Spezialpapiere für den Koran

Moderatoren: desas, MarkIV, Linceo, Lamynator

Antworten
V-Li
Beiträge: 2056
Registriert: 17.01.2018 10:40

Spezialpapiere für den Koran

Beitrag von V-Li »

Zwar kratzt die Sendung nur an der Oberfläche, aber vielleicht für den ein oder anderen interessant:
Muslimisches Leben – Warum Düren Spezialpapier für den Koran liefert
hobel
Beiträge: 96
Registriert: 14.07.2017 12:15
Wohnort: Berlin

Re: Spezialpapiere für den Koran

Beitrag von hobel »

Interessant zu hören, danke für den Hinweis.
Holger
agathon
Beiträge: 2648
Registriert: 11.01.2009 13:09

Re: Spezialpapiere für den Koran

Beitrag von agathon »

Nicht nur das Elephantenpapier von Reflex ist vorzüglich, auch die Briefpapiere sind ganz ausgezeichnet.
Benutzeravatar
JulieParadise
Beiträge: 5427
Registriert: 13.06.2016 21:16
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Spezialpapiere für den Koran

Beitrag von JulieParadise »

Ach, das ist ja mal interessant gewesen, danke für die Verlinkung des Beitrags (selbst wenn er tatsächlich nur nebenher auf das Thema eingeht.)

Es gibt sogar eine Fatwa zur Zulässigkeit der Verwendung von durch Christen hergestellten Papieren für den Koran (und bestimmt gibt es noch neuere Fatwas dazu ... Ich hatte nur im letzten Jahr diese hier für eine Veröffentlichung als Textbeispiel übersetzt, daher liegt sie mir vor. Leider scheint das korrekte Umschrift-Dschim [g mit Häkchen drauf] hier nicht zu funktionieren, daher habe ich es mit einem dsch wiedergegeben, wo Wörter mit Fachbegriffen in Umschrift auftauchen.):

Diese Fatwa führt der Malikit Ibn Marzūq al-Ḥafīd (gest. 842/1439) unter dem Titel Die Feststellung des klaren bekannten Beweises über die Zulässigkeit des Kopierens auf dem Papier von Christen an. Hier ist nur der Anfang wiedergegeben. Am Ende befindet Ibn Marzūq, dass es nicht verboten ist, Papier, das Christen hergestellt haben, zu benutzen.* Er führt zahlreiche Belege an und zeigt die Grundhaltung der Malikiten zum Handel mit Waren, die von Christen produziert worden sind:
Er [also Ibn Marzūq] – möge Gott sich seiner erbarmen – wurde gefragt, ob es erlaubt ist, christliches Papier zu benutzen und es zum Kopieren zu verwenden.
Denn einige Menschen behaupten, dass es unrein sei, weil sie es mit Händen produzieren, die mit Unreinheit durchdrungen sind, so folgert man es aus dem [malikitischen Hauptwerk] Mudawwana.
Er sagt, dass die Verwendung des qiyās [Analogieschluss], weshalb man es für unrein hält, nicht korrekt ist, denn es fällt aus dem Rahmen des qiyās [Analogieschluss], den wir akzeptieren, dennoch wendet hier der mudschtahid den qiyās an, nicht ein muqallid.
Andere sagen, dass die Bewohner des Ostens unter ihren Gelehrten bekannt machten, dass man darauf nicht schreiben darf. Ist aber die Unterlassung der Niederschrift unter dem Gesichtspunkt des fiqh zu bewerten oder aus religiöser Enthaltsamkeit [bzw. Gottesfurcht]?
Er antwortete darauf, indem er schrieb:
Lob gebührt Gott, wie es sich geziemt, möge Gott unseren Herrn Muhammad, seinen Propheten und Diener segnen, so auch seine Familie, Gefährten und Anhänger.
[...]
Diesen Fall habe ich – nach einer Recherche, die ich vermag, und nach dem Kenntnisstand, den ich vorzuweisen habe – in den [Rechts ]Texten nicht finden können.
Die äußerste Grenze entsprechend der malikitischen Texte, so wie mir es erscheint, ist, dass, wenn man sich nicht über seine Reinheit einig ist, sie zumindest umstritten ist. Die Meinung, dass es [d. h. das Papier] unrein ist, ist [dann] nicht im Sinne eines Verboten-Seins (ḥurma [gleiche Wurzel wie ḥarām, "verboten"]) der Benutzung, sondern eines Verpönt-Seins (karāha).
Überliefert wurde diese Fatwa von al-Wanšarīsī in seinem im späten 5. Jahrhundert entstandenen al-Miʿyār, 1:75 (Aḥmad ibn Yaḥyā al-Wanšarīsī: al-Miʿyār al-muʿrib wa-l-dschāmiʿ al-muġrib ʿan fatāwā ahl Ifrīqīya wa-l-Andalus wa-l-Maġrib, hrsg. von Muḥammad Ḥadschdschī et al., 13 Bde., Rabat/Beirut: Wizārat al-Awqāf wa-Šuʾūn al-Islāmīya/Dār al-Ġarb al-Islāmī, 1981), welches zu unterschiedlichen Zeiten erlassene Fatwas von Gelehrten aus Nordafrika und Andalusien zusammenträgt und als eines der wichtigsten nawāzil-Werke (Sammlung von Rechtsgutachten, Gerichts- und Prozessakten) der Malikiten gilt. Eine historische Einordnung liefert Lahor Halevi: "Christian Impurity versus Economic Necessity: A Fifteenth-Century Fatwa on European Paper", in: Speculum 83.4 (2008), 917–945.

*Zur Zulässigkeit von Handlungen gibt es im Islam grob gesagt ein Spektrum von verpflichtend - empfohlen - freigestellt/neutral - verpönt - verboten.
Sina / Julie Paradise julieparadise.de | @wwwjulieparadisede
Benutzeravatar
JulieParadise
Beiträge: 5427
Registriert: 13.06.2016 21:16
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Spezialpapiere für den Koran

Beitrag von JulieParadise »

Upsi: "... im späten 15. Jahrhundert ..." (vorletzter Absatz)
Sina / Julie Paradise julieparadise.de | @wwwjulieparadisede
Jan Mathijs Rijck

Re: Spezialpapiere für den Koran

Beitrag von Jan Mathijs Rijck »

Sehr interessant!

Die christliche Bibel wird ja meist auf sehr dünnem „Katalogpapier“ gedruckt, ähnlich TR 52g; alleine schon des Umfangs wegen. Im Gegensatz zum Messwein (ich beziehe mich jetzt nur auf die römisch-katholische Kirche), wo es sehr strenge Auswahlkriterien an die Winzer gibt, und zu den Hostien (die in speziellen Hostien-Bäckereien produziert werden), gibt es, glaube ich, an den Druck von Bibeln keine besonderen Anforderungen.

Verstehe ich das richtig, daß der Koran auf besonders dickem Papier gedruckt wird? Oder gilt das nur für „Pracht-Ausgaben“ für den Gebrauch im Haus und der Moschee?

Gibt es den Koran auch in „Taschen-Ausgaben“ zum Reisen etc., oder ist das nicht üblich / wäre nicht möglich / sinnvoll?
Benutzeravatar
JulieParadise
Beiträge: 5427
Registriert: 13.06.2016 21:16
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Spezialpapiere für den Koran

Beitrag von JulieParadise »

Jan Mathijs Rijck hat geschrieben:
18.04.2023 14:07
Gibt es den Koran auch in „Taschen-Ausgaben“ zum Reisen etc., oder ist das nicht üblich / wäre nicht möglich / sinnvoll?
Den Koran gibt es in den verschiedensten Ausführungen, auch auf unterschiedlichsten Papieren, aber je nach Denkschule bzw. Tradition (sunnitisch, schiitisch und die jeweiligen weiteren Untergruppen), der Muslime angehören und wohl auch abhängig von der regionalen Kultur gibt es unterschiedliche Vorstellungen davon, was erlaubt ist. Es gibt etwa Miniaturkorane de.wikipedia.org/wiki/Miniaturkoran, die man wie ein Amulett tragen oder ins Auto hängen kann. Wenn das aber eine (apotropäische/) Schutzwirkung erreichen soll, ist die Grenze zum Talisman und Aberglauben schnell erreicht bzw. für einige Muslime schon überschritten, die das gar nicht gern sehen. Auch gibt es Vorstellungen, dass man einen Koran nicht im Zustand ritueller Unreinheit anfassen dürfe usw. Da gehen die Meinungen also von-bis, so wie es ja auch im Christentum quasi hochheilige Prachtausgaben gibt und daneben dann die Studienbibel, in die man jahrzehntelang seine Notizen reinschreibt.

Das Lesen im Koran ist unterwegs evtl. auch für viele Muslime gar nicht so wichtig, weil sie die wichtigen Suren ohnehin auswendig kennen, jedenfalls in meinem Umfeld. Dort beobachte ich auch eher, dass es einen "Hauskoran" (bzw. bei den Wissenschafter:innen einen schönen, der privat verwendet wird, und daneben mehrere in unterschiedlichen und mehr oder weniger beliebten Übersetzungen, etwa von Bobzin, Bubenheim/Elyas, Zirker fürs Deutsche uvm.) gibt und man ansonsten gern auf das Smartphone mit Apps zugreift, wo sich ebenfalls verschiedenste Versionen mit bestimmten Features verwenden lassen (Interlinearübersetzungen, mehr oder weniger wissenschaftliche Umschrift je nach Version, Kommentare, Suchfunktion).

So pauschal lässt sich die Frage also leider nicht beantworten.
Sina / Julie Paradise julieparadise.de | @wwwjulieparadisede
Antworten

Zurück zu „Papiere“