01: Ebonit (Hartgummi) ist ein dankbares Material

Moderatoren: desas, MarkIV, Linceo, Lamynator

Antworten
Die Schildkröte
Beiträge: 6
Registriert: 07.09.2023 2:15

01: Ebonit (Hartgummi) ist ein dankbares Material

Beitrag von Die Schildkröte »

Griffsektion und Schaft von historischen Füllfederhaltern waren bekanntlich gesteckt oder geschraubt. Vor allem die Steckverbindung erforderte eine Verklebung der beiden Teile mittels Schellack, um zu verhindern, dass die Teile mit der Zeit lose werden:
Schellack.jpg
Schellack.jpg (84.71 KiB) 1602 mal betrachtet
Diese Verbindung lässt sich durch Erwärmung relativ einfach lösen, ohne, dass eine ernsthafte Gefahr von Beschädigungen besteht. Im kalten Zustand indes ist es praktisch unmöglich, denn die Verbindung ist äußerst widerstandsfähig.

Anders als der Schaft bestand die Griffsektion in aller Regel aus Ebonit. Der Grund ist – vermutlich – dass Ebonit die Tinte einfach besser annimmt. Deshalb bestand auch der in die Griffsektion eingesteckte Tintenleiter für gewöhnlich aus Ebonit.

Sieht man sich nach alten Füllfederhaltern um, trifft man ab und zu auf folgendes Bild. Es war der Versuch, die festsitzende Griffsektion mit einem Werkzeug abzuschrauben:
Beschaedigung.jpg
Beschaedigung.jpg (215.59 KiB) 1602 mal betrachtet
Was aussieht wie ein Totalschaden, muss keiner sein, wenn nur die Griffsektion betroffen ist. Denn tatsächlich lassen sich derart massive Einkerbungen in Ebonit relativ gut behandeln, so kein Material abgetragen wurde, weil Ebonit eine Art Formgedächtnis (Memory-Effekt) hat. Die Griffsektion wurde in diesem Falle ausgebaut und mit kochendem Wasser behandelt. Nach einer nur leichten Politur ohne nennenswertem Materialabtrag sah die Griffsektion völlig anders aus:
Hitzebehandlung.jpg
Hitzebehandlung.jpg (202.28 KiB) 1602 mal betrachtet
Einziger Wermutstropfen: Das SWAN-Imprint ist nahezu verschwunden. Ein Umstand, über den man hier aber leicht hinwegsehen kann bzw. den man in Kauf nehmen muss.

Wichtig

Diese Erkenntnisse dürfen nicht auf andere Materialien übertragen werden. Mit Blick auf Ebonit ist zudem c. zu beachten.
  1. Celluloid wird durch heißes Wasser geschädigt:
    Clouding.jpg
    Clouding.jpg (332.09 KiB) 1602 mal betrachtet
  2. Bei Casein (Handelsname Galalith) kann Wasser generell ein Problem sein, weil es sich mit Wasser vollsaugt:
    Casein.jpg
    Casein.jpg (213.65 KiB) 1602 mal betrachtet
  3. Auch bei Ebonit kann es unter bestimmten Umständen zu einem negativen Effekt führen. Zwar kann kaltes und heißes Wasser Ebonit nichts anhaben. Ist das Material jedoch durch Alterung vorgeschädigt, kann eine Reinigung ganz allgemein dazu führen, dass Farbpartikel abgetragen werden, wodurch sich das einst noch schwarze Teil vermeintlich verfärben kann, weil z. B. durch UV-Licht geschädigte Schichten zum Vorschein kommen (zum oberflächlichen Alterungsprozess von Ebonit siehe hier).
Antworten

Zurück zu „Füllerhandel/Service/Reparaturen“