Hallo zusammen,
nachdem soviel über Experten und deren Wissen gechrieben wurde,
versuche ich mein Glück mit einem separaten Faden. Das ursprüngliche
Thema wollte ich auf keinen Fall kapern.
Seit mehrerren Jahren bin ich im Bestitz der vier Darstellungen (Kupferstich oder
Stahlstich ?). Sie sind ja mit "Biscuit Croquis" als "ironische Scherzdarstellung"
markiert. Dazu möchte ich gerne wissen, aus welcher Zeit die Darstellungen sind,
und was wurde mit den Darstellungen beabsichtigt zu vermitteln.
Meine Vorstellung geht in Richtung "Streit zwischen Federkiel und Stahlfeder".
vermutliche Entstehung in der Zeit von 1840 ff. Damit kann ich natürlich
vollkommen falsch liegen, aber deshalb meine Anfrage.
Schon mal im voraus vielen Dank für Antworten.
Viele Grüße
Werner
Wissensabfrage
Moderatoren: Sabine, desas, MarkIV, Linceo, Lamynator, Zollinger, JulieParadise, HeKe2
Wissensabfrage
- Dateianhänge
-
- Scherzkeks_gesamt.jpg (159.05 KiB) 1181 mal betrachtet
Leserlichkeit ist die Höflichkeit der Handschrift. (Friedrich Dürrenmatt)
Re: Wissensabfrage
Hallo Werner.
"Faszinierend" würde Mr. Spock wohl sagen, und ich meine dies auch.
Solch ähnliche Darstellungen sind mir als Karikaturen um die Revolution 1848 in Deutschland schon begegnet. Von daher halte ich deine zeitliche Einschätzung für recht wahrscheinlich.
Zum Inhalt: Auf dem ersten Bild ist ein mit einem Schlüssel geöffneter Schlagbaum = Grenze zu erkennen. Ein Narr mit Kappe, Schellen und Glöckchen turnt im Kopfstand darüber. Mich irritiert, dass die Beine des Narren ebenfalls aus überzeichnet großen Tuch"tentakeln" mit Schellen am Ende bestehen. Das Schildchen am Schlüssel ("I I.G") könnte alles Mögliche bedeuten, z.B. eine geöffente Grenze zwischen zwei Dingen/Staaten/Zuständen.
Auf der zweiten Zeichnung meine ich ein Feder(kiel)-Messer zu erkennen, das personifiziert vor einer Federablage mit zwei Tintenfässchen steht. Das Messer wirkt irritiert oder erschrocken, vielleicht weil es nun arbeitslos wird?!
Bei Zeichnung Nummer 3 liegt das Messer auf dem Ablagebänkchen, davor befindet sich ein frisch geschriebener Brief. Mimik sowie Hand- Arm- und Körperhaltung der beiden Federn im Vordergrund sprechen m.E. eher für einen Tanz, also ein tête à tête, nicht für einen Streit oder eine Auseinandersetzung. Hier wirkt der Federkiel noch wild, ungekämmt, mit einem zerzausten Rock.
Anders in Zeichnung 4: der Federkiel trägt einen ordentlich herausgeputzten Rock, die Frisur ist gerichtet und geflochten, läuft in einen Zopf aus, der Schnurrbart ist sorgsam geformt und gewichst.
Der Federkiel verabschiedet sich "mit einer langen Nase" von der Stahlfeder, die mit Sack und Pack, also ihrem Bündel dampfend/rauchend weiter zieht. Das Dampfen könnte als ein Verweis auf die maschinelle, künstliche Herstellung der Stahlfeder verstanden werden, das Aufgeputzte beim Federkiel auf die Natur und deren Schönheit, die bleibt, während die Erfindung gen Horizont entschwindet. Die Lichtstrahlen im Hintergrund könnten sowohl auf den Anbruch einer neuen Zeit (Morgensonne) als auch auf den Abschluss eines Kapitels (untergehende Sonne) verweisen. Letzteres wäre meine Interpretation. Die Erfindung bleibt nach Ansicht des Zeichners nicht, ist also nicht von Dauer, die Natur schon.
Insgesamt würde ich die Bildfolge eher - wenn ich's nun bedenke - in die Industrielle Revolution verorten, also noch etwas früher, da die Erfindung der Stahlfeder am Beginn des 19. Jh. liegt.
https://www.avgcard.de/de/geschichte-29 ... feder.html
Tschö, Thomas
"Faszinierend" würde Mr. Spock wohl sagen, und ich meine dies auch.
Solch ähnliche Darstellungen sind mir als Karikaturen um die Revolution 1848 in Deutschland schon begegnet. Von daher halte ich deine zeitliche Einschätzung für recht wahrscheinlich.
Zum Inhalt: Auf dem ersten Bild ist ein mit einem Schlüssel geöffneter Schlagbaum = Grenze zu erkennen. Ein Narr mit Kappe, Schellen und Glöckchen turnt im Kopfstand darüber. Mich irritiert, dass die Beine des Narren ebenfalls aus überzeichnet großen Tuch"tentakeln" mit Schellen am Ende bestehen. Das Schildchen am Schlüssel ("I I.G") könnte alles Mögliche bedeuten, z.B. eine geöffente Grenze zwischen zwei Dingen/Staaten/Zuständen.
Auf der zweiten Zeichnung meine ich ein Feder(kiel)-Messer zu erkennen, das personifiziert vor einer Federablage mit zwei Tintenfässchen steht. Das Messer wirkt irritiert oder erschrocken, vielleicht weil es nun arbeitslos wird?!
Bei Zeichnung Nummer 3 liegt das Messer auf dem Ablagebänkchen, davor befindet sich ein frisch geschriebener Brief. Mimik sowie Hand- Arm- und Körperhaltung der beiden Federn im Vordergrund sprechen m.E. eher für einen Tanz, also ein tête à tête, nicht für einen Streit oder eine Auseinandersetzung. Hier wirkt der Federkiel noch wild, ungekämmt, mit einem zerzausten Rock.
Anders in Zeichnung 4: der Federkiel trägt einen ordentlich herausgeputzten Rock, die Frisur ist gerichtet und geflochten, läuft in einen Zopf aus, der Schnurrbart ist sorgsam geformt und gewichst.
Der Federkiel verabschiedet sich "mit einer langen Nase" von der Stahlfeder, die mit Sack und Pack, also ihrem Bündel dampfend/rauchend weiter zieht. Das Dampfen könnte als ein Verweis auf die maschinelle, künstliche Herstellung der Stahlfeder verstanden werden, das Aufgeputzte beim Federkiel auf die Natur und deren Schönheit, die bleibt, während die Erfindung gen Horizont entschwindet. Die Lichtstrahlen im Hintergrund könnten sowohl auf den Anbruch einer neuen Zeit (Morgensonne) als auch auf den Abschluss eines Kapitels (untergehende Sonne) verweisen. Letzteres wäre meine Interpretation. Die Erfindung bleibt nach Ansicht des Zeichners nicht, ist also nicht von Dauer, die Natur schon.
Insgesamt würde ich die Bildfolge eher - wenn ich's nun bedenke - in die Industrielle Revolution verorten, also noch etwas früher, da die Erfindung der Stahlfeder am Beginn des 19. Jh. liegt.
https://www.avgcard.de/de/geschichte-29 ... feder.html
Tschö, Thomas
Sei nicht so; sei anders.
Re: Wissensabfrage
Hallo Thomas,
vielen Dank für Deine sehr ausführliche und für mich überzeugende Antwort.
Deine Charakterisierungen der Darstellungen finde ich sehr gelungen. Auf jeden
Fall hat mich Deine Antwort weiter gebracht. Ich werde noch ein wenig recherchieren
mit Hilfe des Links.
Viele Grüße
Werner
vielen Dank für Deine sehr ausführliche und für mich überzeugende Antwort.
Deine Charakterisierungen der Darstellungen finde ich sehr gelungen. Auf jeden
Fall hat mich Deine Antwort weiter gebracht. Ich werde noch ein wenig recherchieren
mit Hilfe des Links.
Viele Grüße
Werner
Leserlichkeit ist die Höflichkeit der Handschrift. (Friedrich Dürrenmatt)