Füller mit Geschichte

(älter als 30 Jahre)

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greatorg
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Füller mit Geschichte

Beitrag von greatorg »

Waum ich alte Füller mag

Neue Füller sind perfekt.
Ein Montblanc Meisterstück, ein Pelikan 800, ein Pilot Vanishing Point –
alles schöne, edle und technisch ausgereifte Schreibgeräte.
Warum ich alte Füller vorziehe? Warum ich mich nur zu gerne mit eingetrockneten Tintensäcken,
Schrammen, verdreckten Federn und Tintenfingern plage?
Weil es alte Füller gibt, die wunderbare Federn haben, es Füller mit Charakter und Geschichte gibt.

Hier möchte ich zwei Beispiele vorstellten.

Ein schwarzer Mercedes.
Über die Marke weiß ich nicht viel, immerhin aber dass oft wunderbar weiche, flexible Feder drin stecken.
Dies ist so ein Beispiel. Die Mercedes Original-Goldfeder ist ein Traum.
Was mich zunächst störte war eine Gravur, die mir allerdings bekannt vorkam.
Klar, wer kennt nicht „Fritz Schimpf, Tübingen“. Ich schrieb eine Mail, um zu erfahren,
was es mit dem schönen Schreiber auf sich hatte.
Die Lösung war einfach: Im Jahre 1955 feierte der Laden sein 75-jähriges Bestehen
und bot seiner Kundschaft etwas besonders Schönes: den Mercedes.
Jetzt tut er für mich das, was er am besten kann. Schreiben.
Gefüllt wird er übrigens mit „Fritzrot“, der Tinte, die Fritz Schimpf zu seinem Jubiläum
im vergangenen Jahr angeboten hat. Er ist mir lieb und teuer.

Er sah auf den ersten Blick wunderbar aus, der alte Melbi.
Grün-schwarz-braun gemustert, reich verzierter Clip, flacher Kappenkopf aus Hartgummi,
zwei blitzende Kappenringe. Ein Schmuckstück mit Charakter.
Melbi ist heutzutage so gut wie vergessen. Die Firma wurde von den Herren Merz (ja, der mit den Dragees)
und Krell 1920 gegründet, produzierte unter anderen für Pelikan und Goldfink,
und wurde später von Senator geschluckt.
Und er verrät einen Zipfel seiner Gesichte durch eine Gravur:
„Alber Rosenhain, Berlin“.
Albert Rosenhain betrieb in Berlin ein Warenhaus für Luxus- und Lederwaren,
berühmt waren vor allem die hochwertigen Reisekoffer, die heute noch gelegentlich
auf Auktionen angeboten werden. Das Warenhaus hatte Tradition,
wurde allerdings 1938 von den Nazis als jüdisches Geschäft „liquidiert“.
Aus den spärlichen Infos, die ich aus dem Netz ziehen konnte,
geht hervor, dass die Inhaber es nach London schafften
und dort wieder ein Geschäft eröffnete, das 1940 ausgebombt wurde.
Und der Stift? Da kann man nur spekulierten.
Dem Firmengründer Albert Rosenhain kann er nicht gehört haben, der starb 1916.
Wurde auch dieser Schreiber zu einem Firmenjubiläum verkauft,
gehörte er zum Sortiment, lag er noch in der Auslage, als der Pöbel kam?
Was macht ein Nazi mit einem Füller, der einen jüdischen Namen trägt?
Was macht ein Mensch inmitten von Nazis mit einem Füller, der einen jüdischen Namen trägt?
Man muss nicht alle Fragen beantwortet bekommen.
Fest steht: Der Füller ist ein wundervoller Schreiber, den ich jedem modernen Stift vorziehe.
Und er ist ein Stück deutscher Geschichte.

Und warum mögt ihr alte Füller?

Gero
May your fingers always be ink-stained
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stift
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Re: Füller mit Geschichte

Beitrag von stift »

Hallo
Ist auch so der Grund oder auch die Neugier wer oder wem der Füller gehört hat.
Und vor allem es werden solche Füller nicht mehr hergestellt.
Der nächste Grund ist auch !Wenn er nicht funktioniert kann ich meine Füller alle wieder Reparieren was bei neuen Füllern
nicht so der Fall ist.
Ich sage es ist eine eigene Welt in der man sich da bewegt,anders kann ich es nicht ausdrücken.
Hier mein fertiges Meisterstück aus den Jahren 1931 bis 1934 und dazu ein altes Buch aus dem Jahr 1736 es ist das Flair des Alten.
Grüße Harald
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reduziert
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Re: Füller mit Geschichte

Beitrag von reduziert »

Ich habe doch so einige neue und neuwertige, nennen wir sie moderne, Füller. Und die mag ich heiß und innig, ich schreibe gerne mit ihnen, ich habe sie wechselnd "außerhalb" bei mir. Füller kommen täglich zum Einsatz, im harten Schulalltag eines Lehrers, am heimischen Schreibtisch, im Alltag.

Und doch haben diese Füller nich das "Geschmäckle", das ich an meinen alten Füllern so mag.

Seien es Hebelfüller aus den 1920ern-1960ern, seien es Druckknopffüller, seien es Eyedropper, seien es meine wundervollen Saftey-Pens.

Geht es euch auch so, bei den alten Burschen kommt man ins Schwärmen, ganz automatisch.

Schöner Thread könnte das werden. Mit Bildern eventuell noch schöner?! :mrgreen:

Schöne Grüße
Thorsten
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glucydur
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Re: Füller mit Geschichte

Beitrag von glucydur »

Kompliment. Endlich mal wieder ein Thread, wo Kontexte geschaffen und Geschichten erzählt werden. Der Füller als solches ist ein lebloses Objekt. Er wird erst dann beseelt, wenn ein Mensch eine (persönliche) Geschichte damit verbindet. Insofern sind alte Füller tendenziell interessanter und emotionaler. Aber man darf auch nicht vergessen: Ein heute "alter" Füller wurde auch einmal neu gekauft. Ein heute erworbener Füller wird in 20-40 Jahren gleichfalls eine Geschichte erzählen. In diesem Zusammenhang fällt mir eine Marketing-Botschaft der Fa. Patek Philippe ein, die zunächst mal nur eine verkaufsfördernde Wirkung haben soll, aber sie trägt einen wahren Kern in sich: "Beginnen Sie Ihre eigene Tradition". Ein im Jahr 2016 gekaufter M805 Stresemann kann, wenn er an die nächste Generation weiter gegeben wird, für den Nachfahren ein sehr persönliches und emotionales Stück Geschichte sein. Man muss das Thema also immer auch vom Anfang denken.

VG

Alexander
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Nitschewo
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Re: Füller mit Geschichte

Beitrag von Nitschewo »

Eine meiner Freundinnen sieht meinen Flohmarkt-Arbeitsplatz sehr kritisch: Ihr sind meine alten Füller nicht sympathisch, und zwar vor eben jenem Hintergrund, den Gero in der Geschichte des Melbi anspricht. Sie würde sich, sagt sie, vermutlich unwohl beim Schreiben mit einem Stift speziell aus den 30er/40er Jahre fühlen, weil sie im Hinterkopf immer die Frage nach seiner Geschichte hätte.

In meinem Hinterkopf, so meine Antwort, sähe es ganz ähnlich aus. Nur dass mir das den Stift nicht unsympathisch mache. Denn der ist immer noch ein Meisterwerk der Technik, das die Zeiten überdauert hat. Und mir etwas zu erzählen hat.

Mein letzter Flohmarktfund war ein Kaweco Dia 85A, ein bisschen zerschrammt und mit stumpfen Beschlägen, abstehendem Clip und eingetrübtem Tintenfenster. Die Feder war nicht mehr original und dunkelblau von eingetrockneter Tinte. Mit Mühe und einer guten Lupe konnte ich noch "Iridium Point" darauf entziffern. Als ich sie zuhause ausbaute und in eine Wasserschüssel legte, stieg eine gewaltige blaue Wolke auf, und zum Vorschein kam eine Edelstahlfeder, die wie neu aussah.

Ein bisschen Recherche ergab, dass es sich bei der Feder mit dem stolzen Löwenkopf um ein Produkt von Georg Peter Rupp handelte, der bei Kaweco gearbeitet und später seine eigene Firma für die Fertigung von Füllhalterfedern gegründet hatte. Rupp produzierte von 1929 bis 1975 - so nagelneu konnte die Feder also doch nicht sein.

Welche Geschichte erzählt mir nun der Kaweco? Er hat ein paar Macken und Kratzer, wurde also fleißig gebraucht. Der Clip steht ab, demnach hat er jemanden lange Zeit in der Tasche eines Jackets begleitet. Und die Rupp-Feder? Vielleicht wurde sie bewusst beim Austausch ausgewählt, um den Bezug zu Kaweco zu erhalten: Eine gewisse Originalität scheint dem Schreiber wichtig gewesen zu sein, auch wenn vielleicht praktische Überlegungen wie Robustheit und Alltagstauglichkeit im Vordergrund standen.

Ich behandle den Kaweco mit Respekt. Und meinem ersten "richtigen" Füller, meinem M600 aus den Neunzigern, wünsche ich, dass er irgendeines fernen Tages einem freundlichen Flohmarktkunden etwas über mich erzählt.

LG,

Bianka

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Linceo
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Re: Füller mit Geschichte

Beitrag von Linceo »

Das ist ein tolles Exemplar, Dein Kaweco. Die Feder ist königlich!
Wie schreibt sie denn, Bianka?

Auch ich mag Füller, die Geschichten erzählen, auch wenn ich in den letzten beiden Jahren mehrheitlich neue oder mehr oder weniger neuwertige Füller gekauft habe.
Aus diesem Grunde stören mich bei älteren Füller auch Namensgravuren überhaupt nicht und gern frage ich den Verkäufer, ob er mir etwas zu dem Namen erzählen kann. So kam vor knapp zwei Jahren dieses Pelikan 400 Set zu mir. Die Verkäuferin konnte mir berichten, diese Hannelore sei in den 50ern als junge Frau als Kindermädchen in ihre Familie in Hamburg gekommen und dann als gute Seele der Familie bis zu ihrem Tod als alte Frau geblieben. Die Kinder, die sie einst hütete, haben später sie im Alter gepflegt.
Ihren Pelikan soll sie sehr geliebt und bis fast zuletzt benutzt haben.
Auf die Frage, warum sie ihn dann verkaufe, meinte sie, die Ur-Besitzerin habe gewollt, dass er weiter geliebt und benutzt werde.

So halte ich ihn also in Ehren und freue mich regelmäßig an seiner schönen Feder und seinem schönen "Kleid" - und ich liebe ja bekanntlich die schildpatten Pelikane besonders. Mein erster selbst erarbeiteter Füller war 1986 auch ein brauner M400 und begleitete mich durch's Studium und wird bis heute fast täglich benutzt.
Und Hannelores Druckbleistift hat mich endlich davon überzeugt, dass derlei Stifte kein unnützer Beifang, sondern ausgesprochen angenehme Schreiber sind.

Also, hier ein Bild von dem schönen Duo:
Pelikan 400 mit Gravur.jpg
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Nitschewo
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Re: Füller mit Geschichte

Beitrag von Nitschewo »

Linceo hat geschrieben:Das ist ein tolles Exemplar, Dein Kaweco. Die Feder ist königlich!
Wie schreibt sie denn, Bianka?
Die Feder ist halbwegs flexibel, der Tintenfluss sehr ordentlich; mir persönlich ist sie ein bisschen zu fein, ich schreibe am liebsten mit M-Federn, die mehr zu "B" als zu "F" tendieren. Aber sie bleibt natürlich drin! Die ursprüngliche Originalfeder muss übrigens eine OB gewesen sein.

Frau Hannelore, übrigens, kann ich sehr gut verstehen. Dass sie ihren Pelikan in schreibenden Händen wissen wollte, ist ein schöner Gedanke. Und bei dir ist er ja wunderbar aufgehoben!

LG,
Bianka
Viele Grüße

Bianka

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aljen
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Re: Füller mit Geschichte

Beitrag von aljen »

Die alten Füller sind für mich, welch eine tiefgründige Entdeckung, alten Fotografien vergleichbar:

„auf dem planfilm fixiert
dieser eine moment
für den es noch nicht einmal
eine bedenkzeit gab.

[…]

auf halber strecke gestopptes lächeln.
und
hält man an unsrem mund taschenspiegel
jeder zuschauer wird sagen:
sie sind doch bereits tot.“
Et in Arcadia ego.
August
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Re: Füller mit Geschichte

Beitrag von August »

Neue Füller müssen erstmal schreiben lernen, finde ich. Meine alten Füller hingegen, die können das schon. Und beim Schreiben kann ich sie immer besser kennenlernen. Das empfinde ich immer wieder als einen ganz kostbaren Prozess, so einen alten Füller für mich ganz neu zu entdecken. Das sind ja schon gereifte Persönlichkeiten, diese Alten. Und manchmal erscheint es mir, als würden sie mich das Schreiben lehren. Jeder schreibt anders und jede Feder hat ihren eigenen Charakter. Jede alte Feder scheint meine Schrift auf ihre ganz eigene Art zu beeinflussen, auch in dem, was inhaltlich aus mir herausfließt. Die Alten vermitteln das in mir Verborgene nach außen, hinein in die sichtbare Welt. Auf diese Weise schreibe ich meine Geschichte, meine ganz eigene persönliche Lebensgeschichte. Mit Füllern, die selber Geschichte haben. Geschichten, die ich gar nicht kenne, von denen ich aber weiß, dass es sie gibt. Ahnen, spüren, spekulieren – ich weiß es nicht, aber irgendetwas wirkt in mir, wenn ich mich darauf einlasse: Ich bin nicht allein mit meiner Lebensgeschichte. Ich sehe mich in einer Reihe stehen mit meinen mir unbekannten Vorbesitzern. Das finde ich schön. Und irgendwie beruhigend.


Mein „Good Service“ aus den 30‘er Jahren – hier fasziniert mich das allmähliche Verschwinden des Eindruckes, auch durch meinen eigenen Gebrauch. Er ist einer meiner liebsten Füller, die Feder schreibt sich herrlich.

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Dieser ist wohl eher ein hässliches Entlein, aber ich liebe diesen Füller:

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Hier die dazugehörige Feder – ganz wunderbar schreibt es sich damit.
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Von diesem alten Sicherheitsfüller mag ich auch den Clip besonders gern:
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Hier die Feder:
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Noch ein schöner Clip:
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Und die dazugehörige Feder – sie ist hart wie ein Nagel, schreibt aber ganz wunderbar fein:
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Die Feder vom Summit Cadet, der war noch so gut wie unbenutzt und wir zwei Alten finden nun ganz neu zueinander:
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Was mir noch wichtig ist, das ist der Weg, wie sie in mein Leben kamen - ich bin nur ein "user", nur ein Liebhaber - kein Restaurateur, nicht mal ein Bastler. Viel Dank an Jörg für das Überlassen dieser Kostbarkeiten.
Viele Grüße
Achim
buchfan
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Re: Füller mit Geschichte

Beitrag von buchfan »

Es sind so schöne Geschichten, die ihr erzählt. Da ist mir gleich mein kleiner Füller eingefallen, der meinen Spitznamen trägt.
Und hier die Geschichte dazu:
Ich habe mal in der Bucht ein Konvolut an alten schwarzen Füllern auf einem Foto gesehen. Auf einem der Füller stand mein Name: Mecki. Also Gravur. Ich habe sofort geboten (die Füller waren einzeln abzugeben) und mich gefreut wie Bolle. Als der Füller kam, war es ein anderer, obwohl ich gebeten hatte, mir den Mecki-Füller zu schicken. Sofort nachgefragt und kurz darauf kam der kleine Schwarze zu mir, als Geschenk. Ich habe mich sehr gefreut. Ich weiß nicht, wieso der Füller die Gravur trägt. Aber er ist mein persönlicher Schatz, mit dem ich nur selten schreibe.
Ich lasse normalerweise meine Füller (oder andere Schreibgeräte) nicht gravieren. Aber vor einigen Tagen habe ich mir einen Loom bestellt, eine Gravur war inbegriffen. Habe ich machen lassen, der Spitzname Mecki sollte drauf. Und siehe da: Mir gefällt die Gravur. Aber der schwarze alte Mecki-Füller ist einfach unerreichbar. Eben weil er eine eigene Geschichte hat, die ihn über den Namen zu mir geführt hat.

lg
mecki
Frodo
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Re: Füller mit Geschichte

Beitrag von Frodo »

Dieser Parker Duofold "Big Red" gehörte Paul Binger. Binger war Bankdirektor in Mannheim und machte nebenbei auch treuhänderische Wirtschaftsgutachten. 1928 kamen der Parker Betriebsleiter Palmer, C.J. Lamy und Kenneth Parker nach Deutschland um mit der Firma Böhler & Cie. (Osmia) ein Joint Venture zu projektieren, doch wurde die vergleichsweise kleine Firma gleich vollständig von Parker aufgekauft. Die Expertise über den Wert der Osmia machte Paul Binger, der neben seinem vereinbarten Salär auch einen gravierten Füllhalter als persönliches Geschenk von Kenneth Parker erhielt.
Gruss, Frodo
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greatorg
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Re: Füller mit Geschichte

Beitrag von greatorg »

Das ist doch mal eine tolle Geschichten. Jetzt bin ich plötzlich enttäuscht,
dass mein Big Red keine PRÄGUNG hat.

Gero
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glucydur
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Re: Füller mit Geschichte

Beitrag von glucydur »

Eine sehr schöne Geschichte. Besonders macht sie, dass der ehemalige Parker Duofold Besitzer einen Bezug zur Geschichte von Parker/Osmia hat. Darüber hinaus ist dieser Füller einfach eine Ikone.

VG

Alexander
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Frodo
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Re: Füller mit Geschichte

Beitrag von Frodo »

Ja, danke Alexander. Der thread heißt ja auch: Füllhalter mit Geschichte und nicht "mit Geschichtchen".
Einen mit ähnlichem Aufdruck wie im ersten Beitrag von "greatorg" hab ich noch:
Ein Osmia Supra Progress in Zelluloid Braun- Perl. Die Progress- Füllmethode ähnelte den Parker Diaphragma Füllern. Nach einer Drehung gab der Füllknopf eine Mini- Pumpe frei mit der Tinte eingesaugt werden konnte.
Der Füller trägt den Aufdruck: Adolf Schweitzer Aachen. Dieses war das rennomierteste und traditionsreichste Schreibwarengeschäft in weitem Umkreis, welches Osmia Schreibgeräte als "Hausmarke" anbot.
In diesem Geschäft wurde möglicherweise auch der Füller gekauft, über den unter den Liebhaberrn der englischsprachigen Foren immer wieder heftig diskutiert wird: Der Füllhalter von Anne Frank. Obwohl sie über ihr geliebtes Schreibgerät auch eine Ode verfasst hatte, ist doch die Art des Füllers unbekannt. Der Füller stammte von ihrer Tante aus Aachen und es würde mich freuen wenn, trotz der Behauptungen aus den USA, es sei ein grüner MB gewesen, der Füller ebenfalls im Hause Osmia hergestellt worden wäre.
Der Füller selbst existiert nicht mehr, er wurde versehentlich gemeinsam mit Abfällen in den Ofen geworfen.
Gruss Frodo
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Frodo
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Re: Füller mit Geschichte

Beitrag von Frodo »

100 namenlose Klicks weiter.
Ein einfacher schwarzer Kolbenfüller der Firma Matador mit dem Aufdruck: E. S. "Robert Ley".
Dies ist der Name eines Fahrgastschiffes der ns- Organisation "Kraft durch Freude", welches zusammen mit der "Wilhelm Gustloff" seit 1939 Kreuzfahrten für verdiente Mitglieder der "nationalen arbeitsfront" machte. Möglicherweise konnte man diese Füller an Bord kaufen. Der Füller trägt kein weiteres politisches Emblem.
Während des Krieges wurden die Schiffe auch als Truppentransporter sowie als Krankenhaus- Schiffe gebraucht. Gegen Ende des Krieges wurden zahlreiche Flüchtlinge aus Ostpreußen über die Ostsee evakuiert. Die "Wilhelm Gustloff" sank mit etwa 9000 Menschen nachdem sie von sowjetischen U- Boot- Torpedos getroffen worden war. Die "Robert Ley" brannte im Hamburger Hafen nach einem englischen Luftangriff aus.
Gruss, Frodo
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