitrag von vanni52 »

Immer mal wieder liest man hier etwas zum Thema Löschbarkeit von Tinten oder auch zu Tintenlöschstiften.
Die von verschiedenen Herstellern angeboten werden und dann Namen tragen wie z.B. Tintenkiller, Tintenpirat oder Tintentod.
Neben einem Exkurs in die Chemie könnte der Faden eine Stelle sein, an der Erfahrungen ausgetauscht werden, über löschbare Tinten, auch mit anderen Farben als Königsblau.

Die Beschreibung der Funktionsweise eines Tintenlöschstiftes möchte ich ergänzen durch eine Zeichnung, die die chemische Reaktion, die dem Löschvorgang zugrunde liegt, vereinfacht darstellt. Interessant wäre hierbei der Farbstoff Methylblau, dessen Molekülstruktur allerdings sehr komplex ist, und deshalb habe ich ein überschaubareres Molekül aus der Gruppe der Triphenylmethanfarbstoffe gewählt. Und als Strukturformel die abstrahierte Valenzstrichformel.
Und die Zeichnung natürlich mit Tinten, Rohrer & Klingner Ebony, Fritzrot und Pelikan 4001 Königsblau. :)

IMG_9927.jpeg
IMG_9927.jpeg (365.93 KiB) 339 mal betrachtet

Das Molekül des blauen Triphenylmethanfarbstoffes besitzt ein zentrales Kohlenstoffatom (sp2), an dem drei aromatische Ringe hängen. Diese sp2-Hybridisierung ermöglicht eine planare Struktur des Moleküls, und hieraus ergibt sich, dass sich die Pi-Elektronen der Doppelbindungen (blau gekennzeichnet) über das gesamte Molekül ausbreiten können. Die Elektronen sind leicht anregbar und absorbieren energiearme Strahlung bestimmter Wellenlängen und die Tinte zeigt sich in der Komplementärfarbe (hier blau).
Der Tintenlöschstift verändert die geometrische Struktur am zentralen Kohlenstoffatom, indem das enthaltene Sulfitanion (SO3 2-) eine pyramidable sp3-Hybridisierung verursacht. Das Molekül verliert seine sp2-Planarität und der Raum für die delokalisierten Elektronen wird eingeschränkt. Die Tinte erscheint jetzt farblos.
Der Löschvorgang ist umkehrbar, die Hinreaktion mit dem Sulfatanion ist eine Reduktion, die Rückreaktion bei Anwesenheit von Sauerstoff eine Oxidation, die Tinte erscheint wieder blau.
Löschbar sind neben dem Methylblau auch andere Triphenylmethanfarbstoffe, wie etwa Methylviolett, das über die Jahre immer mal wieder der Pelikan 4001 Königsblau zugesetzt wird.
Eine Ausnahme bei den Triphenylmethanfarbstoffen ist das Eosin, das z.B. in der Pelikan 4001 Brillant-Rot enthalten ist und das nicht löschbar ist. Eignet sich deshalb auch als Korrekturtinte.
LG
Heinrich
Benutzeravatar
vanni52
Beiträge: 6225
Registriert: 02.03.2016 17:57

Re: Chemie des Tintenlöschstiftes

Beitrag von vanni52 »

vanni52 hat geschrieben:
03.05.2024 17:14
…die Hinreaktion mit dem Sulfatanion ist eine Reduktion
Da muss es natürlich Sulfitanion heissen.
Eigentlich habe ich es mir in letzter Zeit abgewöhnt, Rechtschreibfehler nachträglich zu korrigieren, hier allerdings sollte es schon sein, da es dieses „Sulfatanion“ tatsächlich gibt, und dieses zudem mit dem Sulfitanion in einer Oxidation bzw. Reduktion zusammenhängen kann. Sorry.
LG
Heinrich
Benutzeravatar
Entschleuniger
Beiträge: 439
Registriert: 11.03.2021 18:34
Wohnort: Soltau

Re: Chemie des Tintenlöschstiftes

Beitrag von Entschleuniger »

Tintenkiller waren irgendwie interessante Geräte zum Blödsinn machen.
Wenn wir einen ärgern wollten, haben wir in Schulheften einfach ein großes X über die Seite gemalt. Wenn es dann ans schreiben ging...

Aber Danke für diese spannende Erläuterung der chemischen Vorgänge

LG Martin
Forenmisanthrop! Insta: 1607_martin
Antworten

Zurück zu „Die Tinte und der Tintenfluss / Ink and the ink flow“