Waterman Kappengewinde defekt...

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Wurmbunt
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Waterman Kappengewinde defekt...

Beitrag von Wurmbunt »

Hallo,
nach einiger Zeit, wieder mal ein kleiner Beitrag von mir.
Ein Forumsmitglied (Hansjürgen) hatte ein Problem mit einem Waterman ...
Die Kappe und das zugehörige Gewinde im Schaft mochten nicht miteinander.
Siehe auch hier: viewtopic.php?f=4&t=29061
Mann/Frau mag es nicht glauben, aber die scheinbar einfache Problematik trieb mich schir in den Wahnsinn!
Unangenehmer weise handelt es sich um ein 4-gängiges Gewinde...
Das ist an sich nicht weiter schlimm - aber an meiner Drehbank ist der notwendige Vorschub, nur durch Entfernen von der Lagerhülse und der entsprechenden Passfeder, an der oberen Welle des Kassettengetriebes, realisierbar... :roll:
Hier wird es eng im Getriebe... das Achsiallager lässt sich nicht mehr montieren.
Hier wird es eng im Getriebe... das Achsiallager lässt sich nicht mehr montieren.
16147100310941.jpg (289.14 KiB) 3397 mal betrachtet
Dadurch lässt sich das Achsiallager leider nicht mehr anbringen (an der unteren Welle im Bild ist alles so montiert wir es gehört) - ein Betrieb der Maschine ist so aber nicht möglich... Zumindest nicht mit Motorkraft!
Der Plan war, das beschädigte Gewinde des Füllerschaftes nachzuschneiden, so daß sich die Kappe wieder geschmeidig aufschrauben lässt.
Interessanter Weise benutzten fast alle Hersteller von Füllfederhaltern, egal ob in Deutschland, England oder den USA das gleiche Basis-Gewinde (Withwort fine mit 36 tpi), so daß ich zumindest einen passenden Strehler da hatte.
Um an das Schaftgewinde zu kommen, muss natürlich erst einmal die Sektion entfernt werden.
Hier der teilzerlegte Waterman:
16145486562247.jpg
16145486562247.jpg (193.97 KiB) 3397 mal betrachtet
Der Schaft wurde anschließend mit einigen Lagen Klebeband umwickelt, um Kratzer durch das Spannfutter zu vermeiden, und anschließend über den Reitstock mit einer Zentrierspitze - ganz vorsichtig - gespannt.
Fertig zum Gewindeschneiden
Fertig zum Gewindeschneiden
16145486565073.jpg (229.92 KiB) 3397 mal betrachtet
Soweit so gut!
Mit dem Strehler wurde nun das Gewinde nachgearbeitet, dabei habe ich das Spannfutter natürlich mit der Hand bewegt und das "klapprige" Getriebe der Drehbank im Auge behalten.
Zwischendurch immer wieder die Kappe aufgeschraubt, um zu kontrollieren, ob alles passt und nicht zuviel Material abgetragen wird. Schließlich flutschte alles und ich war guter Dinge. Schnell also wieder das Drehbankgetriebe auf eine Übersetzung umgebaut, die alle Lager, Passfedern und Gleithülsen zulässt - die Getriebeabdeckung montiert und alles gut...
Von wegen!
Grüße Andi
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Wurmbunt
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Re: Waterman Kappengewinde defekt...

Beitrag von Wurmbunt »

Hallo,
Tja das wäre ja auch zu einfach gewesen... :roll:
Die Kappe und der Schaft passten eigentlich ganz gut zusammen - nach der Montage der Sektion mit Feder, wollte sich aber kein geschmeidiges Gefühl einstellen.
Im Gegenteil, entwedwer die Kappe verkantete und saß schräg, oder der Gewindeanfang fasste nicht richtig!
Ich dachte, daß die, beschädigten, Gewindegänge des Schaftes, das Kappengewinde in Mitleidenschaft gezogen hätten...
Logische Konsequenz daraus - das (immer noch viergänge Gewinde :? - mit "extrem nerviger" Gewindeübersetzung) Kappengewinde muss ebenfalls nachgeschnitten werden.
Also - Drehmaschine wieder halb zerlegt, die "blöde" Zwischenübersetzung montiert, und das Kappengewinde überarbeitet.
Mit dem passenden Innenstrehler, Handbetrieb und einem wachsamen Auge auf dem, halb zerlegten, Getriebe bin ich nun dem Innengewinde zu Laibe gerückt!
Kappengewinde überarbeitet
Kappengewinde überarbeitet
16145486561295.jpg (189.55 KiB) 3351 mal betrachtet
Wahh?!??!!
Sch... (da wir uns in einem Forum der, gepflegten, Konversation befinden, erspare ich Euch meine Vekalausdrücke... :| )
Natürlich habe ich den Füllerschaft (ohne Sektion und Feder - um dieses empfindliche Goldteil zu schonen) wieder probehalber eingeschraubt, um die Passung des Gewindes zu prüfen - als ich zufrieden war, glaubte ich mich am Ziel.
Weit gefehlt!
Mit montierter Sektion griff das Gewinde gar nicht mehr richtig...
Selbstverständlich war zu diesem Zeitpunkt das Getriebe der Drehbank wieder zurückgerüstet und die Abdeckung angebracht!
Grüße Andi
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Knorzenbach
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Re: Waterman Kappengewinde defekt...

Beitrag von Knorzenbach »

Moin Andi,

ich leide mal mit... :ugeek:

Gruß,
Tomm
pokpok
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Re: Waterman Kappengewinde defekt...

Beitrag von pokpok »

Ich mach mir mal einen Kaffe und warte auf die Fortsetzung, wie du einen wunderschönen Mistkübel baust und das ganze Gelumpert unter Abgabe von Äußerungen, die du uns hoffentlich weiterhin ersparst, in diesen hineindonnerst. Oder gabs ein Happyend? ich täts dir zutrauen ...
Liebe Grüße von
Matthias
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Wurmbunt
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Re: Waterman Kappengewinde defekt...

Beitrag von Wurmbunt »

Hallo,
pokpok hat geschrieben:
03.03.2021 10:35
Ich mach mir mal einen Kaffe und warte auf die Fortsetzung, wie du einen wunderschönen Mistkübel baust und das ganze Gelumpert unter Abgabe von Äußerungen, die du uns hoffentlich weiterhin ersparst, in diesen hineindonnerst. Oder gabs ein Happyend? ich täts dir zutrauen ...
Natürlich wird es ein Happyend geben - ich habe es nur noch nicht ganz erreicht! ;)
Das Problem, dachte ich, lag daran, daß das Schaftgewinde zu klein und das Kappengewinde zu groß geworden war, so daß sie nicht mehr richtig ineinander griffen.
Kappengewinde mit reichlich Wärme schrumpfen fällt wegen dem breiten Goldband aus (es müsste schon stark gequetscht werden um nicht locker zu werden), und den Schaft aufweiten ginge schon - allerdings ist das bei so altem Zelluloid, bei dem schon viel des Kampfers (Weichmacher) entfleucht ist, gefährlich. Die Wahrscheinlichkeit, daß sich Risse bilden ist doch recht groß - abgesehen davon, müsste dann auch noch die Sektion überarbeitet werden, damit sie nicht zu locker sitzt - auch nicht schön...
Also dachte ich daran, das beschädigte/zu kleine Schaftgewinde komplett abzudrehen, eine Ebonithülse zu machen (schwarzes Zelluloid habe ich in dem benötigten Durchmesser leider nicht da), diese aufzukleben und das Gewinde dann komplett neu einzuschneiden!
Bevor ich am Originalschaft herumschnitzte, beschloss ich erst einmal die Hülse zu drehen - dummer Weise musste ich dafür wieder das Getriebe der Drehbank umbauen... :?
Warum?
Nun das ist fertigungstechnisch leider nicht anders möglich. Die benötigte Hülse ist so dünnwandig, daß sich ein Gewinde nicht einschneiden lässt, wenn sie auf den entsprechenden Innendurchmesser ausgebohrt ist. Das Material würde einfach ausweichen ohne die Gewindegänge anzunehmen.
Natürlich ist es Möglich eine Hülse zu drehen, diese aufzukleben und das Gewinde anschließend anzubringen. Ich wollte aber erst einmal sehen, wir fragil das Ding in Natura ist bevor ich den, historischen, Schaft unwiederbringlich verändere...
Tja was soll ich sagen - gut das ich es vorher probiert habe - es gibt gewisse Beanspruchungsgrenzen für ein Material und in diesem speziellen Fall habe ich sie überschnitten.
Nach dem Aufkleben auf einen Ebonitrest, wurden die Gewindegänge quasi nur noch vom Klebstoff gehalten - aufgrund der geringen Wandstärke, bildeten sich beim einschrauben in die Kappe Risse in den Vertiefungen des Gewindes... :(
Dicker machen geht leider auch nicht, da sonst das Schaftmaterial zu dünn wird und wahrscheinlich versagt, wenn die Sektion hinein gedrückt wird...
Sch...verdamm...(keine Vekalausdrücke... ;) )
Also erst einmal wieder die Drehbank zurück gebaut, damit sie einsatzfähig ist...
Grüße Andi
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Will
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Re: Waterman Kappengewinde defekt...

Beitrag von Will »

Lieber Andi,

ein interessantes Problem, welches man leider öfter antrifft. Auf Deine abschließende Lösung bin ich sehr gespannt, da der Materialverlust nicht so einfach auszugleichen ist. Ich halte Dir die Daumen, dass Du das Gewinde zum laufen bringst.

Liebe Grüße aus der Pfalz

Gerd
Blauer Hautausschlag, erhöhte Temperatur, Bewusstseinstrübungen - oh Gott, das muss Flexfieber sein!
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Wurmbunt
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Re: Waterman Kappengewinde defekt...

Beitrag von Wurmbunt »

Hallo und schön, daß wieder mitgelesen wird!!! :)
Mit nachscheiden des Gewindes war es also nicht getan, und eine Ebonithülse schien auch nicht zum Ziel zu führen.
Der Füllerschaft ist im Bereich des Gewindes einfach zu klein und die Wandstärke für "Hülsenlösungen" zu gering.
Es geht jetzt entsprechend daran Material aufzubauen - via PN wurde der Tipp gegeben (vielen Dank dafür), Zelluloid in entsprechender Farbe aufzulösen (in Aceton) und den Füllerschaft damit zu behandeln - um einen Materialauftrag zu erhalten.
Prinzipiell verfolge ich genau diesen Ansatz!
Allerdings habe ich vor geraumer Zeit einmal, so rein aus Jux und Tollerei, einen Tischtennisball in Aceton aufgelöst...
Ohne Hintergedanken, einfach nur um zu sehen was passiert.
Ohne große Vorbereitung habe ich den, alten, dreckigen und defekten Ball in ein Schraubglas geworfen und Aceton darüber gegossen. Deckel drauf und gut - nach ein paar Tagen war das Material gelöst...
Allerdings war das Ergebnis nicht zufriedenstellend! Es entstand so eine Art Kleister - inhomogen und leicht trüb. Wahrscheinlich hätte die Lösung weiter verdünnt und gefiltert werden müssen (der Tischtennisball war ja nicht sauber)...
Aufgrund dieser Erfahrung habe ich Zaponlack zum Materialaufbau verwendet.
Das ist im Grunde eine Nitrozelluloselösung in gebrauchsfertigem Zustand - und absolut klar!
Nitrozelluloselack...
Nitrozelluloselack...
16152387121020.jpg (216.59 KiB) 3035 mal betrachtet
Achtung hier!!!
Der Lack ist NICHT dafür gedacht Zelluloidschäfte zu behandeln. Wie auch Aceton, sind die Lösungsmittel im Lack in der Lage, Zelluloid anzugreifen, aufzulösen und zu zerstören.
Also, wie immer, - mit Bedacht, nur wenn absolut Notwendig und wenn die Alternativen ausgehen - verwenden!
Der Lack ist zwar schnelltrocknend, aber jede neue Schicht löst die vorherige an, so dass sich die Trocknungsperioden von Schicht zu Schicht verlängern.
Das Durchhärten zieht sich dem Entsprechend hin...
Endlich war der benötigte Durchmesser erreicht, der Lack durchgetrocknet und die Drehbank wieder auf das leidige 4-Gang-Gewinde umgebaut...
Also Gewindeschneiden, und anschließend die "Anprobe" diesmal mit Sektion und Feder!
Ja Schei..., das gibt es doch nicht, verdamm... Drec... (immer noch keine Vekalausdrücke im Forum der gepflegten Konversation)! ;)
Die Kappe passt nicht!!! :?
Der erste Gewindegang greift noch - beim weiteren zudrehen rutschen die Gänge übereinander und die Kappe hält nicht.
Offenbar ist das Kappengewinde auch nicht mehr in Ordnung und vor allem zu kurz, bzw. zu weit nach vorne versetzt - das Ende der Sektion stößt an die Innenkappe, bevor das Gewinde richtig ineinander greift... :roll:
Grüße Andi
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Wurmbunt
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Re: Waterman Kappengewinde defekt...

Beitrag von Wurmbunt »

Hallo,
wird Zeit das endlich zu regeln!
Wie schon der "Erlkönig" gesagt hat: "... und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt..."
Jetzt ist die Kappe dran!
Das alte, nicht passende, zu kurze und dubiose wird in Spähne verwandelt.
Weg mit dem Ärgernis
Weg mit dem Ärgernis
16154126217730.jpg (82.34 KiB) 3002 mal betrachtet
So, jetzt braucht es ein neues Gewinde in der Kappe.
Also - mal wieder - Drehbankgetriebe umbauen. :cry:
Gewinde in Messingrohr
Gewinde in Messingrohr
16145486562848.jpg (260.3 KiB) 3002 mal betrachtet
Zwischenprobe mit dem Schaft...
Anprobe
Anprobe
16145486563850.jpg (248.18 KiB) 3002 mal betrachtet
Sieht gut aus.
Jetzt muss die Messinghülse in die Kappe - und zwar so, daß hinterher beim Aufschrauben, der Hebel des Füllmechanismuses und der Kappenclip fluchten.
Auf den Schaft aufgeschraubt, wird die Hülse in Flucht verklebt
Auf den Schaft aufgeschraubt, wird die Hülse in Flucht verklebt
16154135930420.jpg (64.64 KiB) 3002 mal betrachtet
Das ganze sieht dann so aus:
Kappe mit Messinginlay
Kappe mit Messinginlay
16145486560384.jpg (160.61 KiB) 3002 mal betrachtet
Tja nicht ganz original, aber manchmal muss eben improvisiert werden - technisch ist das so jetzt besser als vorher - solange die Kappe beim schreiben nicht aufgesteckt wird...
Das Gewinde im Inlay würde das Schaftende Ruck Zuck verhunzen!
Grüße Andi
pokpok
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Re: Waterman Kappengewinde defekt...

Beitrag von pokpok »

Super! Schöner als das Original.
Liebe Grüße von
Matthias
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pelikanjog
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Re: Waterman Kappengewinde defekt...

Beitrag von pelikanjog »

Hallo miteinander,

ja, schon toll, was der Andi da an meinem Emblem alles probiert und gemacht hat, was geht und was nicht geht.
Dafür kann ich überhaupt nicht angemessen danken.

Aber es ist ja toll, dass Andi da mehr reinsteckt als das Stück an materiellem Wert darstellt.

Ich habe natürlich nie gedacht, dass das soviel Arbeit macht und die Lösungsvariante mit einer Gewindehülse am Schaft überhaupt nicht geht.

Dabei liebe ich den Emblem (nur) wegen seiner EF Feder, semiflex. Ansonsten ist er kein Wertstück, wie ein z.B. ein Patrician.
Aber er vervollständigt und dokumentiert bei mir die Reihe der 100-year-pen, als sie diesen Titel nicht mehr tragen durften (ab 1943).
Nb. der Füller ist plus/minus so alt wie ich und kann - anders als ich - locker 100 Jahre alt werden und noch immer funktionieren.

Dass meiner (2018 aus GB importiert) zerstörte Gewinde hat, muss einem unsachgemäßen Gebrauch geschuldet sein.
Meine 100-year-pens, die ja älter sind, funktionieren noch tadellos. Am Füller selbst liegt das also sicher nicht.

Andi, auch auf diesem Weg: Danke! Nun ist er wirklich ein besonderes Stück für mich geworden, zu dem ich eine spannende Geschichte weiß. Danke auch, dass du deine Arbeit dokumentierst und mit uns teilst.

Hansjürgen
fountainbel
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Re: Waterman Kappengewinde defekt...

Beitrag von fountainbel »

Hallo Andi ,
Schone und delicater Reparatur, bravo !
Ich verwende letzten zeit ein alternativer Lösung , siehe :
viewtopic.php?f=14&t=24294
Freundlicher grus aus Flandern ,
Francis
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