Zelluloid - Frust und Lust
Moderatoren: desas, MarkIV, Linceo, Lamynator
Zelluloid - Frust und Lust
Hallo liebe Foristi,
nach der Waterman - Leverbox für ein Forumsmitglied, wollte ich - zur Entspannung, so zu sagen - einen Füller aus meinem Fundus restaurieren.
Es handelt sich um einen frühen "Sheaffer Vacfill" - noch mit frei stehender Feder.
Hätte alles gut geklappt, hätte ich gar keinen Beitrag geschrieben - aber wie das halt immer so ist, geht nichts so einfach, wie man denkt.
Und da ich über ein Problem gestolpert bin, das ich so noch nicht hatte, dachte ich, vielleicht steht die Eine oder der Andere vor ähnlichen Schwierigkeiten und findet den Beitrag nützlich.
Nach Tagelangem Wässern, Ultraschall und Wärme, ließ sich der Füller problemlos zerlegen - bis auf die, im Schaftende sitzende Dichtungseinheit!
Diese besteht aus einer Hülse, welche zum Schaftende hin geschlossen ist und und ein Gewinde für die Blindkappe trägt. Zur anderen Seite hin ist die Hülse offen und beherbergt ein Dichtungspaket aus mehreren Scheiben Gummi und Filz.
Eigentlich ist die Hülse mit den Dichtungen mittels Schellack eingeklebt und mit Geduld und Wärme nach hinten auszutreiben.
Was soll ich sagen - es ging einfach nicht!
Wässern, Ultraschall, Wärme - 20 mal, ein extra angefertigter Dorn zum austreiben - alles nutzlos!
Zu diesem Zeitpunkt, hätte ich die Büchse ausbohren sollen, aber ich konnte einfach nicht glauben, dass sie nicht heraus kommt. Mehr Wärme und rohe Gewalt führten zu einem etwas deformierten Zustand . Dichtungen und die zerstörte Hülse - nicht schön aber gut - hätte sowieso getauscht werden müssen.
Allerdings hat der Zelluloid - Schaft auch seinen Teil abbekommen! Tja einen Originalschaft aus den 1930ern schmeißt man nicht einfach in den Müll!
Er wirkt noch gesund - also keine Kristallisation oder ähnliches - und somit sollte er wieder in Form zu bringen sein.
nach der Waterman - Leverbox für ein Forumsmitglied, wollte ich - zur Entspannung, so zu sagen - einen Füller aus meinem Fundus restaurieren.
Es handelt sich um einen frühen "Sheaffer Vacfill" - noch mit frei stehender Feder.
Hätte alles gut geklappt, hätte ich gar keinen Beitrag geschrieben - aber wie das halt immer so ist, geht nichts so einfach, wie man denkt.
Und da ich über ein Problem gestolpert bin, das ich so noch nicht hatte, dachte ich, vielleicht steht die Eine oder der Andere vor ähnlichen Schwierigkeiten und findet den Beitrag nützlich.
Nach Tagelangem Wässern, Ultraschall und Wärme, ließ sich der Füller problemlos zerlegen - bis auf die, im Schaftende sitzende Dichtungseinheit!
Diese besteht aus einer Hülse, welche zum Schaftende hin geschlossen ist und und ein Gewinde für die Blindkappe trägt. Zur anderen Seite hin ist die Hülse offen und beherbergt ein Dichtungspaket aus mehreren Scheiben Gummi und Filz.
Eigentlich ist die Hülse mit den Dichtungen mittels Schellack eingeklebt und mit Geduld und Wärme nach hinten auszutreiben.
Was soll ich sagen - es ging einfach nicht!
Wässern, Ultraschall, Wärme - 20 mal, ein extra angefertigter Dorn zum austreiben - alles nutzlos!
Zu diesem Zeitpunkt, hätte ich die Büchse ausbohren sollen, aber ich konnte einfach nicht glauben, dass sie nicht heraus kommt. Mehr Wärme und rohe Gewalt führten zu einem etwas deformierten Zustand . Dichtungen und die zerstörte Hülse - nicht schön aber gut - hätte sowieso getauscht werden müssen.
Allerdings hat der Zelluloid - Schaft auch seinen Teil abbekommen! Tja einen Originalschaft aus den 1930ern schmeißt man nicht einfach in den Müll!
Er wirkt noch gesund - also keine Kristallisation oder ähnliches - und somit sollte er wieder in Form zu bringen sein.
Grüße Andi
Re: Zelluloid - Frust und Lust
Hallo,
der Abend zieht ins Land, und ich war wieder fleißig!
Um den misshandelten Schaft wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen, brauche ich eine Hohlform.
Um diese zu erzeugen, habe ich mich einer Messingstange bedient und sie auf die gewünschte Aussenform des Schaftes gedreht. Die Messingstange bildet den Kern für die Hohlform.
Passgenauigkeit und Robustheit sind für die Form entscheidend, deswegen habe ich sie aus GFK laminiert (gibt übrigens auch hervorragende Füllerschäfte zum beziehen mit Rochenleder).
Zum Laminieren nahm ich feines Glasfasergewebe mit Epoxidharz (Gießharz L mit Härter Ehp 161 von R&G). Das Gewebe wurde noch in handliche Streifen geschnitten... So jetzt einfach in Harz tränken und um den Kern wickeln.
Wichtig: Trennmittel nicht vergessen, sonst geht die GFK - Form nie mehr ab! Da die Form richtig etwas aushalten soll, sind 10 - 15 Lagen Gewebe nicht zu viel.
Wenn alles gut mit Epoxy getränkt ist, sieht es ein bisschen wie ein halbes Hundeexkrement aus.... aber egal, Hauptsache es erfüllt seinen Zweck. Wenn das Epoxidharz ausgehärtet ist, geht's weiter.
der Abend zieht ins Land, und ich war wieder fleißig!
Um den misshandelten Schaft wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen, brauche ich eine Hohlform.
Um diese zu erzeugen, habe ich mich einer Messingstange bedient und sie auf die gewünschte Aussenform des Schaftes gedreht. Die Messingstange bildet den Kern für die Hohlform.
Passgenauigkeit und Robustheit sind für die Form entscheidend, deswegen habe ich sie aus GFK laminiert (gibt übrigens auch hervorragende Füllerschäfte zum beziehen mit Rochenleder).
Zum Laminieren nahm ich feines Glasfasergewebe mit Epoxidharz (Gießharz L mit Härter Ehp 161 von R&G). Das Gewebe wurde noch in handliche Streifen geschnitten... So jetzt einfach in Harz tränken und um den Kern wickeln.
Wichtig: Trennmittel nicht vergessen, sonst geht die GFK - Form nie mehr ab! Da die Form richtig etwas aushalten soll, sind 10 - 15 Lagen Gewebe nicht zu viel.
Wenn alles gut mit Epoxy getränkt ist, sieht es ein bisschen wie ein halbes Hundeexkrement aus.... aber egal, Hauptsache es erfüllt seinen Zweck. Wenn das Epoxidharz ausgehärtet ist, geht's weiter.
Grüße Andi
Re: Zelluloid - Frust und Lust
Hallo,
das Epoxy ist ausgehärtet, der Überstand abgeschnitten, und die Oberfläche der Hohlform leicht überarbeitet ( Glasfaserspreissel in der Hand sind wirklich übel).
An dieser Stelle noch ein Gefahrenhinweis: Glasfaser- und Kolefaserstaub sind Dinge, welche keinesfalls eingeatmet werden dürfen! Die Partikel sind "lungengängig", scharfkantig und können vom Körper nicht ausgeschieden werden. Deshalb am besten nass schleifen und Atemschutz (zumindest Staubmaske) tragen.
Die fertige Form sieht so aus. So weit so gut, als nächstes bekommt der Füllerschaft eine "Seele" damit er, beim Umformen, nicht nach innen ausweichen kann.
Der (-gemessene-) Innendurchmesser beträgt ca. 7,1mm, dem entsprechend habe ich einen 7mm Bohrer als Kern verwendet. Der 1/10mm, um den der Schaft hinten enger wird, dient als "Reserve" - wird's nicht ganz rund, staucht sich das Material etwas, oder wird die Innenfläche rauh, habe ich auf die Art noch etwas Übermass für die nachträgliche Bearbeitung. Hier kann der geneigte Leser bewundern, wie hochprofessionell ich immer zu Werke gehe - Klebeband und Draht zum festtueddeln dürfen in keiner Werkstatt fehlen ! Celluloid wird ja bekanntlich ab ca. 80 Grad Celsius weich.
Um eine weitere Überhitzung auszuschließen, dient mir als Wärmequelle kochendes Wasser.
Da ich nicht genau wusste, was passiert, habe ich das Klebeband bis über die Beschriftung des Schaftes gewickelt, was sich im Nachhinein als Segen erwiesen hat! Das kochende Wasser hat einen weißlichen Belag auf dem Celluloid hinterlassen. Zuerst dachte ich, dass der Füllerschaft komplett verfärbt wäre...in solchen Fällen bin ich froh, dass Frau und Kinder zu meinen "Werkstattzeiten" schon im Bett sind - so kann ich fluchen, Vekalausdruecke verwenden, und was mir noch so in den Sinn kommt... Zu meiner sehr grossen Freude, handelt es sich aber lediglich um einen Belag, der sich mit feinem Schleifpapier und Politur restlos entfernen ließ. Trotzdem war ich froh, nicht über das Schaftimprint schleifen zu müssen!
Der Schaft nach dem polieren. Das Ergebnis der Umformaktion - leichte Wellen sind noch erkennbar, aber ich bin guter Hoffnung, dass sie komplett verschwinden, wenn der Füller seine Endpolitur erhält (natürlich mit montierter Endkappe um Übergänge zu vermeiden).
Ich hoffe für den einen oder anderen war der Beitrag hilfreich - oder es hat euch zumindest interessiert!
Über Feedback eurerseits würde ich mich freuen.
das Epoxy ist ausgehärtet, der Überstand abgeschnitten, und die Oberfläche der Hohlform leicht überarbeitet ( Glasfaserspreissel in der Hand sind wirklich übel).
An dieser Stelle noch ein Gefahrenhinweis: Glasfaser- und Kolefaserstaub sind Dinge, welche keinesfalls eingeatmet werden dürfen! Die Partikel sind "lungengängig", scharfkantig und können vom Körper nicht ausgeschieden werden. Deshalb am besten nass schleifen und Atemschutz (zumindest Staubmaske) tragen.
Die fertige Form sieht so aus. So weit so gut, als nächstes bekommt der Füllerschaft eine "Seele" damit er, beim Umformen, nicht nach innen ausweichen kann.
Der (-gemessene-) Innendurchmesser beträgt ca. 7,1mm, dem entsprechend habe ich einen 7mm Bohrer als Kern verwendet. Der 1/10mm, um den der Schaft hinten enger wird, dient als "Reserve" - wird's nicht ganz rund, staucht sich das Material etwas, oder wird die Innenfläche rauh, habe ich auf die Art noch etwas Übermass für die nachträgliche Bearbeitung. Hier kann der geneigte Leser bewundern, wie hochprofessionell ich immer zu Werke gehe - Klebeband und Draht zum festtueddeln dürfen in keiner Werkstatt fehlen ! Celluloid wird ja bekanntlich ab ca. 80 Grad Celsius weich.
Um eine weitere Überhitzung auszuschließen, dient mir als Wärmequelle kochendes Wasser.
Da ich nicht genau wusste, was passiert, habe ich das Klebeband bis über die Beschriftung des Schaftes gewickelt, was sich im Nachhinein als Segen erwiesen hat! Das kochende Wasser hat einen weißlichen Belag auf dem Celluloid hinterlassen. Zuerst dachte ich, dass der Füllerschaft komplett verfärbt wäre...in solchen Fällen bin ich froh, dass Frau und Kinder zu meinen "Werkstattzeiten" schon im Bett sind - so kann ich fluchen, Vekalausdruecke verwenden, und was mir noch so in den Sinn kommt... Zu meiner sehr grossen Freude, handelt es sich aber lediglich um einen Belag, der sich mit feinem Schleifpapier und Politur restlos entfernen ließ. Trotzdem war ich froh, nicht über das Schaftimprint schleifen zu müssen!
Der Schaft nach dem polieren. Das Ergebnis der Umformaktion - leichte Wellen sind noch erkennbar, aber ich bin guter Hoffnung, dass sie komplett verschwinden, wenn der Füller seine Endpolitur erhält (natürlich mit montierter Endkappe um Übergänge zu vermeiden).
Ich hoffe für den einen oder anderen war der Beitrag hilfreich - oder es hat euch zumindest interessiert!
Über Feedback eurerseits würde ich mich freuen.
Grüße Andi
Re: Zelluloid - Frust und Lust
Hallo Andi,
selber drehen kann ich leider nicht, mangels Drehbank und vor allem mangels der erforderlichen Kenntnisse, es ist jedoch klasse das bei Dir zu sehen und was Du alles nachbauen kannst. Das ist einfach grandios!
Bohreinsätze habe ich ebenfalls schon erfolgreich bei Verformungen genutzt. Zuletzt bei dem 400er Pelikan von Tomm. Hier war die äußere Binde erhalten, doch hatte sich der innere Teil des Korpus abgelöst. Darum habe ich Bohreinsätze in heißem Wasser entsprechend erwärmt, diese vorsichtig in den Korpus geschoben und so den inneren Teil des Korpus wieder an die äußere Binde angepasst. Dazu nutzte ich Metallbohreinsätze, da ich diese in vielen verschiedenen Größen habe.
Wie andere bei der Reparatur vorgehen, finde ich immer hilfreich. Darum verfolge ich Deine Projekte immer gerne und mit großem Interesse.
Der Sheaffer hat jedenfalls wieder eine gute Chance viele weitere Jahrzehnte zu schreiben. Ich bin auf den Fortgang gespannt.
Schöne Grüße
Gerd
selber drehen kann ich leider nicht, mangels Drehbank und vor allem mangels der erforderlichen Kenntnisse, es ist jedoch klasse das bei Dir zu sehen und was Du alles nachbauen kannst. Das ist einfach grandios!
Bohreinsätze habe ich ebenfalls schon erfolgreich bei Verformungen genutzt. Zuletzt bei dem 400er Pelikan von Tomm. Hier war die äußere Binde erhalten, doch hatte sich der innere Teil des Korpus abgelöst. Darum habe ich Bohreinsätze in heißem Wasser entsprechend erwärmt, diese vorsichtig in den Korpus geschoben und so den inneren Teil des Korpus wieder an die äußere Binde angepasst. Dazu nutzte ich Metallbohreinsätze, da ich diese in vielen verschiedenen Größen habe.
Wie andere bei der Reparatur vorgehen, finde ich immer hilfreich. Darum verfolge ich Deine Projekte immer gerne und mit großem Interesse.
Der Sheaffer hat jedenfalls wieder eine gute Chance viele weitere Jahrzehnte zu schreiben. Ich bin auf den Fortgang gespannt.
Schöne Grüße
Gerd
Blauer Hautausschlag, erhöhte Temperatur, Bewusstseinstrübungen - oh Gott, das muss Flexfieber sein!
Re: Zelluloid - Frust und Lust
Danke Gerd,
ich lese Reparaturbeiträge auch am liebsten!
Eigentlich wollte ich nur über den misshandelten Schaft und die Verformbarkeit von Celluloid etwas schreiben.
Damit wäre ich jetzt fertig.
Besteht denn Interesse an der Restaurierung des Vacfill?
Das ist, zumindest in unseren Breiten, ein recht seltener/exotischer Füllfederhalter, so dass ich nicht sicher bin, ob eine Beitragsserie auf Gegenliebe stößt.
ich lese Reparaturbeiträge auch am liebsten!
Eigentlich wollte ich nur über den misshandelten Schaft und die Verformbarkeit von Celluloid etwas schreiben.
Damit wäre ich jetzt fertig.
Besteht denn Interesse an der Restaurierung des Vacfill?
Das ist, zumindest in unseren Breiten, ein recht seltener/exotischer Füllfederhalter, so dass ich nicht sicher bin, ob eine Beitragsserie auf Gegenliebe stößt.
Grüße Andi
Re: Zelluloid - Frust und Lust
Wenn Du das machst, auf jeden Fall!
Z.
Re: Zelluloid - Frust und Lust
Unbedingt !
Pennino
Pennino
" Il pennino è l'anima di una penna stilografica "
Re: Zelluloid - Frust und Lust
Aber sicher doch!
Schöne Grüße
Gerd
Schöne Grüße
Gerd
Blauer Hautausschlag, erhöhte Temperatur, Bewusstseinstrübungen - oh Gott, das muss Flexfieber sein!
Re: Zelluloid - Frust und Lust
Hallo liebe Mitstreiter,
da offenbar Interesse besteht, spinne ich den Faden weiter!
Vom Anlieferungszustand habe ich leider kein Foto, da ich eigentlich gar nicht damit gerechnet hatte eine Dokumentation zu erstellen. Für mich spannend, wurde es erst, als sich das Dichtungspaket am Schaftende standhaft weigerte, seinen angestammten Platz zu verlassen .
Deshalb habe ich nur ein Foto der Einzelteile nach dem Zerlegen. Hier handelt es sich um eine frühe Version mit noch freistehender Feder (Sheaffer Lifetime twotone), die späteren Vacfill's hatten tubulare Federn wie sie z.B. vom Snorkel bekannt sind. Da Sheaffer den Vacfill 1935 eingeführt hat, dürfte meiner so Mitte bis Ende der 30er Jahre entstanden sein.
Obwohl Sheaffer zu dieser Zeit eine sehr inovative Firma mit vielen eigenen Patenten war, hat man sich beim Vacfill doch auch die eine oder andere "Anregung" bei der Konkurrenz geholt.
Das Fuellsystem an sich erinnert sehr stark an das, bereits 1905 patentierte, System von Onoto.
Der stark zur Wandung hin gebogene Tintenleiter entspricht doch sehr den Parker "Lucky Curves" der 20er Jahre.
Trotzdem ein schöner und nicht alltäglicher Füllfederhalter, und das halb transparente Celluloid finde ich auch Klasse!
da offenbar Interesse besteht, spinne ich den Faden weiter!
Vom Anlieferungszustand habe ich leider kein Foto, da ich eigentlich gar nicht damit gerechnet hatte eine Dokumentation zu erstellen. Für mich spannend, wurde es erst, als sich das Dichtungspaket am Schaftende standhaft weigerte, seinen angestammten Platz zu verlassen .
Deshalb habe ich nur ein Foto der Einzelteile nach dem Zerlegen. Hier handelt es sich um eine frühe Version mit noch freistehender Feder (Sheaffer Lifetime twotone), die späteren Vacfill's hatten tubulare Federn wie sie z.B. vom Snorkel bekannt sind. Da Sheaffer den Vacfill 1935 eingeführt hat, dürfte meiner so Mitte bis Ende der 30er Jahre entstanden sein.
Obwohl Sheaffer zu dieser Zeit eine sehr inovative Firma mit vielen eigenen Patenten war, hat man sich beim Vacfill doch auch die eine oder andere "Anregung" bei der Konkurrenz geholt.
Das Fuellsystem an sich erinnert sehr stark an das, bereits 1905 patentierte, System von Onoto.
Der stark zur Wandung hin gebogene Tintenleiter entspricht doch sehr den Parker "Lucky Curves" der 20er Jahre.
Trotzdem ein schöner und nicht alltäglicher Füllfederhalter, und das halb transparente Celluloid finde ich auch Klasse!
Grüße Andi
Re: Zelluloid - Frust und Lust
Dein Faden ist spannend und lehrreich zu lesen wie immer, nur die obige Aussage möchte ich doch um meinen begeisterten Ausruf "atemberaubend schön!" ergänzen.
Ich hoffe sehr, dass dieses Celluloid noch recht lange haltbar sein wird und ich auch mal so ein Stück finden werde.
Halt' uns auf dem Laufenden!!!
Thomas
Re: Zelluloid - Frust und Lust
Hallo - kurzes Update.
Da ich mir noch nicht ganz sicher war, wie ich das hintere Dichtungspaket installieren soll, habe ich erst einmal etwas Kosmetik betrieben.
Die Jahrzehnte waren nicht gnädig zu den Anbauteilen.
Vor allem am Clip und dem Zierband der Kappe war die Platin- oder Nickelbeschichtung stark abgewetzt. Eigentlich ist die Qualität der damals aufgebrachten Schicht hervorragend. Der Edelmetallüberzug ist für heutige Verhältnisse extrem dick. So dick, das eine fühlbare Stufe zwischen Messinggrundkörper und den intakten Bereichen der Beschichtung vorhanden ist. Das Problem bei der Neubeschichtung ist, dass jeder Kratzer, jede Delle und auch jede Stufe sichtbar bleibt.
Außerdem ist die Beschichtung (ich gehe von Platin/Rhodium oder ähnlichem aus, da der typische, gelbliche Glanz von Nickel fehlt) deutlich härter als der Grundkörper. Das bedeutet hier, dass das abschleifen mit Mikromesh die "Messinglöcher" vertiefen würde.
Also habe ich, nach peniebler Reinigung alles Rhodiniert, mit Stufen und Kratzern. Dadurch ist zumindest die Oberfläche überall gleich hart.
Anschließend wurden alle Stufen, Kratzer und Dellen mit einem schmalen Keramikschleifstein entfernt. Der unflexible Schleifstab hat den Vorteil, dass er nicht in die " Täler" hineinrutscht.
Nachdem die Oberfläche überall eben war, kam der Endschliff mit Micromesh - bis 15000er Körnung - eine Sträflingsarbeit, vor allem wenn der Polierbock zur Hand ist . Aber wachsgebundene Polierpasten lassen sich eben nur mit Aceton vernünftig wieder entfernen - das wiederum gefällt dem Celluloid nicht...
Nun alles noch einmal mit Rhodium beschichtet und die Kappe erstrahlt wieder in ihrem alten Glanz! Jetzt wieder zur Technik - weder die Originallösung von Sheaffer, noch die erhältlichen Umbauten sagen mir zu .
Ich mag einfach keinen O-Ring einkleben, auch möchte ich keinen Kunststoff mehr mit dem Füllerschaft verkleben (auch nicht mit Schellack) nachdem ich solche Probleme bei der Demontage hatte.
Ich bau' mir selber was aus Messing!
Da ich mir noch nicht ganz sicher war, wie ich das hintere Dichtungspaket installieren soll, habe ich erst einmal etwas Kosmetik betrieben.
Die Jahrzehnte waren nicht gnädig zu den Anbauteilen.
Vor allem am Clip und dem Zierband der Kappe war die Platin- oder Nickelbeschichtung stark abgewetzt. Eigentlich ist die Qualität der damals aufgebrachten Schicht hervorragend. Der Edelmetallüberzug ist für heutige Verhältnisse extrem dick. So dick, das eine fühlbare Stufe zwischen Messinggrundkörper und den intakten Bereichen der Beschichtung vorhanden ist. Das Problem bei der Neubeschichtung ist, dass jeder Kratzer, jede Delle und auch jede Stufe sichtbar bleibt.
Außerdem ist die Beschichtung (ich gehe von Platin/Rhodium oder ähnlichem aus, da der typische, gelbliche Glanz von Nickel fehlt) deutlich härter als der Grundkörper. Das bedeutet hier, dass das abschleifen mit Mikromesh die "Messinglöcher" vertiefen würde.
Also habe ich, nach peniebler Reinigung alles Rhodiniert, mit Stufen und Kratzern. Dadurch ist zumindest die Oberfläche überall gleich hart.
Anschließend wurden alle Stufen, Kratzer und Dellen mit einem schmalen Keramikschleifstein entfernt. Der unflexible Schleifstab hat den Vorteil, dass er nicht in die " Täler" hineinrutscht.
Nachdem die Oberfläche überall eben war, kam der Endschliff mit Micromesh - bis 15000er Körnung - eine Sträflingsarbeit, vor allem wenn der Polierbock zur Hand ist . Aber wachsgebundene Polierpasten lassen sich eben nur mit Aceton vernünftig wieder entfernen - das wiederum gefällt dem Celluloid nicht...
Nun alles noch einmal mit Rhodium beschichtet und die Kappe erstrahlt wieder in ihrem alten Glanz! Jetzt wieder zur Technik - weder die Originallösung von Sheaffer, noch die erhältlichen Umbauten sagen mir zu .
Ich mag einfach keinen O-Ring einkleben, auch möchte ich keinen Kunststoff mehr mit dem Füllerschaft verkleben (auch nicht mit Schellack) nachdem ich solche Probleme bei der Demontage hatte.
Ich bau' mir selber was aus Messing!
Grüße Andi
Re: Zelluloid - Frust und Lust
Hi Andi
Das passt jetzt zwar nur mittelbar zu Deinen, wie immer sehr interessanten und sehr gut dokumentierten Reparaturvorgängen, ist aber von hisorischem Interesse: Gestern vor 150 Jahren wurde das Patent für Celluloid erteilt. (Wobei die früheren Forschungen von Alexander Parkes nur schwach in Erscheinung treten)
Der Deutschlandfunk hatte dazu in seiner Rubik "Das Kalenderblatt" einen kleinen Beitrag gesendet:
https://www.deutschlandfunk.de/vor-150- ... _id=451408
Leider wurden Füllhalter als massenhaft aus dem neuen Werkstoff hergestellte Produkte nicht erwähnt aber ein Satz des Erfinders Hyatt, der mit Sicherheit auch auf Deine Arbeiten zutreffend ist, hat mir besonders gefallen:
"Worauf es wirklich ankommt sind die Dinge, die man selber herausfindet"
Gruss, Frodo
Das passt jetzt zwar nur mittelbar zu Deinen, wie immer sehr interessanten und sehr gut dokumentierten Reparaturvorgängen, ist aber von hisorischem Interesse: Gestern vor 150 Jahren wurde das Patent für Celluloid erteilt. (Wobei die früheren Forschungen von Alexander Parkes nur schwach in Erscheinung treten)
Der Deutschlandfunk hatte dazu in seiner Rubik "Das Kalenderblatt" einen kleinen Beitrag gesendet:
https://www.deutschlandfunk.de/vor-150- ... _id=451408
Leider wurden Füllhalter als massenhaft aus dem neuen Werkstoff hergestellte Produkte nicht erwähnt aber ein Satz des Erfinders Hyatt, der mit Sicherheit auch auf Deine Arbeiten zutreffend ist, hat mir besonders gefallen:
"Worauf es wirklich ankommt sind die Dinge, die man selber herausfindet"
Gruss, Frodo
- Knorzenbach
- Beiträge: 1423
- Registriert: 19.11.2017 0:37
- Wohnort: Nordbaden
Re: Zelluloid - Frust und Lust
Hallo Andi,
Deine Reparaturdokumentation ist spannender wie jeder Krimi!
Gruß,
Tomm
Deine Reparaturdokumentation ist spannender wie jeder Krimi!
Gruß,
Tomm
Re: Zelluloid - Frust und Lust
Hallo,
Danke für den Zuspruch, und Danke Frodo für den Link. Die Geschichte des Celluloids war mir zwar im groben bekannt, aber die Anekdote aus dem Billardsalon - in der vom Besitzer moniert wird, dass die Kugeln so knallen und seine Gäste deshalb die Revolver ziehen - köstlich!
Das Celluloid von meinem Füllerschaft ärgert mich eher still und leise... ein Blick durch den Schaft offenbahrte leider einige unschöne Riefen - ob ich sie selbst verursacht habe, beim Versuch das hintere Dichtungspaket zu entfernen, oder ob sie von einem Reinigungsversuch eines Vorbesitzers stammen, kann ich leider nicht mehr sagen.
Zum austreiben habe ich eine Holzstange benutzt, und habe auch nicht im vorderen Bereich "gewerkt". Wie auch immer, um einen vernünftigen Unterdruck zu realisieren, muß der Schaft innen glatt sein. Dem entsprechend habe ich ihn ausgerieben - nur ein paar 10tel mm selbstverständlich und ganz vorsichtig! Nachdem der Schaft endlich zu meiner Zufriedenheit präpariert war, habe ich mich der Hülse für die hintere Dichtung gewidmet. Mir schwebt eine Lösung ähnlich der von Onoto vor. Hierbei ist die Dichtung von hinten zugänglich - meiner bescheidenen Meinung nach die bessere Variante, denn sollte eine Dichtung verschlissen sein, kann sie direkt vom Füllerende aus getauscht werden. Die Hülse selbst kann im Schaft verbleiben.
Onoto verwendete zwei Korkscheiben als Dichtung während Sheaffer ein Paket aus zwei Gummischeiben mit dazwischen liegendem Filzscheibenpaar und, als Abschluss zur Tintenkammer hin, ein Ebonitscheibchen verwendete. Ob diese letzte Scheibe Übermaß hatte oder eingeklebt wurde, oder sich lediglich an dem kleinen Absatz im Schaft abstüzte, kann ich leider nicht mehr sagen, da die Dichtungseinheit den Ausbau nicht heil überstanden hat.
Nach einigem suchen im WWW fand ich Silikonkautschuk-O-Ringe mit den Maßen 2,06x2,62mm (das erste Maß bezieht sich auf den Innendurchmesser, das zweite Maß beschreibt die Materialstärke) das passt recht gut - die Stößelstange hat einen Durchmesser von 2,15mm und der Schaft hat am Sitz für die Dichtungseinheit 7,8mm.
Es wird also eine Hülse gedreht, die einen O-Ring, die beiden Originalfilzscheiben und eine Gewindebuchse, mit Anschluss für die Endkappe aufnimmt. Die Filzscheiben finde ich von der Idee her richtig gut. Sie dienen quasi als Schmierstoff-Reservoir, gut eingefettet geben sie kleine Mengen des Schmierstoffes an die Stößelstange ab, und sorgen so für eine längere Lebensdauer von Dichtung und Stangenkörper
Danke für den Zuspruch, und Danke Frodo für den Link. Die Geschichte des Celluloids war mir zwar im groben bekannt, aber die Anekdote aus dem Billardsalon - in der vom Besitzer moniert wird, dass die Kugeln so knallen und seine Gäste deshalb die Revolver ziehen - köstlich!
Das Celluloid von meinem Füllerschaft ärgert mich eher still und leise... ein Blick durch den Schaft offenbahrte leider einige unschöne Riefen - ob ich sie selbst verursacht habe, beim Versuch das hintere Dichtungspaket zu entfernen, oder ob sie von einem Reinigungsversuch eines Vorbesitzers stammen, kann ich leider nicht mehr sagen.
Zum austreiben habe ich eine Holzstange benutzt, und habe auch nicht im vorderen Bereich "gewerkt". Wie auch immer, um einen vernünftigen Unterdruck zu realisieren, muß der Schaft innen glatt sein. Dem entsprechend habe ich ihn ausgerieben - nur ein paar 10tel mm selbstverständlich und ganz vorsichtig! Nachdem der Schaft endlich zu meiner Zufriedenheit präpariert war, habe ich mich der Hülse für die hintere Dichtung gewidmet. Mir schwebt eine Lösung ähnlich der von Onoto vor. Hierbei ist die Dichtung von hinten zugänglich - meiner bescheidenen Meinung nach die bessere Variante, denn sollte eine Dichtung verschlissen sein, kann sie direkt vom Füllerende aus getauscht werden. Die Hülse selbst kann im Schaft verbleiben.
Onoto verwendete zwei Korkscheiben als Dichtung während Sheaffer ein Paket aus zwei Gummischeiben mit dazwischen liegendem Filzscheibenpaar und, als Abschluss zur Tintenkammer hin, ein Ebonitscheibchen verwendete. Ob diese letzte Scheibe Übermaß hatte oder eingeklebt wurde, oder sich lediglich an dem kleinen Absatz im Schaft abstüzte, kann ich leider nicht mehr sagen, da die Dichtungseinheit den Ausbau nicht heil überstanden hat.
Nach einigem suchen im WWW fand ich Silikonkautschuk-O-Ringe mit den Maßen 2,06x2,62mm (das erste Maß bezieht sich auf den Innendurchmesser, das zweite Maß beschreibt die Materialstärke) das passt recht gut - die Stößelstange hat einen Durchmesser von 2,15mm und der Schaft hat am Sitz für die Dichtungseinheit 7,8mm.
Es wird also eine Hülse gedreht, die einen O-Ring, die beiden Originalfilzscheiben und eine Gewindebuchse, mit Anschluss für die Endkappe aufnimmt. Die Filzscheiben finde ich von der Idee her richtig gut. Sie dienen quasi als Schmierstoff-Reservoir, gut eingefettet geben sie kleine Mengen des Schmierstoffes an die Stößelstange ab, und sorgen so für eine längere Lebensdauer von Dichtung und Stangenkörper
Grüße Andi
Re: Zelluloid - Frust und Lust
Hallo nochmal,
der Beitrag war schon weg und ich wollte noch ein Post Skriptum anfügen!
Was ich hier betreibe ist Spaß an der Sache - ich richte den Füller für mich selbst - mit teilweise vollkommen überzogenem Aufwand .
Ich habe einfach Lust darauf!
Foristi, denen ein Vacfill einfach gefällt, die aber weder die technischen Voraussetzungen, noch Spaß am Herrichten haben - es gibt käufliche Lösungen für die bewegliche und die feste Dichtung im Schaftende.
Auch unser Forenmitglied "Fountainbel" - Francis - bietet soweit ich weiß entsprechende Umbausätze an!
Also nicht verzagen - Mann/Frau bekommt die Dinger auch mit weniger Aufwand wieder zum schreiben!
der Beitrag war schon weg und ich wollte noch ein Post Skriptum anfügen!
Was ich hier betreibe ist Spaß an der Sache - ich richte den Füller für mich selbst - mit teilweise vollkommen überzogenem Aufwand .
Ich habe einfach Lust darauf!
Foristi, denen ein Vacfill einfach gefällt, die aber weder die technischen Voraussetzungen, noch Spaß am Herrichten haben - es gibt käufliche Lösungen für die bewegliche und die feste Dichtung im Schaftende.
Auch unser Forenmitglied "Fountainbel" - Francis - bietet soweit ich weiß entsprechende Umbausätze an!
Also nicht verzagen - Mann/Frau bekommt die Dinger auch mit weniger Aufwand wieder zum schreiben!
Grüße Andi