Kolbenmechanismus bei Goldfink (und anderen) in den 50er Jahren

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alt_genug
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Kolbenmechanismus bei Goldfink (und anderen) in den 50er Jahren

Beitrag von alt_genug »

Liebe Freunde älterer Füllfederhalter!

Beim Reinigen meiner Goldfink-Füller aus den 50ern habe ich probehalber den Kolbenmechanismus ausgebaut und dabei festgestellt, das dies sehr einfach machbar ist. Damit alle etwas davon haben, zeige ich hier ein paar Fotos vom Aufbau der Füllhalter mit besonderem Augenmerk auf den Kolbenaggregaten.

Vorweg die notwendige Warnung: Ich kann keine Garantie übernehmen, dass Euch beim Nachvollziehen meiner Demontageschritte keine Unfälle passieren, die Eure Füllhalter beschädigen. Bitte nie Gewalt anwenden und im Zweifel Fachleute heranziehen!

In meinem Bestand finden sich drei Füllhalter von Goldfink Berlin aus der Nachkriegszeit. Sie unterscheiden sich deutlich in der Gestaltung und im Herstellungsaufwand und lagen sicher in verschiedenen Preissegmenten. Im ersten Foto seht ihr links ein Spitzenmodell der Zeit mit langem, gestreiftem Tintensichtfenster, Goldfeder und Zierteilen aus Massivgold. In der Mitte findet sich ein etwas einfacheres Modell, aber auch mit Goldfeder und facettiertem Kappenkopf, im folgenden Goldfink 2 genannt. Rechts im Bild ist ein einfaches Modell mit teilverdeckter Stahlfeder, im weiteren Goldfink 3 genannt. Dieses Modell hat als einziges keinen Doppelkolben. Ob die Feder (mit “Geha” bezeichnet) original ist, wage ich zu bezweifeln, da die hintere Kappe ein “F” zeigt, die Feder aber eher nach “OM” aussieht.
Goldfinken.jpg
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Alle drei Füller haben zwei Kappen, einmal für die Feder vorn und dann am hinteren Ende zum Verdecken des Füllknopfes. Diesen Aufbau habe ich schon bei vielen Füllhaltern dieser Zeit gesehen. Hier seht Ihr den Füllhalter, den ich in Unkenntnis seiner korrekten Produktbezeichnung einfach “Goldfink 2” nenne. Er hat eine klassisch geformte, recht kleine Goldfeder, bezeichnet mit “Goldfink 14 Kt 585”. Die Beschriftung der hinteren Kappe mit “M” passt aus meiner Sicht zur Strichbreite der Feder.
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Die gesamte Kolbeneinheit lässt sich einfach hinten ausschrauben, wenn man sie am Gewinde, welches die hintere Kappe aufnimmt, greift und gegen den Uhrzeigersinn herausdreht. Um sich die Finger nicht am Gewinde zu verletzen und falls das Gewinde etwas schwergängig ist, sollte man ein Gummituch/Fahrradschlauch oder ähnliches verwenden. Die Federeinheit ist ebenfalls geschraubt und lässt sich auf die gleiche Art entfernen. Meinen Stift hatte ich vorher einen oder zwei Tage gut gewässert.
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Den Kolbenmechanismus kann man dann recht einfach in seine drei Bestandteile zerlegen. Die äußere Hülse verhindert ein Verdrehen der Gewindestange, der hintere Teil bewegt diese linear nach vorn und hinten, wenn er in der Hülse gedreht wird. Dieser grundlegende Aufbau des Kolbenaggregats ist in allen drei Stiften gleich. In den jeweiligen Hülsen gibt es definierte Anschläge für die äußere Hülse des Mechanismus, so dass sie nicht versehentlich zu tief in den Korpus eingeschraubt werden kann.
Goldfink-2_voll-zerlegt.jpg
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alt_genug
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Re: Kolbenmechanismus bei Goldfink (und anderen) in den 50er Jahren

Beitrag von alt_genug »

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Beim Zusammenbau muss man zuerst das hintere Teil mit dem geriffelten Drehknopf in die äußere Hülse einschrauben, bis das Gewinde dafür nicht mehr sichtbar ist. Im Detailfoto vom Kolbenaggregat ist das zur Veranschaulichung nicht der Fall. Würde man es so einbauen, hätte der Kolben nicht genug Hub und die hintere Abdeckkappe würde eventuell nicht mehr vollständig über den Drehknopf passen. Hat man aber den Drehknopf weit genug eingeschraubt, kann man von der anderen Seite die Kolbenstange in die äußere Hülse stecken, bis sie vom Drehknopfteil erfasst wird.

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Der Doppelkolben der beiden höherwertigen Modelle soll eine gewisse Reserve ermöglichen. Beim Aufziehen gelangt Tinte sowohl in den Teil zwischen den Kolbenscheiben als auch in das größere Reservoir vor dem Kolben. Ist dieses dann leergeschrieben, kann man mit dem hinteren Drehknopf Tinte aus dem Zwischenraum zwischen den Kolbenscheiben in das vordere Reservoir drücken und noch eine Zeit lang weiterschreiben.

Hier noch ein Bild des voll zerlegten "Goldfink 3", inklusive zerlegter Federeinheit. Wie bei den Fotos im ersten Beitrag habe ich die Teile so gelegt, dass die seitlich in etwa auf der Position liegen, wo sie zusammengesetzt auch landen würden. Damit lässt sich vielleicht besser abschätzen, wie tief teilweise die Gewinde ineinander geschraubt werden müssen.
Goldfink-3_voll-zerlegt.jpg
Goldfink-3_voll-zerlegt.jpg (339.41 KiB) 1022 mal betrachtet
Ich hoffe, mein Geschreibsel ist nachvollziehbar und kann, zusammen mit den Bildern, dem einen oder anderen helfen.

Viele Grüße
Sebastian
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