Die Lutherstraße liegt im Norden Leipzigs, der Neustadt Neuschönefeld. Von der damaligen Bebauung ist in dieser Straße nicht viel erhalten, die Nr. 9 ist heute ein Wohnhaus jüngeren Datums. Mein Großvater, geboren 1896 in Leipzig wohnte am anderen Ende der Stadt, erst in Connewitz, nach 1930 dann in neu erbauten Wohnhäusern in Marienbrunn. Als Lehrer brauchte er sicher einen Füllfederhalter. Es ist aber kein Erbstück vorhanden und nicht überliefert, ob er ein Leipziger Fabrikat nutzte.In das Handelsregister ist heute eingetragen worden:
1. Auf Blatt 22 967 die Firma „Ric-Lei-Gold“-Gesellschaft, Gebrüder Richter in Leipzig (Lutherstr. 9). Gesellschafter sind die Kaufleute Georg Ludwig Richter und Bruno Georg Wilhelm Richter, beide in Leipzig. Die Gesellschaft ist am 1. Januar 1924 errichtet worden. (Angegebener Geschäftszweig: Fabrikation und Vertrieb eines Füllfederhalters unter dem gesetzlich geschützten Warenzeichen „Ric-Lei-Gold“ und Vertrieb von Bürobedarfsartikeln.)
Die Firma Ric-Lei-Gold vertrieb ihre Füllhalter wohl vorrangig über Zeitungsannoncen und Postversand. So findet sich im Iserlohner Kreisanzeiger vom 4. Dezember 1931 auf Seite 23 eine große Anzeige unter dem Titel "Der Füllhalter für Sie!". Dort wird angeboten, sich eine Auswahl von Füllhaltern zusenden zu lassen und unverbindlich zu testen. Bezahlt werden sollte dann nur, was behalten würde.
Pikanterweise findet sich über der Anzeige ein "Artikel" von Dr. Rudolf Schulze-Mölkau mit dem Titel "Griffel und Schwert". Darin wird - mit völkischen Untertönen - die Bedeutung des transportablen Federhalters hervorgehoben. Zudem wird die Erfindung eines modernen Füllfederhalters nach Leipzig verlegt. Nebst Seitenhieben gegen neumodische "amerikanische" Füllsysteme und einer Betonung der Vorzüge eines Sicherheitshalters ("das dauernde Umspülen der Feder mit Tinte im geschlossenen Zustand") finden sich in dem Artikel auch Abbildungen aus dem "Archiv der Leipziger Füllhalter-Spezialfirma "Ric-Lei-Gold"-Gesellschaft". Ein Schelm, wer Böses denkt...
Kosten sollten die durchgängig mit 14-karätigen Goldfedern ausgestatteten Füllhalter 1931 zwischen 3,30 und 7,50 Reichsmark. Zur gleichen Zeit musste Montblanc seine Meisterstücke schon deutlich im Preis anheben. Mit Feder in Größe 4 kostete ein meisterlicher Sicherheitshalter 25 statt vorher 20 Reichsmark. Die Technik hatte sich allerdings gegenüber dem Meisterstück N°20 von 1924 nicht verändert... Für 7,50 Reichsmark bekam man gerade einmal den kleinsten Sicherheitshalter (Größe 00). Mein Achtkant-Sicherheitshalter N°2 schlug bereits mit 16,50 Reichsmark zu Buche.
Vielleicht waren die Preise zu günstig, oder die allgemeine Teuerung und Wirtschaftskrise ließen die Kundschaft seltener etwas bestellen. 1932 war schon wieder Schluss, die Firma musste aufgeben. Dennoch finden sich immer mal wieder Sicherheitshalter mit dem "Ric-Lei-Gold"-Schriftzug. Die Produkte waren offenbar recht solide gearbeitet. Bisher habe ich Sicherheitshalter in Größe 2,4 und 6 von Ric-Lei-Gold gesehen.
Weiß noch jemand etwas über die Firma? Oder kann vielleicht das ein oder andere Stück hier gezeigt werden? Laßt uns zusammen dieses Jubiläum gestalten!
Gespannt grüßt
Sebastian