Breather tubes

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Wurmbunt
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Breather tubes

Beitrag von Wurmbunt » 11.10.2020 0:07

Hallo,
es ist mal wieder Zeit für einen kleinen Werkstattfaden!
Schon vor einiger Zeit habe ich günstig einen Parker Vacumatic der 3. Generation gekauft.
In grün diesmal und in recht ordentlichem Zustand!
Natürlich funktionierte der Füller nicht, da das Diaphragma der Pumpe (wie immer bei lange nicht benutzen Stücken), defekt war.
Beim Zerlegen, bekam ich große Augen, das gut "versteinerte" Diaphragma war vor X-Jahren ausgetauscht worden, aber seit dem hat der Füllfederhalter nicht mehr funktioniert - es wurde beim Zusammenbau ein wichtiges Teil vergessen...
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Nach dem Zerlegen
16023547039410.jpg (182.46 KiB) 4551 mal betrachtet
Das Bild zeigt den Vacumatic nach dem Zerlegen - es wurden lediglich die Reste des Diaphragmas entfernt. Eines der wichtigsten Funktionsbauteile fehlt komplett - das Atemröhrchen - oder "neudeutsch" breather tube. Auch bei anderen Füllfederhaltern wurde so eine "Schnellentlüftungsröhre" verbaut - z. B. beim Eversharp Skyline. Dort dient sie aber zum besseren Füllungsgrad des Tintensacks, und beim weglassen der breather tube, füllt sich das System trotzdem - nur nicht vollständig. Der Parker Vacumatic funktioniert ohne dieses Röhrchen gar nicht!
Im Original besteht die breather tube aus Zelluloid und ist oft nach der Demontage beschädigt, oder schon vorher gebrochen, so dass ich hier mal ein Paar Alternativen zum Zelluloidrohr aufzeigen will.
16023549467341.jpg
Breather tube eines Eversharp Skyline
16023549467341.jpg (119.66 KiB) 4551 mal betrachtet
Im Bild ist der Vacumatic Tintenleiter mit der breather tube eines Eversharp Skyline, aus einem anderen Projekt, zu sehen. Interessanter Weise stimmt der Durchmesser überein - 1,8mm (mit der Schieblehre gemessen) - bestimmt nicht exakt, da sicherlich ein seltsamer Bruch eines Zolles verwendet wurde... :?
Amerikaner und Engländer müssen, zumindest im Bruchrechnen, wahre Koryphäen sein...
Zurück zum Thema - ich wage zu behaupten, daß niemand ein 1,8mm Zelluloidrohr in seinem Materiallager hat - nun vielleicht doch, aber ich jedenfalls nicht! ;)
Es gilt also Alternativen zu finden!
16023552337422.jpg
0,75 Quadrat Stromkabel
16023552337422.jpg (196.18 KiB) 4551 mal betrachtet
Die Isolierung eines Sromkabels passt, vom Durchmesser her, ganz gut. Leichte Anpassungen können durch Erwärmen und ziehen, erreicht werden.
Dann habe ich noch ein Set Schrumpfschläuche, die eigentlich zum Isolieren von Kabeln gedacht sind.
16023552927393.jpg
Schrumpfschlauch aus der Elektrik
16023552927393.jpg (180.43 KiB) 4551 mal betrachtet
Der Durchmesser ist zwar etwas zu groß, da der Schlauch aber sehr dünnwandig ist, passt er trotzdem.
Und zu guter Letzt, liegt noch ein Päckchen Neusilberrohr, aus dem Modellbau in der Schublade.
16023553738795.jpg
Neusilberrohr aus dem Modellbau
16023553738795.jpg (160.59 KiB) 4551 mal betrachtet
Das Neusilberrohr ist zwar im Durchmesser etwas zu klein, aber da lässt sich sicher etwas basteln...
Eigentlich wollte ich noch die Druckleitungen meiner alten Espressomaschine ausprobieren, aber leider hat meine Frau das Ding letzte Woche zum Recyclinghof gebracht... :(
Nun muss ich eben mit dem Arbeiten, was ich habe! ;)
16023563896416.jpg
Röhrchen in allen Ausführungen
16023563896416.jpg (192.51 KiB) 4551 mal betrachtet
Zelluloidrohr ganz unten, dann Schrumpfschlauch, Neusilberrohr und ganz oben die Kabelisolierung.
Nun ist der Beitrag aber schon wieder etwas länger geraten - Teil zwei folgt die Tage!
Grüße Andi

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vanni52
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Re: Breather tubes

Beitrag von vanni52 » 11.10.2020 0:20

Im Moment fehlt mir gerade die Phantasie, wie der Durchmesser des Neusilberrohres vergrößert werden kann.
Auf der anderen Seite bin ich mir sicher, dass Dir bereits eine Lösung vorschwebt.
Freue mich schon auf den nächsten Teil Deines Berichtes.
LG
Heinrich

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TomSch
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Re: Breather tubes

Beitrag von TomSch » 11.10.2020 0:21

Hallo, Andi.

Sehr interessant, und zwar wahrheitsgetreu gemeint. An einem meiner alten Füllerkes ist eine solche breather tube zwar zu 90% erhalten, doch im Tintenleiter abgebrochen. Ich muss also erst einmal versuchen, die Reste des Bruches zu beseitigen, wahrscheinlich wird dabei das Löchsken ein wenig geweitet, sodass ich vielleicht zu einer der von dir hier vorgestellten Alternative greifen muss. :o

Ich bin also gespannt! 8-)
Nächtliche Grüße, Thomas
Sei nicht so; sei anders.

pokpok
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Re: Breather tubes

Beitrag von pokpok » 11.10.2020 1:25

Wie groß muss der Durchmesser sein? Passt vielleicht eine Kugelschreibermine?
Liebe Grüße von
Matthias

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Edelweissine
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Re: Breather tubes

Beitrag von Edelweissine » 11.10.2020 9:32

Klasse! Ideen muss man haben!
Mir fiele da bloß eine ganz bestimmte Nudelsorte ein, die man problemlos kürzen könnte... Wie gesagt:
Wir müssen mit dem vorhandenen Material arbeiten.
Gruß,
Heike

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Knorzenbach
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Re: Breather tubes

Beitrag von Knorzenbach » 11.10.2020 10:33

Teil zwei folgt die Tage!
Ich kann´s kaum abwarten!

Gruß,
Tomm

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Wurmbunt
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Re: Breather tubes

Beitrag von Wurmbunt » 11.10.2020 15:37

Hallo, der Füller funktioniert wieder!
pokpok hat geschrieben:
11.10.2020 1:25
Wie groß muss der Durchmesser sein? Passt vielleicht eine Kugelschreibermine?
Wie schon erwähnt, ca. 1,8mm bzw. wahrscheinlich 5/64 Zoll. Eine Kugelschreibermine habe ich gerade nicht zur Hand - ich habe mich für das Neusilberrohr entschieden!
Soll die Breather Tube in einem Tintensack verwendet werden, würde ein Schlauch oder die Kabelisolierung mehr Sinn machen, da die Flexibilität beim Zusammendrücken des Tintensacks, von Vorteil wäre. Beim Vacumatic steht das Röhrchen aber frei im Raum, so dass die Metallröhre verwendet werden kann.
Der kleine Durchmesser ist kein wirklicher Nachteil - der Schrumpfschlauch liegt ja schon daneben. ;)
16023568878557.jpg
Neusilberrohr mit "Schrumpfschlauchflansch"
16023568878557.jpg (158.16 KiB) 4368 mal betrachtet
Zwei lagen Schrumpfschlauch schaffen den benötigen Durchmesser und dichten das System auch gleich vernünftig ab.
Da das Metallröhrchen nicht flexibel ist, muss die Länge genau passen - zu kurz und der Mechanismus füllt den Schaft nicht ganz, zu lang und die Pumpe kollidiert mit der Atemröhre...
Die Vorlage war ja aus einem Eversharp Skyline, so dass nicht gewährleistet ist, das die Länge passt!
Zuerst wurde demnach die Feder und der Tintenleiter auf ihre endgültige Position gesetzt. Anschließend die Pumpeneinheit an ihre Stelle gelegt und der Pumpenstößel maximal eingedrückt.
16023579932688.jpg
Die breather tube ist noch zu lang
16023579932688.jpg (204.11 KiB) 4368 mal betrachtet
Wie auf dem Bild zu erkennen, ist die Röhre noch deutlich zu lang!
Nach dem Kürzen sieht es doch prima aus.
16023584066480.jpg
Jetzt passt alles zusammen
16023584066480.jpg (207.34 KiB) 4368 mal betrachtet
Schnell noch ein neues Diaphragma eingesetzt, etwas "Treadsealant" auf das Gewinde der Sektion gegeben und alles wieder zusammen gebaut.
Ja - funktioniert, passt, wackelt und hat Luft. :)
Hier noch die Schriftprobe - ausnahmsweise mal in grün - passt einfach besser zu dem schönen Zelluloid.
16024128895360.jpg
16024128895360.jpg (134.4 KiB) 4368 mal betrachtet
Grüße Andi

pokpok
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Re: Breather tubes

Beitrag von pokpok » 11.10.2020 16:39

Gratuliere! Tschuldigung, die 1,8 mm hab ich überlesen
Liebe Grüße von
Matthias

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Re: Breather tubes

Beitrag von vanni52 » 11.10.2020 16:48

Wurmbunt hat geschrieben:
11.10.2020 15:37

Ja - funktioniert, passt, wackelt und hat Luft. :)
Verfolgt man Deine Reparatur-Berichte, stellt man sich (fast) die Frage, warum man nicht selber
Hand anlegt.🙂
Danke, dass Du uns immer wieder mitnimmst.
LG
Heinrich

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Will
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Re: Breather tubes

Beitrag von Will » 11.10.2020 23:34

Lieber Andi,

ja , ja, Deine Liebste scheint auch zu jenen zu gehören, die das Nest gerne ordentlich und sauber mögen. Da ist irgendwelches Zeug, dass vielleicht noch zum Basteln zu gebrauchen wäre, schnell ein Dorn im Auge. Was ich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringe nimmt ebenfalls hurtig den Weg alles irdischen. Ungeachtet Deiner hervorragend funktionierenden Lösung, welche mich wieder restlos begeistert, hätte ich noch eine Frage. Wären denn alle zur Auswahl stehenden Materialien beständig genug, um nicht von der Tinte angegriffenen zu werden?

Herzliche Grüße in die Nacht

Gerd
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Wurmbunt
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Re: Breather tubes

Beitrag von Wurmbunt » 12.10.2020 19:58

Hallo Gerd,
Neusilber ist eine Legierung aus Nickel (ca. 20%), Kupfer (ca.60%) und Zink (ca. 20%) - die Anteile der Legierungselemente können aber variieren. Gegenüber dem gängigeren Messing, weist Neusilber hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften und auch der Korrosionsbeständigkeit, deutliche Vorteile auf. In sehr sauren Medien, insbesondere wenn Schwefelverbindungen vorhanden sind, besteht aber die Möglichkeit, daß sich "Grünspan" bildet - dadurch eignet sich das Material nicht für die Lebensmittelindustrie - oder für Leute, die gerne an der Feder lecken, um den Tintenfluss in gang zu bringen.😋
Bei sehr hochwertigen, flexiblen und temperaturbeständigen Kabeln besteht die Isolierung aus Silikon - sehr beständig gegen Tinte, schließlich macht man auch Tintensäcke daraus. Bei billigen Kabeln für die Hauselektrik ist das Isoliermaterial üblicher Weise PVC.
"Bei Temperaturen bis zu 60 °C ist PVC-U beständig gegen Wasser, wässrige Lösungen von anorganischen Säuren, Laugen und anorganischen Salzen, Fette, Öle, aliphatische Kohlenwasserstoffe, Benzin und Waschmittel."
Geklaut aus kunststoffe.de.
Schrumpfschlauch besteht entweder ebenfalls aus Polyvinylchlorid (PVC), oder, die höherwertigen, aus
Polyolefinen - welche, laut Wikipedia, auch eine hohe "chemische Beständigkeit" aufweisen.
Diese Infos musste ich erst googeln - ich war mir zwar sicher, daß dem Kunstsoff nichts passiert, aber bevor ich irgendwelche Behauptungen aufstelle, die sich als falsch erweisen, habe ich lieber noch einmal nachgeschaut... Zwar hatte ich einmal Kunststofftechnik, zwei Semester lang, als Vorlesung, aber das ist schon lange her und ich habe mich eher Richtung Metallurgie entwickelt... :)
Zusammenfassend kann ich also behaupten, daß die in Frage kommenden Materialien alle für den Einsatzzweck geeignet wären!
Grüße Andi

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Will
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Re: Breather tubes

Beitrag von Will » 14.10.2020 14:35

Lieber Andi,

ich danke Dir ganz herzlich für Deine ausführliche Antwort. Ich hätte nicht gedacht, dass alle diese Materialien doch so unproblematisch und gut als Ersatz geeignet sind. Jetzt weiß ich, was ich zur Not verbauen kann, wenn ich einmal das gleiche Problem habe.

Liebe Grüße aus der Pfalz

Gerd
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Re: Breather tubes

Beitrag von pelikanjog » 20.11.2020 18:32

Hallo ihr Experten, ich lese erst jetzt diese Lektion - spannend - ...

Ich habe in einem OMAS DeskPen von 1936 mit einem varierten Vacuum (plunger) Füllmechanismus ein Röhrchen. Das funktioniert aber auch ohne Röhrchen ... Und dann gibt es da noch das Noodler-System, auch mit Röhrchen.

Könnt ihr mir erklären, wie ein Atmenröhrchen in einem Tintensack funktioniert?

Hülfe es z.B. in einen beliebigen Lever-Füller mit Tintensack ein Röhrchen in den Tintensack zu montieren, damit der bei einmaliger Hebelbetätigung auch voll wird?
So ein Röhrchen müsste man doch in die Öffnung im feed stecken. Fließt dann die Tinte durch das Röhrchen in den Sack nach oben? Und wo geht die Luft raus? Auch durch das Röhrchen?

Hansjürgen

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Re: Breather tubes

Beitrag von Wurmbunt » 22.11.2020 11:40

Hallo Hansjürgen,
das Atemröhrchen in einem Tintensack, hilft beim einmaligen Betätigen des Hebels nicht!
Es bildet quasi, in Verbindung mit einem geeigneten Tintenleiter, eine "Abkürzung" für Luft und Tinte. Da die Breathertube, im Idealfall, fast bis ans Ende des Tintensackes reicht, ermöglicht sie der Luftblase (die sich nach dem ersten Füllvorgang bildet) zu entweichen, wenn der Hebel erneut betätigt wird.
Es soll also der Füllgrad des Tintensacks verbessert werden. Sinn macht so ein Röhrchen also vor allem bei großvolumigen- und/oder besonders langen Tintensäcken, bei denen nach dem Zusammendrücken noch recht viel "toter Raum" übrig bleibt, der nicht mit Tinte gefüllt wird.
Grüße Andi

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Re: Breather tubes

Beitrag von pelikanjog » 22.11.2020 16:55

Danke Andi,

das leuchtet ein - ich hatte wohl vermutet, dass schon beim 1. Laden die Luft im Sack oben rausgeht. Aber klar da kommt ja Tinte hoch - wenn ich so sagen darf.

Wie ist das dann: Geht die Tinte aus dem Schlauch nicht durch die zentrale Öffnung in den feed - da steckt ja das Röhrchen?

oh je, was muss ich alles fragen / lernen.


Grüße,

Hansjürgen

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