Aufpolieren: Ja oder Nein?

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Reformator
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Reformator » 09.11.2019 10:18

Hallo,
Seraphin hat geschrieben:
09.11.2019 0:05
Wie genau und womit machste das? Also das Polieren der Beschläge?
Ganz normale Silberpolitur und ein altes Geschirrtuch.
Bis demnächst...
Helge

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stift
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von stift » 09.11.2019 11:47

Hallo
Da ich heute schon vom Flohmarkt zu Hause ,bin wegen dem schlechten Wetter, möchte ich auch etwas dazu sagen.
Übers Polieren wurde eh schon öfter geschrieben,und die einen mögen es und die andern nicht.
Ich bin persönlich fürs Polieren,dh. notwendigerweise da ich ja jeden Füller den ich kaufe zerlege und dann auch poliere.
Geht für mich gar nicht anders den die Beschläge fallen mit der Zeit an und werden dunkel und ja wenn Kappe oder der Schaft eine Kleinigkeit hat wird der auch mit AUTOSOL poliert.
Es kommt auch immer wieder vor das ich Füller kaufe wo Reste vom Kleber gibt der halt auch in der Schublade mit dem Füller war.
So und jetzt ??
Kleber gehört auch runter und ist oft keine lustige Arbeit bis der runter ist.
Und auch jeder Profi poliert die Füller runter bevor er sie verkauft.
Liebe Grüße
Harald
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ddss
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von ddss » 09.11.2019 13:33

Hallo zusammen,

ich benutze zur Beseitigung von Kratzern in PMMA (und nur! für dieses Material, also z.B. Acryl-Harz, Plexiglas) schon sehr lange Xerapol (welches jetzt wohl unter dem Namen QUIXX Acryl Kratzer-Entferner verkauft wird). Die erste Tube habe ich mir zu einer Zeit gekauft als ich noch Motorrad gefahren bin, um die Kratzer vom Visier des Helms zu entfernen. Für die Fahrzeugtechnik wird das Mittel ja auch hauptsächlich beworben. Wirklich tubenweise habe ich das Mittel verbraucht, weil ich auch alte Plattenspieler sammle, repariere und restauriere, um die Plexiglashauben wieder in einen ansehnlichen Zustand zu versetzen (das ist dann wirklich eine Arbeit für jemanden, der Vater und Mutter erschlagen hat, denn einen Dremel o.ä. möchte ich nicht einsetzen, weil mir das Risiko - z.B. durch ein Körnchen, welches sich in der Polierhaube verfängt - einfach zu groß ist).

Ich habe auch den verlinkten Artikel zum FountainPen-Newsletter gelesen. Persönlich habe ich keinerlei negative Erfahrungen mit dem Mittel gemacht (möchte aber natürlich auch keine Garantie übernehmen). Meine Bedenken sind durch folgende Überlegung zerstreut worden: Wäre ein Mittel, welches schon so lange auf dem Markt ist und hauptsächlich in der Fahrzeugtechnik eingesetzt wird, tatsächlich gefährlich, so dass z.B. wirklich die Gefahr besteht, dass das Visier eines Motorrad-Helmes bei hoher Geschwindigkeit wegplatzt, wäre das Mittel längst vom Markt verschwunden und die Verantwortlichen beim Hersteller säßen in Haft.

Das Mittel trägt nicht ab, sondern löst die Oberfläche an und verschmilzt sie dann wieder. Mir ist es auf diese Weise auch schon gelungen, einen mittels Wärmeprägung angebrachten Firmenschriftzug auf einem Füller zu entfernen, ohne dass nennenswert Material abgetragen werden musste (danach hatte ich dann allerdings eine Blase am Polierfinger).

VG
Michael

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Strombomboli
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Strombomboli » 09.11.2019 14:56

Seraphin hat geschrieben:
09.11.2019 1:36
Hast du damit auch eigene Erfahrungen gemacht? Vielleicht sogar im Vergleich zur Polierpaste?
Ich hatte einen orangefarbenen Vintage-Sheaffer mit Benzin gereinigt, woraufhin es stumpfe Stellen gab, was mich betrübte. Mit dem Micro-Mesh habe ich die Stellen wieder glänzend gekriegt, die Sheaffer-Prägung blieb erhalten.

Ansonsten bin ich sehr für Polieren, es macht einfach Spaß. Die Gebrauchsspuren eines Füller würde ich nur erhalten wollen, wenn's meine eigenen wären.
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Mein Avatar ist ein Gemälde von Ilja Maschkow (1881-1944): Selbstporträt; 1911, das in der neuen Tretjakow-Galerie (am Krimskij Wal) in Moskau hängt, wo ich es fotografiert habe.

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Seraphin
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Seraphin » 10.11.2019 17:27

Vielen Dank für eure Antworten, da ist viel interessantes bei und vor allem auch Aspekte, die ich so gar nicht auf dem Schirm hatte.

Witzigerweise scheint hier aber tatsächlich ein gewisser Konsens zu bestehen, der insofern lautet, als dass die Spuren der Zeit bis zu einem gewissen Grad durchaus mit Stolz bewahrt werden sollten, wenngleich ein Beheben gravierenderer ästhetischer Mängel gerne und mit verschiedensten Mitteln (im Kern jedoch ähnlich, im Bereich der persönlichen Erfahrungen hat nunmal jeder sein bevorzugtes Mittelchen) durchgeführt wird.

Hinzu kommen ein paar durchaus objektive Fakten/Links, die sich für den interessierten Leser als überaus aufschlussreich darstellen können und sicherlich dem ein oder anderen helfen werden, der mal vor der Frage steht, ob und wie er sein altes Schreibgerät optisch wieder in Schuss bekommen kann.



Strombomboli hat geschrieben:
09.11.2019 14:56
Ansonsten bin ich sehr für Polieren, es macht einfach Spaß. Die Gebrauchsspuren eines Füller würde ich nur erhalten wollen, wenn's meine eigenen wären.
Dem kann ich nur zustimmen. Ich bin zurzeit mehr oder weniger im Polierwahn, wobei ich mich doch einigermaßen zügeln kann. Bei den Stiften bin ich besonders vorsichtig und behutsam, das ein oder andere Kratzerchen im Uhrenglas (wenns denn Kunststoffglas und kein Saphirglas ist) wurde aber schon entfernt und mein Siegelring auf Hochglanz poliert.
Mein Silberbesteck könnte auch wieder mal ne Politur vertragen. Allerdings ist das ne Mammutaufgabe die mich locker nen ganzen Tag kostet. Soweit geht der Spaß dann doch irgendwie nicht. Und so ne gewisse Patina sieht doch auch ganz nett aus, wenngleich manch Besucher erstmal bisschen blöd schaut wenn ich ihm nen Löffel fürn Kaffee reiche der teilweise schwarze Stellen hat :D
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Beginner » 12.11.2019 7:36

Grundsätzlich ja, aber: Ich habe in diesem Jahr ein Montblanc Meisterstück 146 (ohne LeGrand) gekauft, die Feder dunkel angelaufen, Korpus und Kappe mit matten Stellen und Kratzern. Man sieht ihm an, dass er gern genutzt wurde. Die Verkäuferin schrieb mir auf Nachfrage, dass ihr Vater den Füller sehr gern nutzte. Erst kurz vor seinem Tod in den 1990er Jahren schreib er seiner Ehefrau mit diesem Füller noch eine Karte. Seit dem wurde der Stift angeblich nicht mehr genutzt.

Bei mir darf er die Spuren der Vergangenheit weiter tragen. Die Feder ist ganz dunkel angelaufen, besonders das gefällt mir.

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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von greatorg » 12.11.2019 23:05

Funktionsfähig machen und Säubern ja - Cip, Feder und Kappenringe. Und dann noch einmal mit einer milden Paste drübergewischt. Das war's dann auch.
So mancher meiner geliebten Vorkriegs-Möhren hat schon eine Menge erlebt und von der Welt gesehen. Und das ist gut so. Kein Botox, keín Herumgeschnibbel, keine Schleifmaschine.
Ich selbst versuche, meine Runzeln mit Würde zu tragen. Da müssen auch meine alten Füller durch.
Fit, leistungsfähig - aber eben alt.
Ich möchte nicht, dass die alten Schönheiten so aussehen, als müssten sich sich in einer noblen Flughafen-Boutique neben Luxus-Lederwaren und glitzernden Manschettenknöpfen selbst zum Verkauf anbieten.

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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Kormoranfeder » 13.11.2019 8:24

Ich sehe das auch so, reparieren auf jeden Fall und benutzen sowieso. Polieren nur um den alten Dreck wegzubekommen, die alten dürfen auch gern alt aussehen.
Carsten

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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Seraphin » 21.11.2019 17:47

Beginner hat geschrieben:
12.11.2019 7:36
Grundsätzlich ja, aber: Ich habe in diesem Jahr ein Montblanc Meisterstück 146 (ohne LeGrand) gekauft, die Feder dunkel angelaufen, Korpus und Kappe mit matten Stellen und Kratzern. Man sieht ihm an, dass er gern genutzt wurde. Die Verkäuferin schrieb mir auf Nachfrage, dass ihr Vater den Füller sehr gern nutzte. Erst kurz vor seinem Tod in den 1990er Jahren schreib er seiner Ehefrau mit diesem Füller noch eine Karte. Seit dem wurde der Stift angeblich nicht mehr genutzt.

Bei mir darf er die Spuren der Vergangenheit weiter tragen. Die Feder ist ganz dunkel angelaufen, besonders das gefällt mir.

Roberto
Bei so ner besonderen Historie würd ichs mir wohl auch zweimal überlegen den zu stark bzw. überhaupt zu polieren. Solange er funktioniert hätt ich den vermutlich auch im Originalzustand belassen.
greatorg hat geschrieben:
12.11.2019 23:05
Funktionsfähig machen und Säubern ja - Cip, Feder und Kappenringe. Und dann noch einmal mit einer milden Paste drübergewischt. Das war's dann auch.
So mancher meiner geliebten Vorkriegs-Möhren hat schon eine Menge erlebt und von der Welt gesehen. Und das ist gut so. Kein Botox, keín Herumgeschnibbel, keine Schleifmaschine.
Ich selbst versuche, meine Runzeln mit Würde zu tragen. Da müssen auch meine alten Füller durch.
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Ich möchte nicht, dass die alten Schönheiten so aussehen, als müssten sich sich in einer noblen Flughafen-Boutique neben Luxus-Lederwaren und glitzernden Manschettenknöpfen selbst zum Verkauf anbieten.

Gero
Also Botox, Schnibbeln und Schleifen muss weder beim Füller noch bei mir selber sein. Aber ich rasier mich, schneide die Haare, trag schonmal ne Feuchtigkeitscreme auf, mach mir die Fingernägel (die kriegen auch tatsächlich schonmal ne leichte Politur. Auch als Kerl sieht das meiner Meinung nach ganz ordentlich aus). Meine alten, unschönen Narben hab ich mir neu und sauber vernäht etc. -> aber den Alterungsprozess an sich kann ich nicht aufhalten, nur eben gepflegt altern. Und so handhabe ich das auch mit den Füllern.
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von bella » 21.11.2019 18:26

Meine alten, unschönen Narben hab ich mir neu und sauber vernäht etc. -
😳
Das wirft Fragen auf 🤔

Matthias MUC
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Matthias MUC » 22.11.2019 1:10

bella hat geschrieben:
21.11.2019 18:26
Meine alten, unschönen Narben hab ich mir neu und sauber vernäht etc. -
😳
Das wirft Fragen auf 🤔
Spontanes Kopfkino:
Bild
Frankenstein's monster (Boris Karloff)
Universal Studios, NBCUniversal [Public domain], via Wikimedia Commons

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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von NicolausPiscator » 22.11.2019 6:51

Die Frage ist einfach beantwortet: Natürlich! Wer will denn mit einem abgeranzten Füller schreiben? Die Antworten hier im thread zeigen, wie auch viele Beispiele im Forum, dass sich Alter, Nutzung, Reparatur und Authentizität nicht widersprechen und dass das Aufmöbeln dem Erhalt des Stiftes und auch seines Wertes dient.

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Seraphin
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Seraphin » 22.11.2019 17:42

NicolausPiscator hat geschrieben:
22.11.2019 6:51
Die Frage ist einfach beantwortet: Natürlich! Wer will denn mit einem abgeranzten Füller schreiben? Die Antworten hier im thread zeigen, wie auch viele Beispiele im Forum, dass sich Alter, Nutzung, Reparatur und Authentizität nicht widersprechen und dass das Aufmöbeln dem Erhalt des Stiftes und auch seines Wertes dient.
Ich denke, dass es sicherlich Leute gibt, die es charmant finden einen "abgeranzten" Füller zu schreiben. So wie es ja durchaus auch gut aussehen kann, mit zerschlissener Jeans und abgewetzter Lederjacke rumzulaufen, oder hinkt der Vergleich?
bella hat geschrieben:
21.11.2019 18:26
Meine alten, unschönen Narben hab ich mir neu und sauber vernäht etc. -
😳
Das wirft Fragen auf 🤔
Selbst ist der Mann 8-)
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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von NicolausPiscator » 22.11.2019 19:01

Hmm... aber wenn die Jeans nicht gewaschen, das privateste öffentlich zugänglich und dazu die Jacke ein odeur d'horreur verströmt... gegen gepflegtes Alter und gekonntes Altern habe ich gar nichts einzuwenden, ganz im Gegenteil.

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Re: Aufpolieren: Ja oder Nein?

Beitrag von Seraphin » 22.11.2019 19:24

Ne also in dem Punkt sind wir dann durchaus d'accord.
Alle Menschen werden als Unikat geboren, doch die meisten sterben als Kopie. Daher bedenke: Mors certa, hora incerta!
Beschwere dich, doch mach es still. Ich höre dich, sofern ich will.

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