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von Nitschewo » 21.09.2008 11:47
Hallo zusammen!
Jetzt habt ihr mich ja um einige Illusionen gebracht. Da wimmelt es in diesem Forum von Souveräns und Meisterstücken, und im Geiste sah ich euch alle stets an imposanten Gründerzeit-Schreibtischen große und schöne Gedanken auf edles Bütten bringen.
Und dann: Sitzbälle ... Knietabletts ... Ikea. Ooooch ...
Andererseits: Schreiben ist ja zeitlos, warum soll man sich also mit steifen alten Holzgetümen rumplagen, wenn die Gegenwart auch Rückenfreundliches bietet? Muss man nostalgisch bis zum Masochismus sein?
Man muss nicht, man kann aber, und da letzteres auf mich zutrifft, gebe ich auch noch meinen Senf dazu. Ich hatte immer schon eine fatale Vorliebe für alte Büroschreibtische. Meinen ersten habe ich leider in meinem Jugendzimmer zurückgelassen, als ich von zu Hause auszog. ("Kind, das schwere Ding, wo willst du das denn hinstellen, und wer soll dir das ins Dachgeschoss schleppen?") Also blieb er zurück und wurde von den unsentimentalen Eltern zu Brennholz verarbeitet.
Einige Spanplatten- und Glasabscheulichkeiten später hatte ich die Nase voll von wackelig Verschraubtem. Eines Tages bot ich bei ebay auf einen alten eichenen Partnerdesk mit eingelegter dunkelbrauner Linoleumplatte, für den sich zum Glück niemand außer mir interessierte, denn das Budget lässt hohe Gebote leider nicht zu.
Dazu passte nun aber der Drehstuhl nicht mehr. Meine Bürostühle sehen sowieso immer schlimm aus, da ich die merkwürdige Angewohnheit habe, mich beim Schreiben auf die Sitzfläche zu knien, sodass nach einer Weile der Stoff von meinen Schuhen abgeschabt ist und der Schaumstoff heraus quillt. (Ich mache das unbewusst. Irgendwann fällt mir auf, dass ich mich schon wieder hingekniet habe, obwohl ich mir doch fest vorgenommen hatte, artig zu sitzen.)
Also musste noch ein alter Bürostuhl her, ein Holzsessel, nicht höhenverstellbar, mit Armlehnen und einem herausnehmbaren Sitzpolster aus grünem Kunstleder, unter dem altertümliche Metallfedern knarzen.
Im Laufe der Zeit sammelten sich noch andere Utensilien, die ich auf Flohmärkten erstand oder von Menschen geschenkt bekam, die meine wunderliche Sammelleidenschaft kannten: Eine Christian-Dell-Leuchte, Bakelitschachtel, eine Tischuhr, Stiftablage und Löschwiege aus Bronze, Uranglaskaraffen ... und ja, es ist noch Platz zum Schreiben!
Einziges neuzeitliches Utensil: Das total peinliche, aufblasbare rückenschonende Sitzkissen von Tshibo mit den Noppen. Ein bisschen Komfort muss ja auch sein.
Ich möchte mein voll gerümpeltes Arbeitszimmer um nichts in der Welt missen. Auf dem Schreibtisch kann ich mich so richtig ausbreiten, und ich fühle mich einfach wohl zwischen all dem alten Kram.
Viele Grüße,
Bianka