Eine kultivierte Handschrift?!

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Wie gut ist Ihre Handschrift, und wie zufrieden sind Sie damit?

Ich finde meine Handschrift schön bzw. schön genug und bin mit ihr zufrieden.
170
46%
Meine Handschrift ist vielleicht nicht schön oder für Dritte leicht lesbar, aber mich stört das nicht weiter - ich habe mich damit soweit abgefunden.
55
15%
Ich bin mit meiner Handschrift ziemlich unzufrieden. Irgendwann müsste ich mal was dagegen tun...
142
39%
 
Abstimmungen insgesamt: 367

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Pelle13
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von Pelle13 »

Pauschale Lehrerverurteilungen, Schwemmen von unqualifizierten Schülern an den Unis, politisch gewollte Miseren ... irgendwie gerät dieser schöne Thread immer mehr "off topic" ... eigentlich schade darum :cry: !
Freude am Schauen und Begreifen ist die schönste Gabe der Natur. (Albert Einstein)
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glucydur
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von glucydur »

@Heinrich: Sie lässt sich indirekt ableiten aus der Tatsache, dass analog zur Sekundarstufe II die durchschnittlichen Prüfungs-/Abschlussnoten an Universitäten/Hochschulen immer besser werden. Dies hängt sicher nicht damit zusammen, dass Schüler/Studierende und Absolventen durchschnittlich intelligenter geworden sind. Nein, es ist ein Indiz dafür, dass die Leistungsanforderungen und damit die Qualität der Ausbildung auf allen Bildungsstufen (beginnend beim Elementarbereich bis hin zum Tertiärbereich) stetig absinken.

Ich empfehle hierzu diese Veröffentlichungen des Wissenschaftsrates aus 2012. Sie haben auch heute noch Gültigkeit. Die Tendenz zu besseren Prüfungsnoten ist immer noch steigend.

http://www.wissenschaftsrat.de/download ... m_2312.pdf

http://www.wissenschaftsrat.de/download ... 627-12.pdf

VG

Alexander

Ende OT von meiner Seite.
Zuletzt geändert von glucydur am 31.07.2016 21:32, insgesamt 1-mal geändert.
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miel
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von miel »

Lieber Alexander,

der Post war eigentlich ein dezenter Hinweis doch zum Thema zurückzukehren.

Ich würde mich freuen, wenn das geschieht.

Wir können ja an anderer Stelle über das Bildungssystem diskutieren.

Liebe Grüsse,

Claudia
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glucydur
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von glucydur »

Dann zurück zum Thema: Für mich ist immer noch nicht evident, warum eine kultivierte/schöne Handschrift ein Zeichen von Kultiviertheit sein soll? Dieser Eindruck wurde in der Diskussion vor dem kleinen Exkurs in die Bildungspolitik teilweise vermittelt... Der Zusammenhang zwischen Schrift und Persönlichkeitsmerkmalen erschließt sich mir immer noch nicht. Bin aber gerne bereit, mir eine schlüssige Argumentation anzuhören.

VG

Alexander
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bella
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von bella »

Ich zitiere mich einfach mal selbst .... weil ein schön arrangiertes Gericht auch ein gesteigerter Genuss ist.
Ein schön in der Vase arrangierter Strauss die Schönheit der einzelnen Blüte unterstützt.

Wir überreichen Geschenke ja auch nicht im Versandkarton oder der Kaufhaustüte .... nein, wir packen sie schön ein, verzieren sie sogar noch mit Schleifen.....
Es hebt die Freude, es zeigt, ich habe mir Mühe gemacht ...

Ein schön geschriebener Brief, dem man anmerkt der Schreibende hat sich Mühe gemacht für mich ist einfach etwas schönes.

Und im schnöden Alltag .... eine Notiz vom Kollegen die ich LESEN kann, spart mir Zeit und Mühe.

Wer nur für sich alleine schreibt .... kann machen was er möchte, soll aber auch nicht klagen wenn er nach Jahren nicht mehr entziffern kann was er da notiert hat ...
miel
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von miel »

Lieber Alexander,

was ist eigentlich mit dem Begriff "kultiviert" gemeint?

Der Duden schreibt dazu (unter anderem):
"durch Übung, Ausbildung, Behandlung o. Ä. gepflegt, verfeinert"

Insofern ist eine leserliche Handschrift eine kultivierte Handschrift, denn sie ist durch Übung etc. pp. entstanden und gepflegt.

Und ja: Damit ist eine kultivierte Handschrift ein Zeichen von Kultiviertheit. Denn sie ist ein Zeichen von Bildung. Dies bedeutet allerdings nicht, daß ein Mensch, dessen Handschrift für Dritte nicht lesbar ist, nicht kultiviert ist, denn nur weil das eine gilt, heisst es nicht, daß der Umkehrschluss gültig ist.

(Auch wenn man daraus provozierende Argumente gestalten möchte, wie ein Mitdiskutant hier.)

Liebe Grüsse,

Claudia
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glucydur
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von glucydur »

@bella: Diese Argumentation kann ich zum Teil nachvollziehen. Die Handschrift, verstanden als Kompliment und Wertschätzung für das Gegenüber. In Ordnung. Das kann man so sehen. Vor allem aus Sicht des Adressierenden. Ich als Absender will, dass der andere sich wertgeschätzt fühlt. Das bedeutet aber doch nicht im Umkehrschluss, dass der Adressat der Botschaft sich generell minder geschätzt fühlt, wenn er keine schön geschriebene Botschaft bekommt. Wenn der Adressat den Adressierenden nach solch oberflächlichen Merkmalen beurteilt, dann ist das doch äußerst zweifelhaft. Die Schrift taugt einfach nicht als Kriterium, um jemanden als Mensch zu beurteilen. Und ich würde auch niemandem ein schlechtes Gewissen machen, der sich diesem Zwang zur Selbstoptimierung (hier bezogen auf die Verbesserung der eigenen Handschrift) entzieht. Nochmals: wenn ich meine Handschrift aus dem Impuls heraus kultiviere und optimiere, mir selbst etwas gutes zu tun, dann gehe ich vollkommen d'accord damit.

@Claudia: Die Posts haben sich jetzt überschnitten. Wie Du lesen kannst, liegen wir nicht weit auseinander. Nur die Kausalität zwischen kultivierter Schrift und Bildung/Kultiviertheit teile ich nicht in der Absolutheit, wie Du es tust. Ich halte sie in dieser Form nachwievor für fragwürdig, weil sie zu sehr idealisiert.

VG

Alexander
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miel
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von miel »

Lieber Alexander,

ich verstehe Deinen Kommentar nicht.

Schreiben zu können an sich ist ein Zeichen für Bildung.
Eine leserliche Handschrift ist ein Zeichen von Kultur.

Und nein: Eine unleserliche Handschrift zeigt nicht, daß ein Mensch unkultiviert oder ungebildet ist.

Nur zeige mir den unkultivierten und ungebildeten Menschen mit schöner leserlicher Handschrift. Mir ist er noch nicht begegnet.

Grüsse,

Claudia
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glucydur
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von glucydur »

Liebe Claudia,

das Problem Deiner Argumentation ist, dass Du der Handschrift eine Bedeutung zumisst, die vollkommen idealisiert und überhöht ist. Für mich ist eine kultivierte Handschrift definitiv kein valides Erkennungsmerkmal von Bildung, weil sie eine reine Äußerlichkeit ist. Bildung messe ich nachwievor an Inhalten und nicht an der Verpackung.

Lg.

Alexander

P.S.: So. Und jetzt: Bonne nuit.
Gutta cavat lapidem.
miel
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von miel »

Lieber Alexander,

ohne Bildung gäbe es keine Handschrift.
Ein Mensch, der schreiben kann, ein Mensch, der lesen kann, hat Bildung genossen.
Bildung beginnt nicht erst nach dem Abitur mit einem Hochschulstudium!

Und zum Thema "kultivierte Handschrift" kann ich nur noch einmal auf die Begriffsdefinition des Duden verweisen.

Liebe Grüsse,

Claudia
Quest
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von Quest »

Habt Ihr Beispiele zur Hand wie kultivierte Handschriften aussehen können? Mich interessiert was Ihr Euch darunter vorstellt.
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Sumgai
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von Sumgai »

In meiner derzeitigen Tätigkeit habe ich sehr viel mit LKW-Fahrern zu tun, die bei uns Formulare ausfüllen müssen. In der Regel kommen diese aus dem ehemaligen Ostblock, besonderes aus Rumänien und Litauen. Man kann nicht bei jedem von ihnen davon ausgehen, dass sie immer "nur" Trucker waren, aber bei vielen der älteren Kandidaten erlebe ich sehr gediegene und regelmässige Handschriften, die ich einfach hübsch finde. Einer aus Polen kommt sogar regelmässig mit einem Füller vorbei (Parker Frontier). Auch wenn diese Leute allgemein nicht unbedingt immer sehr kultiviert wirken und man bei vielen trotz Sprachbarriere nicht den Eindruck hat, dass sie extrem aufgeweckt sind, kann man an der Handschrift wohl kaum den Bildungsgrad ablesen! Wahrscheinlich hat man früher einfach mehr in den Schulen darauf geachtet.

Ich würde mich anschliessen und sagen, dass eine gut leserliche Handschrift eine Frage der Höflichkeit ist. Vor allem, wenn man weiss, dass die Notiz länger Bestand haben wird und evtl. durch mehrere Hände gehen wird. Wer so schreibt, dass nur er es lesen kann, der könnte tatsächlich Egomane sein. Das wäre der einzige Punkt, wo ich das Psychologisieren der Handschrift erlauben würde.

Für mich ist eine kursiv angelegte Handschrift, die "klassisch" anmutet, Inbegriff der "Kultiviertheit".
Das sind aber angeeignete Geschmacksvorstellungen.
Das hier wäre das Ultimo :
http://troglophonic.org/calligraphy/cur ... c-post.jpg
Das hier wäre für mich schon ein grosser Erfolg im Alltag :
http://images.enstarz.com/data/images/f ... riting.jpg
Wer seine Schwerter zu Pflugscharen macht, wird für die pflügen, die das nicht getan haben.
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JulieParadise
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von JulieParadise »

Die Schrift ist doch nur ein kleiner Teil der persönlichen Fertigkeiten bzw. Merkmale. Und eine Handschrift ist nicht starr, sie kann sich verändern, unmerklich oder bewusst geübt.

Eine Handschrift ist meiner Meinung nach dann schön, wenn sie in sich stimmig ist, wenn (bis auf wenige Ausnahmen wie etwa bei Abschnittsanfängen) die Buchstaben in etwa gleiche Ober-, Mittel- und Unterlängen aufweisen, wenn der Neigungswinkel gleichbleibend ist. Innerhalb dieses formalen Korsetts gibt es dann eine sehr große Bandbreite dessen, was bei komplett unterschiedlicher Ausführung der einzelnen Buchstaben als angenehm empfunden werden kann.

Das Hauptproblem der hier so vielgescholtenen Schule ist, dass entweder aus Zeitmangel oder Desinteresse/Unkenntnis beim Schreibenlernen nicht so auf die Schrift geachtet wird, wie früher (oder, wie wir meinen, uns zu erinnern).

In der 2. Klasse meiner Tochter habe im abgelaufenen Schuljahr eine "Schreibwerkstatt", einen Schönschreibkurs über zwei Unterrichtsstunden, mitgestalten dürfen. Vorher war ich mit der Lehrerin ins Gespräch gekommen, da ich den Einsatz von Tintenrollern wie dem Stabilo Smoove Easy Ergo kritisiert habe und die Lehrerin sagte, dass viele Kinder mit Füllern leider überfordert seien.

Wir haben uns beraten und ich habe dann auf eigene Kosten vom Euro-Laden billige, sehr fein schreibende Füller besorgt für 1€/Stück, diese mit bunten Tintenpatronen gefüllt, dann gab es eine kleine Einführung in die Funktionsweise von Füllern, Bauteile, Reinigung / Farbwechsel und Schreiben. Dabei haben wir zu dritt (eine Horterzieherin war auch dabei) mit den 24 Kindern darauf geachtet, dass der Füller beim Schreiben nicht gedreht wird. Außerdem haben wir auf die Griffhaltung geachtet, weniger auf eine "korrekte" Haltung sondern darauf, dass die Kinder bequem, also locker schreiben können, für sich ermüdungsfrei, haben lachend in verkrampfte Ärmchen gekniffen (wenn der Oberarm mitkrampft, dann stimmt die gesamte Arbeitshaltung nicht) und immer wieder versucht, die Füller von hinten aus der Hand zu ziehen (jeder Stift sollte so leicht zwischen den drei greifenden Fingern gehalten werden, dass man ihn wegschnappen kann). Das alles haben wir mit sehr viel Spaß und Leichtigkeit gemacht, die Kinder haben dafür Buchstabenvorlagen und Nachspurübungen bekommen. Die Kinder hatten alle bereits die Schreibschrift gelernt und ein Übungsheft durchgearbeitet.

Dann kam eine persönliche "Schriftanalyse" dazu, das war wahrscheinlich für viele Kinder das erste Mal, dass sie sich über ihre Schrift Gedanken gemacht haben und auch eine Rückmeldung erhielten, die sie nicht nur korrigierte (oder gar kritisierte), sondern auch in ihrer eigenen Schrift bestärkte. Jeder sollte einige geschriebene Wortgruppen und alle Buchstaben vorlegen, mit der Vorlage vergleichen (die Schreibanfänger sind dazu angehalten, sich an den Vorlagen der hier gelehrten Vereinfachten Schulausgangsschrift zu orientieren, sodass noch nicht viel Persönlichkeit in der Schrift stecken kann, aber das kommt dann), und selbst schauen, was ihnen dazu auffällt, was ihnen gefällt und was nicht. Dort, wo es gehakt hat, haben wir die Bewegungsabläufe einzelner Buchstaben analysiert und Hinweise darauf gegeben (mit den geführten Händen in der Luft oder immer schneller werdend auf dem Papier), wie man die Buchstaben flüssiger schreiben kann. Außerdem haben wir in fröhlichem Ton auf die Dachboden- und Kellerbuchstaben hingewiesen, und dass manche eben nur im Erdgeschoss bleiben.

Was diese zwei Stunden bewirkt haben, war erstaunlich. Die meisten Kinder haben ihre Füller immer noch in Benutzung und schreiben gern damit, außer roter (Lehrerfarbe) und gelber (zu hell) Tinte dürfen sie alle Farben des Regenbogens verwenden, die Handschriften haben sich verbessert und im nächsten Schuljahr will die Lehrerin die Schwerpunktstunden wiederholen, die Lehrerin meines Sohnes, der jetzt in die 2. Klasse kommt, möchte mich auch hinzuziehen.

Auf Erwachsene übertragen ließe sich daraus ziehen, dass eigentlich jeder seine Handschrift, so er sie als verwildert oder unkultiviert empfindet, mit wenigen Stunden Übung eine deutliche Verbesserung erzielen kann, ohne sich selbst zu verbiegen. Man kann ja einige Zeilen schreiben, schauen, ob die oben genannten Punkte der Gleichmäßigkeit eingehalten werden, und so mit minimalen Veränderungen, die man sich recht schnell angewöhnen kann, bereits eine deutliche Verbesserung erzielen.
Sina / Julie Paradise julieparadise.de | @wwwjulieparadisede
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vanni52
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von vanni52 »

Hallo Julie,
ein ganz tolles Beispiel für Elternmitarbeit , sollte Schule machen !
LG
Heinrich
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El Capitan
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Re: Eine kultivierte Handschrift?!

Beitrag von El Capitan »

Ganz, ganz toll.
Hut ab und ein Toi Toi Toi, dass die Kinder auch weiterhin bei den Füllern bleiben werden.
Bei vielen Leuten ist die Problemzone nicht Bauch, Beine oder Po. Sondern der Kopf.
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