Prioritäten im Grundschullehrplan

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Sabine
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Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Sabine » 26.07.2014 12:18

Das Allerschwierigste an dem Problem der Methode "Schreiben nach Hören" (die ich selbstredend für Unsinn halte) scheint mir nach dem Lesen Euerer Bericht zu sein, daß die Lehrer offenbar keine Verantwortung für ihren Mist übernehmen wollen. Ich weiß nicht, ob ich, hätte diese "Methode" damals meine Kinder erwischt, nicht Amok gelaufen wäre . . . na gut, natürlich nur bildlich gesprochen. Was sagen denn die entsprechenden Lehrer auf die Frage der Eltern, wie sie den Kindern klarmachen wollen, warum auf einmal vieles von dem, wofür sie sogar Lob bekommen hatten, falsch ist? natürlich erschüttert das das Vertrauen in die Schule, was denn sonst! die Frage ist: wer ist dafür verantwortlich? ich meine: gibt der Lehrplan wirklich keine andere Alternative? wieviel Entscheidungsspielraum haben die einzelnen Lehrer?
Ich beobachte bei meinen Klavierschülern im Grundschulalter, daß sie inzwischen wieder vernünftiger an die Rechtschreibung herangeführt werden. Und es ist ein großer Unterschied, ob ein Kind einen Text mit Fehlern schreibt und wissen will, wie es richtig ist, oder ob es überhaupt kein Bewußtsein dafür hat, daß es überhaupt eine verbindliche Rechtschreibung gibt. (Ich halte es so wie Günther Grass: in Texten an Erwachsene bleibe ich bei der alten Rechtschreibung. Natürlich benutze ich in den Aufgabenheften meiner minderjährigen Schüler die neue.)
Was passiert denn z.B. in Elternabenden, wenn dieses Problem zur Sprache kommt? macht jemand den Vorschlag, die Rechenfehler auch nicht zu verbessern, damit die Kinder die "Freude am Rechnen" nicht verlieren? zu meiner Sculzeit war die "Mengenlehre" en vogue, sie hat viele Kinder und Eltern unglücklich gemacht, aber inzwischen ist sie längst verschwunden. Das hoffe ich bei diesem Unsinn auch . . . und halte allen Eltern von Grundschüler die Daumen, daß das möglichst schnell vonstattengeht!
Optimistische Grüße von Sabine

Mr.Eyedropper

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Mr.Eyedropper » 26.07.2014 13:21

Ich bin auch dafür, in der Schule nachzuhaken und das Gespräch mit den Lehrern zu suchen. Aber ohne gleich den Lehrern von vornherein pauschal die Schuld in die Schuhe zu schieben. Das ist leider auch so eine Tendenz unserer Zeit, die es früher nicht gab: Wenn es heute zu Lernproblemen kommt, ist erstmal der Lehrer schuld. Dabei wird gerne vergessen, dass Lehrer auch bloß das umzusetzen haben, was die Landesregierungen vorgeben und wir alle wissen, dass jedes Jahr eine neue Sau durch die Kultusministerien, Regierungspräsidien und Schulämter getrieben wird.

Ich würde sagen, wenn man wirklich Interesse an einer Problemlösung hat, dann sollte man den Lehrer nicht von vornherein als inkompetenten Vollidioten, sondern als gleichberechtigten Partner sehen, mit dem man sich auf die Fehlersuche und die Suche nach Handlungsspielräumen macht, die die Situation verbessern. Und auch die Eltern sollten offen dafür sein, Fehler und Handlungsspielräume bei sich selbst zu suchen. Meine eigene Erfahrung ist, dass man bei Lehrern da häufig auf offene Ohren und offene Türen stößt - aber nur, wenn nicht von vornherein versucht, diese Türen gleich einzutreten.

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YETI
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Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von YETI » 26.07.2014 13:54

Die Lehrer haben gegenüber unserer Schulzeit auch mehr Probleme. Früher lag die Erziehung noch zur Hauptsache in den Händen der Eltern. Heute wird das oft an Kindergarten und Schule deligiert. Wenn wir früher in der Schule Mist gemacht haben, wurden wir nach Hause geschickt mit einem gepfefferten Brief an die Eltern. Heute darf kein Lehrer die Kinder ohne Absprache früher nach Hause schicken. Im Allgemeinen war bei uns jemand zu Hause, der uns beaufsichtigte; Schlüsselkinder waren die Ausnahme. Heute wären sie der Normalfall, wenn wir nicht die Schule als Kinderaufbewahrung missbrauchen würden.
Dafür hatten wir eben kein Auto und fuhren nicht jedes Jahr in Urlaub. Heute ist beides selbstverständlich. Dafür müssen aber auch beide Elternteile zur Arbeit und kümmern sich weniger um ihren Nachwuchs. Schlecht erzogen halten einige dieser "Spezialisten" dann den Unterricht auf. (Nicht alle, aber in jeder Klasse gibt es solche Fälle)
Wenn bei uns früher ein Stück Kreide geflogen kam, waren wir wieder wach. Heute riskiert der Lehrer, vor den Kadi gezerrt zu werden.
Dafür sind die Klassen nur noch halb so groß, wie früher.
Man sieht, das Problem ist vielschichtig. Aber es entschuldigt nicht die schlechte Rechtschreibung durch so seltsame Lehrmethoden. Die Lehrerin unserer Tochter würde wohl auch ganz anders unterrichten, wenn sie dürfte, das habe ich bei unseren Geprächen mitbekommen.

Gruß

Andreas
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Mr.Eyedropper

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Mr.Eyedropper » 26.07.2014 14:24

YETI hat geschrieben:Die Lehrerin unserer Tochter würde wohl auch ganz anders unterrichten, wenn sie dürfte, das habe ich bei unseren Geprächen mitbekommen.
Das ist genau das, was ich meine. Wenn klar ist, dass dies die Vorgaben der Bildungspläne sind, müssen die Eltern dort intervenieren, wo diese Bildungspläne entstehen, nämlich in den Kultusministerien, notfalls über die Elternvertretungen der Schule um dem Gewicht zu verleihen.

Zusätzlich sollte man aber mit den Lehrern und der Schule gemeinsam eruieren, welche Möglichkeiten es gibt, solche Kompetenzen doch noch zu fördern, z.B. über spielerische Veranstaltungen, die fakultativ von der Schule angeboten werden. Dann muss man sich freilich um eine Finanzierung kümmern, aber meiner Erfahrung nach sind die Schulen für sowas auch sehr offen, weil es dem Ruf der Schule nützt.

Peter Stegemann
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Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Peter Stegemann » 26.07.2014 18:48

Sabine hat geschrieben:zu meiner Sculzeit war die "Mengenlehre" en vogue, sie hat viele Kinder und Eltern unglücklich gemacht, aber inzwischen ist sie längst verschwunden. Das hoffe ich bei diesem Unsinn auch . . .
Ich wuesste gerne, was an der Mengenlehre Unsinn ist? Das ist ein wichtiges Teilgebiet der Mathematik. Ich verstehe bis heute nicht, warum die Mengenlehre gerade dann abgeschafft wurde, als die Informatik immer wichtiger wurde - wo die Mengenlehre eine wichtige Rolle spielt. Wenn Alles abgeschafft wuerde, was die Eltern nicht verstehen und die Schueler ungluecklich macht, gaebe es an der Schule wohl keine Mathematik mehr und in der Folge auch keine anderen naturwissenschaftlichen Faecher mehr.

Fuer mich ist eher die Schreibschrift Unsinn. Wieso eine extra Schrift, die nur in einem Nischenbereich, den handgeschriebenen Texten, Anwendung findet? Sowas ist ein Fall fuer den Kunstunterricht, aber nicht ein zentrales Element in einem Hauptfach.
Die grössten Kritiker der Elche, sind oft selber welche!

Mr.Eyedropper

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Mr.Eyedropper » 26.07.2014 19:09

Peter Stegemann hat geschrieben:Fuer mich ist eher die Schreibschrift Unsinn. Wieso eine extra Schrift, die nur in einem Nischenbereich, den handgeschriebenen Texten, Anwendung findet? Sowas ist ein Fall fuer den Kunstunterricht, aber nicht ein zentrales Element in einem Hauptfach.
Naja, es ist ja nun auch nicht gerade so, dass Schüler in bis zu 13 Jahren Schule und Berufsschule/Hochschule keine handgeschriebenen Texte mehr produzierten ...

Sabine
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Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Sabine » 26.07.2014 20:26

Die Mengenlehre an sich möchte ich in ihrer Bedeutung nicht in Frage stellen - im Gegensatz zur Handschrift, und zwar möglichst einer, die man auf Dauer fließend schreiben kann, kam sie in meiner Schulzeit nicht mehr vor.
Schrift ist in meinen Augen eine Kulturerrungenschaft, das Schreiben also eine Kulturtechnik, die nicht "aussterben" sollte.

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Tenryu
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Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Tenryu » 27.07.2014 0:50

Peter Stegemann hat geschrieben:Ich wuesste gerne, was an der Mengenlehre Unsinn ist? Das ist ein wichtiges Teilgebiet der Mathematik.
Wer außer ein paar NW-Studenten braucht schon Mathematik, die über die Grundrechenarten hinausgeht? Oder wann hast du das letzte Mal außerhalb der Schule eine Differentialgleichung gelöst?

Grundsätzlich kann man schon sagen, daß in der Schule eine Menge unnützes Zeug gelehrt wird, während andere wichtige Fertigkeiten nicht unterrichtet werden.

Wieso lernt man in der Schule z.B. nicht Autofahren? Rund 80% der Bevölkerung sind Kraftfahrer. Aber nur ein Bruchteil davon ist Naturwissenschaftler. :roll:

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Cepasaccus
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Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Cepasaccus » 27.07.2014 1:02

Ich hab in der Schule schwimmen gelernt!

Noch zur Mathematik ein paar Beispiele aus der Praxis, wo man sich gewuenscht hat, dass derjenige mehr Ahnung von Mathe gehabt haette:

Handwerker: Verlegen eines Steinkreises um einen viereckigen Pfosten. Mangels Grundlagen in Geometrie waere er unrund geworden wenn nicht eingegriffen worden waere.

Juristen: Klammersetzung in Vertraegen. Das geht schon so Richtung Mengenlehre, weil bei Und-Verknuepfungen im komplexen Juristendeutsch nicht immer klar ist was zusammen gehoert und verknuepft wird.

Ableitungen habe ich aber auch nur in der Uni gebraucht.

Cepasaccus

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YETI
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Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von YETI » 27.07.2014 9:46

Tenryu hat geschrieben:
Peter Stegemann hat geschrieben:Ich wuesste gerne, was an der Mengenlehre Unsinn ist? Das ist ein wichtiges Teilgebiet der Mathematik.
Wer außer ein paar NW-Studenten braucht schon Mathematik, die über die Grundrechenarten hinausgeht? Oder wann hast du das letzte Mal außerhalb der Schule eine Differentialgleichung gelöst?

Grundsätzlich kann man schon sagen, daß in der Schule eine Menge unnützes Zeug gelehrt wird, während andere wichtige Fertigkeiten nicht unterrichtet werden.

Wieso lernt man in der Schule z.B. nicht Autofahren? Rund 80% der Bevölkerung sind Kraftfahrer. Aber nur ein Bruchteil davon ist Naturwissenschaftler. :roll:

Aus meiner eigenen Berufserfahrung ist es gerade in handwerklichen Berufen unbedingt nötig, gut rechnen zu können. Hätte ich nicht ständig kontrolliert und verbessert, was Ingeneure und Meister mir vorgerechnet haben, hätte ich fast nur für die Schrottkiste gearbeitet. Dabei ging es weit über die Grundrechenarten hinaus. Es wird von Akademikern oft unterschätzt, wieviel theoretisches Wissen auch in handwerklichen Berufen nötig ist.

Autofahren habe ich nicht gelernt, aber schon zu meiner Schulzeit wurde ein Fahradführerschein gemacht. Mehr lässt das Gesetz nicht zu, deshalb hat mir der Lehrer auch beigebracht, daß man erst 18 sein muß, bevor man Auto fahren darf.

Gruß

Andreas
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glucydur
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Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von glucydur » 27.07.2014 11:07

Tenryu hat geschrieben:Wer außer ein paar NW-Studenten braucht schon Mathematik, die über die Grundrechenarten hinausgeht? Oder wann hast du das letzte Mal außerhalb der Schule eine Differentialgleichung gelöst?
YETI hat geschrieben:Aus meiner eigenen Berufserfahrung ist es gerade in handwerklichen Berufen unbedingt nötig, gut rechnen zu können. Hätte ich nicht ständig kontrolliert und verbessert, was Ingeneure und Meister mir vorgerechnet haben, hätte ich fast nur für die Schrottkiste gearbeitet. Dabei ging es weit über die Grundrechenarten hinaus. Es wird von Akademikern oft unterschätzt, wieviel theoretisches Wissen auch in handwerklichen Berufen nötig ist.
Endlich sagt das mal jemand. Es ist keineswegs so wie Tenryu das dargestellt hat, dass Mathematik eine Elfenbeinturm-Hilfswissenschaft für abgedrehte Naturwissenschaftler ist. Ohne Mathematik und exakte Berechnungen würde Tenryu keinen modernen Füllfederhalter mehr in den Händen halten, geschweige denn ein Auto fahren können. Die Herstellung der einzelnen Bauteile, die übrigens berechnet werden müssen, wird heutzutage von modernen, computergesteuerten Werkzeugmaschinen erledigt, die auf mathematischen Algorithmen basieren. Und wer entwickelt und programmiert solche Maschinen? Auch könnte er nicht mit uns kommunizieren, weil er keinen Computer hätte, der auf dem Binärcode basiert. Auch die Software, auf der dieses Forum basiert, würde nicht existieren, weil der entwickelnde Informatiker bzw. Programmierer diese ohne mathematische Kenntnisse gar nicht entwickeln hätte können.

Und noch etwas: YETI spricht endlich mal etwas wichtiges an: Wir brauchen nicht nur Akademiker. Die scheinbar unaufhaltsame Akademisierung in unserer Gesellschaft ist eines der größten Standortrisiken für unseren Wirtschaftsstandort. Was wäre unser Maschinenbau oder unsere Automobilindustrie bspw. ohne die vielen gut ausgebildeten, mathematisch versierten Techniker, die die hochtrabenden Pläne der Ingenieure wieder einfangen und umsetzungsfähig machen. Es würde keine Maschine laufen, kein Auto fahren, kein neu entwickelter Füllfederhalter die Werkshallen von Pelikan, Montblanc, Lamy etc. verlassen. Überspitzt formuliert: Ein arbeitsloser Politologe, der nicht arbeitslos ist, weil er faul oder dumm ist, sondern deshalb arbeitslos ist, weil wir soviele Politologen wie ausgebildet werden einfach nicht brauchen, wird in der Regel kein Auto zusammenbauen können. Auch wenn er ein noch so schöne Handschrift hat...

Viele Grüße

Alexander
Gutta cavat lapidem.

Mr.Eyedropper

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Mr.Eyedropper » 27.07.2014 11:38

Ein arbeitsloser Politologe, der [...] deshalb arbeitslos ist, weil wir soviele Politologen[,] wie ausgebildet werden[,] einfach nicht brauchen, wird in der Regel kein Auto zusammenbauen können.
Die Aussage verstehe ich nicht. Willst Du damit sagen, dass gebrauchte und arbeitende Politologen im Gegensatz zu den arbeitslosen Politologen Autos zusammenbauen können? Oder gehts darum, dass Du der Auffassung bist, dass Personen, die vermeintlich fälschlich als Politologen ausgebildet wurden, besser in die Industrie gesteckt gehören oder dort fehlen?

Das halte ich für eine gewagte Behauptung, denn nichts schützt in Deutschland besser vor Arbeitslosigkeit wie eine akademische Ausbildung. Üblicherweise spricht man ja von drei Prozent arbeitslosen Akademikern - wohlgemerkt, drei von Prozent von den Akademikern, nicht drei Prozent von der deutschen Bevölkerung. Wenn man sich überlegt, dass da auch noch diejenigen reinzählen, die Sabbatjahre einlegen oder sich arbeitslos melden, während sie den Job wechseln oder gerade ihr Studium abgeschlossen haben, kann man sagen, dass unter Akademikern nahezu Vollbeschäftigung herrscht. Was man von Industriearbeitern in dieser Deutlichkeit jetzt nicht sagen kann.

Übrigens hat die Uni Düsseldorf gezeigt, dass sich die Zahl berufstätiger Politologen und Soziologen in den letzten 15 Jahren mehr als verdoppelt hat. Industriearbeitsplätze sind hingegen in den letzten Jahren auf dem Rückzug und verschieben sich zunehmend in den Niedriglohnsektor.

Wie ich an anderer Stelle schon sagte, ein plumpes Ausspielen der Berufe gegeneinander ist überhaupt nicht zielführend. Weder sind Akademiker unfähig, noch gibt es eine Autobauerromantik. Ich bin auch nicht für die Einteilung in nützlich und unnütz. In einer Gesellschaft gibt es nichts unnützes, denn alles hat irgendwie eine Funktion.

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Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von glucydur » 27.07.2014 12:09

Ich habe das bewusst überspitzt formuliert, um zur Diskussion und zum Nachdenken anzuregen. Ich bin froh, dass Du Deine Meinung darstellst. Selbstverständlich will ich nicht die eine gegen die andere Berufsgruppe ausspielen. Jeder hat seine Daseinsberechtigung. Niemand ist per se unnütz! Im Gegenteil. Mir ging es darum darzustellen, was in den Medien, der Politik und Arbeitswissenschaft aktuell unbestritten ist: Die zunehmende Akademisierung ist ein Standortrisiko, weil viele Betriebe händeringend nach Auszubildenden suchen und den vielen Schulabsolventen suggeriert wird, allein eine akademische Ausbildung sei das wahre. Die von Dir richtig zitierten geringen Arbeitslosenquoten unter Akademikern sind nur der Ist-Zustand. Übrigens sind die Arbeitslosenquoten in den Bereichen: Geschichte, Spziologie und Politologie die höchsten unter den Akademikern. Und Du darfst auch nicht vergessen, dass oft die Qualität der zugrunde liegenden Arbeitsverträge (Praktika, befristete Anstellungen) in diesen Bereichen sehr schlecht ist. Von den hohen Abbrecherquoten in vielen Studienfächern ganz zu schweigen. Mir tun die jungen Leute irgendwie leid...

Viele Grüße

Alexander
Gutta cavat lapidem.

Mr.Eyedropper

Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von Mr.Eyedropper » 27.07.2014 13:45

Das kann man ja auch so formulieren, dass es nicht als Klischee und Polemik rüberkommt ;)

Es liegt auch in der Hand der Industrie und der Handwerksbetriebe, für eine vermehrte Attraktivität der Ausbildung und späteren Berufs- und Beschäftigungsaussichten zu sorgen. Industrie und Handwerk können den Ausbildungsempfängern ja offensichtlich nicht glaubwürdig deutlich machen, dass man mit einer Berufausbildung eine solide und sichere Zukunft hat, dass man mit einem solchen Beruf auch mal Kinder und Familie ernähren kann. Durch Niedriglöhne, Zeitarbeit, Aufstockung durch Hartz IV, Werkverträge und Tendenz zum Abitur haben die sich ihren Standortnachteil selbst geschaffen. Mich wundert nicht, dass ihnen die Auszubildenden weglaufen und nur noch die bleiben, die keinen geraden Satz mehr schreiben können. Selbst schuld.

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Re: Prioritäten im Grundschullehrplan

Beitrag von glucydur » 27.07.2014 14:11

Ich gebe ja zu, dass das sehr zugespitzt war. :wink: Aber es ist manchmal notwendig zu pointieren, weil es dadurch zu einem echten Austausch von Argumenten kommt, wie man jetzt sehen kann. Vermeintliche political correctness verhindert nämlich oft diesen fruchtbaren Austausch. Es gibt sowohl Argumente für eine akademische Ausbildung wie auch eine duale Ausbildung. Übrigens stimmt es nicht, dass die Firmen sich nicht für die Attraktivität einer Ausbildung im betrieblichen Rahmen engagieren. Es gibt hier viele Unternehmen im Großraum Stuttgart, die dem Nachwuchs gute berufliche Perspektiven mit guten Fortbildungsmöglichkeiten und Gehaltsaussichten bieten. Oft sind die Lernbedingungen besser als in einem Audimax mit 500 Zuhörern oder überfüllten Seminarräumen. Außerdem wirst Du nicht glauben, was ein Meister bei Daimler oder Porsche verdient. Da bekomme ich mit meiner akademischen Ausbildung große Augen :shock:. Da könnte ich mir ganz schön viele Füller davon kaufen... :D Aber klar: So wie nicht jeder fürs Studium geeignet ist, ist auch nicht jeder für handwerkliche Tätigkeit geeignet. Man sollte letztendlich das machen, was einem auch wirklich liegt. Sonst wird man in seinem Beruf auch nicht glücklich.

Viele Grüße

Alexander
Gutta cavat lapidem.

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