Designklassiker in den Sammlungen

Technikfragen zum Forum, Fotothemen, Kaufberatung, Brieffreude, etc.

Moderatoren: Sabine, desas, MarkIV, Linceo, Lamynator, Zollinger, JulieParadise, HeKe2

Benutzeravatar
glucydur
Beiträge: 3056
Registriert: 02.06.2013 17:39
Wohnort: Peripherie von Stuttgart

Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von glucydur »

Hallo zusammen,

begeistert von der Breite und Vielfalt der Themen in diesem Forum und beeindruckt von der Fach- und Sachkenntnis der Forumsmitglieder, möchte ich als „Frischling“ (und als langjähriger Sammler mit mehrjähriger Unterbrechung) zu einem Austausch über das Thema: "Eigene Designklassiker im Spiegel ihrer Zeit" anregen.

Ich möchte dazu ermuntern, die Füllfederhalter aus der eigenen Sammlung zu zeigen, die ein charakteristisches Design ihrer Zeit aufweisen und zu Klassikern geworden sind. Gerne sollen auch aktuelle Füllfederhalter gezeigt werden, die einen besonderen Designcharakter haben und das Zeug zum Klassiker haben. Bitte jeweils um eine kurze Begründung, warum.

Für mich stellt das Design neben Nutzwert, Material und Technik, eines der zentralen Themen bei Alltagsprodukten und somit auch bei Füllfederhaltern dar.

Die Beurteilung, ob schlecht oder gut gemachtes Design vorliegt, ist meiner Meinung nach nicht nur von subjektivem Geschmacksempfinden abhängig, sondern es gibt objektivierbare Kriterien, wie z.B. Stringenz der Linienführung, Konsequenz in der Abstimmung der eingesetzten Materialien, Ausgewogenheit der Proportionen etc.

Ich beginne mit einem Trio, das mir am Herzen liegt: Montblanc Meisterstück No. 12, Montblanc No. 22 und No. 32 (von links nach rechts). Die Füllfederhalter stammen aus den 60er Jahren, einer Zeit, in der Montblanc mit den Kategorien 1 (höhere Preislage – ist übrig geblieben), 2 (mittlere Preislage) und 3 (untere Preislage) noch für jeden Geldbeutel etwas im Angebot hatte.
Montblanc 1.jpg
Montblanc 1.jpg (294.75 KiB) 8069 mal betrachtet
Montblanc 3.jpg
Montblanc 3.jpg (266.09 KiB) 8055 mal betrachtet
Montblanc 4.jpg
Montblanc 4.jpg (285.02 KiB) 8028 mal betrachtet
Das Meisterstück No. 12 hat den prominentesten Schöpfer, den Designer Albrecht Graf Goertz, der u.a. für die Gestaltung des BMW-Sportcoupé 507 bekannt ist:
Montblanc No. 12.jpg
Montblanc No. 12.jpg (312.05 KiB) 8022 mal betrachtet
Warum halte ich das Design dieser 3 Füllfederhalter für charakteristisch für ihre Zeit und für gut gemacht?

Sie setzen alle drei in unterschiedlicher Ausprägung die Ideen einer wichtigen Strömung des deutschen Designs der sechziger Jahre, welche in einer Fortführung der Bauhaus-Tradition (HfG Ulm) bestand, konsequent um und verzichten dabei nicht auf die klassische Kolbenmechanik. Ich finde vor allem folgende Merkmale ansprechend:

1.Das Gesamtdesign v.a. das des Montblanc Meisterstück No. 12 ist eine moderne und dem damaligen Zeitgeist entsprechende Neuinterpretation des klassischen Meisterstücks.

2.Die Linienführung ist klar und stringent, die Proportionen sind ausgewogen.

3.Die Form ist einfach, sachlich und auf Wesentliches reduziert. Natürlich nicht in der Konsequenz wie beim Lamy 2000, bei dem die Bauhaus-Werte kompromisslos umgesetzt wurden.

4.Der klassische Material-Mix aus goldenem Metall und schwarzem Kunststoff wirkt auch in der damals neuen Formgebung elegant, harmonisch und stimmig.

Zu Designklassikern, die bis heute in beinahe unveränderter Form produziert werden (wie z.B. der Pelikan Souverän), sind diese Füllfederhalter nicht geworden. Allerdings setzte sich die grundsätzliche Formgebung, vor allem die des Montblanc 22, über die 60er hinaus mit den Füllfederhaltern der Serie Classic (1979-1989), Classic II (1989-1996) und Generation, der von 1996 bis in die 2000er Jahre im Montblanc-Sortiment war, über mehr als 4 Jahrzehnte fort.

Der Hauptgrund, warum das Design sich nicht mehr in der aktuellen Kollektion findet, ist meines Erachtens nicht die mangelnde Qualität der Formensprache, sondern liegt in der Produktpolitik der Firma Montblanc begründet, die die mittlere Preislage, in der dieses Design weiterlebte (MB Generation), aufgegeben hat.

Mein persönlicher Favorit ist der Montblanc 22. Seine Ableger „Classic“ und „Generation“ finden sich auch in meiner Sammlung.

Gruß

Alexander
Gutta cavat lapidem.
ostfüller
Beiträge: 655
Registriert: 02.07.2012 19:00
Wohnort: Dresden

Re: Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von ostfüller »

Hallo Alexander,

Hut ab!
Beeindruckende Fotos und Beschreibung.

Herzlichen Dank

Marco
Benutzeravatar
Andi36
Beiträge: 3048
Registriert: 29.10.2010 23:43

Re: Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von Andi36 »

Hallo Alexander,

Danke Dir für diesen schönen und erfrischenden Beitrag.
Mal sehen, was uns zum Thema und bei "dera Hitz" einfällt.

Andreas
Don't feed the troll.
Benutzeravatar
glucydur
Beiträge: 3056
Registriert: 02.06.2013 17:39
Wohnort: Peripherie von Stuttgart

Re: Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von glucydur »

Hallo zusammen,

mir fällt noch etwas ein... Nachdem sich bisher niemand so richtig getraut hat auf meine Einladung hin ein paar schöne Designklassiker aus der eigenen Sammlung zu zeigen, nehme ich mich des Themas nochmal an. Ein bisschen Pulver habe ich noch zu verschießen... :)

Ich möchte heute eine Neuauflage eines Designklassikers vorstellen, der nicht mehr im Programm des Herstellers ist. Es handelt sich um einen wichtigen Vertreter des Stromliniendesigns, den ich Ende der neunziger Jahre gekauft habe: der Sheaffer Balance, hier zu sehen als Special Edition „Aspen“.
Balance1.jpg
Balance1.jpg (266.04 KiB) 7633 mal betrachtet
Dieser Füller adaptiert das Design des Originals von 1929 ff. beinahe komplett, inklusive dem Bicolor-Design der Feder, der berühmten „Feathertouch-nib“, die ab 1931 beim Modell „Balance“ erhältlich war. Damit erhebt er meiner Meinung nach zu Recht den Anspruch ein Designklassiker zu sein, auch wenn es sich bei dem gezeigten Füller nicht um ein Original-Exemplar aus den 1930er Jahren handelt.

Nicht dem Original entsprechend sind die Fülltechnik und das Material. Statt einer Hebelfüllmechanik hat er ein modernes Patronen- bzw. Kolbenkonverterfüllsystem. Der Korpus des vorliegenden Modells ist auch nicht aus dem zelluloidähnlichen Originalmaterial Radite, sondern aus leichter zu bearbeitenden Acryl gefertigt.

Sehr beeindruckend finde ich die Marmorierung des Korpus, die eine ästhetisch gelungene Neuinterpretation der Marmorierung der Original-Füller darstellt. Insofern hat das Design des gezeigten Füllers, obwohl es ein Remake ist, sogar etwas Eigenständiges.

Die Kombination aus sich abwechselnden, goldfarben schimmernden, braunen und blauen Elementen erinnert mich beim Betrachten immer ein wenig an den „Indian Summer“ in den Nordenglandstaaten und wäre in den 1930er Jahren wahrscheinlich ein Renner gewesen.
Balance4.jpg
Balance4.jpg (321.14 KiB) 7616 mal betrachtet
Balance2.jpg
Balance2.jpg (280.2 KiB) 7620 mal betrachtet
Balance3.jpg
Balance3.jpg (272.88 KiB) 7616 mal betrachtet
Das „Streamline“-Design des Sheaffer Balance nahm in der Füllfederhalterindustrie einen Design-Trend auf, der sich in den 1930er Jahren in Amerika durchsetzte und auf die Gestaltung vieler Industrieprodukte, wie z.B. Autos, Züge oder Luftschiffe, Einfluss hatte.

Die aktuellen Montblanc Meisterstücke 146 und 149 oder der Aurora 88 mit ihrer typischen Zigarrenform haben ihren gestalterischen Ursprung letztendlich auch im Stromliniendesign, welches sich in der Nachkriegszeit mit einer zeitlichen Verzögerung auch in Europa bei sehr vielen Alltagsprodukten durchsetzte.

Der Name „Balance“ ist tatsächlich Programm. Vor allem mit aufgesetzter Kappe wirkt der Füllfederhalter haptisch gut ausbalanciert und liegt angenehm in Hand, was sich vor allem bei längerem Schreiben bemerkbar macht. Das Schreibverhalten der sehr schön gearbeiteten 18K-Bicolorfeder ist ausgezeichnet.
Balance5.jpg
Balance5.jpg (252.43 KiB) 7606 mal betrachtet
Als ob sie in ein Bad mit flüssigem Palladium statt Tinte getaucht worden wäre...

Ich hoffe mit dem aktuellen Beitrag ein wenig Appetit gemacht zu haben, Füllfederhalter mit interessantem Design aus der eigenen Sammlung zu zeigen.

Danke für Eure Aufmerksamkeit.

Gruß

Alexander
Gutta cavat lapidem.
Barbara HH
Beiträge: 2023
Registriert: 12.03.2009 2:06

Re: Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von Barbara HH »

Schöner Faden. Los jetzt, Leute, wo bleiben die MoMAs? :D
„Ich denke tatsächlich mit der Feder, denn mein Kopf weiß oft nichts von dem, was meine Hand schreibt.“ Wittgenstein, Vermischte Bemerkungen
Benutzeravatar
Tombstone
Beiträge: 2742
Registriert: 03.01.2012 19:02

Re: Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von Tombstone »

Barbara HH hat geschrieben:Schöner Faden. Los jetzt, Leute, wo bleiben die MoMAs? :D
Du wirst Lachen: ich habe mich gerade von oben nach unten durchgelesen (ich hatte den Thread wohl vorher übersehen) und dachte mir genau das...
Ciao - Peter

Handle stets so, dass die anderen sich wundern, warum sie Dir noch keine reingehauen haben...
Benutzeravatar
ichmeisterdustift
Beiträge: 1716
Registriert: 03.06.2012 6:42
Wohnort: Kirkel
Kontaktdaten:

Re: Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von ichmeisterdustift »

Ich denke, der Waterman CF gehört eindeutig in diese Rubrik. Eigentlich ja in zweierlei Hinsicht, denn nicht nur sein Design sondern auch sein Füllmechanismus war seinerzeit richtungsweisend.
Aus meiner Sammlung habe ich die schwarze Ausführung mit einer sagenhaften 18k OB ausgewählt. Damals waren die Waterman-Federn noch eher italic als nur angeschrägt und diese Feder schreibt wie ein Gedicht.
Beste Grüße,
Volker
Dateianhänge
cfschwarz5.jpg
cfschwarz5.jpg (73.09 KiB) 7209 mal betrachtet
cfschwarz6.jpg
cfschwarz6.jpg (68.88 KiB) 7198 mal betrachtet
cfschwarz3.jpg
cfschwarz3.jpg (63.16 KiB) 7203 mal betrachtet
cfschwarz4.jpg
cfschwarz4.jpg (66.07 KiB) 7201 mal betrachtet
gewerbliche Webpräsenz:
http://www.pen-paradise.de
Email: vertrieb@pen-paradise.de
http://www.saarpen.com - Handgefertigte Füllhalter - made in Germany
Instagram: https://www.instagram.com/saar.pen/
Benutzeravatar
glucydur
Beiträge: 3056
Registriert: 02.06.2013 17:39
Wohnort: Peripherie von Stuttgart

Re: Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von glucydur »

Hallo Volker,

ein schöner, eleganter Designklassiker, den Du hier zeigst. Er ist sowohl technisch richtungsweisend wegen des Patronenfüllsystems, welches diesem Füller seinen Namen gab (C/F für cartridge-filled) als auch vom Design her für die Firma Waterman. Die Form des Clips war stilprägend für die nachfolgenden Waterman-Kollektionen. In der aktuellen Kollektion noch beim Exception erkennbar. An diesem Füller sieht man, was gut gemachtes Design ausmacht: ein gutes Konzept und konsequente Umsetzung desselben. Das Design, das vom GM-Chefdesigner Harley Earl stammt, wirkt auch heute noch aktuell. Nicht umsonst findet sich die gestalterische Grundkonzeption in den aktuellen Waterman-Modellen Edson und Carène.

Danke fürs Zeigen!

Gruß

Alexander
Gutta cavat lapidem.
Benutzeravatar
glucydur
Beiträge: 3056
Registriert: 02.06.2013 17:39
Wohnort: Peripherie von Stuttgart

Re: Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von glucydur »

Hallo zusammen,

ich habe nochmals in meiner Sammlung gekramt und zwei sehr unterschiedliche Füllfederhalter ausgewählt, die unbestritten in die Kategorie Designklassiker gehören: Der Pelikan Souverän, hier in der Variante des M800, und der Lamy 2000.

Gerne hätte ich bei den Fotos die Proportionen der beiden Füllfederhalter ausgewogener dargestellt, aber den dafür notwendigen M600 mit seiner Mittelgröße habe ich nur in schwarz/blau zur Verfügung. Ich wollte bei der Gegenüberstellung so nahe wie möglich an das Design des Original-„Stresemann“ aus den 50 er Jahren und habe mich deshalb für die Variante schwarz/grün entschieden.

Der Pelikan Souverän hat eine ganz eigenständige Formensprache, welche Art déco – Elemente (z.B. den wunderbaren Schnabel-Clip) enthält, sich aber in seiner Gesamtheit nicht dem Art déco zuordnen lässt. Er ist ein Stück weit eine Spezialität des deutschen Produktdesigns der 50er Jahre, welche sich zum Klassiker entwickelt hat und seit über einem halben Jahrhundert am Markt ist.

Der Lamy 2000 lässt sich von der Formensprache klar dem Bauhaus-Stil zuordnen, der in den 60er Jahren ein Revival erlebt. Das Design hebt sich in starkem Kontrast zum Pelikan Souverän ab und interpretiert die Form des klassischen Kolbenfüllfederhalters komplett neu. Die Schlagworte, die mir dazu einfallen, sind: Reduzierung der Form auf das Wesentliche und absolutes Understatement. Wie der Pelikan ist er in seiner gestalterischen Konsequenz ein typisch deutsches Produkt.

Bei der Haptik unterscheiden sich die beiden Füllfederhalter auch. Das liegt nicht zuletzt an den unterschiedlichen Materialien, die eingesetzt werden: zum einen Zellulose-Acetat und zum anderen glasfaserverstärktes Polycarbonat, dessen Verwendung 1966 ein Statement für Modernität war. Gemeinsam ist den beiden Füllern, dass sie sehr ausgewogen in der Hand liegen.

Bei der Gestaltung der Federn gibt es auch einen starken Kontrast: zum einen die reich verzierte, klassische Flügelfeder des Pelikan, zum anderen die minimalistisch gestaltete, verdeckte Schreibfeder des Lamy. Die unterschiedliche Federngestaltung hat ihrerseits Auswirkungen auf das Schreibverhalten.

Ich finde beide Füller sehr gelungen und das jeweilige Design perfekt. Zwar sind sie vom Designstil sehr unterschiedlich, aber bei beiden sieht man, wie konsequentes und in sich stimmiges Design wirken kann: zeitlos.
Dateianhänge
L1030036_bearbeitet-1-1.jpg
L1030036_bearbeitet-1-1.jpg (378.28 KiB) 6585 mal betrachtet
L1030038_bearbeitet-1-1.jpg
L1030038_bearbeitet-1-1.jpg (382.89 KiB) 6588 mal betrachtet
L1030045_bearbeitet-1-1.jpg
L1030045_bearbeitet-1-1.jpg (352.95 KiB) 6588 mal betrachtet
L1030049_bearbeitet-1-1.jpg
L1030049_bearbeitet-1-1.jpg (284.37 KiB) 6594 mal betrachtet
L1030054_bearbeitet-1-1.jpg
L1030054_bearbeitet-1-1.jpg (362.29 KiB) 6579 mal betrachtet
Gutta cavat lapidem.
Benutzeravatar
glucydur
Beiträge: 3056
Registriert: 02.06.2013 17:39
Wohnort: Peripherie von Stuttgart

Re: Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von glucydur »

Ich greife an dieser Stelle nochmals einen Thread auf, den ich ganz am Anfang meiner Penexchange-Zeit gestartet hatte, der allerdings auf nicht viel Resonanz stieß. Insofern würde ich ihn aus heutiger Sicht eher als "Blog" bezeichnen. Als "Blog-Starter" möchte ich es mir nicht nehmen lassen, einen weiteren Designklassiker an dieser Stelle zu präsentieren.

Es ist der Omas Art Déco Certified Edition. Hinter diesem etwas sperrigen Namen verbirgt sich letztendlich nichts anderes als ein reduzierter Omas Paragon old style. Das einzige, was ihn von diesem Modell unterscheidet, ist, dass er am Griffstück ein Mäanderband weniger hat und statt einer 18 K Goldfeder eine Titanfeder aufweist.
Omas 1.jpg
Omas 1.jpg (284.98 KiB) 5765 mal betrachtet
Omas 2.jpg
Omas 2.jpg (307.78 KiB) 5765 mal betrachtet
Omas 3.jpg
Omas 3.jpg (325.66 KiB) 5765 mal betrachtet
Warum ist dieser Füller ein Designklassiker? Er stammt schließlich aus unserer Zeit. Er zählt deshalb zu diesem Füllertypus, weil er das älteste von den drei Omas-typischen Designs (Zwölfeck (=Paragon), Rundform (=Ogiva/MoMA), Dreieck=(360)) aufgreift. Vorbild für den Omas „Paragon“ und damit auch den hier gezeigten „Art Déco“ ist der Omas „Extra“ aus dem Jahr 1930. Das Charakteristikum dieses Füllers und seiner Nachfolger bis heute, sind die dodekagonale Form und das Dekor von Kappe und Korpus in Form von Mäanderbändern.
Omas 4.jpg
Omas 4.jpg (291.35 KiB) 5765 mal betrachtet
Omas 5.jpg
Omas 5.jpg (291.83 KiB) 5765 mal betrachtet
Fortsetzung folgt...
Gutta cavat lapidem.
Benutzeravatar
glucydur
Beiträge: 3056
Registriert: 02.06.2013 17:39
Wohnort: Peripherie von Stuttgart

Re: Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von glucydur »

Dieser Füller verkörpert für mich in wunderbarerweise sowohl die klassische Moderne (durch seine sehr klare und schlichte Formensprache), als auch ganz klar das Art Déco (durch seinen dezenten Einsatz von Ornamenten und den Bezug zu Zikurrat-Formen, die sich im dodekagonalen Korpus widerspiegeln). Die Entstehungszeit dieses Füllers ist die Zeit, in der die Strömungen der klassischen Moderne und des Art Déco in der Architektur, im Industriedesign als auch in der Kunst parallel verlaufen. Ich könnte mir diesen Füller gut in der Hand des „Young girl in Green with gloves“ vorstellen, also der Frau auf dem wohl berühmtesten Gemälde von Tamara de Lempicka, welches wie das Chrysler-Building oder die Automobile von Packard zu einer Ikone des Art Déco geworden ist.
Young Girl in Green.jpg
Young Girl in Green.jpg (202.68 KiB) 5763 mal betrachtet
Der Omas Paragon (bzw. Omas Art Déco) gehört zu den wenigen Füllern, die in ihrer grundsätzlichen Formensprache, unverändert bis auf wenige Modifikationen bis in die heutige Zeit produziert werden. Er steht von seiner Designbedeutung in einer Reihe mit dem grünen Stresemann von Pelikan, der sich auf den Pelikan 100 zurückführen lässt, oder das Meisterstück von Montblanc.
Omas 6.jpg
Omas 6.jpg (291.34 KiB) 5763 mal betrachtet
Omas 7.jpg
Omas 7.jpg (280.75 KiB) 5763 mal betrachtet
VG

Alexander
Gutta cavat lapidem.
Benutzeravatar
Rude_E
Beiträge: 32
Registriert: 20.09.2015 13:26
Wohnort: Luzern

Re: Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von Rude_E »

Lieber Alexander
Ich habe gerade Deine "Blog"-Beiträge hier durchgelesen und würde mich über weitere freuen. Habe selber zu wenig kunsthistorisches und füllerologisches Know-how, um etwas beizutragen, bilde mich aber hier gerne weiter.
Gruss
Rudi
Ex Libris
Beiträge: 2251
Registriert: 10.02.2010 22:43
Wohnort: Konstanz

Re: Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von Ex Libris »

Hallo Alexander,

auch ich bin sehr erfreut, wieder einen Beitrag zu lesen. Mir ergeht es aber wie meinem Vorredner, denn ich habe keine echte Ahnung von der Designgeschichte - und ich besitze wohl auch zu wenige Designklassiker, um hier mitschreiben zu können. Gleichwohl goutiere ich Deine Ausführungen sehr.

Viele Grüße,
Florian
Benutzeravatar
glucydur
Beiträge: 3056
Registriert: 02.06.2013 17:39
Wohnort: Peripherie von Stuttgart

Re: Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von glucydur »

Hallo Florian,

freut mich, wenn Dir die Ausführungen gefallen. Ich kratze auch nur an der Oberfläche. Aber irgendwie empfinde ich das Thema "Design" für ein ganz zentrales bei Füllern, weil es uns viel über die Geschichte der heute produzierten Geräte sagt. Es gibt kaum einen aktuellen Füller, der nicht auf bereits dagewesenen Formvorstellungen und Designkonzepten beruht. Dazu sind die gestalterischen Freiheiten durch die vorgegebenen Parameter (Technik + Handhabbarkeit des Füllers) einfach zu gering.

VG

Alexander
Gutta cavat lapidem.
Ex Libris
Beiträge: 2251
Registriert: 10.02.2010 22:43
Wohnort: Konstanz

Re: Designklassiker in den Sammlungen

Beitrag von Ex Libris »

Hallo Alexander,

das ist ein interessanter Punkt, über den ich nie nachgedacht habe. Wenn ich aber die Füllerformen vor meinem inneren Auge passieren lasse, meine ich, Dir zustimmen zu können.

Vielleicht ist das aber gar nicht so überraschend. Da ich ja Literaturwissenschaftler bin, sage ich manchmal an meinen polemischen Tagen, dass es seit Homer ohnehin keinerlei Neuigkeit mehr in der Literatur gibt. Formale Experimente vielleicht, aber sonst? Spaß beiseite, ohne jetzt allzu streng Bauhaus zitieren zu wollen, aber die Funktion setzt der Form, gerade bei einem Werkzeug, das man die ganze Zeit in der Hand hat, wahrscheinlich schon gewisse engere Grenzen als bei anderen Dingen oder Gebrauchsgegenständen. Aber das ist ein weites Feld und der Boden, auf dem ich hier stehe, kommt mir schwankend vor.

Viele Grüße,
Florian
Antworten

Zurück zu „Sonstiges / Other“