Imperial V-424 'Meisterwerk'

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ddss
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Imperial V-424 'Meisterwerk'

Beitrag von ddss »

Hallo zusammen,

ich bin mit meinem Latein am Ende und brauche die Hilfe der Profis. Den im Betreff genannten Füller (Hersteller: "Füllhalter-Fabrik Gerlach & Bezner", Baujahr: 2. Hälfte der 30er) habe ich auf der diesjährigen Füllerbörse in Köln aus der Reste-Kiste von Regina Martini "gerettet", vor allem, um die wirklich tolle Degussa-Feder weiter zu verwenden. Eigentlich ist aber der ganze Füller viel zu schade, um in der Mülltonne zu landen. Für die zerbröselte Kolbendichtung habe ich sehr schnell passende O-Ringe gefunden und dachte eigentlich schon, die Restaurierung sei geglückt. Nach ein paar geschriebenen Seiten musste ich aber leider feststellen, dass der Füller ziemlich genau in der Mitte des Kappengewindes undicht ist. Die undichte Stelle habe ich unten mit einer roten Linie markiert.

Also habe ich den Füller komplett zerlegt und bin damit meinem Ziel keinen Millimeter näher gekommen. Zwischen Griffstück und Tintenfenster befindet sich innen eine Hülse (zwischen der roten und der grünen Linie). Sie dient vermutlich der Verbindung zwischen Griffstück und Tintenfenster/Schaft und ich fürchte, die Hülse ist geklebt. Ich bekomme sie nicht heraus.

Die Undichtigkeit tritt genau an der Oberkante der Hülse auf. Vermutlich ist hier die Verklebung nicht mehr dicht. Könnte ich mich wenigstens für eine halbe Stunde auf 5 mm schrumpfen, würde ich tapfer in den Schaft marschieren und die Oberkante der Hülse mit Klebstoff, Lack oder einer anderen Dichtmasse abdichten.

Hat vielleicht noch jemand eine andere Idee oder muss ich den Füller (Feder natürlich ausgenommen) als Totalschaden abhaken?

Viele Grüße

Michael
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TomSch
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Re: Imperial V-424 'Meisterwerk'

Beitrag von TomSch »

Moinsen!

Ein chiquer Geselle! Wenn die undichte Stelle umlaufend ist, kann man eventuell noch die Griffsektion mittels Erwämen lösen. Wie sonst soll die innen geklebte Hülse hineingekommen sein? ---
Ist die undichte Stelle übersichtlich, will heißen, relativ klein, könntest du mit "Captain Tolley's Creeping crack Cure" vielleicht weiter kommen. :idea: :wink:

Tüss, Thomas
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ddss
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Re: Imperial V-424 'Meisterwerk'

Beitrag von ddss »

Hallo Thomas,

zunächst einmal: Vielen Dank für die Antwort. Die undichte Stelle ist in der Tat sehr klein. Ich habe ja seitenlang mit dem Füller geschrieben und mich auf einmal gewundert, wo die blauen Striche auf dem Finger herkommen. Danach musste ich geraume Zeit mit dem Tempo-Taschentuch suchen. Ich glaube, dass das Griffstück aus Ebonit, das darüber liegende braune Sichtfenster und der Schaft aber aus einem anderen Material (Zelluloid?) sind. Meine Vermutung: Man hat damals diese beiden Teile genommen und eine Hülse, die man mit Klebstoff bestrichen hat, dann hat man die beiden Teile mittels der Hülse zusammengefügt und danach erst das Gewinde geschnitten. Damit stellt sich das zweite Problem: Wenn ich Schaft und Sektion tatsächlich mit viel Hitze auseinander bekomme, bekomme ich sie nie wieder so zusammen, dass das Gewinde funktioniert. Zusammenkleben ist einfach, Auseinandernehmen viel, viel schwieriger. Ich könnte heulen: Jetzt hat dieser (wirklich schicke) Füller mit einer Traum-Feder tatsächlich 80 Jahre überstanden und ausgerechnet ich muss ihm den "Kopfschuss" geben. Wenn der "Weg" vom Schaftende bis zur Hülse nicht so lang wäre (5,7 cm), würde ich versuchen, z.B. den von Dir genannten Kleber mit einer Spritze auf die Oberkante der Hülse zu bringen, aber ich fürchte: Das klappt nicht.

Noch ein Detailfoto, das wollte die Foren-Software eben nicht:
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Liebe Grüße

Michael
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TomSch
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Re: Imperial V-424 'Meisterwerk'

Beitrag von TomSch »

Hallo Michael.

Der Captain Tolley's ist ein äußerst dünnflüssiger Kleber, der Ewigkeiten zum Trocknen braucht. Bei einem Öl wäre er gleichzusetzen mit Kriechöl (z.B. Ballistol). Bei deiner angedachten Spritzenmethode würde ich einem Gelingen recht gute Chancen einräumen.

Tschö, Thomas
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ddss
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Re: Imperial V-424 'Meisterwerk'

Beitrag von ddss »

Hallo Thomas,

ich warte noch zwei Tage, ob vielleicht noch jemand eine bessere Idee hat. Sonst werde ich mir das Captain Tolley's besorgen. Ich nehme an, Du meinst dieses Mittel:

https://www.amazon.de/Captain-Creeping- ... Tolley%27s

Nach den Kanülen habe ich schon gesucht. Es gibt sie extra lang mit 70 und 75 mm. Das Beleuchtungsproblem habe ich auch (leidlich) gelöst: Meine stärkste Taschenlampe von LED-Lenser, die nicht umsonst einen Warnaufkleber trägt, sollte gerade genug Licht in den Schaft bringen (das Tintensichtfenster ist verdammt dunkel).

Die Trocknungszeit ist dem Füller völlig wurscht: Wer 80 Jahre auf dem Buckel hat, kann auch noch ein paar Tage auf die erneute "Einberufung" warten :D ; Hauptsache, der Kleber kriecht.

Vielen, vielen Dank für die Hilfe

Michael
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TomSch
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Re: Imperial V-424 'Meisterwerk'

Beitrag von TomSch »

Hallo Michael,

weiter unten auf der Seite befindet sich eigentlich das Mittel, das ich meinte - und auch besitze und schon verwendet habe -, nämlich
dieses hier. Es mag durchaus sein, dass der "rote Captain" gleich dem "blauen" funktioniert, das kann ich nicht mit Gewissheit sagen.

Viel Erfolg weiterhin, Thomas
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ddss
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Re: Imperial V-424 'Meisterwerk'

Beitrag von ddss »

Hallo Thomas,

geschafft: Der Füller ist dicht. Ich habe ihn mit dem Ohrspüler abgedrückt und das sind Druckverhältnisse, die im Praxisbetrieb nie vorkommen.

Es hat ein bisschen gedauert, weil der große Fluss diesmal zu einem Rinnsal verkommen ist, ich dem Kleber drei Tage Trocknungszeit geben und danach den Füller noch ausgiebig testen wollte.

Der Tipp mit dem Capt. Tolleys war goldrichtig. Ich habe die Flasche mit dem roten Aufdruck genommen; der Inhalt müsste gemäß Angaben auf der Herstellerseite identisch mit der blau bedruckten Flasche sein.

Das Zeug war für meine Zwecke wirklich ideal: Es ist dünnflüssig und im flüssigen Zustand wasserlöslich, kann also von Stellen abgewaschen werden, an die es nicht gelangen sollte. Es ist im flüssigen Zustand weiß und wird erst beim Aushärten klar, so dass man genau sehen kann, wo man den Kleber aufträgt. Die Kapillarwirkung ist enorm: Das Zeug zieht sich auch gegen die Schwerkraft nach oben in die Ritzen.

Die ursprünglich geplante Vorgehensweise habe ich noch etwas geändert: Ich habe den Schaft in einen kleinen Schraubstock gespannt, so dass ich eine Hand für eine Mini-LED-Leuchte und eine Hand für die Spritze (1ml Inhalt) mit Kanüle (0,9 mm Durchmesser) frei hatte.

Ganz entscheidend für die Operation war aber Dein Satz:
TomSch hat geschrieben:
26.03.2018 17:30
Bei deiner angedachten Spritzenmethode würde ich einem Gelingen recht gute Chancen einräumen.
Manchmal braucht man einen kleinen "Schubs", um auch Ideen umzusetzen, die einem selbst ziemlich verrückt vorkommen.

Dafür danke ich sehr!

Sobald ich ein bisschen Zeit habe, schreibe ich in der passenden Abteilung noch eine Rezension zum Füller.

Liebe Grüße

Michael
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TomSch
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Re: Imperial V-424 'Meisterwerk'

Beitrag von TomSch »

Hallo Michael,

das ist ja spitze! Meinen herzlichen Glückwunsch zu der gelungenen OP. Wenn der Patient jetzt noch sauber und verlässlich schreibt, ist alles in bester Ordnung. In einem solchen Fall lohnt m.E. auch ein größerer finanzieller und zeitlicher Aufwand, denn das Gefühl, einen alten Haudegen wie diesen wieder reanimiert zu haben, ist einfach unersetzlich. 8-)

Tüss, Thomas
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