Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

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Will
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Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von Will » 02.07.2018 8:45

Ciao Foristi,

ich habe gerade Christofs Angebot des Kaweco Elite im NOS-Zustand gelesen. Dabei fiel mir der Hinweis auf die Kolbendichtung ins Auge. Ich habe einen alten Kaweco Sport im gleichen Zustand aus wohl ähnlicher Produktionszeit. Die Kolbendichtung ist einwandfrei, als wäre sie frisch gemacht worden.

In den vergangenen Jahren habe ich das meiste, was ich zu der Zeit selbst noch nicht konnte, bei einem hier immer wieder (auch von mir) empfohlen Restaurator machen lassen. Ich will niemanden diskreditieren, weshalb ich den Namen nicht nenne. Sämtliche Kolbendichtung aus Naturkork haben vom Profi nicht länger als 2 Jahre gehalten. Zwei der Füllhalter wurden mir bereits zweimal kostenlos wieder hergestellt, nachdem die Kolben abermals undicht wurden. Das letzte Mal mit dem Hinweis, ich möchte doch bitte zukünftig moderne Füllhalter nutzen, da so alte Geräte nicht mehr zum Schreiben geeignet seien, als auch die Reparatur nicht nochmals auf Kulanz erfolgen würde und der Arbeitsaufwand für solche Füllhalter zu dem zu groß wäre. Ich interpretiere "solche" als "wertlose". Ich hatte allerdings nicht aktiv um Kulanz gebeten. Wie dem auch sei, seither verzichte ich auf die professionelle Hilfe von dieser Seite.

Vor über 10 Jahren habe ich die Kolbendichtung eines alten Kaweco Dia bei einem Restaurator in Lehrte, nahe Hannover, machen lassen. Im Schreibwarengeschäft in Speyer sagte man mir damals, es handle sich um einen schon älteren Herrn, der früher bei Pelikan gearbeitet haben soll. Vor kurzem bin ich über den Namen gestolpert, Siegfried Rockinger. Die Kolbendichtung aus Naturkork funktioniert auch nach so langer Zeit noch immer tadellos.

Was mich nun umtreibt ist die Frage, wie es möglich ist, dass eine Kolbendichtung ungenutzt Jahrzehnte überdauert während andere bereits nach vergleichsweise kurzer Zeit den Geist aufgeben, egal ob genutzt oder ungenutzt. Dafür gibt es aus meiner Sicht zwei Erklärungsansätze:

A) Die Qualität der Korken ist in den letzten Jahren deutlich schlechter geworden

B) Die Korken wurden früher besser konserviert, was diese langlebiger gemacht hat

Mag sein, dass die Ursache auch eine Kombination aus A) und B) ist.

So versuche ich schon eine Weile an Informationen heranzukommen, wie Korkdichtungen früher konserviert und welches Korkmaterial dazu genutzt wurde. Ein technischer Schritt ist das Kochen der Korken in Paraffin, was ich schon mehrfach beschrieben fand, dies ist es jedoch offensichtlich nicht alleine.

Zwischenzeitlich habe ich auch die Adresse von Herrn Rockinger in Lehrte ausfindig gemacht. Die alte Webseite

http://www.fuellhalter-meisterbetrieb.de

ist allerdings nicht mehr existent. Kennt jemand Herrn Rockinger persönlich? Ich würde für meine Recherche gerne Kontakt zu ihm aufnehmen, mag jedoch nicht pietätlos sein, Falls er bereits verstorben sein sollte, was sehr bedauerlich wäre.

Viele Grüße

Gerd
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stift
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Re: Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von stift » 02.07.2018 10:33

Hallo Gerd !
Das war auch so ein Betriebs Geheimnis,da hat jeder eine andere Rezeptur gehabt,aber wie die das in Massenproduktion gemacht haben ist mir bis heute auch ein Rätsel.
Leider die Alten leben nicht mehr,die einen eine Auskunft geben könnten.
Ich mache den Kork aus Sektkorken und das hat sich für mich schon lange bewährt,und ich koche den Kolben in Wachs und massiere das Wachs gut ein.
Wenn der Kolben wieder im Füller ist überprüfe ich ob er dicht ist,und das ist das wichtigste an der Sache.
Auch wenn er zieht heißt das schon lange nicht das er dicht ist.

Lager neue Füller kenne ich auch und hatte schon einige,und ich denke dadurch das sie nie mit Tinte in Kontakt gekommen sind haben die das überlebt.
Tinte ist furchtbar,erlebe ich immer wieder bei der Reparatur,und die Tinte zerstört mit der Zeit den Kolben,oder der Kork schrumpft dann ist auch Game over.

Leider werden wir vieles nicht mehr erfahren.
Liebe Grüße
Harald
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Re: Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von Matthias MUC » 02.07.2018 11:09

Harald, hast Du da eine Tendenz, welche Tinten da "schonender" mit dem Kork sind (im Hinblick auf eher selten benutzte alte Füller, die man aber nicht zur Dauerlagerung reinigen und trockenlegen mag). Im Zweifel Sorglostinte 4001 königsblau?
lG Matthias

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stift
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Re: Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von stift » 02.07.2018 11:26

Ja ich verwende nur mehr für meine Füller Königsblau und R&Klinger Leipzig.
Für meine Montblanc verwende ich von R&K Blu mare ,Magenta ,Verdigris die habe ich in meinen Meisterstücken.
Auch die Pelikan schwarz ist auch gut.
Mehr verwende ich nicht,ich finde die sind geeignet für alte Füller.
Grüße Harald
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Will
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Re: Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von Will » 02.07.2018 13:57

Meine Frage wurde beantwortet. Es wird leider keine Chance mehr geben, an der Handwerkskunst von Herrn Rockinger zu partizipieren. Wie schade!

Ich werde den alten Dia in Ehren halten.

Liebe Grüße

Gerd

PS: Lieber Harald, herzlichen Dank für den Einblick in Deine Vorgehensweise.
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Re: Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von duckrider » 03.07.2018 15:01

Auch von mir ein Danke an Harald - das mit dem Paraffin war mir neu!
Dir Gerd ein Danke für Deine rücksichtsvollen Umgangsformen, heute keine Selbstverständlichkeit mehr.

Nun die Frage eines unbedarften Neulings in die Runde:
Heißt "Kork kaputt", dass dieser sich krümelig aufgelöst hat, oder "nur" geschrumpft ist? Kann man letzteres nicht durch eine "Bereibung" der Innenwand mit Silikonfett und Wiedereinlegen des Korks in flüssiges Paraffin wieder heilen?

Dass Korken in den letzten Jahrzehnten immer schlechter wurden, das die verbrauchten Mengen einfach zu stark gestigen sind, das musste ich selbst auch beobachten; bin nicht ganz unbeteiligt daren, was trockene Rote aus den Süden Europas angeht.....

Aber im Laborzubehörhandel glaube ich immer noch gute Korkqualitäten beobachten zu können, dies wäre evtl. eine Bezugsquelle für dauerhaftere Reparaturversuche.

@ Gerd: "solche Füllhalter" war sicher nicht soooooooo gemeint :twisted:
Ich würde mich für einen alten Sportler neben einem 140er aus Hannover als "die beiden für die Insel" ohne einen Moment des Zögerns entscheiden!

Gruß
Thomas

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Re: Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von Matthias MUC » 03.07.2018 15:08

@Harald,
Geeignete (Sekt)korken sind, nehme ich an, aus ausgesucht guten Korkstücken am Stück geschnitten? Ich kenne neben den richtigen Plastikstopseln für Sekt & Schampus und den korkenziehertauglichen Kunststoffstopseln in Kork-Optik für Wein inzwischen überwiegend die aus Korkbröseln zusammengepressten Stopsel (so wie Preßspanplatte vs. Massivholz). Einen schönen Flaschenkorken aus einem Stück echten Korks zu finden bedeutet inzwischen einen erhöhten Alkoholkonsum (oder exzessives Kochen mit Saucen) - aus was der Stopsel real ist, sieht man ja meistens erst beim Aufmachen.......

lG Matthias

Thom

Re: Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von Thom » 03.07.2018 16:51

Matthias MUC hat geschrieben:
03.07.2018 15:08
Einen schönen Flaschenkorken aus einem Stück echten Korks zu finden bedeutet inzwischen einen erhöhten Alkoholkonsum ...
Jaha, Herr Matthias, von wegen Füllersammler ... :) Ich verwende aber auch nicht grundlos Hebelfüller.

V.G.
Thomas

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Re: Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von Frischling » 03.07.2018 17:19

Hallo,

ich frag (mal wieder ;) ) ganz naiv: was spricht dagegen (außer dem "ich wills möglichst orginalgetreu") dass man einen Plastik-Weinkorken nimmt?

Entschuldigt die blöde Frage, von jemanden, der nicht restaurieren will, der aber unendlich neugierig ist.

LG
Christa
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Re: Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von stift » 03.07.2018 18:07

Hallo
Hier ein Foto und ich nehme nur den oberen Teil vom Kork.
Bei mir sammelt die Verwandtschaft auch mit,und daher kann ich sie auch lange liegen lassen.
Ich verwende den Kork für Kolbenfüller und auch Sicherheitshalter,wo man ja auch eine Korkdichtung machen muss.

IMG_0677.JPG
IMG_0677.JPG (398.62 KiB) 5040 mal betrachtet
Grüße Harald
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Re: Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von duckrider » 03.07.2018 19:57

Frischling hat geschrieben:
03.07.2018 17:19
einen Plastik-Weinkorken nimmt?
Ist keine blöde Frage Christa,
aber ich will's mal versuchen, eine vernünftige Begründung zu geben:
Wenn Du dir einen (Echt-)Korken ansiehst dann ist dieser "homogen" aus Naturkork, allenfalls aus -bruch gepresst und verleimt.
Die heutigen Kunststoffstopfen sind ein schaumstoffartiges Material, das von einer festen Gummihaut umhüllt mit hohem Druck in die Flasche gepresst wird. Dieser hohe Druck sorgt für die Dichtigkeit, man kann den Plastestopfen auch kaum wieder in die Flasche drücken (käme in meinem Falle eh nicht in Frage, wozu die leere Flasche wieder verschließen? ;)

Schneidet man diese Schaumstoffmasse auseinander, dann wird sie nicht zu einem dichtschließenden Korkersatz dienen, da die feste Hülle und der nötige Druck fehlen. Ob sie überhaupt sanft im Füller gleiten würde, würde ich auch bezweifeln.

Ich hoffe, ich hab's verständlich und nicht ganz verkehrt beschrieben.

Prost
Thomas

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Re: Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von tinte&feder » 03.07.2018 20:02

Soweit ich weiss besteht der abgebildete Sektkorken oben aus gepressten Korkstücken und die 2 Lagen unten sind Vollmaterial. Wikipedia (-> Korken) hat ganz interessante Infos zu Natur-, Press- und Verbundkorken.

Viele Grüße
Kristof

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Re: Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von Frischling » 03.07.2018 20:06

Danke Thomas, ist sehr verständlich.
Bei nächster Gelegenheit werde ich einen "Plastikkorken" zerschneiden, ich habe mir bisher nie Gedanken über sein Innenleben gemacht, ging davon aus, dass das ein durchgehendes Material ist.

LG und Prost :)
Christa
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Re: Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von stift » 04.07.2018 15:48

Es geht ja nicht um den Stoppel,sondern wie ich das Material bearbeiten kann und auch geeignet ist für Kolben.
Die Guten sind die Portugieser Kork,aber wie gesagt ich habe mit den Sektkorken sehr gute Erfahrungen gemacht .
Das dir eine Dichtung beim Schleifen geht ,ja das kann halt passieren .Ich habe schon Dichtungen vor allem für Waterman Sicherheitshalter 2-3x gemacht .
Auch Kolben haun auch nicht immer gleich hin,kommt darauf an was man für Füller macht.Bei Pelikan 100 ist ein Vergnügen,bei Montblanc Meisterstücke der Serie 139-32 oder später 149-42 wird es dann schon etwas heikel.
Liebe Grüße
Harald
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Re: Korkkolbendichtungen - Hr. Rockinger

Beitrag von Zollinger » 04.07.2018 21:50

Ich habe schon verschiedene Kork-Qualitäten verwendet. Neue unbenutzte Weinkorken aus Komposit- oder Massivkork , aber aktuell verwende ich dünne Scheiben, die ich aus einem massiven Block portugiesischen Korks schneide.(Der reicht wahrscheinlich aus, bis ich diese Arbeit nicht mehr machen kann.) Einen qualitativen Unterschied kann ich aber nicht ausmachen ausser, dass der Massivkork bei meiner Bearbeitungsmethode sich etwas leichter bearbeiten lässt.
Meine Erfahrung mit der Haltbarkeit von Kork ist aber die, dass Dichtungen, welche benützt und dann wieder trockengelegt wurden, trotz ausgiebigem Imprägnieren in Paraffin eher zum Schrumpfen neigen. Daher empfehle ich die Füller, welche man benutzt, immer befüllt zu halten.
Z.

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