Aus Spaß an der Freud' - Graphologie eine Wissenschaft?

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Saarländerin
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Aus Spaß an der Freud' - Graphologie eine Wissenschaft?

Beitrag von Saarländerin »

Vor einiger Zeit wurde hier schon darüber geschrieben.
Trotzdestonix: Das Thema beschäftigt mich - aber ich weiss immer noch nicht, was ich davon halten soll. Wiki schreibt hier davon, dass es es bisher erst in einigen empirischen Studien und nur in wenigen Aspekten gelungen sei, valide Zusammenhänge zwischen Handschrift und Persönlichkeit nachzuweisen.

Wie stehen die Penexchange-Miglieder hier und heute dazu?
Werden noch vereinzelt Schriftproben bei Bewerbungen verlangt?
An die Lehrer und Lehrerinnen hier: Ist völlig auszuschließen, dass eine fehlerbehaftete, aber in ordentlicher und ansprechender Handschrift erstellte Klausur einen Tick besser bewertet wird als eine inhaltlich ebenso üble Arbeit mit "Sauklaue"?
Schließen wir alle nicht oft allein von der Schrift eines uns ansonsten völlig unbekannten Menschen auf seinen Charakter, ohne dass wir uns dessen bewusst sind?

Heute habe ich aus meinem Bücherfundus ein Werk "Graphologie für Einsteiger" von Alfons Lüke ausgegraben. Es liest sich irgendwie überzeugend.

Im Netz habe ich klick einen amüsanten Schnelltest (20 Fragen bzgl. der eigenen Handschrift sind zu beantworten) gefunden.
Mein Ergebnis:

Die Deutung der Handschrift brachte folgendes Ergebnis:
Der Schreiber ist selbstbewusst und bereit, seine Stärken auch anderen zu zeigen.
Er ist locker und großzügig.
Der Schreiber ist eher nachdenklich und vorsichtig.
Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit gehören deshalb zu seinen Stärken.
Er ist sinnlich, warmherzig, gemütlich und phantasievoll.
Im Großen und Ganzen wirkt er gelassen bis uninteressiert,
wenn er aber von einer Sache überzeugt ist, überrascht er
seine Umwelt durch sein überschwängliches und begeisterungsfähiges Auftreten.
Der Schreiber ist überdurchschnittlich intelligent.
Nüchtern und zweckmäßig bewältigt er seine Aufgaben.
Der Schreiber ist eigensinnig, geradlinig, konsequent und widerstandsfähig. Die eigene Meinung wird durchgesetzt, er ist durch andere nur schwer zu beeinflussen.
Er ist künstlerisch-handwerklich begabt - oder zumindest interessiert.
Der Schreiber ist sehr stark um Gerechtigkeit bemüht.
Er versucht stets, sich für andere einzusetzen.
Der Schreiber wirkt oft etwas nervös und wenig entspannt.
Er ist dickköpfig und neigt schon mal zu trotzigen Reaktionen.
Der Schreiber ist insofern bescheiden und wenig aufdringlich,
als dass er es nicht nötig hat, die Umwelt bei jeder Gelegenheit
auf die eigenen Stärken aufmerksam zu machen.


Vielleicht mag mal jemand hier mit Lust und Laune auch den Test machen und das Ergebnis posten?
Ich habe nämlich den Eindruck, ich kann anklicken was ich will, es kommt immer das gleiche Ergebnis dabei raus 8)

Belustigte frühmorgendliche Grüsse von der Saarländerin

PS: Elf Schriftproben berühmter Personen sind hier zu bewundern.

edit: Sollte dieser Beitrag besser in "Schriften und Kalligraphie" passen - liebe Moderatoren, dann bitte verschieben.
Bene
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Beitrag von Bene »

Hallo!
Ich bin neu in diesem Forum, habe allerdings im Laufe der letzten Wochen einiges darin gelesen und dann erst entschlossen, mich anzumelden. Den Virus hab ich seit ca. eineinhalb Jahren aber richtig schlimm hats mich erst im Dezember letzten Jahres erwischt.
Wohne in Wien, heiße Bernhard.
Genug jetzt von mir.
Ich hoffe, niemandem mit den folgenden Aussagen auf den Schlips zu treten, doch laut Teut Wallner ist die Graphologie heutzutage wissenschaftlich nicht mehr vertretbar da Graphologen für ihr Selbstverständnis weder Zuverlässigkeits- noch Gültigkeitsnachweise benötigen, ihre Methode für sie einfach evident ist. Laut Wallner berufen sich viele der Graphologen auf Ludwig Klages und für einige davon ist Handschriftendiagnostik "gar eine Kunst, die "Kennerschaft" voraussetzt und schon deshalb keines Beweises bedarf". Wallner unterscheidet aber zwischen Graphologie und Schriftpsychologie, wobei die Schriftpsychologie keine eigene Wissenschaft sondern Teil der Psychologie ist und sehr wohl als Wissenschaft angesehen werden kann (für jemanden der Psychologie nicht als Wissenschaft betrachtet wohl eher nicht). Für die Schriftpsychologie gelten sehr strenge Richtlinien (zwei unabhängige Beurteiler, eindeutig nicht verstellte Schrift etc) da mit ihr soweit ich weiß auch Beurteilungen gemacht werden die für den Beurteilten schwere Folgen haben können. Dennoch beruft sie sich auf empirische Daten und Statistiken, "mathematische" oder von den Naturgesetzten ableitbare Verfahren, also "unumstößliche" Parameter kennt sie nicht. (mal abgesehen von dem Umstand daß auch die uns so vertrauten Naturgesetzte und die Mathematik nur in bestimmten Grenzen anwendbar sind.)(Buch: Teut Wallner, Lehrbuch der Schriftpsychologie)
Hoffe, keinen Anfängerfehler begangen und keine Urheberrechte verletzt zu haben. Übrigens hab ich beruflich nichts mit der Schriftpsychologie zu tun, rein privates Interesse und das auch nur sporadisch- hab das Buch seit langem nicht zur Hand genommen.
Und: für den privaten Gebrauch ist die Grahologie sicher sehr interessant, den o.g. Schnelltest hab ich ebenfalls durchgeführt und muss sagen das der in einigen Punkten wenn nicht allen doch irgendwie zutrifft (das gleiche könnt ich aber mit ein paar Abstrichen von einem Horoskop behaupten).
So. Erstesmal gepostet (?)... :shock: ...freut mich das ich hier sein darf!
LG Bernhard
Buggs
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Beitrag von Buggs »

Mein Ergebnis.
==================================================
Die Deutung der Handschrift brachte folgendes Ergebnis:

Der Schreiber ist selbstbewusst und bereit,
seine Stärken auch anderen zu zeigen.
Er ist locker und großzügig.

Der Schreiber ist ein impulsiver, unsteter, vielseitiger und unkonventioneller Typ.
Es fällt ihm nicht leicht, sich anzupassen.

Der Schreiber ist ein Gewohnheitsmensch.
Er ist mit einer praktischen Intelligenz ausgestattet,
die ihm erlaubt, rationell zu arbeiten,
und zwar im Privat- wie auch im Berufsleben.
Für ihn ist verbindliches Auftreten und Arbeiten selbstverständlich.

Er ist lebhaft und kontaktfreudig.
Mit viel Verständnis für die Belange anderer.

Der Schreiber legt Wert auf eine Grunddistanz zu seinen Mitmenschen.
Auch gute Kollegen müssen nicht alles wissen.

Er arbeitet sehr genau und zeichnet sich durch rationales, analytisches Denken aus.

Der Schreiber ist sehr stark um Gerechtigkeit bemüht.
Er versucht stets, sich für andere einzusetzen.

Der Schreiber ist insofern bescheiden und wenig aufdringlich,
als dass er es nicht nötig hat, die Umwelt bei jeder Gelegenheit
auf die eigenen Stärken aufmerksam zu machen.
==================================================

Manches meint man von sich selber auch, manches sieht man anders.
Aber die Trefferquote ist höher als all die vielen Horoskope und Sternzeichencharakterisierungen.

Aber vielleicht sollte man den Automaten beibringen widersprüchliche Aussagen zu vermeiden. Gewollt sind sie wohl nicht.

1.
Der Schreiber ist ... bereit, seine Stärken auch anderen zu zeigen.

2.
Der Schreiber ist insofern bescheiden und wenig aufdringlich, als dass er es nicht nötig hat, die Umwelt bei jeder Gelegenheit
auf die eigenen Stärken aufmerksam zu machen.

---
P. S.
Die Auswertung ist schon älter, sonst hätte ich die Schriftprobe noch um sie gleich als Scan beizufügen.
Hier wäre ja die Handschrift wirklich interessant, da alle den gleichen Text auswerten lassen.
Zuletzt geändert von Buggs am 08.03.2009 12:09, insgesamt 1-mal geändert.
Der Stift ist stärker als das Schwert. (NL)
Rene
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Beitrag von Rene »

Na, dann werde ich mich auch mal "outen" :)


Die Deutung der Handschrift brachte folgendes Ergebnis:

Füllerfan ist selbstbewusst und bereit,
seine Stärken auch anderen zu zeigen.
Er ist locker und großzügig.

Ihm ist sehr wichtig, nach außen etwas darzustellen.

Füllerfan ist ein Gewohnheitsmensch.
Er ist mit einer praktischen Intelligenz ausgestattet,
die ihm erlaubt, rationell zu arbeiten,
und zwar im Privat- wie auch im Berufsleben.
Für ihn ist verbindliches Auftreten und Arbeiten selbstverständlich.

Er ist lebhaft und kontaktfreudig.
Mit viel Verständnis für die Belange anderer.

Füllerfan ist ein sehr gefühlsbestimmter Mensch.
Oft werden Entscheidungen gefühlsmäßig gefällt, obwohl bei
rein rationeller Überlegung eine andere Entscheidung die richtige wäre.

Füllerfan ist anderen Menschen gegenüber immer offen und aufgeschlossen.
Der Umgang mit Menschen macht ihm Spaß,
der ideale Arbeitsplatz ist da, wo er mit anderen Menschen zu tun hat.

Füllerfan ist sehr stark um Gerechtigkeit bemüht.
Er versucht stets, sich für andere einzusetzen.


Diese Deutung wurde auf den Seiten von www.graphologies.de erstellt.


Naja, sooo schlecht komme ich ja auch nicht weg. Ist aber super interessant diese Seite, ob wissenschaftlich fundiert oder nicht ...
:roll:

Viele Grüße!!
René
drmabuse
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Beitrag von drmabuse »

An die Lehrer und Lehrerinnen hier: Ist völlig auszuschließen, dass eine fehlerbehaftete, aber in ordentlicher und ansprechender Handschrift erstellte Klausur einen Tick besser bewertet wird als eine inhaltlich ebenso üble Arbeit mit "Sauklaue"?
Hallo zusammen,

eine kleine Anektode aus meinem Schulleben hierzu:

Ich hatte im Chemie Leistunkskurs in einer Klausur einen Punkt abgezogen bekommen, weill ich damals -bedingt durch den hohen Zeitdruck- ziemlich viel geschmiert (durchgestrichen, überschrieben, wieder durchgestrichen, wieder überschrieben, etc.) hatte. Damaliges Zitat von der Tutorin -Gott habe Sie selig-: "Die Entzifferung dieser Arbeit ist eine Zumutung für jeden Korrektor und eines Primus nicht würdig"

Werde ich nie vergessen, weil es diesbezüglich im Anschluss einen heissen Disput gegeben hat. Aus heutige Sicht, kann ich darüber nur schmunzeln.
Ciao!
Vassilios
absia
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Re: Aus Spaß an der Freud' - Graphologie eine Wissenschaft?

Beitrag von absia »

Saarländerin hat geschrieben: An die Lehrer und Lehrerinnen hier: Ist völlig auszuschließen, dass eine fehlerbehaftete, aber in ordentlicher und ansprechender Handschrift erstellte Klausur einen Tick besser bewertet wird als eine inhaltlich ebenso üble Arbeit mit "Sauklaue"?
Zur Klärung:

Laut bayerischer GSO (= gymnasialer Schulordnung, § 58 ) "kann [in allen Fächern! "muss" im Fach Deutsch laut fachspezifischer Korrekturrichtlinien; Anm. d. Verf.] bei der Bewertung einer schriftlichen Arbeit die äußere Form [dazu gehören: Sauberkeit und Vollständigkeit der Arbeit, Übersichtlichkeit des Geschriebenen sowie dessen eindeutige Lesbarkeit; Anm. d. Verf.] mit berücksichtigt werden". Ob und inwieweit dieser Paragraph bei der Bewertung durchschlägt, entscheidet der Korrigierende (auch im Abitur!). Wenn von diesem Recht Gebrauch gemacht wird, muss das allerdings in einer entsprechenden Korrekturanmerkung ausdrücklich erwähnt werden. Entscheidend für die Lesbarkeit einer Arbeit und damit für die graphematische Eindeutigkeit des Geschriebenen ist nicht die "Schönheit" oder Aesthetik der Schrift und/oder Art des verwendeten Schreibgeräts, sondern allein die eindeutige Unterscheidbarkeit der Buchstaben, wobei der Schreibende sich dabei keiner bestimmten oder einheitlichen Schriftart bedienen muss. Anders - und klarer - ausgedrückt: Was der Korrigierende nicht lesen, d. h. entziffern, besser: ent(buch)stabeln, und auch aus dem Kontext heraus nicht erschließen kann, kann er als inhaltlich falsch werten. Diesen Ermessensspielraum hat er.

Es ist unheimlich schwer, diesen Sachverhalt einem davon betroffenen Schreiber begreiflich zu machen. Aber ein Korrektor kann im Prüfgruppenvergleich nur das fair und gruppengerecht bewerten, was er bei allen gleichermaßen lesen, resp. verstehen, kann, und ist darüber hinaus auch nur ein Mensch, der dasselbe Recht wie jeder andere hat, nämlich dass man mit seiner Lebens-, sprich Korrekturzeit, nicht unnötig Schindluder treibt bei allem Anspruch auf individuelle Entfaltung der Persönlichkeit auf Seiten des Schreibers bzw. der Schreiberin. Sich darüber zu mokieren und Korrektoren als kleinkariert und grundsätzlich beschränkt zu brandmarken, wenn sie von ihrem Recht Gebrauch machen, auf eine gewisse grundsätzlich für alle verbindliche formale Gestaltung der Prüfungsarbeit zu bestehen, fällt auf den Kritiker selbst zurück. Es gibt nämlich in jedem Beruf oder Lebensfeld Prüfungen, die teilweise viel härteren normativen Bedingungen unterliegen, als vergleichsweise einfache Tests und Schulaufgaben in Schulen. Wie soll denn der Nachwuchs sonst daran gewöhnt werden, im künftigen (Berufs-)Leben gewisse Regeln und Umgangsformen einzuhalten, wenn nicht so? Die für einen Schüler in seiner Schule heute verbindlichen Gesetzmäßigkeiten sind durchaus vergleichbar mit denen, die er Jahre später z. B. als ausgebildeter Chirurg in Form von OP-Vorschriften etc. zu beachten hat. Will sagen: Die Selbstverständlichkeit mit der jemand Regeln zu akzeptieren und einzuhalten gelernt hat. ist für sein Umfeld und seine Umwelt ein wichtiger Gradmesser für seine Verlässlichkeit und für seine Vertrauenwürdigkeit (auch wenn diese Werte gegenwärtig als furchtbar altmodisch und verstaubt gelten mögen).

Dass in diesen Regularien immer wieder faule Eier versteckt sind, deren Sinn sich einem einfach nicht erschließen will, weil sie zum Himmel stinken, gehört - leider - dazu. Wer von uns hat dabei nicht schon seine Kröte geschluckt, an der er/sie heute noch würgt? Ich glaube aber, dass es keine Kröte ist, wenn man darauf dringt, dass Dokumente - und dazu gehören Prüfungsarbeiten - einer gewissen Form zu unterliegen haben, die ihre Vergleichbarkeit und damit Prüfungsfairness gewährleistet.

Die Schrift gehört dazu. Sie muss nicht schön sein, aber lesbar! Insofern ist die Vermutung unserer Saarländerin ganz realistisch, sowohl sachlich wie auch rein menschlich betrachtet.

Grüßle
Peter
Zuletzt geändert von absia am 03.04.2009 20:19, insgesamt 1-mal geändert.
"Du bist, wie du schreibst!" (Alfons Lüke)
drmabuse
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Beitrag von drmabuse »

Hallo Peter,

stimme Dir vollkommen zu. Das was ich damals der Tutorin zugemutet hatte, war schon ein hartes Stück. Ich hätte heute genauso gehandelt.
Ciao!
Vassilios
Saarländerin
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Beitrag von Saarländerin »

Die Diskussion wird interessant :D
Ich bin keine Lehrerin, kann mir aber sehr gut vorstellen, die Arbeit eines Schülers, der wenig oder nichts gelernt/begriffen, sich beim Schreiben aber offensichtlich Mühe gegeben hat, einen Tick besser zu bewerten als Sinnbefreites, das via Sauklaue zu Papier gebracht wurde.
Die Bereitschaft und Fähigkeit, unterschiedlichste Handschriften lesen zu können, wird wohl nur noch Lehrern abverlangt, denn wann begegnet Nichtlehrern im (beruflichen) Alltag noch Handgeschriebenes außer dem, was man selbst schreibt (und dann auch problemlos lesen kann). Selbst richtig alte Leute in meinem Umfeld greifen wesentlich lieber zum Telefon als einen Brief zu schreiben. Das kann aber auch deshalb sein, weil die gute alte Post in D sehr oft mehrere km entfernt ist :cry: In dem Vorort, in dem ich lebe, wurden sogar Briefkästen von der Post entfernt und (alte) Leute, die nicht (mehr) mobil sind, müssen die Nachbarschaft bitten, einen Brief einzuwerfen...
Zurück zum Thema: als ich mich nach dem Studium um eine Stelle beworben habe, war der handgeschriebene Lebenslauf noch mehr oder weniger Standard. Was wollten die "Entscheider" aus meiner Handschrift erkennen? Die Fähigkeit, Lesen und Schreiben zu können, sollte doch ausreichend dokumentiert sein durch die Deutschnote im Abizeugnis. Wollten sie aus der Handschrift ersehen, ob ich sorgfältig und ordentlich bin? Nun, wohl jede/r hat sich beim handschriftlichen Lebenslauf ganz besonders Mühe gegeben. Oder sollten andere Charaktereigenschaften eruiert werden? Wie in der von mir im Eingangsbeitrag geposteten Wertung, die in meinen Augen einander heftig widersprechende, eigentlich sich gegenseitig ausschließende Charakterzüge aufzeigt?
Heute wird ein handgeschriebener Lebenslauf meines Wissens nicht mehr verlangt, von Bewerbern teilweise als ungerechtfertigte Reduzierung ihrer "Genialität" auf unbedeutende Äußerlichkeiten angesehen :smartass: Absagen auf der Grundlage graphologischer Auswertungen sind mit Sicherheit auch juristisch angreifbar - weil die Graphologie keine wissenschaftlichen Grundlagen hat? Hierzu ein Dankeschön an Bene für seine Ausführungen weiter oben. Dennoch:
In mir selbst steckt durchaus eine Neigung, Menschen teilweise auch nach ihrer Handschrift zu beurteilen. Als ich erstmals die Handschrift des derzeitigen Papstes sah (weiter oben verlinkt), war ich entsetzt, wie sehr mein Bild von einer - wie ihm nachgesagt wird - hochintellektuellen Führungspersönlichkeit kollidiert ist mit seiner winzigen, engen Handschrift.
Vielleicht haben die Forumsmitglieder ähnliche Erfahrungen auch schon gemacht? Wie geht man damit um?
Grüsse von der Saarländerin
Thomas Baier
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Beitrag von Thomas Baier »

Hallo allerseits,
das ist "off-topic", aber schließt sich an die Vorredner unmittelbar an:

Ich glaube, daß in den Grundschulen und den ersten Jahren der weiterführenden Schulen dringend umgedacht werden muß.

Es ist absolut erforderlich, eine anständige Handschrift zu lehren und zu lernen. Dazu gehört "Schönschreiben" udgl., wie in alten Zeiten.

In den 70ern haben wir uns gefreut und als Kompliment gesehen, wenn einer sagte: "Deine Schrift kann ja keiner lesen".

Mit Peter haben wir ja einen engagierten Lehrer in unseren Reihen und er weiß da sicherlich ein Lied von den Handschriften zu singen.

Ich denke, Bildung, Ausbildung, Wissen, soziale Kompetenz, all das gehört zusammen: Umgekehrt gehört das Beherrschen des 10-Finger-Systems genauso zur Ausbildung wie eine anständige Handschrift.

Dazu gehört unbedingt ein Füller dazu. Nur er kann einerseits das Schreiben lesbar machen oder halten und ein guter Füllhalter wird zu einem persönlichen Werkzeug, das man nicht mehr missen möchte. Zudem ist er in de Folgekosten (man denke an die teuren Gelschreiber) sehr preiswert.

Meine Folgerung: Die Hersteller müssen attraktive Modelle anbieten als Folgefüller z. B. eines Pelikano oder abc (da könnte man sich sicherlich auch was anderes als den Safari vorstellen).

Viele Grüße
Euer Thomas
Barbara HH
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Registriert: 12.03.2009 2:06

Re: Aus Spaß an der Freud' - Graphologie eine Wissenschaft?

Beitrag von Barbara HH »

Saarländerin hat geschrieben: An die Lehrer und Lehrerinnen hier: Ist völlig auszuschließen, dass eine fehlerbehaftete, aber in ordentlicher und ansprechender Handschrift erstellte Klausur einen Tick besser bewertet wird als eine inhaltlich ebenso üble Arbeit mit "Sauklaue"?
Hallo,

bin über den Link im Handschriften-Faden hier gelandet. Dazu fällt mir ein "Schwank" aus meiner Schulzeit ein. Einmal, als wir unsere Deutschklausuren zurückbekamen, konnte einer meiner Mitschüler nicht entziffern, was ihm unser Deutschlehrer an den Rand geschrieben hatte. Er fragte den Lehrer, der dann - mit knallrotem Kopf - vorlas "das heßt deutlicher Schreiben" ;)
Saarländerin hat geschrieben: Schließen wir alle nicht oft allein von der Schrift eines uns ansonsten völlig unbekannten Menschen auf seinen Charakter, ohne dass wir uns dessen bewusst sind?
Ja, doch, irgendwie schon... auch wenn ich nicht an Graphologie als Wissenschaft "glaube", und auch, wenn ich dies hier nicht weiter ausführen oder begründen kann... aber aus Erfahrung würde ich schon sagen, dass Menschen mit einer halbwegs gleichmäßigen und harmonischen Handschrift auch eher einen ausgeglichenen Charakter haben. Wogegen ich schon manchmal Menschen mit ziemlich üblen, fast schon antisozialen Verhaltensweisen begegnet bin, die eine komplett kaputte und "gestörte" Handschrift hatten, bei der ich wirklich das Gefühl hatte "das passt zusammen". (Wobei ich aber niemanden hier aus dem Forum meine, nicht dass sich jetzt jemand aus dem Handschriften-Thread hier angesprochen fühlt - ich finde eure Handschriften wirklich alle sehr harmonisch. Ich spreche hier wirklich gerade vom Extrem.)

Aber Graphologie als strikte Wissenschaft, nach dem Motto "x macht den Strich vom T sehr lang, das deutet darauf hin, dass er im Leben noch viel vorhat" - nein, also, ich finde, das bewegt sich auf Jahrmarktsniveau.

Viele Grüße,
Barbara
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Re: Aus Spaß an der Freud' - Graphologie eine Wissenschaft?

Beitrag von fountainpen.de »

Hallo zusammen,

enschuldigt bitte, falls ich mit dem folgenden Beitrag jemandem "auf die Füße trete". Hier geht es nicht nicht um Kritik an Personen ... sondern an Graphologie als solche.

... sind wir mal ganz ehrlich, Graphologie ist so "wissenschaftlich" wie Astrologie, Schädeldeutung, Namenspsychologie und sonstiger Hokuspokus. Nämlich gar nicht, es ist ein reiner Aberglaube ... aber wie so häufig glauben Menschen gern daran, es sich einfach machen zu können. Graphologie ist Quatsch.

Ach ja, hier mal ein aktueller und sehr spaßiger Überblick über sonstigen Aberglauben, der bei der Personalauswahl wohl selbst heute noch von manchen (zum Glück sehr wenigen) Unternehmen praktiziert wird:
http://www.spiegel.de/unispiegel/jobund ... 67,00.html

Viele Grüße
Michael

PS: Um es noch mal zu sagen: Die Handschrift hat nichts mit dem Charakter, der Leistungsfähigkeit eines Menschen oder sonst etwas zu tun! Es mag da manchmal (z.B. durch Zufall bei Einzelfällen) so scheinen, als ob es Korrelationen gäbe ... es gibt aber keine Kausalitäten!
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Saarländerin
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Re: Aus Spaß an der Freud' - Graphologie eine Wissenschaft?

Beitrag von Saarländerin »

fountainpen.de hat geschrieben:...Um es noch mal zu sagen: Die Handschrift hat nichts mit dem Charakter, der Leistungsfähigkeit eines Menschen oder sonst etwas zu tun! Es mag da manchmal (z.B. durch Zufall bei Einzelfällen) so scheinen, als ob es Korrelationen gäbe ... es gibt aber keine Kausalitäten!
Uneingeschränkte Zustimmung.
Aber irgendwo hab ich vor kurzem noch gelesen, dass neuerdings die Personaler von größeren Unternehmen in Bewerbungen wieder Handschriftproben einfordern. Wenn man bei Freund google "handgeschriebener Lebenslauf" eingibt, erscheinen zigtausend Einträge allein seit 2010. Der Rückschluss von einem sauber und ordentlich geschriebenem CV ebenso wie von der Kleidung, dem Benehmen, geputzten Schuhen, dem Billigkuli oder dem Edel-FH im Brusttäschlein 8) auf einen äußerlich und charakterlich "sauberen und ordentlichen" Menschen scheint nicht nur unausrottbar zu sein, sondern durchaus wieder "en vogue"?

Am Thema dranbleibende Grüße von Roswitha
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Re: Aus Spaß an der Freud' - Graphologie eine Wissenschaft?

Beitrag von fountainpen.de »

Hallo Roswitha,

ich würde mich dann doch lieber an die Empfehlung in dem Artikel halten: man sollte sich lieber nicht bei Personalern bewerben, die an Graphologie glauben...

Viele Grüße
Michael
Astoria, Nakaya, Pelikan und Montblanc Sammler
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Makenshi
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Re: Aus Spaß an der Freud' - Graphologie eine Wissenschaft?

Beitrag von Makenshi »

Hallo zusammen,

es ist immer wieder erschreckend, wie viele Leute - auch in Führungspositionen an sowas glauben und wieviel Geld damit verdient wird.
Hier ein vielleicht interessanter Link zu einem Video von so einer Schulung (auf Englisch):
http://www.youtube.com/watch?v=5yUm9n5C9ts

Gruß,
Tristan
“Human beings, who are almost unique in having the ability to learn from the experience of others, are also remarkable for their apparent disinclination to do so.”
― Douglas Adams, Last Chance to See
Saarländerin
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Re:

Beitrag von Saarländerin »

Wahrscheinlich steht schon viel oder sogar alles von dem, was ich hier und heute schreibe, in diesem Faden - bitte verzeiht mir, wenn ich eine Art Zusammenfassung versuche, denn inzwischen habe ich vernommen, dass auch das Unternehmen, in dem ich lange gearbeitet habe (gehört zu einem Konzern in den USA), seit etwa einem Jahr von Stellenbewerbern einen handschriftlichen Lebenslauf anfordert. Irgendwie scheint die Handschriftprobe auch ohne Auswertung nach den Regeln der Graphologie "trendy" zu werden?
Meiner unmaßgeblichen Meinung nach (neudeutsch: IMHO) wird von den "Entscheidern" in Sachen Bewerbungen kaum jemand sich intensiv mit den "Erkenntnissen" der Graphologie befasst haben, sondern die Schriftprobe schlicht und einfach als zusätzliches Kriterium bei ansonsten mehr oder weniger identischem Ausbildungs- und Werdegang der Bewerber heranziehen.
Etwa facebook-like: gefällt mir :D (oder gefällt mir nicht).
Ganz sicher wird niemals eine Bewerbung mit einer graphologischen Begründung abgelehnt werden, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass auch ohne die geringsten graphologischen "Kenntnisse" nur wenige Menschen wirklich frei davon sind, sich eine Vorstellung von dem Menschen zu machen, der hinter der Handschrift/dem Bewerbungsfoto...steckt.
Diesbezüglich zitiere ich mich mal selbst aus einem älteren Beitrag in diesem Thread:
Saarländerin hat geschrieben:...In mir selbst steckt durchaus eine Neigung, Menschen teilweise auch nach ihrer Handschrift zu beurteilen. Als ich erstmals die Handschrift des derzeitigen Papstes sah (weiter oben verlinkt), war ich entsetzt, wie sehr mein Bild von einer - wie ihm nachgesagt wird - hochintellektuellen Führungspersönlichkeit kollidiert ist mit seiner winzigen, engen Handschrift.
Ich besitze auch das Buch "Dichterhandschriften - Von Martin Luther bis Sarah Kirsch" aus dem Reclam Verlag, herausgegegebn von Jochen Meyer - und bin beim Lesen immer wieder total geplättet, wie sehr mein Bild von der Persönlichkeit des jeweiligen Dichters/Schriftstellers und seine reale Handschrift voneinander abweichen. Und es gelingt mir nicht, mich endlich mal davon frei zu machen. Gelingt es nur mir nicht?
Das Bewerbungsfoto mit Photoshop aufzuhübschen ist heute eine der leichtesten Übungen, fällt aber beim Vorstellungsgespräch sofort auf. Die eigene Handschrift zu verbessern ist schon schwieriger - es sein denn, der Bewerber lässt von einem Schönschreiber sein CV anfertigen, was wohl mangels handschriftlicher Betätigungserfordernisse im Job kaum oder nie auffallen wird.
*
Wer in der glücklichen Lage ist, sich aussuchen zu können, wo er sich bewirbt, kann natürlich achselzuckend darüber hinweggehen...
*
@Tristan: Dankeschön für den interessanten Link :D

Mit schnöder Tastatur erzeugte Grüße von Roswitha
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