Versuch eines Buchbindethreads

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Barbara HH
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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von Barbara HH » 27.07.2019 21:20

Dem schließe ich mich an, alle Achtung!

Mutig finde ich ja Deine Entscheidung, die Widmung mit Levenger Claret zu schreiben, bei mir suppt die bei fast allen Papieren durch wie Hölle, aber das hast Du ja sicherlich vorher getestet. Nicht auszudenken, wie ärgerlich das wäre, wenn man sich das schöne Resultat von soviel liebevoller Mühe und Arbeit damit versauen würde, dass die Widmung durchsuppt :)
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SpurAufPapier
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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von SpurAufPapier » 27.07.2019 21:21

Unglaublich! Ich bin schwer beeindruckt (weil ich mich selbst nicht traue).
So etwas als Geschenk ist sehr wertvoll.
Grüße
Vikka

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DanielH
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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von DanielH » 10.08.2019 21:35

Barbara HH hat geschrieben:
27.07.2019 21:20
Mutig finde ich ja Deine Entscheidung, die Widmung mit Levenger Claret zu schreiben, bei mir suppt die bei fast allen Papieren durch wie Hölle, aber das hast Du ja sicherlich vorher getestet. Nicht auszudenken, wie ärgerlich das wäre, wenn man sich das schöne Resultat von soviel liebevoller Mühe und Arbeit damit versauen würde, dass die Widmung durchsuppt :)
Sie suppt in der Tat ein bisschen, zumal es sich um normales Druckerpapier handelt. Aber das war mir angesichts des Farbtons, den ich erstens sehr mag (die Claret ist meine unbestrittene Lieblingstinte) und der zweitens hervorragend zum Einband passt, egal gewesen.

DanielH
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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von DanielH » 01.09.2019 14:53

Hallo in die Runde,

Ich war mal wieder aktiv und habe ein Buch gebunden. Und ich bin sozusagen zum Ausgangspunkt dessen zurück gekehrt, warum ich überhaupt angefangen habe, mit mit dem Buchbinden zu beschäftigen. Davon aber später mehr. Hier möchte ich einfach erstmal ein paar Bilder der Herstellungsprozesses zeigen.

Hier einmal der fertige Buchblock - photographiert mit einem quasi unerlässlichen Werkzeug beim Buchbinden. Damit ist nicht der M1000 gemeint, der sich mit aufs Bild geschlichen hat, sondern die Revox A77 im Hintergrund. Die liefert nämlich bereitwillig die musikalische Untermalung für den zeitintensiven Nähprozess...
buchblock_revox.jpg
buchblock_revox.jpg (142.94 KiB) 5419 mal betrachtet
Hier mal eine Detailansicht der Verschlingungen. Die Fäden verlaufen komplett auf der Innenseite der Lagen. Außen sieht man nur diese Maschenreihen. Was man nur schlecht sieht ist, dass der Buchblock hier schon geleimt ist. Der Leim wird nämlich transparent, wenn er trocken ist. Die folienartigen Gebilde an den Rändern sind Leimreste, die anschließend mit der Schere entfernt werden. Als Unterlage zum Leimen dient Backpapier, auf dem der Leim einfach zerläuft und zu solchen "Folien" erstarrt, die man einfach vom Backpapier abziehen kann.
buchblock_geleimt.jpg
buchblock_geleimt.jpg (99.45 KiB) 5419 mal betrachtet
Hier sieht man den Buchblock, wenn er fertig ist. Heftgaze, Kapitalband und Zeichenband sind jetzt auch angeleimt. Was man auch sieht ist der Vorsatz, jenes cremefarbene Papier auf der Oberseite, das später an den Deckel geklebt wird. Der Vorsatz wird nicht mit Leim befestigt, sondern mit Alleskleber.
buchblock_fertig.jpg
buchblock_fertig.jpg (112.97 KiB) 5419 mal betrachtet
Hier haben wir eine Detailansicht des Kapitalbandes, das ebenfalls mit Leim befestigt wird.
buchblock_fertig2.jpg
buchblock_fertig2.jpg (163.8 KiB) 5419 mal betrachtet
Keine Stunde später sah das Ganze dann so aus: Versehen mit einem Einband, der mit Florentiner Buntpapier bezogen ist.
buch_fertig.jpg
buch_fertig.jpg (304.07 KiB) 5419 mal betrachtet
Und jetzt kommen wir zum Kern des Ganzen. Ich verwende schon lange ein 4er-Wancher-Stifteetui, das auf der linken Seite eine Einstecktasche für Zettel und Blöcke hat und mich faszinierte die Idee, dort ein Buch "richtigherum" reinstecken zu können.
buch_fertig3.jpg
buch_fertig3.jpg (250.42 KiB) 5419 mal betrachtet
(im nächsten Posting geht's weiter)

DanielH
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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von DanielH » 01.09.2019 14:56

Deswegen hat mein Einband am hinteren Deckel eine umgeknickte Lasche, mit der man es in die Tasche des Mäppchens schieben kann.
buch_lasche.jpg
buch_lasche.jpg (354.87 KiB) 5418 mal betrachtet
So sieht das Gespann aus. Problem ist nur: Das Buch ist für das Etui viel zu dick, das Etui lässt sich nicht mehr vernünftig zuklappen.
buch_fertig4.jpg
buch_fertig4.jpg (246.06 KiB) 5418 mal betrachtet
Ich bin gerade dabei, Ersatz zu binden, der dünner ausfällt. Dieses Buch hat 10 Lagen à 8 Blatt und die Deckel bestehen aus 2,7 mm dicker Buchbinderpappe, was für einen ziemlichen Oschi von Notizbuch sorgt. Der Nachfolger hat nur acht Lagen à acht Blatt und ich werde die Deckel jetzt aus 0,7 mm dünner, flexiblerer Graupappe machen. Ich bin gespannt, wie gut das funktioniert. Am neuen Buchblock trocknet gerade der Leim.

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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von SpurAufPapier » 02.09.2019 12:20

DanielH hat geschrieben:
01.09.2019 14:56
Deswegen hat mein Einband am hinteren Deckel eine umgeknickte Lasche, mit der man es in die Tasche des Mäppchens schieben kann.
Klasse Idee!
Grüße
Vikka

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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von DanielH » 24.05.2020 13:58

Bei mir wird heute oder morgen ein neues Notizbuch begonnen werden und das ist selbst gebunden. Es besteht aus fünf Lagen à zehn Blatt Papyrus Color Copy 100 g/m², ein wunderbar glattes, hochweißes Papier, das auch mit gut fließenden Tinten und breiten Federn sehr gut zurecht kommt und fast nicht durchschlägt. Gearbeitet wurde der Buchblock in koptischer Fadenheftung und anschließend verleimt, aber nicht beschnitten. Die Deckel sind aus Buchbinderpappe à 2 mm Dicke gefertigt, der Rücken aus 0,7 mm Graupappe. Die Vorsätze bestehen aus cremefarbenem Rössler-Papier à 135 g/m². Bezogen ist das ganze mit grauem, leicht marmoriertem Elefantenhautpapier.
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DanielH
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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von DanielH » 10.07.2020 11:44

Ich hatte am vergangenen Wochenende mal wieder einen Rappel und habe gleich vier Buchblöcke gebunden. Mein neues Notizbuch (s.o.), das ich aus Papyrus Color Copy-Papier à 100 g/cm² gemacht habe, hat sich als derartig schön glatt und tintentauglich herausgestellt, dass ich diese Papiersorte wieder gewählt habe. Zwischen Samstag und Montag sind die Buchblöcke entstanden, die dann nach bekannter Manier geleimt und mit Zeichenbändern und Kapitalbändern versehen wurden. Ab Dienstag entstanden die Einbände aus 2 mm starker Buchbinderpappe und Gewebeklebeband und am Mittwoch war dann das Einbandmaterial da.

Ich oute mich mal als großen Verehrer der Insel Amrum. Als ich letztes Jahr dort war, hatte ich mich in den üblichen Souvenirshops nach Geschenkpapier mit Amrum-Motiven umgeschaut in der Hoffnung, dort geeignetes Einbandmaterial zu finden. Das gab es aber nicht. Deswegen bin ich selbst aktiv geworden. Im Internet hatte ich ein sehr schönes Photo des Amrumer Leuchtturms gefunden, das sich quasi perfekt als Einband eignet, weil der Leuchtturm am rechten Bildband zu sehen ist, so dass man das ganze Buch in eine Aufnahme der inseltypischen Dünenlandschaft einbinden und den Leuchtturm in der Mitte des vorderen Deckels positionieren kann. Also habe ich das Ganze über einen Onlinedienstleister als Poster ausdrucken lassen - auf Papier à 135 g/cm². Weil die Formate es hergaben, hatte ich das Poster so geordert, dass das Leuchtturmphoto darauf gleich viermal vorkam und man nach dem Auseinander schneiden viel Einbände hatte. Als das Paket dann am Mittwoch ankam, wurde ich gewahr, dass es - offenbar aufgrund eines Fehlers - sogar zwei identische Poster enthält...

Und dann ging es los: Zuschneiden, abmessen, einbinden... herausgekommen sind vier traumhaft schöne Notizbücher mit dem Amrumer Leuchtturm darauf.
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Leider hat sich der Ausdruck als relativ empfindlich herausgestellt, so dass ich gestern noch Buchschutzfolie gekauft habe. Eines der Bücher ist inzwischen in glänzende Buchschutzfolie eingebunden, eines in matte und mir ist bereits klar, dass ich die matte vorziehe. Ganz ohne Lufteinschlüsse scheint das Einbinden da nicht möglich zu sein und die sieht man bei der glänzenden Folie sehr stark. Außerdem riecht die glänzende Folie sehr deutlich nach Weichmacher - es handelt sich also um Weich-PVC, was allein schon in der Entsorgung problematisch ist. Die matte Folie scheint mir aus Polypropylen zu bestehen, einem wesentlich umweltfreundlicheren und gesundheitlich weniger problematischen Kunststoff.

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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von Edelweissine » 10.07.2020 12:09

Superschön geworden!
Amrum ist eine tolle Insel, aber was Du Dir da personalisiert hergestellt hast, verdient großen Respekt. Ich bin begeistert!
Gruß,
Heike

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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von Tenryu » 10.07.2020 13:56

Diese Folien sind sehr haltbar, allerdings haben sie die Eigenschaft, zu schrumpfen. Ich besitze hier einige Taschenbücher aus den späten 1980er Jahren, die ich damit beklebt habe, bei denen die Folie deutlich geschrumpft ist (ca. 3 mm. auf allen Seiten).

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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von DanielH » 10.07.2020 14:10

Ja, das kenne ich auch von alten Taschenbüchern meiner Eltern. Da blätterte die Folie irgendwann ab. Das PVC verliert irgendwann die Weichmacher und wird dann spröde. Wenn dann auch noch der Kleber abbaut, dann löst sich die Folie in fast glasartigen, spröden Stücken ab.

So richtig glücklich bin ich mit der Folie auch nicht. Ohne sehen die Bücher viel schöner aus.

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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von DanielH » 17.07.2020 16:01

Irgendwie hat mich in den letzten Tagen ein Rappel gepackt und ich habe nach den vier Amrum-Büchern noch fünf Buchblöcke gebunden, von denen zwei schon fertig eingebunden sind. Diesmal stand allerdings kein individuelles Bild im Vordergrund, sondern der Rest des Bogens Florentiner Buntpapier ("Carta Varese"), das ich letztes Jahr für mein kleines Notizbuch (weiter oben hier im Thread) gekauft hatte. Dummerweise haben diese Buntpapiere für Notizbücher, die mit auf Reisen sollen, einen entscheidenden Nachteil: Sie sind nicht besonders dauerhaft. Nach einem knappen Jahr sehen die Kanten meines kleinen Notizbuches so aus:
buntpapier1.jpg
buntpapier1.jpg (165.46 KiB) 4390 mal betrachtet
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buntpapier2.jpg (154.69 KiB) 4390 mal betrachtet
Also ziemlich abgemackelt. Also habe ich für Abhilfe gesorgt: Die Kanten der letzten beiden Bücher, die mit demselben Papier bezogen sind, sind mit Stücken von dunkelrotem Buchleinen verstärkt.
buch_buntpapier.jpg
buch_buntpapier.jpg (290.95 KiB) 4390 mal betrachtet
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buchecke_buntpapier.jpg (205.16 KiB) 4390 mal betrachtet
buecher_170720.jpg
buecher_170720.jpg (270.07 KiB) 4390 mal betrachtet
Drei weitere Buchblöcke warten noch auf ihren Einband. Aber vom Florentiner Buntpapier habe ich nur noch genug für einen Einband. Man wird als abwarten, was passiert... *g*

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Strombomboli
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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von Strombomboli » 17.07.2020 16:26

Schön geworden!
Iris

Mein Avatar ist ein Gemälde von Ilja Maschkow (1881-1944): Selbstporträt; 1911, das in der neuen Tretjakow-Galerie (am Krimskij Wal) in Moskau hängt, wo ich es fotografiert habe.

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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von Andreas_Beutlin » 17.07.2020 17:13

Guten Tag, Daniel,

ich muss auch sagen, dass es sehr schön geworden ist. Mit dem Buchleinen gefällt es mir tatsächlich besser. Der dunkle Kontrast passt perfekt dazu.

Liebe Grüße,

Andreas
„Lernen ist nicht gleichbedeutend mit Wissen. Es gibt Wissende und Weise. Das Gedächtnis macht die einen, die Philosophie macht die anderen.”
- Abbé Faria in Der Graf von Monte Christo

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Re: Versuch eines Buchbindethreads

Beitrag von DanielH » 17.07.2020 17:32

Um ganz ehrlich zu sein: Meine Erfindung ist das nicht. Das habe ich schon mal irgendwo gesehen. Aber mich wundert, dass das auf Anhieb so gut geklappt hat und so echt aussieht.

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