Montblanc und der Einzelhandel

[Sabine]

Die schlechte Nachricht scheint zu stimmen - Montblanc vertreibt seine Produkte in Zukunft nicht mehr über den Einzelhandel.
Heißt das: nur noch über die Boutiquen und den Online-Shop?

[ralph]

Hallo,

danke für die Info, wo liest man das denn.

Grüße aus Köln
Ralph

[Pen-Tagon]

Wir hatten das hier schon andiskutiert, mit Händlerin.

viewtopic.php?f=20&t=38747&p=432252#p432252

Wenn das für MB mal nicht nach hinten losgeht. Scheinbar machen sie (im Moment) genug Umsatz mit Onlineshop und Butike. Nun, bei MB ist ein Großkonzern (Richemont) dahinter. Großkonzerne machen manchmal komische Dinge, die sie hinterher wieder zurückdrehen.

[fountainpen.de]

Interessant ....

1991 hatte Montblanc ja schon etwas ähnliches gemacht. Damals hatte man bei dem Event auf Schloss Sanssouci in Potsdam bekannt gegeben, dass man sich auf Luxus konzentrieren will. Die ganzen anderen Schreibgeräte sind dann aus dem Sortiment gefallen. Und damit war auch ein Großteil der Händler weg ... auch damals gab es viele Stimmen, die gesagt haben, dass das nie klappt. Heute haben viele vergessen, dass MB auch ganz normale Schreibgeräte produziert hat.

Ich klinge jetzt sicher wie die "Nörgler" von damals, aber ... ich kann/mag mir MB ohne Einzelhändler nicht vorstellen. Man kann ja nicht in jeder Stadt einen eigenen Laden haben und/oder komplett auf Online zu setzen ... und wenn man einmal den Händlern gekündigt hat, kann man das auch nicht ohne weiteres wieder rückgängig machen.

[BC666]

Moin,

kann bestätigen ... war heute bei Karstadt und kein Montblanc mehr weit und breit zu sehen ... . Meinetwegen sollen sie gern in ihren Butiken verstauben. Wie gut, dass die hübschen Füllhalter sowieso weit weit über meinem Budget liegen. Da ärgere ich mich wenigstens nicht ganz so dolle.

LG, Claudia

[ralph]

Hallo,

für die ergänzenden Informationen danke ich.

Ich bin auch wütend und fassungslos über die Nachricgt, auch wenn wir in Köln eine gute MB-Boutique haben, tut es mir für Ortloff sehr leid, weil die dortigen Damen sehr gute Arbeit leisten.

Auch wenn ich vielleicht noch auf der Leitung stehe, bedeutet das dann das Ortloff, Köln und Fritz Schmipf in Tübingen auch kein MB mehr führen ?

Gruß
Ralph

[Sabine]

Lieber Ralph,
ich fürchte, genau so ist das zu verstehen. Und die Reihe der guten Fachgeschäfte ist lang . . .

[TomSch]

Tach zusammen,

eine ernst gemeinte Frage: gibt es dafür einen feststehenden Termin, zu dem alle Händler ausgeknockt sein sollen oder wird das Procedere ein kontinuierlicher Rückzug aus dem Einzelhandel auf Raten sein?
Hintergrund ist auch der, dass bspw. die Meister aus Tübingen MB in seiner Pracht und Breite aktuell nach wie vor im Sortiment haben. Wenn es alle nacheinander "erwischt", könnte man ja derzeit noch den Einzelhandel entsprechend unterstützen, um danach den Butiken - und damit auch dem Konzern - den Rücken zu kehren.

Tschö, Thomas

[Robbes]

Leiden wir nicht alle unter der Gewinnmaximierungsmaxime?
Gier und Neid sind zu bekämpfende Übel. Das zerfrisst uns noch.

Wie viele Fachhändler gibt es überhaupt noch und wie qualifiziert sind die?
Vom Personal in den Montblanc-Boutiquen bin ich jedenfalls schon oft erschrocken gewesen.
Montblanc müßte viel gutes Personal rekrutieren. Das hängt von der Bezahlung ab und von guter Schulung.
Wer soll das bezahlen? Die Kunden sollen es zahlen, natürlich. Dafür müßte Montblanc für die Kunden aber attraktiver werden.

[Todor]

Wie viele Fachhändler gibt es überhaupt noch und wie qualifiziert sind die?
Vom Personal in den Montblanc-Boutiquen bin ich jedenfalls schon oft erschrocken gewesen.
Montblanc müßte viel gutes Personal rekrutieren.
…

Das ist ganz richtig. Und der Wettbewerb durch gute Fachhändler sorgte lange Zeit für ein gutes Niveau in den MB Shops. In Frankfurt wurde man in der Boutique mit einer gewissen hanseatischen Verbindlichkeit behandelt, solang es 3 Fachhändler in nächster Nähe gab, wovon einer einen Standard deutlich oberhalb der Boutique pflegte und noch teurere Brands führte.

Inzwischen haben sie mangels Nachfolge zugemacht und die MB Boutique ist ein zweifelhafter Laden geworden:
- Man muss sich an Koffern, Taschen, Gürteln vorbeizwängen und vorlauten orientalischen Touristen, die diese unheimlich toll finden. Noch toller finden sie die Parfums, die sie in Unmengen versprühen und die Luft des kleinen Ladens damit schwängern, als wollten sie Insekten töten. Dem Personal ist es egal oder es ist schon durch die kaum atembare Luft benebelt.
- Erreicht man die drei kleinen Vitrinen mit Füllern, posiert ein kaugummikauendes Wesen vor seinem Telefon und macht Selfies, um einen LE Füller mit der Sonnenbrille abzustimmen.
- Ich bin ganz gelassen und störe mich an Wiederkäuern, sondern will mir Füller anschauen und mit meiner Handschrift abstimmen. Mein ungewöhnliches Ansinnen wird vom Personal gleich zurückgewiesen: „Was anderes als M Federn haben wir nicht. Da müssen Sie erst was kaufen und nach Hamburg zum Tausch schicken. Und betanken tun wir die Füller nicht, die wären nicht mehr Original!“

MB mangelt es langsam an Selbstanspruch.

Wohin diese lässige Vulgarität führt, kann man 100m weiter bei Louis Vuitton beobachten: Die halbe Kundschaft läuft in Badeschlappen rum und isst Pizza aus fettigen Schachteln — Vive la couture! Der Shop feiert das seit 2 Jahren als Riesenerfolg.

Well, sometimes it takes a lot of money to be that cheap!

Viele Grüße
Todor

[eisbaer-kiel]

Moin zusammen,
ich finde die Entwicklung auch sehr bedauerlich. Zumal so eine Grundlage für noch höhere Preise gelegt wird. Und die sind in den letzten Jahren schon über 20% gestiegen.
Auf der anderen Seite muss man Montblanc zugestehen, dass sie in den letzten Jahren einige Dinge für das Thema Schreiben/Handschrift auf den Weg gebracht haben. Das Montblanc-Haus in Hamburg, mit Schreibkursen die teilweise kostenlos online besucht werden können, die Calligraphy-Edition und auch die Bespoke-Federn. Das kenne ich so umfänglich von anderen Herstellern nicht.

Viele Grüße
Manfred

[Pen-Tagon]

Das Montblanc-Haus in Hamburg, mit Schreibkursen die teilweise kostenlos online besucht werden können, die Calligraphy-Edition und auch die Bespoke-Federn. Das kenne ich so umfänglich von anderen Herstellern nicht.

Mit dem Montblanc-Haus in Hamburg könnten sie sich auch einfach nur ein Denkmal gesetzt haben, und alles andere ist für mich Marketing, was idR. selten uneigennützig ist.

MB hat ja viele Vertriebswege, die Boutiquen sind ja nur die bekanntesten, weil für jeden present, der über die Prachtstraßen der Metropolen schlendert. Ich kenne nur das Geschäft auf der Kö in Düsseldorf. Und auf dieser Allee schlendert tatsächlich die absolut kaufkräftigste internationale Prominenz aus Wirtschaft, Politik und Kultur (und Unterhaltung).

An was kaum einer denkt, sind große Unternehmen, die ihren Mitarbeitern bei Beförderung in entsprechende Positionen neben dem Beförderungsschreiben als kleine Aufmerksamkeit auch einen Montblanc mit Namensgravur überreichen. Bin selbst so zu einem meiner MBs gekommen. Bei z. T. zehntausenden von Mitarbeitern und dem ewigen Kommen und Gehen kommen da in einem Unternehmen leicht hunderte Stifte pro Jahr zusammen. Und jetzt denke man nicht nur an einen Großkonzern sondern national, und dann international.

Früher hatte jeder neue Mitarbeiter in den entsprechenden Abteilungen amerikanischer Großbanken einen finanzmathematischen Taschenrechner von Hewlett Packard, den HP12C, zur Einstellung überreicht bekommen. Der war damals das Statussymbol, was heute ein Stift von MB ist. In Folge wurde dieser Rechner Kult und ein nennenswerter Umsatzträger bei HP. Den gibt's übrigens heute noch.

Mich würde interessieren, ob sie das bei ihren Uhren auch so machen. Der kaufkräftige Uhrenliebhaber tickt noch ganz anders. Der will beim Juwelier bei den entsprechenden Preisen die komplette Expertise (nur für Uhren, nicht auch für Lederwaren) inklusive das Gespräch mit dem Uhrmachermeister.

Montblanc Parfüm gibts übrigens noch bei Galeria Kaufhof im Onlineshop.

[Robbes]

Montblanc hat das Montblanc-Haus genauso uneigennützig geschaffen wie Unternehmen ihre Mitarbeiter mit Geschenken kaufen. Von dem Museum werde ich mir wohl alsbald selbst ein Bild machen. Wenn es gut gemacht ist, warum nicht? Dasselbe gilt für die verschiedenen Vertriebskanäle. Wenn die Produkte und die Mitarbeiter etwas taugen, gerne. Geschenke verpflichten übrigens den Beschenkten. Das ist ein interessanter psychologischer Trick, um mehr aus den Mitarbeitern herauszuholen. Das sollte man bedenken. Sich im Leben unbeeinflußt von anderen, die ihre Zwecke verfolgen, eigene Ziele setzen - kommt es nicht darauf an?

[Pen-Tagon]

Geschenke verpflichten übrigens den Beschenkten. Das ist ein interessanter psychologischer Trick, um mehr aus den Mitarbeitern herauszuholen. Das sollte man bedenken.

Na ja, wer befördert wurde, hat sich ja im Vorfeld angestrengt, und sicherlich war die Motivation nicht die Aussicht auf einen MB Stift.

Könnte einfach daran liegen, dass einem der Job Spaß macht, man sich mit dem Unternehmen und seinen Werten identifiziert, was bewegen kann, nette Kollegen um sich hat,.. Ach ja, Gehalt sollte auch, zumindest ungefähr, stimmen.

[Killerturnschuh]

Montblanc folgt mit der Politik seine Produkte nur noch online und in eigenen Boutiquen zu vertreiben einem Trend den auch andere Luxusartikelhersteller schon seit einiger Zeit vorantreiben.

Wer das Geschehen in den Boutiquen und dem Onlineshop einmal etwas intensiver verfolgt, dem dürfte nicht entgangen sein das viele LE und Sondermodelle relativ rasch nicht mehr verfügbar sind, während die selben Artikel bei anderen Händler problemlos zu beziehen sind.
Zudem erhalten treuer Kunde von den meisten Händlern großzügigen Rabatten und oder Gifts. Montblanc selbst hat vor etwa zwei Jahren Preisnachlässe aller Art vollkommen abgeschafft.

Wird Montblanc mit seiner Strategie weniger Gewinn machen, wohl kaum. Der Einzelhandel wird jedoch den Verlust einer so starken Marke wie Montblanc zu spüren bekommen.