Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

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Kael
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Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von Kael » 10.01.2019 4:27

Hallo zusammen!
Ich wollte mich mal erkundigen bezüglich dieses 'Schreibgerätes' - ich dachte mir bestimmt hier finde ich antworten dazu :)

Und zwar geht es auch eher um das 'Handwerk des Schreibens selbst'.

Immerhin musste für so etwas auch einiges an Aufwand betrieben werden.

Es geht dahingehend vor allem aber auch um mögliche 'Heimmöglichkeiten' um dieses Handwerk umzusetzen.

Wie sieht denn so eine Prozedur aus:

1. Federkiele besorgen! (Gänsekiele z.B.)
2. Federkiele härten in dem man sie in Kohlen legt / härten in dem man sie in heißen Sand legt(darf nicht zu heiß oder zu kalt sein)
3. Federkiele zuschneiden und Mark entfernen.

Nun stellt sich für mich vor allem die Frage bei zweiterem: Ich kann ja schlecht einfach in meiner Wohnung den Grill anzünden (und draußen vor der Tür ist das auch so eine Sache) - Hingegen mit erhitztem Sand wäre eine Möglichkeit vorhanden (wenn man es denn heiß genug bekommt) - Nun wollte ich fragen ob hier jemand mit so etwas Erfahrung hat und ob ein 'Teelichthalter' ausreicht der eine kleine Sandschale erhitzt in dem man die Federkiele dann hineintunken kann. Oder ob man dafür dann schon mehr Aufwand betreiben müsste.

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NicolausPiscator
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Re: Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von NicolausPiscator » 10.01.2019 7:03

Das geht auch mit heißem Wasser, einfach die Kiele auskochen. Allerdings kann man die auch gehärtet kaufen, denn das Härten ist gar nicht so einfach. Das Zuschneiden hingegen schon. Viel Erfolg!

Kael
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Re: Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von Kael » 10.01.2019 7:24

Hast du dafür eine Anleitung oder Quelle? ich habe es bisher nur mit erhitzten Kohlen oder erhitzten Sand gesehen?

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Pelle13
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Re: Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von Pelle13 » 10.01.2019 8:21

Moin,

also ich kenne auch nur Anleitungen, bei denen man den Gänsekiel in heißem Sand (leider ohne konkrete Temperaturangaben) aushärten soll. Den Sand kann man heutzutage natürlich ganz unproblematisch im Backofen erhitzen - dies scheint mir sinnvoller zu sein, als einen Kohlegrill in der Wohnung anzuwerfen. ;) Probiert habe ich die Federkielherstellung allerdings noch nie selbst, denn dafür waren mir schon die Schritte vor dem Aushärten zu umständlich. Hier die Anleitung, die ich kenne:

Zum Schreiben eigneten sich überwiegend die äußeren fünf großen Federn jedes Flügels, wobei wegen der leichten Biegung der Federn die des linken Flügels für Rechtshänder deutlich besser geeignet waren (für Linkshänder dagegen die Federn des rechten Flügels). Oft wurde, um den Federkiel handlicher zu machen, die Befiederung eingekürzt.
Federkiele waren sogenannte Tauchfedern, aber etwas aufwändiger in der Herstellung als die bis dahin gebräuchlichen Schilfrohre und Bambusfedern. Zuerst musste der Gänsekiel schräg angeschnitten und das enthaltene Mark entweder entfernt oder hochgeschoben werden. Anschließend wurden die Kiele in Wasser stehend gründlich eingeweicht (bis der Kiel ganz weiß wurde). War dies geschehen, steckte man die Spitze des Kiels zum Aushärten in einen mit heißem Sand gefüllten Eimer (die Kielspitze wurde durch diese Behandlung durchsichtig). Zum Schluss musste der Kiel noch durch Schaben äußerlich von seiner Haut etc. befreit werden, bevor die Federspitze sorgfältig zugeschnitten werden konnte.


Mit einem "echten Gänsekiel" (dabei meine ich nicht die moderne Variante mit Metallfeder, oder gar mit einem eingeschobenen Kugelschreiber) habe ich noch nie geschrieben, mit Schilfrohren und Bambusfedern dagegen schon. Insofern finde ich Dein Experiment spannend und würde gerne irgendwann hören, ob Du nutzbare Federkiele herstellen konntest.

Liebe Grüße,
Dagmar

PS: Herzlich willkommen bei Penexchange.
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Re: Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von Kael » 10.01.2019 9:06

Hallo Dagmar!
Ja die Anleitung kenne ich ebenfalls. Allerdings im Backofen erhitzen ist für mich eher unpraktisch. Vor allem da ich auch im 'Feldversuch' damit arbeiten können sollte. (Beschäftigung auf Veranstaltungen ^^)
Und da müsste ich entweder einen kleinen Ofen oder etwas anderes hinstellen, wenn ich mir denn Kohlen dafür klauen dürfte :twisted:

Daher auch die Frage mit dem erhitzen über eine Art 'Teelichthalter'


Eine alternative wäre immer noch das Schilfrohr - da ist vor allem aber die Frage: Woher diese beziehen? Kann ich mir da einfach so eine Schilfrohrmatte aus dem Baumarkt holen und anfangen da loszuschneiden? 8-)

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Re: Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von Mahlekolben » 10.01.2019 9:47

Was sind das denn für Vorführungen? Mittelaltermärkte?

Hmmm. Da ist man ja schon mal ein wenig eingeschränkt, wenn's authentisch bleiben soll. Eine kleine Feuerstelle ist aber an den meisten Ständen vorhanden.

Ansonsten: Wenn Du Wassser kochen willst, weißt Du, dass Du mit einem Camping- oder Esbitkocher im Feld gut zurecht kommst.

Wie heiß muss der Sand denn gemacht werden - und: Wieviel Sand muss es denn sein? Etwa eine Konservendose voll?

Das sollte auch zuhause mit einem Kartuschenbrenner gehen - bis hin zur Verglasung. Da sich der Sand in der Konservendose nicht (wie Wasser) von alleine bewegt, würde ich von oben erhitzen und mit einem Löffel rühren.

Sand hat (aus meiner Sicht) schnell Wärme aufgenommen und erstaunlich gut gehalten: Bei einem Feuerschweiß-Versuch hatte ich eine Schale Sand und meinte nun, mit den Fingern Sand auf den glühenden Stahl streuseln zu müssen. Spätestens der dritte Griff riet mir dann dringend zum Löffel...
Viele Grüße

Michael

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Re: Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von Kael » 10.01.2019 10:08

Das wäre die nächste Frage die es zu testen gilt!
Ich weiß auch nicht 'Wo' es Literatur für so etwas gäbe, vielleicht irgendwo in einer alten historischen Bibliothek :) aber das zu finden ist glaube ich mühseliger als selbst Feldversuche durchzuführen.

Normales Wasser kochen sollte auch nicht sooooo das Problem sein. Nur hab ich wie gesagt noch nicht gehört das man damit die Gänsekiele 'vernünftig' erhärtet bekommt. Müsste ich auch ausprobieren.

Auch die Frage 'wie viel Sand' man benötigt oder wie heiß der werden muss, muss ich dann selbst testen. Letztlich ist die Menge des Sandes auch nicht so wichtig da der Sand als eine Art 'Kohleersatz' von Kohle benutzt wird. Die 'genaueste Beschreibung' die ich dort gefunden habe war: "Beim hineinschieben in den Sand muss es zischen"

Kartuschenbrenner sind auf Veranstaltungen hingegen nicht erlaubt. Und die Veranstaltungen sind eher weniger Mittelaltermärkte als dann 4-6 Tage lange 'private' Events mit verschiedenen Geschichten.

Mein aktuelles Ziel ist es eher etwas kleines zu haben mit dem ich es eben auch daheim testen um es dann - auch vernünftig auf den Veranstaltungen machen zu können :).

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Re: Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von Paperclip » 10.01.2019 10:31

Vielleicht helfen ein paar Internet Recherchen. Ich hab grad mal aus Neugier ein bisschen geguckt. Auch zum Härten findet man was. Soll aber unnötig sein, wenn man Schwingenfedern verwendet, die bei der Mauser von allein ausgefallen sind.

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Re: Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von NicolausPiscator » 10.01.2019 13:45

Wo genau ich damals die Anleitung für das Aushärten der Gänsekiele im heißen Wasser gefunden habe, kann ich leider nicht sagen. Das ist fast zwei Jahre her, dass ich das gemacht habe. Für geruchsempfindliche Menschen eine Zumutung, weil die ganze Küche dann sehr intensiv nach Gans riecht. Bei der Sandmethode hatte ich gelesen, dass sie Erfahrung brauche, die Wasser-Methode hingegen idiotensicher sei. Ich hatte mir auch verschiedene Gänsekiele besorgt: Unbehandelte, gehärtete, geschnittene und angeschnittene, auch eine historische. Ich wollte das Schreibgefühl nachvollziehen wie auch den Wechsel vom Kiel zur Feder aus Metall und zu Füller. Die Sand-Aushärtung habe ich nur in Videos gesehen und mit Schaubildchen. Eine Vorführung habe ich noch nie gesehen.

Das Ergebnis meiner Experimente ist: Die moderne Feder im modernen Füller ist ein großartiges Schreibwerkzeug für den Alltag, die Gänsefeder ist interessant, bei manchen Tinten sogar superinteressant, weil sie ein ganz anderes shading macht, toll für Experimente und das, was ich gewissermaßen kalligrafiere, obwohl ich das nicht so nennen würde.

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Re: Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von Paperclip » 10.01.2019 14:57

In den Links:
https://www.kalligraphie.com/425-0-Gaensekiel.html
https://www.meinanzeiger.de/erfurt/c-ku ... itzt_a6677
https://de.wikihow.com/Aus-einer-Feder- ... herstellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Federkiel
https://www.geo.de/geolino/basteln/8317 ... hreibfeder

gibt es immer wieder Hinweise auf die geeignete Temperatur zur Härtung der Kiele. Wer da jeweils von wem abgeschrieben hat, konnte ich zwar auf die Schnelle nicht identifizieren, mir scheinen die Beiträge in Summe allerdings als Ausgangspunkt für eigene Experimente durchaus geeignet.

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Re: Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von Pelle13 » 10.01.2019 15:50

Kael hat geschrieben:
10.01.2019 9:06
Hallo Dagmar!

Eine alternative wäre immer noch das Schilfrohr - da ist vor allem aber die Frage: Woher diese beziehen? Kann ich mir da einfach so eine Schilfrohrmatte aus dem Baumarkt holen und anfangen da loszuschneiden? 8-)
Moin Kael,

Schilfrohr kann man sich im Herbst (und Winter) am Ufersaum vieler Seen und Flüssen schneiden ... und solange Du dies nicht im Naturschutzgebiet tust, oder ganze Berge erntest, sagt auch niemand etwas dazu. Die Schilfhalme sterben im Herbst sowieso ab und treiben erst im Frühjahr neu aus den Wurzeln aus. Ihre Fruchtstände dienen allerdings noch vielen Vögeln (z.B. Bartmeisen) als Winterfutter. Aber mit genügend Augenmaß sollte es schon gehen ... und Deine Federn wären dann von der Ernte bis zur Nutzung selbstgemacht.
Dazu noch eine schöne Eisengallus- oder Rußtinte nach altem Rezept und Dein Auftritt auf jeder Veranstaltung ist perfekt. Mit Kindern habe ich so etwas schon mehrfach gemacht und immer viel Begeisterung geweckt.

Viel Spaß,
Dagmar
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Re: Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von NicolausPiscator » 10.01.2019 17:00

Kalamoi habe ich auch schon selbst geschnitten, neben dem Schilfrohr geht auch - sogar sehr gut - Bambus.

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Re: Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von Pelle13 » 10.01.2019 17:39

NicolausPiscator hat geschrieben:
10.01.2019 17:00
Kalamoi habe ich auch schon selbst geschnitten, neben dem Schilfrohr geht auch - sogar sehr gut - Bambus.
Um Bambus selbst zu schneiden, braucht man allerdings einen etwas größeren eigenen Garten, oder gute Beziehungen zu einem botanischen Garten ... wenn dabei genug brauchbare Halme rauskommen sollen. ;)
Und zumindest für ein typisches (deutsches) Mittelalterfeeling ist der nichts. Dafür ist er aber leichter zu schneiden und deutlich haltbarer. Schön geschnittene Bambusfedern gibt es z.B. bei Boesner.

Ich bin dann ja mal gespannt, was Kael drauß macht,
Dagmar
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Re: Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von NicolausPiscator » 10.01.2019 20:35

Am Ende kann man sicherlich aus fast jedem Holz einen Kalamos schnitzen... Ausnahmen sind vielleicht besonders harte oder brüchige Hölzer. Ich bin da undogmatisch.

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Re: Historisches Schreibgerät - Der Federkiel

Beitrag von Skotty » 10.01.2019 21:34

Hallo,
Kael hat geschrieben:
10.01.2019 10:08
Kartuschenbrenner sind auf Veranstaltungen hingegen nicht erlaubt. Und die Veranstaltungen sind eher weniger Mittelaltermärkte als dann 4-6 Tage lange 'private' Events mit verschiedenen Geschichten.
Aha! Ein LARPer! :D

Das wußte ich gar nicht, daß man die Federkiele härten muß. Ich habe die immer so geschnitten und dann verwendet. :?
Jetzt wird mir auch klar, warum die nicht wirklich lange gehalten haben....

Gruß
Stephan

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