Eine kultivierte Handschrift?!

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Wie gut ist Ihre Handschrift, und wie zufrieden sind Sie damit?

Ich finde meine Handschrift schön bzw. schön genug und bin mit ihr zufrieden.
170
46%
Meine Handschrift ist vielleicht nicht schön oder für Dritte leicht lesbar, aber mich stört das nicht weiter - ich habe mich damit soweit abgefunden.
55
15%
Ich bin mit meiner Handschrift ziemlich unzufrieden. Irgendwann müsste ich mal was dagegen tun...
142
39%
 
Abstimmungen insgesamt: 367

Ex Libris
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von Ex Libris »

Faszinierend, wie Mr Spock sagen würde :D

Viele Grüße,
Florian
pejole
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von pejole »

Hallo zusammen,

wie Faith angeregt hat, mal zu schreiben wie sich die Handschrift bei schnellem Schreiben verändert, setzte ich mal zwei Bilder rein.

Zum ersten Bild: seit gut zwei Wochen habe ich in meiner Füllersammlung wieder mal einen neuen Lieblingsfüller gefunden, - fragt sich immer nur für wie lange - , als Erinnerung an meine Einschulung vor 60 Jahren, wir schrieben damals noch mit Griffel auf Schiefertafeln, eine herrliche Kratzerei, irgendwann jedoch wurde mit Füller geschrieben, damals war der Geha an unserer Schule der In-Füller, somit habe ich diesen momentan wieder für mich entdeckt, ein Geha 700 mit F-Feder 55er Jahrgang, wusste damals noch nicht dass man mit dem auch schön schreiben kann, denn über ein knappes ausreichend in Schrift habe ich es nie geschafft was zur Folge hatte dass ich mir zu Hause diesbezüglich immer eine Predigt anhören musste, aber mittlerweile meine ich doch schöneres Schreiben gelernt zu haben. Mich wundert immer wieder was mit dieser einfachen nicht sehr flexiblen Stahlfeder an Strichvariationen doch möglich ist. Auch gleitet die Feder wunderbar weich übers Papier, ohne Aussetzer, und der schnelle Strich durch das keine - t - gelingt mit dem Geha besser als mit einem MB 146, der dann doch zu kurzen Aussetzern neigt.

Das zweite Bild zeigt dann meine Alltagsschrift, zwar mit Kuli geschrieben, aber mit Füller würde die auch nicht besser aussehen. Wenn ich so zwei Zeilen geschrieben habe fängt mein Handgelenk an zu verkrampfen, die Schrift wird dann nur noch schlimmer und endet irgendwann in keine Ahnung was, von einem Wort mit 5 Buchstaben erscheinen dann nur noch drei, der Rest fehlt, aber diese drei Buchstaben reichen dann auch aus um wieder auf das eigentliche Wort zu kommen, dauert nur hin und wieder doch einige Zeit um das Geschmiere zu entschlüsseln. Kommt wohl daher dass ich wenn ich schnell schreibe in Gedanken 3 Buchstaben weiter bin als meine Hand schnell zu schreiben vermag. Das wirkt sich dann auch auf mich aus, das macht mich echt nervös und hektisch, ich mag das überhaupt nicht. Da hilft dann nur noch langsames Schreiben wie auf erstem Bild, allerdings kann ich in dieser Schrift nicht auf die Schnelle ein Rezept mitschreiben, ein Teufelskreis.

Der Unterschied zwischen beiden Schriften ist schon enorm, und ich muss sagen, seit ich mit dieser Schönschreiberei angefangen habe ist meine Alltagsschrift nur noch schlechter geworden. Liegt wohl auch daran dass ich bis auf ein paar Einkaufszettel und einige wenige Notizen kaum noch in meiner alten Schrift schreibe. Hauptsache ich kann mein Gekritzel immer wieder entziffern.

Gruß, pejole
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Faith
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von Faith »

Hallo pejole,

was mich erst verwirrt hat, das Forum dreht die Bilder um. Da ist das erste Bild das Zweite und andersrum.

Interessant finde ich, dass du in deiner Schönschrift zwischendurch absetzt. Wenn ich das richtig verstanden habe, gehört zu der "idealen Handschrift" (je nachdem was "ideal" wirklich bezeichnet), dass man die Linie durchzieht. Und genau das stört mich beim Schreiben ungemein. Ich vergesse i-Punkte, t-Striche...
Und trotzdem finde ich deine Schrift wunderschön. Aber ich denke da muss man mit sich selbst zufrieden sein und nicht die Richtlinien Anderer einhalten.

Der Unterschied deiner beiden Schriften ist enorm, bei mir ist er viel geringer. Und meine Schnellschrift, kann auch ich nicht mehr richtig lesen. :roll:
Viele Grüße
Faith

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pejole
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von pejole »

Hallo Faith,

das hast du ganz richtig gesehen dass ich während des Schreibens absetze, denn die Buchstaben werden zum Teil in Fragmenten zusammengesetzt, für ein kleines - a - z.B. muss ich 3mal ansetzen, wo hingegen ich z.B. das kleine - s - in einem Zug schreiben kann.

Wenn ich hingegen schnell schreibe kommt es vor dass ich ein Wort in einem Zug schreibe ohne abzusetzen, das kommt u.a. daher dass die Hand ganz anders aufliegt, es muss ja schnell gehen, meist liegen dann nur die gekrümmten Fingerspitzen auf, jedenfalls bei mir, ansonsten wäre das schnelle Schreiben wohl auch nicht möglich. Wenn ich langsam und "schön" schreibe liegt die Hand doch fast auf dem halben kleinen Finger und dem Ringfinger auf.

Ich habe mal ein Foto angehängt , da habe ich versucht bei den kleinen Buchstaben durch eine kleine Lücke anzuzeigen wo ich den Füller immer wieder neu ansetze, bei den Großbuchstaben habe ich die Ansätze in Zahlen drüber geschrieben.

Du siehst also, dass ich die Wörter nicht in einem Zug schreibe sondern zusammensetze, wenn mal eine kleine Lücke zu sehen ist so ist das meistens gewollt um einen bestimmten Effekt zu erreichen.

Eigentlich wird diese Schrift ja mit einer Spitzfeder geschrieben, aber ich meine mit einer flexiblen Feder sieht das auch nicht schlecht aus. Wenn ich mal auf Tour bin und Grüße schreiben möchte brauche ich dann kein Tintenfass, keine Feder und keinen Federhalter.

Gruß, pejole
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Faith
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von Faith »

Hallo pejole,

vielen Dank für das Bild. Bei einigen Buchstaben, wie z.B. H und A, sieht man alleine an der Form, dass öfter angesetzt wurde. Beim M könnte es auch anders sein.
pejole hat geschrieben:Eigentlich wird diese Schrift ja mit einer Spitzfeder geschrieben
Um welche Schrift handelt es sich denn, wenn ich fragen darf? Ich finde es mit der Strichvariation durch die flexiblen Federn richtig schön. Da kann man ruhig nach eigenem Geschmack und nicht nach Vorschrift gehen. Und den Vorteil hast du ja schon selbst genannt.
Viele Grüße
Faith

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pejole
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von pejole »

Hallo Faith,

die Schrift nennt sich Englische Schreibschrift oder auch Copperplate, ab Mitte des 18. Jahrhunderts die wichtigste Handelsschrift in England und den USA. Wird mit Spitzfeder geschrieben, verlor aber ab Anfang des 20. Jahrhunderts durch Einsatz von Kugelschreiber und Füllfederhaltern nach und nach an Bedeutung.

Ich habe mal ein Bild beigefügt mit Spitzfeder geschrieben, man sieht doch deutlich den Unterschied in der Strichstärke zum Füller, aber was solls.

Was mir noch sehr aufgefallen ist, ich habe die vorhergehenden Schriftproben auf unterschiedlichen Papieren geschrieben, aber beide Proben mit dem Geha 700 und Edelstein Sapphire Tinte, im ersten Beispiel auf dem dickeren und gröberen Papier kommt die Schrift dicker und dunkler als auf dem zweiten Beispiel auf Clairefontaine Papier, welches wohl stärker verleimt und von der Oberfläche her viel glatter ist als das Boesner ArtLine. Auch sind die Anstriche erheblich dünner geraten. Wenn ich noch mehr Papierarten beschrieben hätte wäre wohl bei jedem Papier die Schrift anders ausgefallen.

Gruß, pejole
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audace
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von audace »

Ich muss mich hier mal einmischen, um zu sagen:

Is' doch egal, wie das heißt, wie sich das schimpft, wie das 100pro aussehen könnte oder sollte, denn:
DAS SIEHT SEHR GEIL AUS!

Schöne Grüße, Audace

Il n'est jamais plus tard que minuit!
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Faith
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von Faith »

Ich sollte mich schämen, aber: Aaaah, soo sieht also die Copperplate aus. :oops:

Sehr schick, danke. :)
Wenn ich im Forum lese, was manche Copperplate-Experten für Kommentare los lassen, traut man sich kaum anzufangen. Aber ich finde es richtig schön.
Und danke für die Nachhilfe für meine Begriffsstutzigkeit. ;)
Viele Grüße
Faith

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Fiamma
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von Fiamma »

um ebenfalls Necromantie zu betreiben und aus aktuellem Anlass:

Uns wurde heute an der Uni doch glatt "verboten" die Hausübung (eine dreiviertel Seite Text)handschriftlich abzuliefern. Finde ich mehr als schade. Gerade da könnte man/ frau als DozentIn doch auch auf die Kulturtechnik Handschrift Wert legen. (Unter der Voraussetzung, dass das Geschreibsel leserlich ist)
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Faith
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von Faith »

Ein Prof bei mir hat genau das Gegenteil verlangt: 5 ganze Laborberichte handschriftlich in einem (oder auch zwei) Heft. Sein Argument: Damit man den kopierten Text zumindest abgeschrieben hat.
Fand ich gar nicht so schlecht, man setzt sich doch ganz anders mit den Inhalten auseinander, als wenn man sie tippt.
Viele Grüße
Faith

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Fiamma
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von Fiamma »

eben...
So langs nicht (aufgrund einer Versuchswiederholung o.ä.) zu einer reinen Abmalübung verkommt, ...
Natürlich ist auch die Frage, ob ein seitenlanges Laborprotokoll aufgrund von Diagrammen, Graphiken vielleicht wirklich recht aufwendig werden aber so ist eine saubere Handschrift doch wirklich zu begrüßen.
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Faith
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von Faith »

Es war in der Tat viel Aufwand. Skizzen habe ich dann per Hand eingefügt, Tabellen und Diagramme, wenn notwendig, ebenfalls. Ich fand es aber nicht schlecht, so wurde zum Beispiel der Versuchsaufbau als Skizze auf das Wesentliche reduziert, während Handyfotos schlechter Qualität (gut, heute nicht mehr so schlecht) teilweise überladen und zu bunt sind.
Auch die Texte wurden so kürzer, aber auch präziser. Das überlegt sich Student heute 10x, bevor er per Hand anfängt zu schwafeln, was beim Tippen öfter mal vorkommt.
Viele Grüße
Faith

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Ex Libris
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von Ex Libris »

Hallo Fiamma,

aus der Sicht eines Universitätsdozenten: Ich habe dieses vergangene Wintersemester eine Einführung in die Literaturtheorie (Germanistik) gehalten, wo zu 12 Sitzunge 12 kleinere Hausaufgaben von maximal 1,5 Seiten Länge abzugeben waren. Da ansonsten die Formalia festgelegt waren, ist das auch einfach eine Frage der Vergleichbarkeit. Ich würde in den Fällen auch keinerlei handschriftliche Texte akzeptieren, da man da sehr gut mauscheln kann. So müssen alle die gleiche Schriftart, den gleichen Zeilenabstand, den gleichen Rand verwenden; wenn ich dann das Gefühl habe, das ist mehr als eineinhalb Seiten, falte ich die zweite Seite und streiche alles ungelesen durch, was über die erlaubte Grenze hinausgeht - so geschehen mehrfach in diesem Semester. Mitunter sind solche Rosskuren notwendig, damit - gerade - die Anfängerstudenten lernen, dass formale Vorgaben keine Beliebigkeit und Vorschläge sind.

Viele Grüße,
Florian
Deejay
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von Deejay »

Nabend,

angeregt durch die vielen schönen Schriften habe ich mich dann auch eben hingesetzt und habe mal schnell was untereinander geschrieben - war auch für mich spannend ......
Schriftprobe Deejay.jpg
Schriftprobe Deejay.jpg (118.81 KiB) 5214 mal betrachtet
Ob das nun schön ist ....... ich brauche meine Schrift beruflich und Sie wird auch häufig von Dritten wahrgenommen. Ich würde es vielleicht als zweckmäßig einstufen.

Gruss,

Dirk
Cosmic
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von Cosmic »

Die Schreibschrift ist ja der Hammer, Dirk. Hat irgendwie was von moderner Gothik. Ich glaube mich an handschriftliche Aufzeichnungen meines Uropas zu erinnern, Ende des 19 Jahrhunderts. Die war ähnlich... :)
Grüße aus Greifswald
Dirk
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