Handschriften

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Rabe
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Handschriften

Beitrag von Rabe »

Ich möchte an dieser Stelle mal etwas zum Thema "Handschrift" loswerden. Da ich beruflich u.a. juristische Klausuren korrigiere (mittlerweile mehr als 1000 Stück in 2,5 Jahren), habe ich häufig Gelegenheit, mich mit fremden Handschriften zu beschäftigen. Dabei fällt mir auf, dass viele Verfasser sich keine Mühe geben, einigermaßen leserlich zu schreiben. Oft liegt das natürlich an der Verwendung eines Kulis statt eines guten Füllers. Besonders fasziniert mich, auf welche kreative, aber im Ergebnis unschöne Art und Weise manche Schreiber das Paragraphenzeichen verunstalten.
Außerdem fällt mir auf, dass ich meist auf den ersten Blick erkenne, ob die Klausur von einer Frau oder einem Mann geschrieben wurde. Die meisten weiblichen Handschriften sehen einfach ordentlicher aus als die männlichen. Woran liegt das aber? Geben sich Männer weniger Mühe mit ihrer Handschrift? Ich bin selbst ein Mann und bemühe mich, nicht nur meine Randbemerkungen in den Klausuren leserlich zu schreiben. Natürlich weiß ich, dass die Handschrift im Gehirn "entsteht" und durch den Charakter beeinflusst wird (Graphologie), wobei auch die Übung eine Rolle spielt. Aber ist Frauen ihre Handschrift tatsächlich "wichtiger" als Männern? Ich hoffe, dass jemand diese Fragen ebenfalls spannend findet und mir Antwort geben kann.
Schon mal vorab vielen Dank und schöne Grüße,
Rabe
fountainpen.de
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Beitrag von fountainpen.de »

Hallo Rabe,

ich habe und werde auch weiterhin sicher (hoffentlich) noch viele Klausuren korrigieren dürfen.

Und ich habe in meiner Vergangenheit auch die ein oder andere Klausur selbst geschrieben ... und auch wenn das schon etwas länger her ist ... versetze Dich doch einfach noch mal in diese Situation zurück: man ist aufgeregt, die Zeit ist immer sehr knapp und man möchte doch zeigen, wie viel man gelernt hat, deshalb schreibt man u.U. auch zu viel

... klar, dass in einer solchen Situation achtet man einfach nicht auf die Handschrift und unter Zeitdruck ändert sich die Handschrift natürlich auch.

Die Erkenntnis, dass sich Handschriften zwischen Frauen und Männern systematisch unterscheiden, habe ich auch schon gemacht. Frauen schreiben sicher eher "runder". Aber ich denke nicht, dass die Handschrift von Frauen wirklich leserlicher ist (bei Jura kann ich das nicht beurteilen, aber so ein Bauchgefühl habe ich bei der BWL).

Interessant finde ich aber, dass es bei Frauen manchmal Handschriften gibt, die von weitem sehr, sehr ordentlich aussehen, aber wenn man dann das geschriebene wirklich lesen will, wird's u.U. ganz schön schwer, etwas zu erkennen.

Zum Glück ist es aber gerade nicht so, dass die Handschrift Auskunft über den Charakter geben kann!
*was sollte man sonst über viele Ärtze sagen?!*

... und während es in den 70ern noch üblich war, bei Bewerbungen auch handgeschriebene Lebensläufe anzufordern, gibt es so etwas glücklicherweise heute in Deutschland nicht mehr. In anderen Ländern scheint dieser Glaube aber teilweise noch verbreitet zu sein.

Generell gehe ich mal davon aus, dass bei der Handschrift einfach viel Gewöhnung und der Kontext verantwortlich ist. Zum einen gibt es Leute - wie viele hier im Forum - die eben stärker auf ihre Handschrift achten (ob wir nun deshalb schöner schreiben?). Und zum anderen kommt es eben darauf an, was man gerade schreibt ... bei einer Klausur ist weniger Zeit und der psychische Druck ist größer als beim Schreiben einer Glückwunschkarte.

Viele Grüße
Michael
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Saarländerin
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Beitrag von Saarländerin »

Hi Rabe,
hier
http://www.penexchange.de/forum/viewtop ... andschrift
haben wir schon ausführlich über Handschriften und ihre Ausprägungen diskutiert. ich finde es sehr interessant, dass das Thema erneut aufgegriffen wird :D In meinen fast 60 Lebensjahren habe ich ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass Frauen eher "rund" schreiben. Ich selbst bin da wohl eine Ausnahme: ich habe exakt die Handschrift meiner Mutter geerbt, die oberflächlich betrachtet sehr ordentlich ausschaut, bei genauem Hinsehen jedoch von meinem Vater (und anderen Leuten) als "Stacheldraht" bezeichnet wurde und wird :(
Klausuren habe ich früher ausschließlich in Druckbuchstaben geschrieben - mit ein wenig Übung ist dies durchaus erlernbar, dass man(n)/frau damit mindestens ebenso schnell ist wie mit der Schreibschrift - und es erfreut jeden Korrektor :D
Grüsse von der Saarländerin
rote_pappkiste
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Re: Handschriften

Beitrag von rote_pappkiste »

Hallo Rabe,
ich möchte einmal als leidgeprüfter Schreiberling solcher Klausuren vielleicht mal aus fachlicher antworten. Da sich mein Studium nun dem Ende neigt, habe ich auch schon die eine oder andere Klausur hinter mir.
Ich glaube das mangelnde Schriftbild liegt einfach daran, dass jur Klausuren unter großem Zeitdruck geschrieben werden. Häufig ist man als Student einfach auch froh die Klausur "irgendwie" gelöst bekommen zu haben und das schöne Schreiben, fällt hinter der Freude zurück, dass man das EBV durchgeprüft hat.

Recht geben muss ich dir damit, dass eine weibliche Handschrift meist schöner, weicher aussieht als eine männliche. Ich habe keine Ahnung ob das auch etwas mit unterschiedlichen Wesenszügen zwischen Mann und Frau zu tun hat.

Erfreulich finde ich es, dass du dich um leserliche Korrektur bemiftühst, denn ich finde es ärgerlich, wenn man aus seiner Korrektur lernen möchte, aber auch mehrere Personen die Schrift nicht entziffern können.

LG
Marcel
werner
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Per Hand geschriebene Briefe werden Luxus

Beitrag von werner »

Hallo zusammen,

kurz vor Weihnachten war in unserer örtlichen Tageszeitung folgender Artikel abgedruckt. Ich finde er passt gut zu dem Thema "Handschriften". Ich habe ihn deshalb gescannt und stelle ihn hiermit zur Diskussion oder auch nur allen Interessenten zum Lesen zur Verfügung.

http://www.ruettinger-web.de/bilder/handschrift.pdf

Viele Grüße
Werner
fountainpen.de
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Beitrag von fountainpen.de »

Hallo Werner,

traurige Entwicklung ... aber ganz ehrlich, ich schreibe auch nur noch selten Briefe.
:oops:

Trotzdem schreibe ich viel "von Hand", aber das sind eben eher berufliche Notizen.

In der aktuellen Ausgabe der Wirtschaftswoche ist auch zufällig ein ganz passender Artikel zu diesem Thema. Da geht es um einen digitalen Stift, d.h. den Pulse Smartpen, der insbesondere für Studenten entwickelt wurde.

Man schreibt dabei mit einem Stift, der das geschriebene "digitalisiert" (man kann sich den text also in ein Word-File konvertieren lassen) und gleich auch das gesprochene Wort dazu "aufnimmt". In Vorlesungen/Meetings braucht man also nur noch einige Stichworte aufschreiben und wenn man danach ein Stichwort mit dem Stift "anklickt" kann man sich die passende Tonaufnahme dazu anhören (im Stift ist auch ein Lautsprecher).

Siehe dazu auch Wiwo, Nr. 3 S.87 ... falls Ihr die Tage mal an einem Kiosk seid, dann schaut doch mal den Artikel an (ich trau mir nicht, einen Scan davon irgendwo einzustellen).

Das ist aber eher ein Computer als ein Stift ... ob das die Entwicklung ist, in die es wohl irgendwann einmal gehen wird?

Zumindest ist die Handschrift des Autors dadurch leserlicher geworden ...

Viele Grüße
Michael
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Dieter N
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Beitrag von Dieter N »

Hallo, Michael,

ich habe den Stift eben gegoogelt und das Video des CEO dazu gesehen. Klingt spannend, aber wahrscheinlich wird auch dieses Ding die Handschrift nicht ersetzen.

So hat mich dieser Stift daran erinnert, dass in meinem Dienst-Büro ein elektronischer Block von Aldi liegt, der meine Aufzeichnungen mitliest und die Schrift recht gut digitalisieren kann. Das Ding hatte ich für Protokolle und Mitschriften (heruntergesetzt) gekauft, ein paar Mal getestet ... und vergessen.
Und auf meinem Palm kritzele ich im Bereitschaftsdienst meine Notizen, weil ich dadurch unendlich viel Papier mithaben und die "Blätter" gleich mit Datum und Uhrzeit markiert sind.

Aber dennoch ist auch bei Protokollen die normale handschriftliche Mitschrift meine Wahl. Da kann ich unterstreichen, Skizzen machen, Hinweise quer dazu schreiben und in der Ecke vor Langeweile kleine Bilder malen...

Und zur ürsprünglichen Frage: Warum diese Schriftunterschiede zwischen den Geschlechtern üblich sind, weiß ich nicht. Ob Allan und Barbara Pease dazu eine Antwort haben?

Viele Grüße
Dieter
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Beginner
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Beitrag von Beginner »

Ich glaube nicht dass den Frauen ihre Handschrift wichtiger ist. Bei mir ist es so, je geordneter die Gedanken sind, desto leserlicher wird die Klausur. Das würde bedeuten, die bessere Vorbereitung auf die Klausur oder die Fähigkeit der Vorlesung konzentrierter zu folgen führt zur schöneren Schrift. Können die Damen ihre Gedanken und ihre Aufmerksamkeit besser fokussieren? Ich glaube schon. Mir als Mann fällt das mit zunehmendem Alter leichter, entsprechend besser sind meine Aufzeichnungen zu lesen.

roberto
dennis.n
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Re: Handschriften

Beitrag von dennis.n »

Guten Abend wünsche ich!

Ich bin beim Stöbern heute zufällig auf diesen doch betagten Thread gestoßen und möchte nun die Gelegenheit nicht missen, auch eine kleine Äußerung da zu lassen, in der Hoffnung, es könnte noch jemanden interessieren.

Daß die Frauen meist eine schönere Feder führen, gründet in einigen Fällen darauf, daß sich die motorischen Fähigkeiten bereits früher zu entwickeln beginnen als bei Jungen im selben Alter. Wenn sich diese Phase nun zeitlich mit dem Programm der Schule deckt, begegnet die diese Offenheit gegenüber motorischer Erziehung der Kultivierung der Schrift durch die Schule und somit können optimale Ergebnisse erzielt werden, die bis ins Erwachsenenalter anhalten können. Die Jungen hingegen, die in derselben Zeit aber gar nicht oder noch nicht so intensiv für die Übung der Schrift empfänglich sind, bleiben dementsprechend zurück.

Einen weiteren Grund für die teils doch eher großen Unterschiede zwischen den Schriftbildern sehe ich doch tatsächlich in der Persönlichkeit des jeweiligen Schreibers. Obwohl ich kein Anhänger der Graphologie bin, so denke ich, daß sie in ihrer Grundidee zu einem gewissen Maße recht hat.
Der Schreiber liest sein Geschriebenes doch ebenso mit wie der Leser und wer ist mehr Kritiker als man selbst, wenn es um die eigene Schrift geht? Eine zarte, zierliche Schrift läßt auf ein leichtes Naturell schließen, während eine zackige, harte Feder eher auf einen Pragmatiker hinweist. Eine Frau von verspieltem, zarten Gemüt würde vermutlich ihre eigene Schrift verabscheuen und zu verbessern suchen, falls diese aussähe wie ein Maschendrahtzaun. Andersrum würde ein praktisch gesinnter Mensch lieber auf den einen oder anderen Schnörkel verzichten, denn im Grunde wäre es Tinten- und Zeitverschwendung.

Das ist natürlich alles sehr pauschal gesagt und durch keinerlei Wissenschaft belegt, aber für mich scheint es einleuchtend. Außerdem wird die Schrift bestimmt von noch vielen anderen Aspekten beeinflusst, doch bis diese vollständig zusammengetragen sind, hat die Mehrheit der Menschheit schon gar keine Handschrift mehr.

Freundlichst,

D.N.
Die Mehrheit reiht Worte aneinander; die anderen schreiben wirklich.
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