Faber Castell Osmia 663, Prosecco-Edition

Johann Faber, A.W. Faber, Faber-Castell

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ddss
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Faber Castell Osmia 663, Prosecco-Edition

Beitrag von ddss »

Hallo zusammen,

den im Thema genannten Füllfederhalter hat mir meine Schwiegermutter geschenkt; es war ihr Ausbildungsfüller. Im Netz habe ich nur wenig über den Stift gefunden. Deshalb möchte ich ihn hier kurz vorstellen; er hat es verdient:
FC-Osmia-663.jpg
FC-Osmia-663.jpg (265.21 KiB) 7491 mal betrachtet
Die technischen Daten:
Es handelt sich um einen kleinen Füller, in der Größe etwa vergleichbar mit einem MB 242/342, der Mitte der 50er Jahre gebaut wurde. Der Stift ist nicht aus Thermo-Plastik (Edelharz, Polymethylmethacrylat, PMMA), so dass mein sehr geschätztes Xerapol zum Aufpolieren nicht geeignet ist (der Stift wird hierdurch beschädigt). Er müsste aus Hartgummi (Ebonit) sein. Mit Autosol o.ä. kann man ihn - incl. Clip und Kappenringen - ein wenig aufhübschen.

Länge mit Kappe 11,9 cm
Länge ohne Kappe 11,6 cm
Länge mit aufgesteckter Kappe 13,8 cm
Durchmesser Kappe max: 1,25 cm
Durchmesser Schaft max: 1,02 cm
Durchmesser Sektion mitte: 0,9 cm
Gewicht Kappe: 5,18 g
Gewicht Füller ohne Kappe unbetankt: 10,67 g
Tankvolumen: 1,12 ml

Zum Größenvergleich neben einem MB 244.G (242/342 hätte besser gepasst, die Knirpse habe ich aber nicht):
FC-Osmia-663_MB-244G.jpg
FC-Osmia-663_MB-244G.jpg (331.23 KiB) 7491 mal betrachtet
Die Schreibeigenschaften:
Der Halter hat eine als "F" gekennzeichnete echte Flexfeder aus 14K-Gelbgold mit der Größenangabe "3" und einer enormen Bandbreite in der Strichstärke (von F-3B). Leider kann ich nicht "flexen" und möchte es auch nicht lernen. Mit zusammengebissenen Zähnen bekomme ich immerhin 3 Kreuze hin:
Schriftprobe Osmia 663.jpg
Schriftprobe Osmia 663.jpg (69.71 KiB) 7491 mal betrachtet
Mich fasziniert die Feder vor allem, weil sie auch bei ganz geringem Druck noch eine sehr schöne Linienvariation erzeugt, ohne bei normalem Schreiben in irgendeiner Weise kratzig zu wirken, wie ich es bei Flexfedern sonst häufig erlebt habe. Ich mag eigentlich F-Federn überhaupt nicht; den Osmia 663 mit dieser Feder könnte ich mir hingegen sogar als Alltagsfüller vorstellen. Er schreibt weit besser als alle anderen Stifte mit F-Feder, die ich habe.

Die Wartung:
Vorab: Alle Gewinde an diesem Füller sind "normaldrehend", also im Uhrzeigersinn hinein, dagegen heraus.

Den Kappenkopf kann man ohne Werkzeug herausschrauben. Er bildet mit der Innenkappe eine Einheit. Weitere Teile gibt es in der Kappe nicht.

Die Kolbenmechanik ist geschraubt. Man kann versuchen, sie mit den Fingern herauszudrehen; das wird vermutlich nicht klappen. Mangels Spezialwerkzeug bevorzuge ich in solchen Fällen die Zangenschlüssel von Knipex wegen der ganz glatten parallel geführten Backen, die sicherstellen, dass ich den Zylinder immer an der belastbarsten Stelle, nämlich am größten Durchmesser erwische. Das kleinste Modell reicht. Es sieht zwar aus wie Kinderspielzeug, darf aber nicht unterschätzt werden, weil es enorme Kräfte entwickelt (10fache Handkraft). Die Zangenbacken polstere ich mit je einem Stück dickerem und angefeuchteten Leder.

Der Schaft ist zweigeteilt. Die Trennstelle befindet sich unmittelbar unter dem Kappengewinde. Die Teile können ohne Werkzeug auseinander geschraubt werden (etwas Silikon auf dem Gewinde beim Zusammenschrauben schadet nicht).

Feder und Tintenleiter sind vermutlich(!) gesteckt. Ich habe sie mit vertretbarer Gewalt nicht herausziehen können. Eventuell müssen sie herausgeschlagen werden. Das wollte ich aber ohne eine zweite Meinung nicht riskieren. Ich habe das gesamte Vorderteil geraume Zeit in den Ultraschallreiniger gesteckt und auch so sauber bekommen.

Das Problem:
Der Halter hatte ursprünglich eine Kolbendichtung aus Kunststoff, die aber porös und brüchig geworden war und daher nicht mehr dicht hielt. Alle meine Versuche, mir eine Ersatzdichtung aus Kunststoff zu basteln, scheiterten, so dass ich auf Kork zurückgreifen musste. Dafür ist der Füller aber nicht gebaut: Der Schaft ist dünn, die Kolbenmechanik filigran. Ich musste den Korkring auf eine Wandstärke von nur noch rund 2 mm zurückschleifen. Kurz vor der Vollendung hat es mir dann immer wieder diesen Ring zerfetzt und die Einzelteile sind mir um die Ohren geflogen. Ich habe verschiedene Korken ausprobiert und bin dann auf einen ziemlich harten Presskorken gestoßen, der ursprünglich einmal eine Prosecco-Flasche zuverlässig abgedichtet hat. Außerdem habe ich die Kolbenstange nicht mehr in die Standbohrmaschine, sondern in einen Akkuschrauber gespannt, bei dem ich in kurzen Abständen die Drehrichtung geändert habe, um die Zerrkräfte gleichmäßiger zu verteilen. So ging es und der Stift ist wieder unter den Schreibenden:
FC-Osmia-663-zerlegt.jpg
FC-Osmia-663-zerlegt.jpg (380.15 KiB) 7491 mal betrachtet
Den Rest der Familie habe ich bereits darauf vorbereitet, dass wir in diesem Sommer verstärkt Prosecco trinken müssen :) .

Über ergänzende Informationen zum Füller (genaue Bauzeit, Preis, Prospekte etc.) freue ich mich natürlich.

Viele Grüße
Michael
buchfan
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Re: Faber Castell Osmia 663, Prosecco-Edition

Beitrag von buchfan »

Lieber Michael,
ich habe deinen Bericht mit großem Interesse gelesen und freue mich mit dir über den 'Prosecco'-Füller, der nun wieder schreiben kann.
lg
mecki
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blackboro
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Re: Faber Castell Osmia 663, Prosecco-Edition

Beitrag von blackboro »

Hallo Michael,
vielen Dank für Deinen interessanten und höchst informativen Artikel.
Da bekomme ich doch glatt Mut, mich doch an meinem inkontinenten 661 zu versuchen, der ja vermutlich ähnlich aufgebaut ist.

Gruß
Stefan
~Stefan
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ddss
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Re: Faber Castell Osmia 663, Prosecco-Edition

Beitrag von ddss »

Hallo Stefan,

wenn ich helfen kann, helfe ich gerne. Auf meiner Suche nach Infos zum 663 hatte ich schon gesehen, dass auch hier im Forum eine Reihe von Mitgliedern gerne ihren undichten Osmia reparieren würden und Zerlegeanleitungen brauchen. Deshalb habe ich mich entschlossen, den Bericht zu schreiben. Wenn wir uns nämlich nicht selbst helfen, sind die Stifte verloren (wäre sehr, sehr schade). Eine professionelle Reparatur lohnt sich nicht, weil der Wert des reparierten Füllers die Reparaturkosten nicht deckt. Wenn an meinem 663 die Kunststoffdichtung zerfallen ist, spricht sehr viel dafür, dass sie es bei anderen Osmias aus derselben Zeit auch ist.

Die Mechanik eines 661 auf diesem Bild

http://fountainpenboard.com/forum/index ... ston-unit/

sieht der in meinem 663 sehr ähnlich. Ich vermute, dass bei dem abgebildeten Kolbenmechanismus die Kunststoffdichtung bereits fehlt und zwischen die beiden Scheiben am Ende der Kolbenstange gehört. Sobald Du ihn zerlegt hast, kannst Du ja einmal ein Bild veröffentlichen. Selbst wenn wir keine Idee für eine passende Dichtung haben, muss es ja hier im Forum noch ein paar richtige Profis geben, die auch "Unmögliches" lösen.

Viele Grüße
Michael
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blackboro
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Re: Faber Castell Osmia 663, Prosecco-Edition

Beitrag von blackboro »

Den Deliquenten habe ich schon herausgekramt, allerdings fehlt mir eine passende Zange...
~Stefan
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stift
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Re: Faber Castell Osmia 663, Prosecco-Edition

Beitrag von stift »

Hallo
Toll gemacht !!
Aus dieser Phase von Füllern bin ich schon weg,ich kann es nicht sicher sagen aber ich glaube ich habe einen grün memorierten in der Kiste.
Sind schon eigene Patienten die Faber Castell Osmia,und mir auch zu klein.Auch hatte ich Z.b.solche Größen von Kaweco und Osmia sowieso.
Deiner ist noch aus Zelluloid gemacht sieht man am braunen Sichtfenster,das verträgt Autosol ohne etwas.
Ich schleife meine Kolben mit der Hand so bin ich es halt gewohnt,so habe ich es mir gelernt.
Und die Feder geht auch raus, sollte auch wenn du schon den Füller aus dem Schlaf weckst.Aber ich weiß die sitzen bei diesen Füller sehr fest,da hilft oft nur in das Wasser damit sich der Dreck löst zwischen Feder Tintenleiter und Mundstück.
Feder wird mit Autosol wie neu !!!
Eingetrocknete Tinte kann oft so hart sein wie ein Stein,das wird oft unterschätzt welche Kraft das besitzt.
Na und nur weitermachen den dann macht das mit den Füllern erst so richtig Spass.
Grüße Harald
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ddss
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Re: Faber Castell Osmia 663, Prosecco-Edition

Beitrag von ddss »

Hallo Harald,

schön, dass Du Dich meldest. Das hat mich sehr gefreut. Genau an Dich habe ich nämlich gedacht, als ich zum ersten Mal mit dem Füller geschrieben habe. Du hast mir einmal geschrieben, ich müsste mich unbedingt um Vorkriegsfüller kümmern und würde alle meine aktuellen Stifte wegwerfen, wenn ich das einmal getan hätte. Mit dem Osmia habe ich dann eine gewisse Ahnung davon bekommen, was Du gemeint hast. Ich glaube, FC hat die Federn einfach so weiter gebaut, wie sie immer gebaut wurden, und dem Trend, Füllfederhalter zu bauen, die schreiben wie Kugelschreiber (Parker 51, Sheaffer Triumph etc.) widerstanden. Jedenfalls habe ich unter meinen Nachkriegsfüllern keinen einzigen Stift mit einer dem Osmia vergleichbaren Feder. Um die Vorkriegsfüller wollte ich mich eigentlich erst kümmern, wenn ich mich zur Ruhe gesetzt habe, weil das doch mit einem gewissen Aufwand (in jeder Beziehung) verbunden ist. Jetzt "bohrt" es in mir.

Liebe Grüße
Michael
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blackboro
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Re: Faber Castell Osmia 663, Prosecco-Edition

Beitrag von blackboro »

Die Feder meines 661 ist übrigens gesteckt, war aber auch nur mit Kraft dazu zu bewegen, den Tintenleiter zu verlassen.

Gruß
Stefan
~Stefan
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ddss
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Re: Faber Castell Osmia 663, Prosecco-Edition

Beitrag von ddss »

Hallo Stefan,

danke für die Info (ist in der Datenbank notiert). Schreibt Deiner denn wieder?

Liebe Grüße
Michael
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blackboro
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Re: Faber Castell Osmia 663, Prosecco-Edition

Beitrag von blackboro »

Schreiben tut er ja, nur dicht ist er nicht ;)
Momentan fehlen mir Werkzeug und Zeit, steht aber auf meiner ToDo-Liste.

Gruß
Stefan
~Stefan
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stift
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Re: Faber Castell Osmia 663, Prosecco-Edition

Beitrag von stift »

Hallo Stefan !
Das Leid kenne ich schon und den Ärger dazu.
Deshalb ist es so wichtig die Feder zusammen mit dem Tintenleiter raus zu nehmen.
Den so mache ich es :
Kolben fertig Hinein-schrauben also mit Mechanik und dann das Mundstück in den Mund und ein Vakuum erzeugen und wenn der Füller hängen bleibt ist er dicht,und wenn nicht wieder von vorne .
Mit dieser Kuss Methode bin ich auf der richtigen Seite,es gibt auch einen Gummi zum Prüfen aber meine Methode geht schneller.
Mache ich auch so bei den Sicherheitsfüllern,nur so nebenbei erwähnt.
Grüße Harald
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ddss
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Re: Faber Castell Osmia 663, Prosecco-Edition

Beitrag von ddss »

Hallo Stefan,

beim 663 kannst Du Harald's Methode auch anwenden, ohne Feder und Tintenleiter zu ziehen, weil das ganze Vorderteil abschraubbar ist (ich vermute, dass das beim 661 nicht anders ist). Wo ist er denn undicht? Wenn es hinten am Drehknopf heraus läuft, ist es die Kolbendichtung. Es kann aber auch sein, dass das Schraubgewinde zwischen Schaft und Sektion nicht dicht ist. Bei mir hat hier ein bisschen Silikonfett gereicht.

Viele Grüße
Michael
Odyseus
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Re: Faber Castell Osmia 663, Prosecco-Edition

Beitrag von Odyseus »

Hallo zusammen, bin neu im Forum und benötige eure Hilfe bezüglich eines Füllfederhalters von Osmia.Und zwar handelt es sich um das Modell Brillant 54F. Wie kann ich es am besten reinigen und wo liegt er preislich.
Danke im voraus.
Odyseus
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