Brause-Füller: Riss in Kappe, Material- und Klebefrage

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Matthias MUC
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Brause-Füller: Riss in Kappe, Material- und Klebefrage

Beitrag von Matthias MUC »

Hallo in die Runde,

Patient: ein Brause 3020, wo in der Kappe auf der Clipseite ein Riss ist, der verhindert, daß der Kappenkopf fest genug eingeschraubt werden kann, um den Clip zu halten. Also kein Dichtungsproblen, was mit dem bekannten Zaubermittelchen behoben werden kann, sondern die Reparaturverklebung muß eine gewisse Haltekraft haben.

Frage 1) Welches Material sind diese "Feld-Wald-Wiesen"-Füller der 1950er und 1960er Jahre? Zelluloid, Hartgummi oder die diversen "Exoten" würde ich fast ausschließen, sollte eigentlich ein üblicher, spritzgußtauglicher Allerweltskunststoff sein. Am schönsten wäre ABS oder PS (Polystyrol), weil es dann mit einem dünnflüssigen Modellbaukleber mehr "geschweißt" als geklebt bombenfest werden würde.
WENN PS oder ABS oder ein sonstiges mit solchen dünnflüssigen Lösungsmittelklebern pappbares Materiali, dann würde ich UHU plast aus dem Fläschchen mit dem Röhrchen nehmen, bei anderem Material laß ich mir gerne was geeignetes empfehlen (spezielle Sekundenkleber?)

Frage 2): Wie schütze ich innen das Gewinde davor, durch einsickernden Kleber beschädigt zu werden? Auf der Außenseite würde ich ja beiderseits des Risses mit Tesa abkleben, damit nix passiert, wenn der Kleber verläuft. Nach Aushärten ließe sich eine leichte Kleberspur wohl vorsichtig abschleifen und wegpolieren, die Restspur unterm Clip verstecken. Gibt's für innen eine Idee? Gewinde aus Wachs abformen und innen gut andrücken, dann kleben, dann Wachs raus? Oder Kappenkopf mit irgendeinem geeigneten kleberabweisenden Trennmittel einschmieren, einschrauben, Kleber in Riß fließen und ein bißchen beißen lassen, Kappenkopf wieder rausdrehen und hoffen?
Ich hab halt Angst, daß mit Kleberspuren versiffte Gewindegänge innen mir das Gewinde am Kappenkopf versauen und im schlimmsten Fall die ganze Kappe beim Einschrauben gesprengt wird. Alles zusammenzubauen und dann unter Inkaufnahme, daß ich den Kappenkopf nie wieder rausbekomme, zu kleben mag ich nicht riskieren.

lG Matthias
Matthias MUC
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Re: Brause-Füller: Riss in Kappe, Material- und Klebefrage

Beitrag von Matthias MUC »

Nachgelegt: Generell - bei 50er-Jahre-Füllern und älter wäre Celluloid wohl doch noch ein Kandidat? An was kann ich das von den Kunststoffen unterscheiden, die später für die fabrikmäßig hergestellten "Massen"-Füller (Pelikan M100 z.B., die Pelikano-Schulfüller der 1970er, alle gängige Noname-Ware) verwendet wurden - bei letzteren bin ich sicher, daß es kein Celluloid mehr sein dürfte.
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ddss
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Re: Brause-Füller: Riss in Kappe, Material- und Klebefrage

Beitrag von ddss »

Hallo Matthias,

ich kann Dir nur ein wenig helfen:

Montblanc hat 1955 vollständig auf Spritzgusstechnik umgestellt, d.h. alle danach produzierten Serien (25x, 264, 12/14, 22/24, 12x, 22x usw.) sind aus PMMA (Edelharz, Acrylharz oder wie auch immer das Material genannt wird). Bei anderen Herstellern kenne ich das Umstellungsdatum nicht.

Angeblich soll man Zelluloid auch daran erkennen können, dass es nach Essig oder Kampfer riecht. Das ist mir persönlich bei einem alten Füller noch nie gelungen (kann an meinem Riechvermögen liegen). Auch die Feststellung eines "wärmeren Anfühlens" beim Zelluloid fällt mir schwer.

Meines Wissens (ich bin mir nicht 100%ig sicher, sollte ich falsch liegen, bitte korrigieren) ist ein glasklares oder bläulich eingefärbtes Tintenfenster auch ein zuverlässiges Anzeichen für PMMA, weil das mit Zelluloid nicht geht.

Weitere verlässliche und zerstörungsfreie Unterscheidungsmethoden fallen mir nicht ein: Ganz einfach geht es mit Xerapol (heißt jetzt wohl Quixx Acrylic Scratch Remover): PMMA kann man damit (auf eigenes Risiko) polieren; Hartgummi und Zelluloid werden durch das Mittel aufgelöst, und zwar ziemlich schnell. Das Verfahren kann man also nur dann anwenden, wenn man ein kaputtes oder jedenfalls überflüssiges Teil von einem Füller hat.

Zum Kleben von PMMA benutze ich den Revell Modellbaukleber. Ich vermute, dass dieser dem UHU Plast ähnlich ist (evtl. sind sie sogar identisch). Deine Sorgen wegen des Gewindes habe ich mir auch gemacht: Nach meiner Erfahrung sind sie unbegründet. Ich spanne das zu klebende Teil in einen Minischraubstock mit Gummibacken, lasse den Kleber einsickern und ziehe dann den Schraubstock noch einen Tick nach. Der Kleber zieht sich bestimmungsgemäß in die Ritzen des Risses und "verschweißt" den Riss (sicherheitshalber 24h Trockenzeit einhalten). Er läuft aber nicht so weit durch, dass er "Wülste" im Gewinde bildet. Damit hatte ich auch gerechnet und geplant, sie mit einem Zahnarzt-Stocher wegzuschaben. Das war nicht erforderlich. Die Verschraubung klappte ohne Weiteres.

Noch eine erfreuliche Nachricht: Mit Micromesh und Xerapol gelingt es, den Riss (selbst unter der Lupe) zum Verschwinden zu bringen.

Zum Schluss die (leider sehr unerfreuliche) Nachricht: Ich habe es noch nie geschafft, auf diese Weise ein Teil zu kleben, welches später Druck aushalten musste (Griffstück, in das der Tintenleiter eingepresst und ggfs. mit einer gegen die Innenwand gedrückten Gummidichtung mit dem Tintentank abgedichtet wird; Kappe, die beim Einschrauben/schieben des Füllers Druck nach außen aushalten muss; etc.). Beim ersten Zusammenschrauben hört man ein leises "Klick" und weiß, die Arbeit war umsonst. Vielleicht haben die Profis hier noch andere Tricks auf Lager.

Viel Grüße

Michael
Matthias MUC
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Re: Brause-Füller: Riss in Kappe, Material- und Klebefrage

Beitrag von Matthias MUC »

Hab jetzt wie geplant beiderseits des Risses mit Tesa abgedeckt (falls mir der Kleber veglaufen sollte) und mit Deiner Minischraubstockmethode und UHU Plast Special erfolgreich geklebt, und nach 24h Warten die Kappe wieder gut handfest zusammengeschraubt, *auf Holz klopf* bislang ohne finales "Klick". Das Auspolieren der Klebespuren direkt über dem Riß hab ich mir vorerst geschenkt, die Stelle verschwindet bis auf weiteres einfach unterm Clip und gut... Der Brause soll nicht schön sein wie neu, der soll schreiben (tut er...)

lG Matthias
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ddss
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Re: Brause-Füller: Riss in Kappe, Material- und Klebefrage

Beitrag von ddss »

Hallo Matthias,

darüber habe ich mich jetzt mit Dir sehr gefreut. Ich gebe auch nie auf und werde es immer wieder probieren. Ich habe mir nur für mich persönlich (schon zur Vermeidung von Enttäuschungen) folgende "Faustregel" gebastelt: Wenn der Riss oder sonstige Schaden durch einen "Unfall" entstanden ist (jemand ist auf die Kappe getreten oder hat so fest auf die Feder gedrückt, dass das Griffstück im Bereich der Federaufnahme Risse bekommen hat usw.), hat man realistische Chancen, dass die Klebung hält. Wenn der Riss aber bei "bestimmungsgemäßem Gebrauch" entstanden ist, sieht es schlecht aus: Entweder der Kleber schafft es tatsächlich, die ursprüngliche Reißfestigkeit wieder herzustellen, dann reicht das eben nicht: Der Ursprungszustand war ja gerade nicht mehr stabil genug. Oder der Kleber schafft eine höhere Reißfestigkeit an der geklebten Stelle, dann reißt das Teil woanders.

Ich drücke Dir ganz, ganz fest die Daumen!

LG

Michael
Thom

Re: Brause-Füller: Riss in Kappe, Material- und Klebefrage

Beitrag von Thom »

Deshalb verwenden die Inder zur Stabilisierung dünne Metallringe.
duenne Metallringe.JPG
duenne Metallringe.JPG (368.68 KiB) 3578 mal betrachtet
V.G.
Thomas
Matthias MUC
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Re: Brause-Füller: Riss in Kappe, Material- und Klebefrage

Beitrag von Matthias MUC »

Bzw. die üblichen europäischen Füllerkappen haben ja auch die (nicht nur Zier-)ringe, die die am meisten gefährdete Seite unterstützen. Bei meiner Kappe war der Riß auf der anderen Seite mit dem großen Innengewinde, wo der Clip mit der Deckelhülse (langes Außengewinde) befestigt wird.
Thom

Re: Brause-Füller: Riss in Kappe, Material- und Klebefrage

Beitrag von Thom »

Siehst Du, Matthias, schon kennst Du eine Möglichkeit, um sowas gegebenenfalls zu stabilisieren. Das Prinzip funktioniert sogar bei gotischen Kirchen, falls Du mal eine hast. :)

Viele Grüße
Thomas
Matthias MUC
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Re: Brause-Füller: Riss in Kappe, Material- und Klebefrage

Beitrag von Matthias MUC »

...wenn ich dann die Möglichkeit habe, einen passenden, unauffälligen Ring zu fertigen. Mir fehlen da die Uhrmacherwerkstatt für den Füllhalter gleichermaßen wie die Dombauhütte incl. Schmied für die Kathedrale :lol:
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ddss
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Re: Brause-Füller: Riss in Kappe, Material- und Klebefrage

Beitrag von ddss »

Ringe helfen auch nicht immer: Aus der 25x-Serie von MB findet man kaum noch Exemplare ohne Riss in der Kappe. Die, die ich habe, behandle ich wesentlich vorsichtiger als rohe Eier. Bei den 25xern ist das Problem, dass der Ring zwischen Sektion und Schaft in eine Aussparung in der Innenkappe einrasten soll, die hinter den Zierringen am Ende der Kappe liegt.

Richtig traurig ist die Situation bei den Goldschwingen von Geha (725 u.a.). Ich habe einen ohne Riss im Griffstück mit M-Feder (im Forum vorgestellt) und hätte gerne einen weiteren mit OB-Feder gehabt, weil die Geräte einfach phantastisch schreiben. Die Idee habe ich begraben: Man findet die Stifte kaum noch ohne Riss und bei den fehlerfreien muss man jederzeit mit dem Ende rechnen. Das ist leider (unter Berücksichtigung des Langzeitverhaltens von Thermoplasten) eine Fehlkonstruktion: Wandstärke zu gering und dann auch noch ein Dichtungsring auf dem Tintenleiter, der erheblichen Druck von innen auf das Griffstück ausübt, sobald man den Tank aufschraubt. Fazit: Ein toller Füller verabschiedet sich in die ewigen Jagdgründe.

Viele Grüße

Michael
Thom

Re: Brause-Füller: Riss in Kappe, Material- und Klebefrage

Beitrag von Thom »

Matthias MUC hat geschrieben:...wenn ich dann die Möglichkeit habe, einen passenden, unauffälligen Ring zu fertigen.
Ja, ohne Drehbank würde das schon fummelig, es reicht aber auch, jemanden mit Drehbank zu kennen. Das ist auch nur als Alternative zu "kaputt" gedacht, ansonsten geht ja der Plastekleber.
Als Faustregel gilt: + 1 Zierring = 20% Wertsteigerung; ist er pink, 30% :)

V.G.
Thomas
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