"Normix"-Druckbleistift: Wer kennt ihn?

[Querkopf]

Liebe Bleistiftkenner,

vor einer Weile ist mir ein zierlicher Druckbleistift zugeflogen, über den ich absolut nichts weiß, aber gerne mehr wüsste. Jetzt hab' ich mich endlich aufgerafft, mal Fotos zu machen. Und frage euch: Fällt euch dazu was ein?

Was ich weiß, in Kürze:
- Metall, silberfarben, aber wohl kein Silber (keine Punze, läuft auch nicht so stark an wie Silber).
- 12 cm lang, achteckig, 8 mm Durchmesser, feine Kornguilloche.
- Druckmechanik, gut funktionierend. Nimmt 1,18 mm-Minen.
- Auf dem Clip - der hat die gebogene Form, die ich bei etlichen älteren Fend-Stiften gesehen habe, und endet in einem rundlich-schaufelförmigen Plättchen - steht, senkrecht, "Normix".
- Auf dem Kappenkopf ist das Logo der Friedrichshafener Metallfabrik ZF eingraviert.
- Zieht man das Käppi ab, ist auf dem Mechanik-Metall eine winzige Gravur zu erkennen: "Patent angem." - also "angemeldet". Von wem, steht da freilich nicht.

Bilder:

2023-10-22_Druckbleistift-4286-klein.jpg (105.98 KiB) 1152 mal betrachtet

Komplettansicht (ähm, ich sollte wohl mal wieder putzen ...)

2023-10-22_Druckbleistift-Clip-4281-klein.jpg (97.87 KiB) 1152 mal betrachtet

Der Clip mit dem senkrechten "Normix"-Schriftzug.

2023-10-22_Druckbleistift-Guilloche-4283-klein.jpg (214.11 KiB) 1152 mal betrachtet

Das Guilloche-Muster.

2023-10-22_Druckbleistift-Kappenlogo-4279-klein.jpg (170.63 KiB) 1152 mal betrachtet

Das ZF-Logo auf dem Kappenkopf. Es unterscheidet sich vom aktuellen Firmenlogo in kleinen typografischen Eigenheiten: Hier sind waagerechte und senkrechte Striche fast gleich stark - im aktuellen ZF-Logo sind die Senkrechten deutlich dicker als die Waagerechten; und die aktuellen Buchstaben enden gerade, ohne Serifen. ZF wurde 1908 gegründet. Ob und wie im Laufe der Firmengeschichte das Logo verändert wurde, habe ich leider nicht herausgefunden (das könnte ja ein Datierungs-Hinweis sein).

2023-10-22_Druckbleistift-Patent-4295-klein.jpg (118.02 KiB) 1152 mal betrachtet

Die "Patent..."-Gravur am oberen Rand der Mechanik, fotografisch schwer einzufangen. Wer angemeldet hat, steht da nicht. Vielleicht noch weiter innen auf dem Mechanik-Metallzylinder? Auseinandergenommen habe ich den Stift freilich nie.



Habt ihr Ideen, was mir da zugeflogen ist? Ein Fend-Produkt - oder nicht? Wie alt könnte der Kleine sein? Aus was für einem Kontext könnte er stammen? (Stifte, die im Auftrag einer Firma gemacht und mit deren Logo versehen wurden/ werden, sind ja keine Seltenheit, aber ein Bleistift solcher Art ist mir bisher nicht untergekommen.)

Bin gespannt. und sage schon mal danke .

[TomSch]

Hi Doris,

wenn Normix, dann Fend, korrekt. Wenn es eine Punze gäbe, befände sie sich üblicherweise auf dem "Löffel" des Clips. Da es dort keine gibt, würde ich von einer Versilberung ausgehen.
Die ZF wurde zwar 1908 gegründet, ein Eintrag ins Handelsregister erfolgte jedoch nach meinen Informationen erst 1915. Die Umwandlung in eine AG erfolgte 1921. Weitere Infos - und dazu recht umfassend: https://www.zf.com/mobile/de/company/st ... itage.html

Es gibt einen sehr informativen Film auf Youtube, in dem auch häufiger die Logos der Firma eingeblendet werden (https://www.youtube.com/watch?v=N3ZMrsW90vw); bei 3'45 erscheint das Wirtschaftswunder-Logo, das mit dem deines Stiftes übereinzustimmen scheint. Damit wäre der Stift auf Ende 1940er/Anfang 1950er zu datieren.

Nachtgrüße, Thomas

[Querkopf]

Hallo, Thomas,

danke dir für deine Recherche!
Auf der ZF-Firmenwebsite hatte ich mich umgeschaut. Mit Tunnelblick, wg. Logo, denn Typografie(geschichte) ist ja eine gute Datierungshilfe. Nur fand ich da keine älteren Logo-Varianten.
Der Youtube-Film war mir entgangen. Das Wirtschaftswunder-Logo passt tatsächlich. Super!

Ein zweiter Datierungshinweis dürfte m. E. das "überkragende" Druckkäppi sein. Im Netz gibt es ein paar Bilder von Fend-Bleistiften aus den 50er und 60er Jahren, dort habe ich aber nur schmale, nüchtern-zylindrische Druckkäppis gesehen. Die "Dächelchen"-Form an meinem Stift dürfte da bereits aus der Mode gewesen sein. Ok, reine Vermutung - aber vielleicht weiß ja jemand Genaueres übers Fend-Design und dessen Wandel?

Versilbert könnte hinkommen. Dass der Stift nur moderat anläuft, ist sicherlich der Tatsache geschuldet, dass er in einem geschlossenen, einigermaßen lichtgeschützten Behältnis wohnt (putzen muss ich aber wirklich mal wieder ...)

Merci & gute Nacht!

[Querkopf]

... das Wirtschaftswunder-Logo, das mit dem deines Stiftes übereinzustimmen scheint. Damit wäre der Stift auf Ende 1940er/Anfang 1950er zu datieren. ...

Ganz so einfach ist es leider doch nicht.

Ich habe mir das ZF-Filmchen grad mal ganz von vorn angesehen, gemächlich, Pause, wo immer ein Logo auftaucht.
In der Typografie, in der es auf meine Bleistiftkappe graviert ist, findet es sich bereits 1915 (bei 1:10 - wobei nicht 100pro sicher ist, dass das Bild dort wirklich von anno 1915 stammt). Eindeutig wird es für 1930 (bei 2:02), eineindeutig für die 1930er Jahre (2:16, Plakat für die "Ross-Lenkung"). Dann taucht's bei 1950 wieder auf, Wirtschaftswunder. Schließlich noch einmal für 1958 (bei 4:06).
1961 gibt's dann eine neue, sachlichere Form, ohne Serifen (4:28).

Vom Firmenlogo her lässt sich also zur Datierung nur sagen: 100pro sicher vor 1961.
Von der Firmengeschichte her würde ich tippen: Sehr wahrscheinlich nach 1930.

Zum genaueren Eingrenzen müsste man wohl tatsächlich aufs Fend-Design & dessen Veränderungen gucken.

[Dirk Barmeyer]

Hallo
Fend zeitlich zuzuordnen ist (für mich) extrem schwierig. Die unterschiedlichen Gestaltungen wurden teils sehr lange produziert.
Nach Durchsicht eines Prospektes aus 1950 ist klar: Dein Stift ist älter.
Die Sachen aus einem Prospekt von 1941 passen schon eher. Vermutlich ist der Stift aber einiges älter, ich schätze ihn auf Mitte der 1930er Jahre.
Viele Grüße
Dirk

[Querkopf]

Hallo, Dirk,

hab' herzlichen Dank fürs Prospekte-Wälzen .

... Nach Durchsicht eines Prospektes aus 1950 ist klar: Dein Stift ist älter.
Die Sachen aus einem Prospekt von 1941 passen schon eher. Vermutlich ist der Stift aber einiges älter, ich schätze ihn auf Mitte der 1930er Jahre. ...

Mitte der 1930er Jahre, das würde zu Stift-Gestaltungen passen, die ich woanders schon gesehen habe. Auch zu dem Formenmix bei meinem Bleistift: einerseits geradeaus, schlicht, ohne Schnörkel (aber noch nicht so dürr-nüchtern wie die 50er-Jahre-Fends, die mir im Net begegnet sind), andererseits mit einer Prise von ästhetischem "Überschuss" (der geschwungene Clip, das auskragende Käppi, durch das die Form insgesamt harmonisch und balanciert wirkt).
Es würde m. E. auch in den ZF-Kontext passen. 1941 - dein Prospekt - stellte die Firma ausschließlich Kriegsgüter her. Anfang/ Mitte der 1930er Jahre hingegen hatte man gerade erfolgreiche Innovationen für den beginnenden Automobilboom auf den Markt gebracht, startete wirtschaftlich durch, und zwar mit zivilen Konsumprodukten. Ein Klima, in das solch ein Kunden- oder Mitarbeiterpräsent sicherlich passte.

An einem zugeflogenen Stift kann man was lernen .

[Zoidberg]

Ein interessantes Herantasten an den Ursprung des Stifts über die Geschichte von ZF.

Tragischer Kontext aktuell ist, daß ZF 6000 der bisherigen 9500 Stellen in Saarbrücken abbauen wird.

[Querkopf]

Ich weiß, Zoidberg - das ist in der Tat tragisch. (Ich wohne in Saarbrücken.)

[Querkopf]

Ein interessantes Herantasten an den Ursprung des Stifts über die Geschichte von ZF. ...

Einzige Chance, mehr zu erfahren (denn bei Fend kann man nicht mehr fragen, Insolvenz 1970, und die Spezialisten hier sagen ja, die Fend-Geschichte sei schlecht dokumentiert). Weil mir das hübsche Rätsel keine Ruhe ließ, habe ich da noch einen Versuch unternommen und der Spezialistin für "Heritage-Kommunikation", die es in der ZF-Pressestelle gibt (!), eine Fragemail geschrieben. Sie hat sehr nett geantwortet: Zu Werbegeschenken jener Epoche gebe es leider keine Archivalien mehr, kriegszerstört. Und: In den fast 25 Jahren, die sie im Heritage-Kontext bei/ für ZF arbeite, sei ihr solch ein Stift noch nicht begegnet.

Sackgasse also. Ungelöstes Rätsel. Vielleicht unlösbar.

Sollte irgendjemandem dennoch etwas unterkommen, das zur Rätsellösung beitragen könnte, würde ich mich freuen - denn meine Neugierde ist geblieben...

[stift]

Da ich selber Fend sammle würde ich nach der Form des Kopfes den Bleistift auch auf die 30er bzw 40er Jahre schätzen.Aber auf keinen Fall später also den 50er Jahre.
Ist ein seltener Stift und ich wünsche Dir viel Freude damit.
Liebe Grüße
Harald

[Querkopf]

Danke dir, Harald.
Ja, ich werde das Schätzchen hüten ...

Übrigens sucht gerade noch jemand Infos zu einem (anderen) Fend-Bleistift, hier: viewtopic.php?f=18&t=38170
Vielleicht magst du da auch mal reingucken?