"Handwriting improves brain connectivity"

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Edgar

Re: "Handwriting improves brain connectivity"

Beitrag von Edgar »

avalon hat geschrieben:
11.03.2024 19:25
Hier noch der direkte Link zu der neuen Studie publiziert in „Frontiers in Psychology“ (peer reviewed)
https://www.frontiersin.org/journals/ps ... 19945/full
Sehr interessant. Ein wenig Skepsis habe ich wegen des Versuchs-Ablaufs:
In der vorliegenden Studie benutzten die Teilnehmer nur ihren rechten Zeigefinger zum Tippen*
Dennoch:
Die vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass die komplizierten und präzise gesteuerten Handschriftbewegungen einen positiven Einfluss auf die Konnektivitätsmuster des Gehirns haben, die mit Lernen und Erinnern zusammenhängen. Die vorliegende Studie fand keine Evidenz für solche positiven Aktivierungsmuster bei der Verwendung einer Tastatur.*
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Pelikan-Fan
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Re: "Handwriting improves brain connectivity"

Beitrag von Pelikan-Fan »

Dieses Paper aus "Frontiers in Psychology" war auch der Anlaß für das Video von Hossenfelder.

Mir ist gerade im Abstract noch folgende Passage aufgefallen:
Brain electrical activity was recorded in 36 university students as they were handwriting visually presented words using a digital pen...
Die Ergebnisse wären sicher noch deutlicher ausgefallen, wenn man den Studis einen Füller in die Hand gedrückt hätte. ;)
Viele Grüße

Thorsten
avalon
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Re: "Handwriting improves brain connectivity"

Beitrag von avalon »

Mir ist gerade im Abstract noch folgende Passage aufgefallen:
Brain electrical activity was recorded in 36 university students as they were handwriting visually presented words using a digital pen...
Die Ergebnisse wären sicher noch deutlicher ausgefallen, wenn man den Studis einen Füller in die Hand gedrückt hätte. ;)
[/quote]

Genau das hatte ich beim Lesen auch gedacht. Das Führen einer Feder auf Papier ist noch einmal ganz anders als das Schreiben mit dem digital pen. Der Computer macht aus individuellem Schreiben einen „digitalen Einheitsbrei“. Beim analogen Schreiben bleiben Charakter und Individualität erhalten. Druck, Schwung etc. werden viel klarer abgebildet. Ich bin überzeugt, dass auch das einen grossen Einfluss auf unsere Hirnaktivität macht und zwar nicht nur beim Schreiben, sondern auch beim Lesen.
LG Claudia
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Re: "Handwriting improves brain connectivity"

Beitrag von fountainpen.de »

zugegeben, ich habe es nicht geschafft, mir das Paper anzuschauen ... aber wurden da wirklich nur 36 Probanden je Experimentalgruppe betrachtet?! Falls ja, wäre das natürlich viel zu wenig ...
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JulieParadise
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Re: "Handwriting improves brain connectivity"

Beitrag von JulieParadise »

avalon hat geschrieben:
12.03.2024 13:41
Mir ist gerade im Abstract noch folgende Passage aufgefallen:
Brain electrical activity was recorded in 36 university students as they were handwriting visually presented words using a digital pen...
Die Ergebnisse wären sicher noch deutlicher ausgefallen, wenn man den Studis einen Füller in die Hand gedrückt hätte. ;)
Genau das hatte ich beim Lesen auch gedacht. Das Führen einer Feder auf Papier ist noch einmal ganz anders als das Schreiben mit dem digital pen. Der Computer macht aus individuellem Schreiben einen „digitalen Einheitsbrei“. Beim analogen Schreiben bleiben Charakter und Individualität erhalten. Druck, Schwung etc. werden viel klarer abgebildet. Ich bin überzeugt, dass auch das einen grossen Einfluss auf unsere Hirnaktivität macht und zwar nicht nur beim Schreiben, sondern auch beim Lesen.
[/quote]

Moderne Eingabegeräte und die dazugehörigen Stifte sind drucksensibel (wenn man die entsprechende Stiftart gewählt hat, also nicht den Kuli, sondern den Füller in der Stifteauswahl), da sieht man also ganz genau so wie beim Schreiben mit einem analogen Stift, wo mehr oder weniger stark aufgedrückt wurde. Ich darf mich hier mal selbst mit einem Bild zitieren:

Bild

Was macht man anhand solcher Studien eigentlich mit hochintelligenten Menschen, die (nur noch) selten schreiben? Verblöden die alle?

Also, ja, die Studie und ähnliche hier immer wieder hervorgeholte Studien und Berichte sagen nur (etwas vage meist) "handwriting ... improves/triggers/impacts ... brain activity/retention" etc., aber wenn das Schreiben allein so wahnsinnig effektiv wäre, müssten wir hier alle suuuper schlau sein. Der Gedanke ist ja nett und auch sehr schmeichelhaft, und ganz sicher hat das Schreiben mit der Hand (auf Papier oder wie auch immer) viele positive Effekte sowohl therapeutischer Art als auch für das Umgehen mit Information, aber die Faktenlage bei solchen Studien ist immer noch sehr dünn. :geek:
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Pelikan-Fan
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Re: "Handwriting improves brain connectivity"

Beitrag von Pelikan-Fan »

JulieParadise hat geschrieben:
12.03.2024 14:51
... aber wenn das Schreiben allein so wahnsinnig effektiv wäre, müssten wir hier alle suuuper schlau sein.
Das sind wir doch auch, oder? :)

Aber vielleicht sollte man auch noch auf ein Grundproblem dieser Studie (wie auch etlicher anderer) hinweisen.

Typischerweise läuft das in vielen Wissenschaften doch so, daß man bei einer relativ kleinen Testgruppe ein Ergebnis hat, das gerade noch statistisch signifikant ist ("Diejenigen, die regelmäßig Brokkoli essen, haben über einen längeren Zeitraum leicht bessere Cholesterin-Werte"). Und daraus macht dann die Pressestelle etwas unglaublich Sensationelles ("Brokkoli - das heimische Superfood" o.ä.).

So ähnlich dürfte das wohl auch hier sein. Es gibt da irgendwelche Effekte, aber ob die für irgendwas wirklich relevant sind, ist noch einmal eine ganz andere Frage.
Viele Grüße

Thorsten
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Re: "Handwriting improves brain connectivity"

Beitrag von fountainpen.de »

Hallo Thorsten,
Typischerweise läuft das in vielen Wissenschaften doch so, daß man bei einer relativ kleinen Testgruppe ein Ergebnis hat, das gerade noch statistisch signifikant ist
Definitiv nein.

Es gibt aber große Unterschiede zwischen den Ansprüchen verschiedener Journals. Mich persönlich wundere mich schon sehr, dass eine Studie mit 36 Probanden veröffentlicht werden konnte. Die meisten Journals würden sich mit so einer kleinen Stichprobe nicht zufrieden geben. Man denke nur an das "Gesetz der großen Zahlen" ...

Eigentlich ist es inzwischen so, dass man mehrere Studien durchführen muss, die gerade auch mediierende und moderierende Effekte berücksichtigen (also versuchen zu erklären, warum bestimmte Effekte auftreten und wann diese eben nicht zu erwarten sind). Es ist nicht unüblich, dass man am Ende "zig" verschiedene Studien hat und so bestimmte Effekte gut zeigen kann. Teilweise werden auch Feldexperimente verlangt, d.h. man muss dann das Experiment in der Realität durchführen. Und dann kann man versuchen, die eignen Ergebnisse zu veröffentlichen.

Wenn's dann Meta-Studien gibt, kommt man langsam in die Richtung, dass man von Generalisierbarkeit sprechen kann. Meta-Studien sind Studien über bisherigen Studien aus einem Feld.
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