Preisvergleich Stahl- vs. Goldfeder

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patta
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Preisvergleich Stahl- vs. Goldfeder

Beitrag von patta » 01.09.2021 17:48

Manchmal fragt man sich, warum eine Goldfeder einen so hohen Aufschlag zum gleichen Füller mit Stahlfeder besitzt (hatten wir hier im Forum auch schon einige Male. Heute war ich verwundert, als ich im "Werbung"-Thread die Anzeigen aus den 1950ern sah: viewtopic.php?p=355975#p355980.
Bei beiden liegt der Aufschlag bei ca. 50 %, heute liegt er typisch bei 300 % (z.B. Lamy studio) oder mehr. Bei günstigen Stiften eher noch höher. Die (Schul-)füller auf den Bildern sind ja eher im unteren Preissegment zu sehen.

Wie kann man dies erklären? Die Herstellungsmethoden haben sich seit den 1950er Jahren ja nicht verändert und wenn, dann wurden kostenintensive manuelle Tätigkeiten automatisiert. Was meint ihr?

Gruß patta

Die Hälfte dessen, was man schreibt, ist schädlich, die andere Hälfte unnütz. - Friedrich Dürrenmatt

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Buntschreiber
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Re: Preisvergleich Stahl- vs. Goldfeder

Beitrag von Buntschreiber » 01.09.2021 18:08

Kurz: Weil die Leute bereit sind es zu bezahlen.

Lang: Zunächst zur Mathematik. Die 50% Aufschlag beziehen sich auf den ganzen Füller. Eine Lamy-Goldfeder kostet 60.- eine Stahlfeder 5.-, wenn ich aber noch einen 40.- Füller dazurechne sind wir bei 45.- vs. 100.- - das sind mehr als 50% aber weniger als 300%. Damals war eine Goldfeder nicht so der Mega-Luxus wie heute und man konnte schlicht nicht mehr dafür verlangen. Heute sind Füller eher Luxusgüter und Goldfedern noch mehr => man verlangt es weil man es kann.
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Böser Vater
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Re: Preisvergleich Stahl- vs. Goldfeder

Beitrag von Böser Vater » 01.09.2021 18:34

Das ist der Unterschied zwischen einem Gebrauchsgütermarkt und einem Narrenmarkt (Hobby + Lifestyle).
Beste Grüße --- Hans

Horsa

Re: Preisvergleich Stahl- vs. Goldfeder

Beitrag von Horsa » 01.09.2021 18:44

Ich denke, es ist nicht ganz so einfach. Zunächst ist es, wie damals. Mit zunehmender Händlerkette, Glied für Glied und deren jeweiligen Aufschlägen wachsen die Margen um jeweils X %. Am Ende steht der dann doch beeindruckende Preis.
Schaut man auf die wenigen Händler, die nicht durch Verträge preisgebunden sind und direkt vom Hersteller beziehen, wird auch klar, warum sie nahezu zum halben Preis verkaufen können. Im Einzelhandel gibt es vielfältig üble Verträge. Montblanc regelt den Absatz seiner Produkte, so mein Eindruck, besonders stringent reglementiert.
Ich fürchte, das ist einer der wesentlichen Gründe.

Liebe Grüße

Horsa

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Pen-Tagon
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Re: Preisvergleich Stahl- vs. Goldfeder

Beitrag von Pen-Tagon » 01.09.2021 19:30

Hier mal die Entwicklung des Goldpreises von 1900 bis 2020 (man beachte die Preissteigerung von 1950 an)

https://de.statista.com/statistik/daten ... seit-1900/

In einem anderen Thread wurde auch die deutlich kostenintensivere Verarbeitung des Goldes zu einer Feder angesprochen. Dazu zählt auch die sichere Lagerhaltung und der Werttransport. Und natürlich, wie bereits angesprochen, die Emotionale Komponente, die man hier gegenüber dem Verbraucher gut ausspielen kann. Der Käufer will es, dann bekommt er es auch, zu einem Preis, den er noch bereit ist zu bezahlen.
Gruß
Knut

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Buntschreiber
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Re: Preisvergleich Stahl- vs. Goldfeder

Beitrag von Buntschreiber » 01.09.2021 19:49

Prozentuale Preissteigerungen machen sich immer gut. Falls tatsächlich mal der Kaffeepreis um 10% rauf geht, ist das schnell die Begründung an der Kaffeebar, dass der Kaffee um 50ct teurer wird. Selbst falls der Kaffeepreis tatsächlich so stark steigen würde und nachher nicht wieder fallen würde: Bei einem einfachen Espresso macht eine solche unrealistische Preissteigerung von 10% gerade mal 0,7ct aus und nicht 50ct.

Nächster Punkt: Die Goldpreissteigerung ist sicher inflationsbereinigt gemessen, ne? Auch Stahl ist teurer geworden und die Arbeitskraft ebenso.

Zurück zu den Goldfedern: Wieviel Gold ist denn da drin? Wieviel der Preissteigerung ist also durch den Goldpreis bedingt? Ich behaupte: Verdammt wenig. Falls hier jemand weiß wieviel Gold in einer Feder drin ist, lasse ich mich gerne eines besseren belehren.

Meinem Gefühl nach war eine Goldfeder damals "normaler" als heute, also auch das STückzahlenverhältnis ausgewogener als heute. Ob das soviel ausmacht? Ich bezweifle es.

Selbst in China kauft man, wenn man Goldfedern will, gerne bei europäischen Edelherstellern wegen dem Image - also gibt es auch kaum Konkurrenz.

Was bleibt: Man verlangt es weil man es kann.
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Re: Preisvergleich Stahl- vs. Goldfeder

Beitrag von Kormoranfeder » 01.09.2021 20:22

Eine 6er Feder von Greif wiegt 0,5g. Also 0,25g Gold übern Daumen. Das ist schon eine große Feder gewesen. Eine 1000er Pelikan wird ähnlich liegen schätze ich.
Carsten

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Pen-Tagon
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Re: Preisvergleich Stahl- vs. Goldfeder

Beitrag von Pen-Tagon » 01.09.2021 21:39

Die Unze (28,35 Gramm) Gold kostet heute ca. 1800$, eine Tonne (1000Kg) V2A Edelstahl ca. 2400$. (gesicherte Lagehaltung, Kosten für Werttransporte, das ganze Handling bei Gold nicht mitgerechnet) 1950 dürften die Preise deutlich enger beieinander gelegen haben. 5 Jahre nach Kriegsende war Stahl Mangelware. Von Alliierten in der produzierten Menge begrenzt, (wenn auch erste Stahlwerke nach Wiederaufbau in Produktion gingen), so wurde der auch dringender für andere Zwecke benötigt.

Das ist sicherlich nicht der Hauptgrund für den deutlichen Preisunterschied. Man kann sich ja im Internet Videos über die Federherstellung ansehen. Während bei der Edelstahlfeder heutzutage vieles vollautomatisch läuft, sind bei der Goldfeder noch mehr (automatisierte) Polierschritte und einiges mehr an Handarbeit im Spiel, insbesondere das Schleifen. Die Handarbeit erwartet der Kunde auch für den Aufpreis. 1950 dürfte die Automatisierung noch nicht den Stand von heute gehabt haben, womit beide Federn in dieser Zeit einen ähnlichen Arbeitsaufwand gehabt hätten. Dann noch das Emotionale nicht quantifizierbare Element des Goldes und dann kann der Hersteller den Preis verlangen, weil er bezahlt wird.
Gruß
Knut

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Buntschreiber
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Re: Preisvergleich Stahl- vs. Goldfeder

Beitrag von Buntschreiber » 02.09.2021 16:15

Für eine #6 Feder landen wir dann also bei rund 13€ Gold für die Feder, für eine Lamy-Feder vielleicht die Hälfte. Zusätzliche Schritte - meinetwegen. Wieviel Aufßreis kostet bei anderen Herstellern eine Goldfeder? Garantiert mehr als 55€ . Bleibt also: Man verlangt es, weil es gezahlt wird.
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