Rund ums Zelluloid

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pan51
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Re: Rund ums Zelluloid

Beitrag von pan51 » 02.03.2021 15:21

Will hat geschrieben:
02.03.2021 15:11
vanni52 hat geschrieben:
02.03.2021 13:59
Da der Blick eher auf einen Herstellungszeitraum Mitte des letzten Jahrhunderts fällt, was die Celluloid-Probleme
betrifft: Hat überhaupt jemand Probleme mit jüngeren Celluloidfüllern ? (Ich bisher noch nicht).
Es sind auch Probleme mit Celluloid jüngeren Datums belegt, z. B. von Omas. Das findet sich in den bereits verlinkten Fäden.
Visconti und andere auch, was ich so gelesen habe. Zudem haben einige Marken als "Celluloid" verkauft, was eigentlich Celluloseacetat ist (oder war).

Grüße,
Axel
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pan51
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Re: Rund ums Zelluloid

Beitrag von pan51 » 02.03.2021 16:10

Ich nochmal,

einer meiner Mentoren meint, das Bild von heute morgen sei kein "celluloid disease". Und hat mir einen Link geschickt zu noch schlimmeren Bildern (Achtung!). Da kann man auch schön sehen, was die Salpetersäure als Zerfallsprodukt an Metallteilen so anrichtet.

Zudem noch einen Artikel von der Universität Glasgow, muss man anfordern, habe ich jetzt mal gemacht. Kann dann später berichten, was drin steht.

Grüße,
Axel
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Will
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Re: Rund ums Zelluloid

Beitrag von Will » 02.03.2021 19:10

pan51 hat geschrieben:
02.03.2021 16:10
Ich nochmal,

einer meiner Mentoren meint, das Bild von heute morgen sei kein "celluloid disease". Und hat mir einen Link geschickt zu noch schlimmeren Bildern (Achtung!). Da kann man auch schön sehen, was die Salpetersäure als Zerfallsprodukt an Metallteilen so anrichtet.
...
Grüße,
Axel
Hi Axel,

das war genau das, was ich erläutert hatte. Die Geschwindigkeit, mit der Metallteile wie z. B. Clips und Zierringe zerfressen werden, ist echt unglaublich. Was vor einem halben Jahr noch tip-top aussah, kann schlimmstenfalls komplett abgerostet sein. Wobei ich sagen muss, dass Füllerkrebs eigentlich keine treffende Bezeichnung ist. Füllerpest würde es besser beschreiben. Die im Zerfallsprozess freiwerdenden Chemikalien setzen eine Kettenreaktion bei bis dato gesunden Füllhaltern in Gang, was ganze Kisten voller Celluloidfüller zerstören kann und auch bereits zerstört hat. Für Sammler ist das der totale Supergau. Auch dazu finden sich in den verlinkten Fäden entsprechende Berichte. Die Hälfte meiner Orgea-Sammlung hat es auf diesem Wege schon gekostet. Aber das Phänomen lässt sich nicht auf einzelne Marken eingrenzen, dieses musste ich auch schon bei Osmia, Pelikan, Soennecken und etlichen anderen beobachten. Ich habe den Eindruck, dass die Kriegsproduktion stärker von dem Problem betroffen zu sein scheint, dass ist aber nur meine Erfahrung und muss nicht repräsentativ sein.

Herzliche Grüße

Gerd
Blauer Hautausschlag, erhöhte Temperatur, Bewusstseinstrübungen - oh Gott, das muss Flexfieber sein!

Minzi
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Re: Rund ums Zelluloid

Beitrag von Minzi » 04.03.2021 19:32

Hallo,

leider habe ich mich in der kurzen Zeit, in der ich meiner langen Füllerfaszination nun doch nachgegeben habe, einen Hieper auf alte Zelluloid-modelle entwickelt.

Leider! Nicht nur sind sie schwer zu erschwinglichen Preisen zu bekommen, je mehr ich hier lese, desto mehr sehe ich ein unwahrscheinliches Frustpotential für unerfahrene (aber offenbar auch erfahrene) Füllfederhalter-Halter, die noch dazu mit geringem Budget sich ggf. ein Schmuckstück leisten, dass dann möglicherweise mehr oder weniger spontan schrumpft, verformt, reißt, verfärbt oder zerbröselt und alle benachbarten Lieblingsstücke gleich mit in den Untergang reißt - nicht mal die Beschläge von Füllern ohne Zelluloid sind vor den Zersetzungsprodukten sicher!

Jetzt mal Gruselgeschichten Beiseite.

Wäre es dann hilfreich, jeden Zelluloid-Füller separat zu verwahren, so dass die Ausgasungen nicht füllerpestmäßig alles anstecken können? Und wenn ja - wie? Ich hätte zuerst an schlanke Zip-Beutel gedacht, doch da ich die chemischen Zusammenhänge nicht überreiße, fände ich das wegen möglicher Weichmacher o.ä. riskant (unschön sowieso). Verbliebe separates Etui/Schachtel und dann Beutel drum.

Super Methode um den Griff zum Füller endgültig zu verleiden! Vorteil: Was man nicht benutzt nutzt sich nicht ab und man hat eine gute Ausrede, neben dem Füller, den man sich eigentlich gekauft hat, noch einen tollen aus anderem Material anzuschaffen.

Daraus folgt auch die nächste Frage: Zelluloid dampft nach meinem Wissen permanent aus, auch ohne Krankheit (was wiederum die Frage der überhaupt möglichen langen Haltbarkeit aufwirft, denn wenn es über Jahrzehnte Campher ausgast ist das Material in permanenter Veränderung - wohl Versprödung und Zersetzung, selbst wenn alles gut läuft). Wenn aber Ausgasungen den Prozess beschleunigen, wäre es möglicherweise kontraproduktiv, einen gesunden Zelluloid-Füller überhaupt luftdicht zu verpacken!

Dann bliebe nur noch, die Dinger mehr oder weniger "lose" in diversen dunklen Schränken zu verteilen, so dass die Gase sich verflüchtigen und nichts anderes angreifen.

Das ist dann auch höchst förderlich für die Gesundheit: Erstens muss man für jeden Füllhalter aufstehen und durch die halbe Wohnung laufen, wir wissen ja alle, dass man nicht zu lange am Stück sitzen sollte, sondern sich auch immer wieder bewegen. Und zweitens hält es uns auch geistig mit etwas Gehirntraining fit: Man muss sich merken: Der blaue candy striped ist im Archivschrank, der black & pearl ist bei den Socken, der grüne bei den Nudeln...

Manchmal hilft halt nur Humor. Die Ausgangsfragen und -überlegungen sind aber durchaus ernsthaft in den Raum - äh Faden gestellt.

Viele Grüße
Minzi

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JulieParadise
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Re: Rund ums Zelluloid

Beitrag von JulieParadise » 04.03.2021 19:51

Genieß die schönen Schätzchen einfach, so lange es geht, und lagere sie nicht im Dutzend übereinander, dann passt das schon. Einer im Etui, einer in der Schreibtischublade und der dritte im Mäppchen, Hauptsache nicht in der Sonne, das sollte reichen.
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pan51
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Re: Rund ums Zelluloid

Beitrag von pan51 » 04.03.2021 20:10

Hallo Minzi,
Minzi hat geschrieben:
04.03.2021 19:32
Daraus folgt auch die nächste Frage: Zelluloid dampft nach meinem Wissen permanent aus, auch ohne Krankheit (was wiederum die Frage der überhaupt möglichen langen Haltbarkeit aufwirft, denn wenn es über Jahrzehnte Campher ausgast ist das Material in permanenter Veränderung - wohl Versprödung und Zersetzung, selbst wenn alles gut läuft). Wenn aber Ausgasungen den Prozess beschleunigen, wäre es möglicherweise kontraproduktiv, einen gesunden Zelluloid-Füller überhaupt luftdicht zu verpacken!
ich vermute, Du bringst da zwei Sachen durcheinander. Kampfer (oder seine Ersatzstoffe) sind der Weichmacher, nicht der Auslöser der Zerfallsreaktion. Verlust des Weichmachers führt zur Versprödung. Der Zerfall kann durch verschiedene Faktoren gestartet werden, Feuchtigkeit, Wärme, Licht und läuft dann autokatalytisch durch die entstehende Salpetersäure weiter. Ich schreibe bewusst kann, weil es ja nicht die Regel ist, dass Celluloid zerfällt.

Oder woher kommen sonst die vielen schönen, teilweise 90 Jahre alten Füller? ;)

Grüße,
Axel
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Minzi
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Re: Rund ums Zelluloid

Beitrag von Minzi » 04.03.2021 21:20

JulieParadise hat geschrieben:
04.03.2021 19:51
Genieß die schönen Schätzchen einfach, so lange es geht,
Das ist ein sehr guter Rat und genau das habe ich auch vor, ich hoffe, meine etwas überzogene Darstellung hat auch gezeigt, dass ich die Zeit mit meinen Füllern hauptsächlich mit Schreiben und nicht mit Konservieren verbringen will. Allerdings blicke ich eben auch etwas auf das "so lange es geht", denn wenn ein Schreibgerät einmal wirklich "meins" ist, hänge ich doch sehr daran. Bedauerlicherweise hat mein erster Zelluloid-Füller seinen Stammplatz auf der Küchenfensterbank - zwar Nord, aber möglicherweise überdenkenswert. :/

pan51 hat geschrieben:
04.03.2021 20:10
ich vermute, Du bringst da zwei Sachen durcheinander. Kampfer (oder seine Ersatzstoffe) sind der Weichmacher, nicht der Auslöser der Zerfallsreaktion.
Nein das nicht, aber ich habe mich vielleicht beim unüberlegten Herumtippen auf dem Smartphone etwas unklar ausgedrückt. Natürlich ist Kampfer nicht der Auslöser, sondern, soweit ich weiß, ein Inhaltsstoff. Das letzte Mal, dass ich natürlichen Kampfer in der Hand hatte, meine ich war er weiß, vielleicht mit zitronig-gelben Einschlag und von der Konsistenz wie ein Harzbröcklein, nur bröseliger.

Jetzt komme ich zu dem, was ich chemisch nicht ganz überreiße: Ich weiß nicht genau, welche Funktion er im Zelluloid hat. Das ist jetzt spontan schwer zu beschreiben ohne die richtigen Fachworte, aber wenn ein Material aus verschiedenen Ausgangsstoffen besteht, kommt es manchmal vor, dass einer der Inhaltsstoffe wegen seiner lösenden/verbindenden/weichmachenden/oderwasauchimmer Eigenschaften isoliert auf das Material treffend, deren Versprödung/Alterung noch beschleunigt. So ist das jedenfalls nach meiner Erfahrung und ich habe ähnliches für möglich gehalten. Wie wenn man einen Lösungsmittelhaltigen Lack mit eben diesem Lösungsmittel oder Dämpfen davon in Verbindung bringt. Wenn also Kampfer die Eigenschaften der anderen Inhaltsstoffe, aus denen Zelluloid besteht, beeinflusst, könnte eine erhöhte Konzentration des Kampfers als Gas die Versprödung beschleunigen, auch wenn es nicht die eigentliche Ursache ist. Zumal Kampfer ja eigentlich ein Feststoff ist und ich nicht weiß, ob das "Gas" überhaupt identisch mit Kampfer ist oder nur ein Teil des Stoffes, der sich von der Reaktion her anders verhält.

Ich habe mir eigentlich nur die Frage gestellt, obnach obigen Überlegungen luftdicht verpacken die optimale Aufbewahrung ist, mit Blick darauf, dass es ja gerade eine Erhaltungsmaßnahme sein soll. Offenbar sind die Bedenken unbegründet.

Füllerpest & Co. scheinen ja mit der natürlichen Alterung und Versprödung nicht direkt zu tun zu haben, sondern mit unterschiedlicher Ursache eine Zersetzung zu sein, deren Endprodukte die weitere Zersetzung noch beschleunigen und deswegen auch "ansteckend" ist.

Ein ähnliches Phänomen wie die Füllerpest kenne ich von vermutlich gummihhaltigen Materialien, etwa alte Möbelrollen oder die Füßchen an Geräten oder semiharte alte Dichtungen, wie sie früher hergestellt wurden. Wenn sich eines anfängt aufzulösen, sind urplötzlich alle anderen Rollen/Füßchen/Dichtungen innerhalb weniger Wochen oder Monate auch zersetzt. Mich hat man für verrückt erklärt, als ich meinte, es könnte doch nicht sein, dass sich nach fast 40 Jahren zuerst eine Rolle und dann spontan fast gleichzeitig ein paar Wochen/Monate später alle anderen Rollen auflösen und behauptete, das sei "irgendwie ansteckend". Weil Material, das so lange hält, nicht plötzlich wegen "gleichen Alters" auf den Monat genau zerfällt.

Was das Altern angeht: Natürlich gibt es jetzt ganz viele tolle alte Füller aus Zelluloid. Ich habe aber hoffentlich noch ein paar Jährchen vor mir. Mein Gedanke war nur: Wenn nach 90 Jahren so viele schon geschrumpft, versprödet oder gar zerbröselt sind, ebenso wie andere Gegenstände aus Zelluloid, wie sehen die jetzt noch gut erhaltenen dann in 30 oder 50 Jahren aus? Wenn Kampfer drin ist und es permanent ausgast, verliert das Material permanent und ist schlicht nicht so lange haltbar wie andere Materialien. Das sollte einen natürlich nicht davon abhalten, sich jetzt erstmal daran zu erfreuen. Ich jedenfalls schaffe Füllhalter ja nicht für die nächste Generation an. :D

Alles in allem finde ich das Thema interessant und bin froh, dass der Thread wieder hervorgeholt wurde. Wer anders als ich mehr als unfundierte Mutmaßungen beitragen kann - nur zu! Ich sehe immer wieder wissensdurstig vorbei.

Viele Grüße
Minzi

Mr. No
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Re: Rund ums Zelluloid

Beitrag von Mr. No » 05.03.2021 8:07

Minzi hat geschrieben:
04.03.2021 21:20
[...]
Ein ähnliches Phänomen wie die Füllerpest kenne ich von vermutlich gummihhaltigen Materialien, etwa alte Möbelrollen oder die Füßchen an Geräten oder semiharte alte Dichtungen, wie sie früher hergestellt wurden. Wenn sich eines anfängt aufzulösen, sind urplötzlich alle anderen Rollen/Füßchen/Dichtungen innerhalb weniger Wochen oder Monate auch zersetzt. Mich hat man für verrückt erklärt, als ich meinte, es könnte doch nicht sein, dass sich nach fast 40 Jahren zuerst eine Rolle und dann spontan fast gleichzeitig ein paar Wochen/Monate später alle anderen Rollen auflösen und behauptete, das sei "irgendwie ansteckend". Weil Material, das so lange hält, nicht plötzlich wegen "gleichen Alters" auf den Monat genau zerfällt. [...]
Hallo Minzi,

es gibt Kunststoffe, die genau das von Dir beschriebene Alterungsverhalten zeigen: erst verändern sie Ihre Eigenschaften über einen langen Zeitraum nicht bzw. kaum und dann fallen sie quasi von einem Tag auf den anderen (im Vergleich zur Gesamtlebensdauer) auseinander. Das ist kein ungewöhnliches Phänomen und hat erst mal was mit dem verwendeten Material und nichts mit "Ansteckung" zu tun.
Leider läßt sich das nicht verallgemeinern, denn es gibt eben auch Kuststoffe, die über die Lebensdauer einen langsamen, schleichenden Abbau ihrer Eigenschaften haben.

Gruß
Mr. No

pan51
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Re: Rund ums Zelluloid

Beitrag von pan51 » 05.03.2021 10:53

Hallo Minzi,
Minzi hat geschrieben:
04.03.2021 21:20
Jetzt komme ich zu dem, was ich chemisch nicht ganz überreiße: Ich weiß nicht genau, welche Funktion er im Zelluloid hat.

Wie wenn man einen Lösungsmittelhaltigen Lack mit eben diesem Lösungsmittel oder Dämpfen davon in Verbindung bringt. Wenn also Kampfer die Eigenschaften der anderen Inhaltsstoffe, aus denen Zelluloid besteht, beeinflusst, könnte eine erhöhte Konzentration des Kampfers als Gas die Versprödung beschleunigen, auch wenn es nicht die eigentliche Ursache ist.
Kampfer ist der Weichmacher, nicht das Lösungsmittel (das war meistens Ethanol). Die grobe Rezeptur ist 1 Teil Kampfer auf 2 Teile Cellulosenitrat (der Nitratester aus Cellulose und Salpetersäure). Natürlich beeinflusst der Kampfer das Cellulosenitrat in dem Sinne, dass es dadurch überhaupt erst plastifiziert (oder gelatiniert). Es wird das Celluloid nicht in dem Sinne negativ beeinflussen, dass es bei erhöhter Kampfer-Konzentration schneller versprödet.
Minzi hat geschrieben:
04.03.2021 21:20
Zumal Kampfer ja eigentlich ein Feststoff ist und ich nicht weiß, ob das "Gas" überhaupt identisch mit Kampfer ist oder nur ein Teil des Stoffes, der sich von der Reaktion her anders verhält.
Fast jeder Stoff kann verschiedene Aggregatzustände habe, die klassischen sind fest, flüssig oder gasförmig. Am Beispiel: Eis, Wasser, (Wasser-)Dampf. Den unmittelbaren Übergang von "fest" zu "gasförmig" nennt man Sublimation.
Einige Elemente und Verbindungen, darunter auch Kampfer, gehen bei Normaldruck durch Zufuhr von Hitze direkt in die Gasphase über (anders als bei Eis bspw.). Welche Temperaturen, Drücke für die einzelnen Phasen gegeben sein müssen, kann man im sog. Phasendiagramm ablesen.
Minzi hat geschrieben:
04.03.2021 21:20
Ich habe mir eigentlich nur die Frage gestellt, obnach obigen Überlegungen luftdicht verpacken die optimale Aufbewahrung ist, mit Blick darauf, dass es ja gerade eine Erhaltungsmaßnahme sein soll. Offenbar sind die Bedenken unbegründet.
Eher nicht luftdicht, wenn Du wirklich "Füllerpest" hättest, das Zerfallsprodukt Stickstoffdioxid ist ein Gas, mit Feuchtigkeit (Wasser) hast Du Salpetersäure, die den Zerfall katalysiert. Also isolierte Lagerung (damit keine anderen Füller befallen werden), aber belüftet (damit sich das Stickstoffdioxid verteilt).
Und dunkel, trocken und vor allem kalt (wie immer, wenn man chemische Reaktionen verzögern will).
Minzi hat geschrieben:
04.03.2021 21:20
Alles in allem finde ich das Thema interessant und bin froh, dass der Thread wieder hervorgeholt wurde. Wer anders als ich mehr als unfundierte Mutmaßungen beitragen kann - nur zu! Ich sehe immer wieder wissensdurstig vorbei.
Ja, ich finde das ebenfalls sehr interessant und bin schon in die Recherche eingestiegen. Das ist aber größtenteils organische "Brutalchemie" aus der Jahrhundertwende (die vorletzte wohlgemerkt) mit den entsprechend blumig formulierten Artikeln. Neuerdings gesellen sich dann Museumskonservatoren dazu, denen ihre Artefakte zerfallen. Ist also viel zu lesen und dauert noch.

Grüße,
Axel
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fismoll
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Re: Rund ums Zelluloid

Beitrag von fismoll » 05.03.2021 11:26

pan51 hat geschrieben:
05.03.2021 10:53
Eher nicht luftdicht, wenn Du wirklich "Füllerpest" hättest [ ...]
Das deckt sich mit Beobachtungen aus dem Bereich Musikalien: Gitarren, die jahrelang im Koffer aufgehoben wurden, sind häufig stärker vom Zelluloidfraß befallen als welche, die stets an der "Luft" standen.
Beste Grüße - André

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vanni52
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Re: Rund ums Zelluloid

Beitrag von vanni52 » 05.03.2021 12:22

Minzi hat geschrieben:
04.03.2021 19:32
Hallo,

leider habe ich mich in der kurzen Zeit, in der ich meiner langen Füllerfaszination nun doch nachgegeben habe, einen Hieper auf alte Zelluloid-modelle entwickelt.
Ich hatte weiter oben berichtet, dass ich bisher mit Celluloid-Füllern keine Probleme habe, auch nicht im Vintage Bereich.
Dies führe ich auch darauf zurück, dass ich diese Füller ausschließlich bei bekannten Fachhändlern erworben habe (s. gewerblicher Bereich) oder aber bei Sammlern, die auch selber restaurieren und hier im Forum lange bekannt sind.
Zur zweiten Gruppe gerne weiteres über PN.
Ich wünsche Dir jedenfalls die gleiche Freude, die ich mit zahlreichen Celluloidfüllern (alten wie neuen) habe.
LG
Heinrich

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Re: Rund ums Zelluloid

Beitrag von Zollinger » 05.03.2021 12:26

fismoll hat geschrieben:
05.03.2021 11:26
pan51 hat geschrieben:
05.03.2021 10:53
Eher nicht luftdicht, wenn Du wirklich "Füllerpest" hättest [ ...]
Das deckt sich mit Beobachtungen aus dem Bereich Musikalien: Gitarren, die jahrelang im Koffer aufgehoben wurden, sind häufig stärker vom Zelluloidfraß befallen als welche, die stets an der "Luft" standen.
Kühl, trocken und gute Lüftung. Das sind die besten Voraussetzungen um die Haltbarkeit zu verlängern.
Z.

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Re: Rund ums Zelluloid

Beitrag von Minzi » 05.03.2021 14:28

Toll, dass sich so viele an dem von Christa wieder hervorgeholten Thread beteiligen.

Ich habe zwar schon vor lange Zeit den "Alles Plastik" entdeckt, aber diesen hier völlig übersehen.

An Materialkunde und chemischen Zusammenhängen bin ich sehr interessiert und habe auch ein gewisses Verständnis dafür, aber leider keine Ausbildung und zugegebenermaßen lese ich zwar viel bei Gelegenheit, aber habe selten Zeit, da vertieft zu recherchieren und einzusteigen. Daher bin ich froh, um jeden, der hier auch zukünftig mal Wissen ablädt, selbst ohne konkreten Anlass :D
pan51 hat geschrieben:
05.03.2021 10:53
Einige Elemente und Verbindungen, darunter auch Kampfer, gehen bei Normaldruck durch Zufuhr von Hitze direkt in die Gasphase über (anders als bei Eis bspw.). Welche Temperaturen, Drücke für die einzelnen Phasen gegeben sein müssen, kann man im sog. Phasendiagramm ablesen.
Gut zu wissen, dann ist bei Campher offenbar nicht wahnsinnig viel Temperatur dafür erforderlich. Zumal er ja wohl auch bei schlichter Lagerung bei Raumtemparatur minimal sublimiert? Das müsste man doch daraus schließen, falls die Aussage richtig ist, dass Zelluloid permanent "ausgast".

Ich habe bei der Handhabung gemerkt, dass er sehr schnell schmilzt und dann bei weiterer Erhitzung auch intensiv duftende Dämpfe freilässt und fast restlos verbrennt, das wäre ja auch logisch, wenn der Großteil sublimiert und gar nicht verbrennt. Das erklärt auch den herkömmlichen Tipp auf Zelluloid zu testen, indem man etwas reibt, dann sollte es nach Campher duften. Dabei entsteht ja Wärme. Hat bei mir nicht funktioniert, ggf. habe ich keine fein genuge Nase, aber ich wollte auch nicht reiben, bis es sich richtig erhitzt.

Mir fällt dabei ein: Ich meine, ich hätte Campher mal in Isopropanol oder Weingeist gelöst. Ich weiß nicht, wie es sich verhält, wenn er zu Zelluloid verbunden ist, aber wenn niemand was anderes sagt würde ich daher unbedingt davon abraten, Etikettenreste oder andere Verunreinigungen oder Desinfizierungen mit Alkohol vorzunehmen.

Was folgendes angeht:
Mr. No hat geschrieben:
05.03.2021 8:07

es gibt Kunststoffe, die genau das von Dir beschriebene Alterungsverhalten zeigen: erst verändern sie Ihre Eigenschaften über einen langen Zeitraum nicht bzw. kaum und dann fallen sie quasi von einem Tag auf den anderen (im Vergleich zur Gesamtlebensdauer) auseinander. Das ist kein ungewöhnliches Phänomen und hat erst mal was mit dem verwendeten Material und nichts mit "Ansteckung" zu tun.
Leider läßt sich das nicht verallgemeinern, denn es gibt eben auch Kuststoffe, die über die Lebensdauer einen langsamen, schleichenden Abbau ihrer Eigenschaften haben.

Gruß
Mr. No
Das mag sein, aber mir fallen sieben solcher "Ereignisse" ein. Bei zweien halte ich es für möglich, dass ein anderer Stoff das ausgelöst hat, etwa aus Kosmetik an den Händen, Rückstände von Reinigungsmitteln oder Weichmacher anderer Gegenstände, ohne dass ich die Ursache kennte. Bei vier davon kann ich Alterung als einzige Ursache des plötzlichen Zerfalls ausschließen. Aber das Ganze im Detail hat weder mit Füllfederhaltern noch mit Zelluloid zu tun und geht zu sehr off topic. Ich finde es kurios, aber mehr nicht.

Heinrich, danke für das Angebot, ich versuche es mir zu merken. Für wohlüberlegte Investitionen fehlt mir allerdings derzeit das Budget, leider muss ich mich darauf beschränken, ab und zu etwas Gelegenheit und Glück zu haben. Das ist aber auch völlig in Ordnung so, denn derzeit weiß ich noch gar nicht so recht, wo die Reise mit den Füllern hin gehen soll.

Es gibt wohl viele hier, die das kennen: Ich habe das Gefühl, je mehr man als Einsteiger liest und lernt, desto schwieriger wird das, was am Anfang eigentlich nach einem ganz einfachen Plan aussah: "Ein paar Füller finden, mit denen ich gerne schreibe und ein paar schöne Tinten dazu - bloß nicht in Sammelwahn verfallen". Das klingt so leicht! Sammelwahn kann ich halbwegs ( :lol: ) eindämmen, es soll weiterhin nichts gekauft werden, was ich nicht benutzen will. Problematisch ist natürlich, dass man immer noch ein Schmuckstück mehr zum schreiben haben kann, während dann andere in der Schublade liegen. Oder noch eine andere Feder, die sich anders und auch toll anfühlt. Oder ein wunderschönes Material oder Design, das man auch gerne mal in der Hand hätte. Ich hoffe kleine Gelegenheitserfahrungen helfen mir, da im Laufe der Zeit eine klarere Linie oder Vorstellung zu finden, bevor ich viel Geld vergeblich in die Hand nehme. Möglicherweise muss ich dann in Betracht ziehen, von vornherein jetzt nicht jeden Füllhalter zu "meinem" zu machen und ein paar auch wieder gehen zu lassen.

Dieser Faden wird jedenfalls gemerkt, wer weiß, was da noch Interessantes kommt.

Viele Grüße
Minzi

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