Der neue Montbanc M

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glucydur
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Re: Der neue Montbanc M

Beitrag von glucydur »

Was ist an diesem Füller postmodern? Zitate bzw. Anleihen machen allein noch keine Postmoderne aus... Dieser Umstand kennzeichnet auch den Historismus. Bitte um Konkretisierung, welche Design- bzw. Stilelemente beim M postmodern sind... Danke.

VG

Alexander
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Mr.Eyedropper

Re: Der neue Montbanc M

Beitrag von Mr.Eyedropper »

Naja, Postmoderne zeichnet sich m. M. n. vereinfacht durch vier Merkmale aus: Ironie, Eklektizismus, Pluralität und Popularität.

Bei dem Füller wird halt nicht nur zitiert, sondern verfremdet und ironisch gebrochen. Dass nun Stilelemente aus preiswerten und ikonischen Lamys übernommen werden, empfinde ich als eine solche ironische Brechung und zugleich macht das die Popularität aus – man muss in keinem Designdiskurs verankert und auch kein Kunsthistoriker sein (die Patron-of-Irgendwas-Füller funktionieren genauso). Dass der Füllerkorpus in seiner Form nicht ganz durchgeht, sondern völlig unsinnig eine ganz fülleruntypisch flache Form annimmt, könnte man durchaus eklektizistisch und pluralistisch sehen: Es wird halt etwas zusammengebracht, das in einem gewissen Gegensatz zueinander steht und den Gegenstand aus verschiedenen Perspektiven in verschiedenem Licht unterschiedlich dastehen lässt (die Witze darüber, dass das gar kein Füller sondern ein Koksspatel sei, illustrieren das m. M. n. ganz gut).
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glucydur
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Re: Der neue Montbanc M

Beitrag von glucydur »

Das ist mir irgendwie noch zu abstrakt. Klar, die 4 genannten Kriterien schraffieren den Begriff "Postmoderne". Nur ist es fraglich, ob die Subsumption des M unter diese Kriterien richtig ist. Ich finde es für den unmittelbaren Betrachter sehr schwierig, im M bspw. "Eklektizismus" zu erkennen. Das wirkt doch sehr konstruiert. Es gibt eine Feder und einen Clip, die der Feder und dem Clip eines Lamys ähneln. Aufgrund dieser Tatsache dem M gleich einen Mix mehrerer vergangener Stilrichtungen zu unterstellen, ist für mich nicht schlüssig. Ich würde daher eher meinen Augen und meinem Assoziationsvermögen vertrauen. Wenn ich mir Repräsentanten der postmodernen Architektur wie das AT&T Building, die Staatsgalerie und Musikhochschule Stuttgart, die Piazza d'Italia in New Orleans anschaue und den M daneben lege, dann wird einem sofort klar: Dieser Füller hat wenig mit dem Erscheinungsbild der Postmoderne zu tun. Was wir an den Architekturbeispielen sehen ist ein wilder Mix aus historischen Stilen, Farbigkeit, Kitsch, Ornamentik und Dekoration. Die erkenne ich im M nicht. Bei einem Lamy persona dagegen ist der Vergleich wesentlich ergibiger. Hier erkenne ich unterschiedlich Stile: den Korpus kann man mit einer antiken Säule assoziieren, die Kappe mit Streamline, der Clip ist ein schönes Beispiel für Art Déco. Verstehst Du, was ich meine?
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Mr.Eyedropper

Re: Der neue Montbanc M

Beitrag von Mr.Eyedropper »

In den Romanen der Postmoderne sehe ich keinen wilden Mix, im AT&T Building auch nicht. Und auch im Haas-Haus nicht, das (was ich brillant finde) dadurch "zitiert" und ironisch mit Perspektiven spielt, indem es den Stephansdom in seiner Glasfassade spiegeln lässt. Ich würde Postmoderne auch nicht vom Mix her erklären (auch ein Kuchenteig ist ein wilder Mix und deswegen ganz sicher nicht postmodern), sondern mit dem Effekt, der erzielt wird. Auch das Fountain Place in Dallas aus den 80ern ist in dieser Hinsicht grandios. Da war mein erster Gedanke - analog zum flachen Ende des Montblanc M: Ein Spitzdach auf einem Wolkenkratzer? Das gehört da eindeutig nicht hin! Und mit ein bisschen perspektivwechselnder Bewegung stellt sich heraus: Es ist auch kein Spitzdach, sondern ein Prisma. Man muss sich physisch bewegen um die Ironie zu erkennen. Mir gefällt sowas. Ich finde das originell. Deswegen gefällt mir wohl auch der M, auch wenn ich ihn nur auf Fotos gesehen habe. Ist halt mal was anderes als die spießige Strenge der Meisterstücke.
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glucydur
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Re: Der neue Montbanc M

Beitrag von glucydur »

Du hast den M in Deinem ersten Post u.a. "eklektizistisch" genannt. Eklektizismus definiert sich in diesem Zusammenhang, dass in einem Werk verschiedene vergangene Stile verarbeitet sind. Du widersprichst jetzt Deinen eigenen, ersten Ausführungen...

Der Nachweis, dass der M ein postmoderner Füller ist, weil er ein "ironisches" Endstück hat und in 2 Details einem Lamy ähnelt, ist für mich immer noch nicht erbracht. Diese Aussage bleibt hoch interpretativ und spekulativ. Genauso könnte man behaupten, dass das überraschende Ende des M ein Merkmal des Dekonstruktivismus sei. Genauso spekulativ...

Für mich hat der M schlichtweg ein sehr eigenständiges, modernes Aussehen, welches eine design- oder kunsthistorische Einordnung kaum zulässt. Er ist für mich ein Beispiel für (gut gemachtes) Zeitgeist-Design.

VG

Alexander
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Mr.Eyedropper

Re: Der neue Montbanc M

Beitrag von Mr.Eyedropper »

glucydur hat geschrieben:Du hast den M in Deinem ersten Post u.a. "eklektizistisch" genannt. Eklektizismus definiert sich in diesem Zusammenhang, dass in einem Werk verschiedene vergangene Stile verarbeitet sind. Du widersprichst jetzt Deinen eigenen, ersten Ausführungen...

Der Nachweis, dass der M ein postmoderner Füller ist, weil er ein "ironisches" Endstück hat und in 2 Details einem Lamy ähnelt, ist für mich immer noch nicht erbracht. Diese Aussage bleibt hoch interpretativ und spekulativ. Genauso könnte man behaupten, dass das überraschende Ende des M ein Merkmal des Dekonstruktivismus sei. Genauso spekulativ...
Wer sagt, dass Postmoderne nicht dekonstruktivistisch ist? Das Eklektizistische liegt für mich z. B. in den Lamy-Zitaten, die gleich in doppelter Hinsicht verschiedene Stile aufgreifen: Sie greifen eine für MB ganz untypische Designsprache auf und sie kommen aus (im Vergleich zu MB) Billigprodukten. Zumal Feder und Clip für Füllhalter auch nicht gerade marginale Details sind, sondern ganz maßgeblich das Gesamtbild prägen. Und ja, es ist interpretativ. Deine Auffassung ist ja auch nicht minder interpretativ und spekulativ, sie hat ihre blinden Flecken nur an anderer Stelle.
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Killerturnschuh
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Re: Der neue Montbanc M

Beitrag von Killerturnschuh »

Liebes Augentröpfchen,

so sehr mich deine, sich selbst widersprechende Aussagen und deren Begründungen erheitern, so nachdrücklich möchte ich darauf verweisen dass Lamy kein Billigprodukte sind. Als Schullfüller konzipiert bewegt sich der Lamy Safari sich in seinem Segment im gehobenen Mittelfeld.
Die optische Nähe des M zum Lamy ist höchst liebenswert und adelt das gelungene Designe des Lamy ohne das Montblanc ihm kopiert.
Salve

Angi

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Mr.Eyedropper

Re: Der neue Montbanc M

Beitrag von Mr.Eyedropper »

Killerturnschuh hat geschrieben:Liebes Augentröpfchen,

so sehr mich deine, sich selbst widersprechende Aussagen und deren Begründungen erheitern
Angiemäuschen,

dann gilt für uns beide wohl das Sprichwort: Ein Affe lacht über den Hintern des Anderen. ;)
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glucydur
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Re: Der neue Montbanc M

Beitrag von glucydur »

Selbsterkenntnis ist der Weg zur Besserung... Der erste schlüssige Satz heute.

VG

Alexander
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Mr.Eyedropper

Re: Der neue Montbanc M

Beitrag von Mr.Eyedropper »

Meine Erkenntnis des Tages ist eher mein Erstaunen darüber, dass es Menschen gibt, die sich mit Händen und Füßen gegen die Vorstellung sträuben, ein Schreibgerät von Montblanc könnte postmodern sein. :mrgreen:

Die Frage, die sich zwangsläufig daraus ergibt: Was ist an Postmoderne eigentlich so böse, dass sie vom Montblancfüller ferngehalten werden muss? Fragen über Fragen …
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glucydur
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Re: Der neue Montbanc M

Beitrag von glucydur »

Ich freue mich halt einfach über Deine intellektuellen Pirouetten... :mrgreen:
Gutta cavat lapidem.
Hanjoro
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Re: Der neue Montbanc M

Beitrag von Hanjoro »

Da dieser Füller ja nun schon einige Zeit nicht mehr ganz neu ist, würde mich interessieren, wie der sich über die Zeit beim Schreiben verhält. Könnte jemand, die oder der den M im Alltag regelmäßig und ausgiebig nutzt, dazu etwas schreiben?
Vielen Dank,
Hanjo
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alt_genug
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Re: Der neue Montbanc M

Beitrag von alt_genug »

Hanjoro hat geschrieben:
03.01.2023 16:50
Da dieser Füller ja nun schon einige Zeit nicht mehr ganz neu ist, würde mich interessieren, wie der sich über die Zeit beim Schreiben verhält. Könnte jemand, die oder der den M im Alltag regelmäßig und ausgiebig nutzt, dazu etwas schreiben?
Vielen Dank,
Hanjo
Lieber Hanjo,

noch kann ich keine Langzeiterfahrungen vorweisen, aber die F in dem mir vorliegenden Modell des M Signature schreibt sehr angenehm.

Für meinen Geschmack ist die 18k-Feder genau richtig abgestimmt: sanft gleitend, doch nicht rutschig. Sie ist zwar fest, dämpft aber die Rückmeldung vom Papier angenehm ab. Mit Druck ist eine leichte Linienvarianz möglich. Weich würde ich die Feder allerdings nicht nennen.

IMG_0177.jpeg
IMG_0177.jpeg (143.77 KiB) 1136 mal betrachtet

Sobald ich den Füllhalter ausgiebiger genutzt habe, melde ich mich hier nochmals zurück.

Viele Grüße
Sebastian
Hanjoro
Beiträge: 90
Registriert: 01.01.2019 10:07

Re: Der neue Montbanc M

Beitrag von Hanjoro »

Lieber Sebastian,
vielen Dank für die Hinweise und das Schreibbeispiel. Und entschuldige meine späte Antwort.
Inzwischen habe ich auch einen erstanden, ebenfalls in F. Nach einer ersten Schreibprobe bin ich noch mal einige Zeit in mich gegangen, da mir im ersten Moment der scharfe Übergang vom Korpus zum Griffstück suspekt war. Ich habe mich dann doch dafür entschieden und bin inzwischen mit dem Füller sehr zufrieden, nachdem ich die für mich passende Griffposition gefunden hatte. Die von Dir thematisierte Schreibcharakteristik der Feder empfinde ich genau so. Gerade wenn man ihn im Alltag viel herumschleppt, ist ein solcher Patronenfüller ein zuverlässiger Begleiter. Und optisch originell ist er allemal.
Viele Grüße,
Hanjo
TimeToBe
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Registriert: 19.05.2023 19:56

Frage an die Experten:

Beitrag von TimeToBe »

Die wahre Marc Newson Edition war jene von 2015 mit dem Logo MN auf der Feder. Alle anderen sind eigentlich von Montblanc nachgereichte Modelle mit dem hauseigenen Logo auf der Feder. Sehe ich das richtig?
Chronologie:
2015: die erste und einzige Mark Newson Edition in schwarzem Resin hochglanz poliert. MN auf der Feder.
2016 ?: Schwarzer Resin hochglanz poliert. Auf der Feder statt MN das MB Logo, Federqualität usw..
2017: matt schwarzer Resin (Ultra Black genannt) Ausführung mit einem extra Magnet im Schaft, hält die aufgesetzte Kappe während dem Schreiben in Position. Zusätzliche Erkennung durch orangenen Gewindeeinsatz im Schaft. MN wurde durch das Logo von MB auf der Feder ersetzt.
2018: Montblanc M RED in rotem Resin hochglanz poliert. Nur das Logo von MB, Federqualität und der Schriftzug Montblanc sind auf der Feder eingraviert.
2019: (Montblanc M) RED Signature in Palladium Nickel Gehäuse, Griff Stück mit roter Resin-Einlage. Schriftzug (Montblanc M) RED und Federqualität sind auf der Feder eingraviert.

In Marc Newsons Werkverzeichnis sind die Versionen von 2015, 2018 und 2019 aufgeführt. Die 2018 Version sei ebenfalls von ihm angeregt worden, habe ich gelesen. Die Version von 2017(Ultra Black) ist nicht erwähnt.

Liege ich da richtig? Muss man auch jene Versionen als Marc Newson Edition dazunehmen, die er in seinem Werkverzeichnis aufführt? In der Annahme, dass er diese massgebend mitgestaltet hat.
Wie müssen jene Modelle (2016 ?:) in schwarzem hochglanz Resin eingeordnet werden, ohne das MN Logo auf der Feder?
Die Füller mit MB Logo auf der Feder, nach 2015, werden zu deutlich höheren Preisen neu oder als gebraucht verkauft. Warum? Weil sie neueren Datums sind? Eigentlich müsste doch das Original, die erste Edition, die wertvollste sein? Oder ist ein MB Logo auf der Feder soviel mehr wert?
Wieviele wurden eigentlich von den verschiedenen Jahrgängen produziert? Schätzungen?
In Gebrauch:
Füller:Lamy2000 F
Notizbuch:Canson Universal
Tinte:MB Royal Blue
Stifthalter:Eigenentwicklung
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