Böhler 56

(älter als 30 Jahre)

Moderatoren: desas, MarkIV, Linceo, Lamynator, Zollinger

Antworten
smic
Beiträge: 9
Registriert: 17.01.2010 12:51
Wohnort: Berlin

Böhler 56

Beitrag von smic »

Liebe Gemeinde,

ich bin neu hier und muß sagen, daß ich dieses Forum recht beeindruckend finde. So viel geballte Kompetenz und Detailwissen bei so einem freundlichen, hilfsbereiten Umgang miteinander - schön daß es das noch gibt!

Mein Interesse an (alten) Füllhaltern datiert erst aus dem letzten Jahr, die paar Stücke eine Sammlung zu nennen werde ich lange noch nicht wagen. Doch schon tun sich die ersten Fragen auf.

Ich bin nämlich vor kurzem an einen Böhler 56 gekommen. Wunderbare Verfassung, nahezu unbenutzt, noch in Originalverpackung mit Gebrauchsanweisung. Entgegen meinen Erwartungen war sogar der Kolben mit seiner Korkdichtung einwandfrei dicht, hat beim ersten Versuch angesaugt und nicht geleckt.
Ich war fasziniert. Besonders da ich zum ersten Mal einen Füller in der Hand hatte, der perfekt hineinpaßte. Dicke, Länge, vor allem das Gewicht, dann noch die guillochierte Oberfläche, die sich interessant anfühlt - ein Gedicht.
Dann kam der Schock: Nach dem ersten Befüllen mit Tinte (Manufactum Silbergrau) hatte ich noch keine halbe Seite vollgeschrieben, ehe mir die Tinte über die Finger leckte. Wo mochte die nur herkommen?
Optisch war auch mit einer starken Lupe nichts zu erkennen, aber durch vorsichtiges Abtasten mit einem Taschentuch fand ich dann einige winzige, unsichtbare Löchlein, die allesamt im taillierten Griffstück, dicht am Kappengewinde, lagen. Da ich über keinerlei Erfahrungen im Reparieren oder Restaurieren verfüge haderte ich zunächst ein wenig mit dem Schicksal, ehe ich mich auf eine intensivere Suche durch dieses Forum machte. Auch wenn ich dort nur wenig konkrete Tipps fand, war der, der mit weiterhalf, doch dabei: Nagellack.
Das blieb natürlich ein Risiko, da ich keine Vorstellung davon hatte, was der mit dem Zelluloid des Füllers anrichten würde. Aber nachdem erste Tests an einer versteckten Stelle mich beruhigt hatten habe ich einfach die betreffenden Stellen beherzt mit Nagellack überzogen.
Das Ergebnis war überaus erfreulich: Der Füller war wieder dicht, und der Nagellack kaum zu sehen. Naja, die Spezialisten hier würden es sofort merken, insgesamt aber ist die Reparatur sowohl optisch wie haptisch unauffällig. Danke für eure Tipps!

Nachdem das konkrete Problem gelöst war, begann das Nachdenken. Wie konnte es dazu kommen? Nach dem was ich bisher über die Fa. Böhler erfahren habe kann dieser Füller über 70 Jahre alt sein, aber kaum weniger als 60. Altert Zelluloid derart, daß solche Schäden von selbst eintreten können? Oder ist falsche Behandlung im Spiel? Und wenn ja, welche?
Ich selbst besitze diesen Füller erst wenige Tage. Natürlich habe ich ihn vorsichtig angefaßt, über den Vorbesitzer kann ich hingegen keine Auskunft geben. Brauchen Füller dieser Art besondere Rücksichtnahmen im irgendeiner Hinsicht, gibt es z.B. bekannte Unverträglichkeiten mit bestimmten Tinten, o. dgl.?
Vielleicht klingen meine Befürchtungen jetzt etwas paranoid, aber der geschilderte Schreck sitzt mir noch ein bißchen in den Knochen. Jedenfalls bin ich für alle Hinweise dankbar, damit ich nicht etwa aus Unkenntnis dieses schöne Stück beschädige.

Außerdem würde ich gern Näheres über den Füller erfahren. Böhler hat ja nicht lange unter eigenem Namen produziert - wo läßt sich der Typ 56 in die Modellgeschichte einordnen, wie lange ist er hergestellt worden? Ich habe hier auch schon ein Exemplar entdeckt, das absolut identisch aussieht, bis auf die Kappenprägung "Böhler Gold", die bei mir fehlt. Wie verhalten sich diese beiden zueinander?
Die Feder ist aus Stahl, mit einem wunderbar leicht goldenen Farbton, geprägt mit "Degussa 1. Qual." und einem schwer zu beschreibenden, viereckigen Symbol. Stärke BL (auf einem Aufkleber auf der Schachtel steht BBL), also breit mit Links-Schrägung, wobei mich vor allem der große Winkel der Schräge (min. 30° aus der Waagerechten) verwundert. Sie schreibt nicht wirklich weich, aber sehr flexibel, und trägt die Tinte sehr satt auf.
Die Spitze hat kein Korn. Ich habe irgendwo gelesen, daß reiner Stahl auf Papier "relativ schnell" abnutzt, was muß ich darunter jetzt verstehen?

Du meine Güte, so viele Fragen... Das nächte Mal laß' ich's langsamer angehen.

Versprochen!
Stephan
Da schmunzelte der Zauberer Kori-, Kora-, Korinte
und schwamm durchs ganze Tintenfaß und trank ein bißchen Tinte.
Antworten

Zurück zu „Alte Schreibgeräte/Oldies“