Die Handschrift ist nicht alles

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Rotschreiber

Re: Die Handschrift ist nicht alles

Beitrag von Rotschreiber » 23.10.2019 11:17

„ Ich frage mich gerade, ob die Kinder in der Schule überhaupt richtig tippen lernen?„

In der Grundschule (NRW) auf keinen Fall und auch an den weiterführenden Schulen nicht. Dafür ist gar keine Zeit. Die meisten Schüler können nicht einmal ein Textverarbeitungsprogramm richtig bedienen.

SpurAufPapier
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Re: Die Handschrift ist nicht alles

Beitrag von SpurAufPapier » 23.10.2019 12:39

Rotschreiber hat geschrieben:
23.10.2019 11:17
„ Ich frage mich gerade, ob die Kinder in der Schule überhaupt richtig tippen lernen?„

In der Grundschule (NRW) auf keinen Fall und auch an den weiterführenden Schulen nicht. Dafür ist gar keine Zeit. Die meisten Schüler können nicht einmal ein Textverarbeitungsprogramm richtig bedienen.
Bei uns (Baden-Württemberg) in der Realschule und Gymnasium machen sie ab Klasse 5 bis zum Schluss regelmäßig Präsentationen mit PowerPoint (zumindest den Anfang machen sie dabei in der Schule im Unterricht und zu Hause nur fertig). Tippen oder vernünftiger Umgang mit Word/Excel wird, soweit ich weiß, nicht gelehrt.
Grüße
Vikka

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Re: Die Handschrift ist nicht alles

Beitrag von SpurAufPapier » 23.10.2019 12:47

Damian hat geschrieben:
23.10.2019 11:52
Wenn ich sehe, was diese neuartige Lehrmethode "Wir schreiben wie wir sprechen" so alles an Stilblüten hervorbringt, finde ich, es sollte grundsätzlich mehr Wert auf Orthographie denn auf Schreibgeschwindigkeit oder hohe Ästhetik der Schrift gelegt werden.
Von "Schreiben wie wir sprechen" ist man schon längst weg, oder wird es bei Euch noch unterrichtet?

Meine beiden älteren Kindern (jetzt Klasse 12 und 6) haben Schreiben mit der Vereinfachten Ausgangsschrift gelernt. Sie schreiben in Druckbuchstaben. Zum Glück wurde mittlerweile eingesehen, dass es Unfug ist. Die beiden jüngeren (Klasse 3 und 1, der Erstklässler wird jetzt an Weihnachten mit der Schreibschrift anfangen) lernen die Lateinische Ausgangsschrift. Ein Unterschied wie Tag und Nacht! So, dass sogar der ältere Bruder (6. Kl.) diese Schrift von der kleinen Schwester lernen wollte, weil er sie schöner fand. Leider hat er keine Zeit zum Üben, und schreibt nach wie vor die gewohnte Druckschrift.

Die Zeit wird zeigen, was sich im zukünftigen Alltag bewährt - die schöne, flüssige Schreibschrift oder die hässliche, aber viel besser lesbare Druckschrift.

Wenn jemand möchte, kann ich Fotos einstellen.
Grüße
Vikka

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Re: Die Handschrift ist nicht alles

Beitrag von chw9999 » 23.10.2019 13:00

Als Außenstehender mag man über diese Ergebnisse der sog. "Lernmethode 'Schreiben wie wir sprechen'" lächeln, aber als betroffenes Elternteil kann ich Dir sagen, dass ich die Fehler so schnell gar nicht im Kopf meiner Kleinen (3. Klasse) nachhaltig korrigieren kann, wie diese neue erfindet - sie schreibt ja gerne, sogar mit Füller, aber leider fast alles falsch :( Letztlich leiden alle Beteiligten so oder so, früher und/oder später darunter. Wir korrigieren, sie ist gefrustet. Endlos! Dazu gibt es hier ja auch den einen oder anderen Faden, der das Thema schon aufgegriffen hat.

Die Problematik wird dabei m.E. schon gleich zu Beginn psychologisch tief verdrahtet: Es gibt ja schließlich aus ihrer Sicht keine Erfahrungswerte hinsichtlich falsch oder richtig, denn es war ja alles Selbstgeschriebene bisher "nicht falsch" *). Hinweise von übergeordneter Stelle kommen ja nur von den Eltern, nicht wirklich von den Lehrern oder einer "Wahrheit" namens Fibel. Die Lehrer dürfen ja offensichtlich oft wohl auch gar nicht so, wie sie manchmal wollen!

Und hier müsste ich nun des Teufels Advokat sein, wenn ich darauf hinweisen würde, dass Schreibanfängern mit der Korrekturhilfe (i.S.v. Fehler werden rot unterstrichen, nicht automatisch ersetzt!) einer Textverarbeitung via Tastatur vielleicht sogar mehr geholfen wäre, als per Schönschreibschrift durch Hand-Auge-Hirn-Verdrahtung sich manifestierende Fehler in permanent papiergebundenen Texten.

Jetzt muss ich mir erst mal wieder einen Beruhigungstee kochen. Leidiges Thema! ;)

Viele Grüße
Christoph
*) Wer sich z.B. mit Datenbanken ein wenig auskennt, der weiß, dass es neben den Allgemeinbegriffen RICHTIG und FALSCH eben auch eine dritte Ausprägung "nicht vorhanden" geben kann. So fühlt sich das wohl auch bei den Texten meiner Kleinen an :?

Thom

Re: Die Handschrift ist nicht alles

Beitrag von Thom » 23.10.2019 13:06

SpurAufPapier hat geschrieben:
23.10.2019 12:47
Die Zeit wird zeigen, was sich im zukünftigen Alltag bewährt - die schöne, flüssige Schreibschrift oder die hässliche, aber viel besser lesbare Druckschrift.
Es wird wohl egal sein. Wenn Tenryu das nächste Romanmanuskript schreibt, wird das Niemand-aber-auch-Garkeiner jemals in Handschrift annehmen, das muss er schon irgendwie in den Rechner oder zumindest die Schreibmaschine kriegen.

V.G.
Thomas

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Re: Die Handschrift ist nicht alles

Beitrag von whitewater » 23.10.2019 13:20

Thom hat geschrieben:
22.10.2019 11:32
Danke, Nils!

"Da das Tippen grundsätzlich schneller gehe, sei es dabei nicht so sehr notwendig, Informationen stark zu abstrahieren."
Das ist z.B. wieder so ein Satz, bei dem ich nicht die Bohne Ahnung habe, was damit gemeint ist.

V.G.
Thomas
Ich glaube, der Autor auch nicht. Vor allem der Begriff des "abstrahierens von Informationen" schein zu abstrakt für eine vernünftige Verwendung gewesen zu sein. Aber es klingt halt klasse.

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Re: Die Handschrift ist nicht alles

Beitrag von SpurAufPapier » 23.10.2019 13:27

Thom hat geschrieben:
23.10.2019 13:06
SpurAufPapier hat geschrieben:
23.10.2019 12:47
Die Zeit wird zeigen, was sich im zukünftigen Alltag bewährt - die schöne, flüssige Schreibschrift oder die hässliche, aber viel besser lesbare Druckschrift.
Es wird wohl egal sein. Wenn Tenryu das nächste Romanmanuskript schreibt, wird das Niemand-aber-auch-Garkeiner jemals in Handschrift annehmen, das muss er schon irgendwie in den Rechner oder zumindest die Schreibmaschine kriegen.

V.G.
Thomas
Das ist bestimmt richtig, aber wie viele Autoren schreiben heutzutage noch dicke Manuskripte von Hand? Selbst vor Einführung von Textverarbeitungsprogrammen haben viele eine Schreibmaschine verwendet.
Grüße
Vikka

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Re: Die Handschrift ist nicht alles

Beitrag von SpurAufPapier » 23.10.2019 13:32

chw9999 hat geschrieben:
23.10.2019 13:00
Als Außenstehender mag man über diese Ergebnisse der sog. "Lernmethode 'Schreiben wie wir sprechen'" lächeln, aber als betroffenes Elternteil kann ich Dir sagen, dass ich die Fehler so schnell gar nicht im Kopf meiner Kleinen (3. Klasse) nachhaltig korrigieren kann, wie diese neue erfindet
Ich weiß, was Du meinst, bei meiner Großen (Einschulung 2008) wurde so unterrichtet. Ich habe dagegengesteuert, wo ich nur konnte. Beim nächsten (Einschulung 2014) wurde die Methode nicht mehr angewandt (während die unsägliche Vereinfachte Ausgangsschrift noch länger in der Schule verweilte).
Grüße
Vikka

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Thom

Re: Die Handschrift ist nicht alles

Beitrag von Thom » 23.10.2019 13:35

SpurAufPapier hat geschrieben:
23.10.2019 13:27
Das ist bestimmt richtig, aber wie viele Autoren schreiben heutzutage noch dicke Manuskripte von Hand? Selbst vor Einführung von Textverarbeitungsprogrammen haben viele eine Schreibmaschine verwendet.
Man muss halt mit der Zeit gehen. Ich bin gerade, wegen defektem Scrollrades, testweise von Maus auf Touchpad umgestiegen,
ist auch etwas fummelig. :)

V.G.
Thomas

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Re: Die Handschrift ist nicht alles

Beitrag von Tenryu » 23.10.2019 14:52

Ich schreibe nur die erste Fassung von Hand. Da kann ich mich auf den Text konzentrieren und werde nicht ständig von den Tippfehlern abgelenkt (denn ich habe leider auch nie richtig tippen gelernt, und wie man sagt, bringt man einem alten Hund... äh... Katze keine neuen Tricks mehr bei).

Thom

Re: Die Handschrift ist nicht alles

Beitrag von Thom » 23.10.2019 17:15

Die alten Schreibmaschinen-Gesellen kriegen das schon an der Tastatur, ich kann's aber auch nicht.
Katalin macht auch sowas Ähnliches.

V.G.
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Re: Die Handschrift ist nicht alles

Beitrag von SpurAufPapier » 23.10.2019 18:11

Tenryu hat geschrieben:
23.10.2019 14:52
Ich schreibe nur die erste Fassung von Hand. Da kann ich mich auf den Text konzentrieren und werde nicht ständig von den Tippfehlern abgelenkt (denn ich habe leider auch nie richtig tippen gelernt, und wie man sagt, bringt man einem alten Hund... äh... Katze keine neuen Tricks mehr bei).
Ich würde es genauso machen, weil einem ja oft Ideen kommen, wenn kein Computer/Schreibmaschine parat ist, aber es gibt eben auch Schriftsteller/Schreiber, die gleich tippen.
viewtopic.php?f=11&t=22724&start=30
(Auf dem Rechner könnte man Tippfehler vernachlässigen, bis der Gedankengang abgeschlossen ist, und dann korrigieren.)

Ich glaube trotzdem fest daran, dass die Handschrift, in welcher Form auch immer, uns noch lange erhalten bleibt.


Edit: korrigiert
Grüße
Vikka

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Re: Die Handschrift ist nicht alles

Beitrag von chw9999 » 23.10.2019 20:51

Ah, handgeschrieben? Manusripte? Nein, Bücher!

Folgendes hatten meine Tochter und ich letztes Jahr zusammen gelesen. Natürlich in unsäglichem Altdeutsch, will sagen, vor der Reformierten Rechtschreibung. Sie muß/ss ja jetzt total verwirrt sein... ;)
http://www.jurmo.de/PM6500/vkdssv1.JPG

Man lese und staune: "Vom Kätzchen, das seinen Schatten verlor"
Bild

Bild

Und weil mich die Nostalgie packte, und ich damit auch versuchte, meine Tochter zu traktieren (jedoch weder erfolgreich noch mit rechtem Ernst), noch ein Einband meiner Fibel, mit der ich gelernt habe:
    Bild
      Drucklegung '73 (letztes Jahrtausend!) Erkennt vielleicht der eine oder andere noch :)


      Viele Grüße
      Christoph

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      Re: Die Handschrift ist nicht alles

      Beitrag von SpurAufPapier » 23.10.2019 22:07

      So eines haben wir auch, von Hui Bu, dem Schlossgespenst. Schön anzusehen, schrecklich zu lesen (meine Tochter mag es trotzdem).
      Die alte und neue Rechtschreibung können die Kinder ab einer höheren Klassenstufe (vielleicht nicht gleich der 1.) bestimmt unterscheiden.
      Grüße
      Vikka

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      Thom

      Re: Die Handschrift ist nicht alles

      Beitrag von Thom » 23.10.2019 23:14

      Es stünde ja auch nichts im Weg, wenn ""Prometheus" dran ist, zu sagen, guckt mal her, so hat der Goethe damals geschrieben.
      Was soll denn passieren, die Kultusminister können doch auch keine Kurrent von Sütterlin unterscheiden?

      Bild
      V.G.
      Thomas

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