Warum waren die Füller früher kleiner?

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Grünschreiber
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Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von Grünschreiber »

Hallo,
die Behauptung in einer anderen Antwort, dass die Füller früher kleiner gewesen seien, geht mir irgendwie nicht aus dem Kopf. Zumindest für die Pelikan-Füller, die ich kenne, trifft das durchaus zu - der 100 zum Beispiel hat etwa die Größe des M150, den man heute eigentlich nur Leuten mit kleinen Händen empfiehlt. Keine Ahnung, ob Pelikan da eher die Ausnahme darstellt oder ob es auch ein häufig verkauftes, großes Modell gab, aber das ist ja schon auffällig. Was meint ihr, woran liegt das? Waren die Leute einfach kleiner? Sicher, aber der Größenunterschied ist bestimmt nicht so gravierend, vor allem nicht zu der Schicht, die in den zwanziger Jahren Füller gekauft hat. War die Handhaltung anders? Hatten die damals alle verkrampfte Hände?
Ich freue mich auf eure Vermutungen zu dieser vielleicht nicht ganz so wichtigen Frage.
Viele Grüße
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stift
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Re: Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von stift »

Ja so ist es, die Leute waren kleiner.
Ich hatte beruflich in einen Biedermeier Haus zu tun das dann restauriert wurde und ich mit meinen1,86m musste mich bei jeder Tür bücken .Oder schau dir Ritterrüstungen an die waren Zwerge gegen uns.

Ich finde die Pelikan 100 genial,und sind auch leicht zu restaurieren,aber warum die in dieser Größe waren kann ich dir nicht sagen.
Mit aufgesteckter Kappe liegt der 100er genauso so wie ein großer Füller in der Hand.

Und dann hatte es bei den Firmen die Herrenformate gegeben und die Damenformate.
Heute werden die Füller tlw. sehr wuchtig gemacht was auch bis zu hässlich geht
Liebe Grüße
Harald
#Non, je ne regrette rien#
V-Li
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Re: Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von V-Li »

Es gibt einen Hang zur Gigantomanie, der irgendwann in unpraktischen Schreibgeräten endet, weil sie zu dick sind (Länge ist ja meistens kein Problem).

Früher waren die Menschen kleiner und dazu kommt, dass es als Alltagsschreibgerät kompakt sein musste, damit man es immer dabei haben konnte, wie die Kugelschreiber heutzutage, die ja auch eher schlank sind. Heute ist es eher ein Statussymbol für kurze Notizen oder vielleicht Unterschriften.
Grünschreiber
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Re: Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von Grünschreiber »

stift hat geschrieben:
16.11.2020 5:20
Ja so ist es, die Leute waren kleiner.
Naja gut, aber wir sprechen hier über die Zeit von 1920 bis 1970, das heißt grob die Generation Ü60. Ich denke, die sind schon im Schnitt kleiner als die Zwanzigjährigen, aber wir alle kennen auch große Rentner.
V-Li hat geschrieben:
16.11.2020 7:08
Es gibt einen Hang zur Gigantomanie, der irgendwann in unpraktischen Schreibgeräten endet, weil sie zu dick sind
Das kann natürlich sein, dass der Füller heute eher Statussymbol ist, wobei es ja früher auch Goldfüller und Toledos gab. Interessant ist aber, dass das, was du als unpraktische Schreibgeräte bezeichnest, von vielen für besonders angenehm gehalten wird. Ich selbst kann dazu nichts sagen, aber der M1000 oder der Visconti Homo Sapiens werden schon von vielen hier im Forum angepriesen, und ich glaube nicht, dass die alle nur den dicksten Füller im Büro haben wollen. Es wird außerdem gerade empfohlen, eher einen dicken Füller zu kaufen, auf der Seite von Fritz Schimpf zum Beispiel, weil das angenehmer sein soll. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der das nur empfiehlt, weil er mehr Flaggschiffmodelle verkaufen will.
V-Li
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Re: Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von V-Li »

Grünschreiber hat geschrieben:
16.11.2020 8:17
V-Li hat geschrieben:
16.11.2020 7:08
Es gibt einen Hang zur Gigantomanie, der irgendwann in unpraktischen Schreibgeräten endet, weil sie zu dick sind
Das kann natürlich sein, dass der Füller heute eher Statussymbol ist, wobei es ja früher auch Goldfüller und Toledos gab. Interessant ist aber, dass das, was du als unpraktische Schreibgeräte bezeichnest, von vielen für besonders angenehm gehalten wird. Ich selbst kann dazu nichts sagen, aber der M1000 oder der Visconti Homo Sapiens werden schon von vielen hier im Forum angepriesen, und ich glaube nicht, dass die alle nur den dicksten Füller im Büro haben wollen. Es wird außerdem gerade empfohlen, eher einen dicken Füller zu kaufen, auf der Seite von Fritz Schimpf zum Beispiel, weil das angenehmer sein soll. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der das nur empfiehlt, weil er mehr Flaggschiffmodelle verkaufen will.
Persönlich bevorzuge ich auch die längeren, leicht dickeren Modelle, meine Lieblinge sind die Pilot Custom und TWSBI 580. Die unpraktischen Schreiberäte sind am Ende der Skala, ein M1000 ist da noch nicht.
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Re: Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von fountainpen.de »

Früher gab es doch auch schon große Schreibgeräte
... man denke nur an den 12er von Montblanc.
Und das andere Extrem waren die 00er (Babies) ...
Astoria, Nakaya, Pelikan und Montblanc Sammler
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Halbstuermer
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Re: Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von Halbstuermer »

Ich werfe mal zwei zusammenhängende Aspekte in die interessante Diskussion: Marketing und Sozialisation/Gewöhnung. Wenn die Relation Handgröße zu Füllergröße korrelieren sollte, dann muss man sich doch fragen: Womit schreiben denn Schulkinder? In den 1970ern, in denen ich zur Grundschule ging: Pelikano oder Geha, kleine, schmale Füller, mit denen die meisten Kinder zurecht kamen. Man lernte eben damit umzugehen. Es gab auch nur schmale Buntstifte - jedenfalls erinnere ich mich nicht an dicke Jumbos. Man fing mit Wachsmalstiften an und stieg dann schnell auf die schmalen Stifte um. Die Handgröße spielt für mich also eher eine untergeordnete Rolle: mit aufgesteckter Kappe wird selbst der Kaweco Sport zum Schreibriesen. Die von mir selbst in einem früheren Post vertretene These, dass Kinder eher große Füller nutzen sollten, fällt immer mehr in sich zusammen, je länger ich darüber nachdenke.

Ab den 1980ern wurden die Schulfüller dann breiter (und auch die Buntstifte, Bleistifte etc.). Die Marketingkette kann man bei Lamy gut sehen: ABC, Safari, AL: Alle haben den selben Schreibwinkel, der eher breit ist. Und ist man daran gewöhnt, dann kann eben mit den "dicken Dingern" besser schreiben als mit schmalen Füllern. Und heute fangen fast alle Schulkinder mit großen Trumms an: Pelikan Twist, Lamy ABC, ... In den 1990ern hatte ich - klares Modeopfer - auch einen Safari, richtig warm wurde ich mit ihm aber nicht. Heute ahne ich, warum: Ich bin aus der Kindheit schmale Füller gewöhnt, und trotz meiner "normalgroßen" Männerhände bleibe ich dabei.
Beste Grüße Helmut
V-Li
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Re: Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von V-Li »

Zurecht komme ich auch mit schmalen Füllern, mir ist vor allem die Länge wichtig.

Mein jüngster hatte einen schmalen Diplomat Magnum, aber kam mit ihm überhautp nicht zurecht und hat jetzt einen Pelikano, der wirklich dick und breit ist.
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Pelikan-Fan
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Re: Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von Pelikan-Fan »

Halbstuermer hat geschrieben:
16.11.2020 9:20
Womit schreiben denn Schulkinder? In den 1970ern, in denen ich zur Grundschule ging: Pelikano oder Geha, kleine, schmale Füller, mit denen die meisten Kinder zurecht kamen. Man lernte eben damit umzugehen. Es gab auch nur schmale Buntstifte - jedenfalls erinnere ich mich nicht an dicke Jumbos.
Das dürfte auf jeden Fall ein Teil der Erklärung sein. Ich bin auch in den 70ern aufgewachsen und kann mich mit Füllern, die im Griffbereich zu dick sind, nur schlecht anfreunden. (Die Länge ist mir hingegen weitgehend egal.)
Grünschreiber hat geschrieben:
16.11.2020 8:17
Es wird außerdem gerade empfohlen, eher einen dicken Füller zu kaufen, auf der Seite von Fritz Schimpf zum Beispiel, weil das angenehmer sein soll. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der das nur empfiehlt, weil er mehr Flaggschiffmodelle verkaufen will.
Ich meine, einmal gelesen zu haben, daß dicke Schreibgeräte bei einer schlecht entwickelten Feinmotorik tatsächlich besser sind.

Kann es vielleicht sein, daß die heute gängige Vorliebe für dicke Füller auch damit zusammenhängt, daß man in den Grundschulen die Feinmotorik nicht mehr so stark fördert?
Viele Grüße

Thorsten
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dnic
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Re: Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von dnic »

... nur als unbelegte Überlegung von mir ...

Abgesehen von Füllern in Baby Größe und Gigant-Größen die es ja zu der Zeit schon alle gab, war der Massengeschmack evtl. durch die noch verbreiteten Federhalter (zum Tauchen in Tinte) geprägt. Da hatte man ja üblicherweise einen dünnen Federstiel / Federhalter. Da könnte ich mir vorstellen, dass da ein Pelikan 100 schon "dick" gewirkt haben mag.
V-Li
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Re: Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von V-Li »

dnic hat geschrieben:
16.11.2020 10:42
... nur als unbelegte Überlegung von mir ...

Abgesehen von Füllern in Baby Größe und Gigant-Größen die es ja zu der Zeit schon alle gab, war der Massengeschmack evtl. durch die noch verbreiteten Federhalter (zum Tauchen in Tinte) geprägt. Da hatte man ja üblicherweise einen dünnen Federstiel / Federhalter. Da könnte ich mir vorstellen, dass da ein Pelikan 100 schon "dick" gewirkt haben mag.
Ich verweise mal auf meinen Beitrag im Vorfreude-Thread: viewtopic.php?f=11&t=16613&hilit=vorfre ... 65#p314021

Dieser Halter ist um die 100 Jahre alt.
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duckrider
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Re: Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von duckrider »

schöner Faden, ich amüsiere mich köstlich! :)

erinnert Ihr Euch noch?
"Anfang der 90er Jahre ...mächtige Dimensionen und ein kantig-protziges Erscheinungsbild passten 1992 beim Mercedes Benz W 140 in die Zeit - sorgten jedoch zumindest im Heimatland auch für negative Schlagzeilen. Bis die elektronische Einparkhilfe das Zeug zur Serienreife hatte, halfen am Heck ausfahrbare Peilstäbe, das kantige Schlachtschiff in Parklücken zu pressen. Auf Deutschlands Möchtegern-Promi-Insel schlugen die Wellen hoch, als die neue S-Klasse nicht per Bahntransport über den Hindenburgdamm gebracht werden konnte, denn die Autowaggons waren schlicht zu schmal."
Zitat aus
https://www.automobil-produktion.de/her ... e-125.html

Wenn ich mich an das Strassenbild der 60-80 Jahre erinnere, mein alter Herr fuhr einen VW Käfer, und heutige Monsterschlitten (meine Lieblinge sind die SUVs der selbständigen Kleinhandwerker und Gartenschnitttransporteuren nach Ami-Massstäben) sehe, dann wundere ich mich über das "Wachstum" der Füllhalter wahrlich nicht.
Alles wird größer, vor allem dicker - und damit meine ich durchaus auch das Erscheinungsbild von uns "Normalbürgern" :D :D :D

Thomas
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NicolausPiscator
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Re: Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von NicolausPiscator »

Die Sache ist völlig klar: Die Nähe zu den ursprünglichen Bezugsobjekten, d. h. Gänsekiel bzw. Spitzfeder. Ergonomisches Design kam später.
Horsa

Re: Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von Horsa »

Vermutlich war es von all den genanten Gründen ein wenig. Ich selbst bin relativ klein und habe entsprechend kleine Hände. Die klassische Größe der 400er gefällt mir also sehr gut in der Hand. Der aktuelle 600er geht auch noch, danach werden es für mich eher Baumstämme. Den 1000er finde ich seiner Feder wegen auch toll, seine Baugröße schreckt mich aber noch nachhaltig ab.
Neben der körperlichen Größe hat sich das Bewußtsein der Menschen in ihrer individuellen Präsentation jedoch auch stark gewandelt.
Den Autos vergleichbar werden heute bestimmt auch einige Schreibgeräte zum "Posen" missbraucht.
Hier im Forum vermute ich letzteres allerdings weniger.
Äquvalent werden wohl auch die wenigsten von uns in Ihrer Freizeit mit ihrem Prachtschlitten über eine besondere Stadtpromenade zum Posen auf und ab fahren.... .
Auffällig ist für mich ebenfalls, dass ich mich besonders für die Füllfederhalter meiner Jugendzeit begeistere. Da liegt es nahe, dass die Zeit dem Wandel unterliegt.

Liebe Grüße

Horsa
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HeKe2
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Re: Warum waren die Füller früher kleiner?

Beitrag von HeKe2 »

Horsa, da könntest du recht haben. Habe gestern auf der A3 einen alten Volvo 144 gesehen. Der wirkte neben den Fiat 500 neuester Bauart auf der Überholspur geradezu winzig, schmaler und flacher. Ich konnte es kaum glauben ist aber bei den Audi 80 der ersten Serie auch so. Groß wird eben automatisch mit wertiger übersetzt.
Beste Grüße
Hermann
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