Aurora. Reise und Werksbesichtigung. Mai 2006

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hotap

Aurora. Reise und Werksbesichtigung. Mai 2006

Beitrag von hotap »

Hallo zusammen,

unsere Besichtigungstour mit dem Collegium Ars Scribendi* (kurz CAS) ist ja jetzt schon einige Tage her, aber trotzdem hier ein kleiner(!) Bericht.


C.A.S. – Betriebsbesichtigung bei Aurora in Turin.
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Vorweg: Es war PHANTASTISCH. Diese Reise mit Werksbesichtigung bei Aurora war ein Erlebnis!

Vom 11.05. bis 14.05. 2006 führte der Verein „Collegium Ars Scribendi“ eine Besichtigungstour bei Aurora in Turin durch.
Für diesen Besuch hatte Aurora uns ein wunderschönes Rahmenprogramm für alle Tage geboten.
Keiner der teilnehmenden Vereinsmitglieder oder deren Angehörige hätten in ihren kühnsten Träumen sich so ein schönes, freundliches, perfektes Wochenende bei der Schreibgerätemanufaktur „AURORA DUE S.R.L.“ in Turin vorstellen können.

Doch jetzt erstmal der Reihe nach.

Die Firma Aurora ist eine der ältesten Schreibgerätehersteller in Italien. Seit der Gründung im Jahr 1919 befasst sich Aurora mit der Herstellung von Schreibgeräten. In dieser Manufaktur wird größtenteils alles noch selber produziert. Dieses selbstverständlich auch nach historischen, traditionellen Herstellungstechniken und teilweise auch auf historischen Maschinen. Selbstverständlich benutzt auch Aurora moderne CAD-Maschinen und Computerprogramme für die Herstellung schöner Schreibgeräte.
Ca. seit der letzten Jahrhundertwende produziert die Firma nun auch hochwertige Lederwaren, die in führenden Lederwaren-Manufakturen in Italien und Frankreich hergestellt werden. Und selbstverständlich, wie die Schreibgeräte, in höchster Qualität.

Seit die Firmengebäude von Aurora in der Innenstadt von Turin 1943 einem Bombardement zum Opfer fielen, befindet sich die Manufaktur auf dem Gelände und in den Räumen eines ehemaligen Klosters aus der romanischen Zeitepoche. Nordöstlich der Innenstadt von Turin gelegen. Ich finde, ein stilvolleres Ambiente für das Produzieren schöner Schreibgeräte kann es nicht geben.

Zum selber nachlesen sei die Webseite von Aurora (ital. und engl.) empfohlen.
http://www.aurorapen.it/

Der 11. Mai war der Anreisetag, an denen die Teilnehmer individuell per Flug, Bahn oder auch PKW anreisten um entweder mittags, nachmittags oder auch erst spätabends in Turin in der Unterkunft einzutreffen.

Am 12. Mai fand nun die Werksbesichtigung bei Aurora statt.
Um 8:15 Uhr wurden wir im Hotel von Frau Sofia Castoldi (Marketing Department) und Frau Arianna Carta (Export-Department) abgeholt und sicher per PKW durch den morgendlichen Berufsverkehr von Turin zum Firmengelände von Aurora gebracht.
Hier im Firmenhof erwartete uns bereits Herr Direktor Cesare Verona (der die Firma, bzw. die Geschäfte der Familie Verona in der 4ten Generation, mit in der Geschäftsführung leitet), um uns willkommen zu heißen und uns schon einmal einen kleinen Überblick über unseren Tag zu geben.
Auch Herr Ottmar Hoffmann, dessen Firma http://www.signo-pbs.de/ die Auroraprodukte in Deutschland und Österreich exklusiv vertreibt, war anwesend.

Begonnen wurde unsere Besichtigung bei Aurora mit einer Video-Präsentation der Firmengeschichte und der Produkte. Hierzu mussten wir uns in die 2. Etage begeben. Allein schon der Weg zu dieser Präsentation war beeindruckend. Im Eingangsbereich führte uns der Firmenchef, nicht ohne Stolz, eine funktionierende, historische Maschine aus den 1920er Jahren vor, auf der damals die Schreibgeräte guillochiert wurden.
Im gesamten Treppenhaus (mit wunderschöner Deckenbemalung) befinden sich an den Wänden historische Werbeplakate und ähnliches aus früherer Zeit, die einen guten Überblick über die Geschichte der Firma Aurora geben. Auch nicht zu vergessen die VIP-Ecke, mit Fotos der Berühmtheiten und Persönlichkeiten, die diese Firma besucht haben.

Die Videopräsentation fand nun statt und hier sei besonders zu erwähnen, das extra der Anfang der Vorführung nur für uns NEU und in DEUTSCH gestaltet worden war. Zu erfahren war hier die Firmengeschichte vom Anfang bis in unsere heutige Zeit.
Designer und deren Schreibgeräte wurden vorgestellt, genau wie die ganze Produktpalette. Die Marktstrategie fehlte ebenso wenig, wie ein Hinweis darauf, das die 5te Generation der Firmenleitung bei Aurora schon gesichert scheint. Zwar nur auf Kinderbeinen, aber immerhin…
Anschließend gab es eine kleine Erfrischung mit Espresso, Cappuccino, Gebäck etc.

So gestärkt, konnte nun die eigentliche Werksbesichtigung beginnen. Und wir bekamen etwas hocherfreuliches zu hören:

ÜBERALL IST FOTOGRAFIEREN UND ANFASSEN ERLAUBT!!
Das heißt jetzt nicht, dass wir alles begrapscht haben, was uns vor die Finger kam. Nee, nee! Wir haben uns schon ordentlich benommen. :wink: Und auch nur das begutachtet, was uns auch gezeigt wurde.

Ich möchte jetzt nicht Schritt für Schritt aufzählen, was und wie wir alles nacheinander besichtigt haben.
Aber wir sahen wie unsere (Schreib) Lieblinge gepresst, gefräst, gebohrt, lackiert, poliert, zusammengesteckt, mit Federn versehen und verpackt wurden. Nicht nur automatisch von irgendwelchen Maschinen sondern auch von Wesen aus Fleisch und Blut, die uns freundlich zulächelten.
Die netten Damen und Herren an den Maschinen und an den Tischen zeigten uns, wenn gewünscht, ihren Arbeitsvorgang mit Anschauungsprodukten.

Ein Mitglied unserer Gruppe bekam auch einen seligen, zufriedenen Gesichtsausdruck. Wurde doch sein Füller von einem Meister schnell und fachmännisch überarbeit. Und das vor unser aller Augen.
Am meisten hat es mich fasziniert, dass der Meister fast keine Tinte an den Händen hatte, obwohl er Feder und Tintenleiter oft genug in der Hand hielt. Und der Füller war keineswegs leer (ich jedenfalls hätte mich schon von oben bis unten zugesaut).
Nachdem er den Füller aus seinen heilenden Händen entlassen hatte, schrieb dieser fast wie von selbst und sein Besitzer wollte eigentlich gar nicht mehr aufhören damit zu schreiben.

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Ich selber war eigentlich von der Entwicklungs- und Designabteilung begeistert. Hier lagen für uns Anschauungsobjekte bereit, aus denen dann schöne Schreibgeräte hergestellt werden. Celluloid war zu sehen ebenso wie Horn, Edelstahl, Silber, Messing und was weiß ich sonst noch, woraus Füller gemacht werden.
An einer Wand befanden sich viele hunderte (mag zwar übertrieben sein, ich habe nicht gezählt) von Schubladen, in denen Produkt- sowie Herstellungsmuster aller Aurora Schreibgeräte archiviert sind.
Per Computer und Originalschreibgerät konnten wir sehen, wie zum Beispiel u. a. ein Kappenring geplant und entworfen wurde. Das fertige Produkt lag dann vor uns auf einem Tisch.
Ebenfalls wurde uns hier gezeigt, wie am Computer ein Schreibgerät „angezogen“ wird. Ein Klick und Schwupps hatte das Schreibgerät eine orangene Farbe, Quer- oder Längsstreifen, oder es bekam einen schmalen oder breiten Körper.

Ein Höhepunkt für alle war wohl ein Füllfederhalter in einer Diamantenausführung mit 1.919 Diamanten. Auch dieser Füllfederhalter durfte begutachtet werden. Und wäre für schlappe 750.000 Euro zu bekommen gewesen.

Nachdem die Besichtigung soweit beendet war, führte uns der Weg in den sog. „Showroom“. (Ja auch in Italien wird mit der eigentlichen Sprache Schindluder getrieben und werden englische Wörter benutzt.)
Hier konnten wir uns alle Produkte in Vitrinen und kleinen Schaufenstern staunend ansehen. Bei Interesse unsererseits wurden die entsprechenden Artikel aus Schubladen hervorgeholt und jeder durfte alles ausprobieren. Mit ein Augenmerk war ein Kalligrafieset mit - ich glaube – drei verschiedenen Federn in Italic, Stub und Extrabreit. Aufwendig in einer Box verpackt.
Zu allen Fragen standen auch hier Herr Verona, Frau Castoldi, Frau Carta und Frau Savier Rede und Antwort.
Selbstverständlich gab es die Möglichkeit Aurora Artikel hier zu erwerben. Nicht nur Ehefrau Monika und ich nahmen diese Möglichkeit gerne war. In den neuen Aurora „Torino Ice“ hatten wir uns sofort verliebt.

Jetzt war es an der Zeit unser Mittagessen, neben/mit den Mitarbeitern/Innen in der Werkskantine einzunehmen. Natürlich gab es Pasta. Aber wer wollte, konnte auch ein Gericht mit Fisch zu sich nehmen.

Danach gab es die große Überraschung.
Jeder bekam einen Geschenkbeutel überreicht, in dem sich neben Prospekten von/über Turin und der Umgebung auch die neuesten Aurora-Kataloge mit der aktuellen Produktion befanden. Dabei war auch ein Schreibgerät mit aufgeprägtem CAS-Zeichen auf dem Schaft. Eine handgeschriebene Grußkarte (in Deutsch) mit einem herzlichen Dankeschön für unseren Besuch. Unterschrieben vom Direktor und den charmanten Damen, die uns diesen schönen Tag beschert haben.
Über diese noble Geste der Aurora-Geschäftsleitung blieb uns allen erstmal der Mund vor Staunen offen.

Nachmittags gab es einen geführten Stadtrundgang in Turin. Diesen habe ich mit meiner Ehefrau ausfallen lassen, da wir beide Probleme mit unseren Füßen/Beinen hatten. Ich habe aber vernommen, das in Turin noch einige Schreibgeräteläden „unsicher“ gemacht worden sind.

Um 20:00 Uhr gab es dann, auf Einladung von Aurora, ein Dinner in einem typischen Piemonteser Restaurant in Turin. Auf dem festlich gedeckten Tisch des Restaurants standen schon extra für diesen Abend gedruckte Menükarten in Deutsch für uns bereit. Hier sahen wir schon, das einiges auf uns zukam. Denn das Menü bestand aus 5 Gängen!! Natürlich begleitet vom guten Piemonteser Wein und Mineralwasser.
So gegen 22:45 Uhr – 23:00 Uhr war dieser erfolgreiche Tag für uns beendet.
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Samstag 13. Mai. Auch hier hatte Aurora wieder ein gutes Programm zusammengestellt.
(Diesen Programmteil haben meine Frau und ich nicht mitgemacht, da wir am Sonntagmorgen schon früh unseren Rückflug nach Dortmund antreten wollten und mussten. Die Anreise aus der „Langhe Region“ zum Flughafen war uns zu weit. Deshalb nur diese kleine Info darüber.)

Hier stand der Vormittag zur freien Verfügung, bis um ca. 11:30 Uhr die Abfahrt in die Langhe Region bei Turin anstand. Nach einem Lunch unterwegs stand ein Besuch eines Weingutes auf dem Programm in dem, unter anderem, der bekannte Barrolo-Wein angebaut wird. Anschließend wurde das Abendessen in einem alten Castle eingenommen, auch hier mit freundlicher Einladung von den Gastgebern.
Anschließend wurde in Novello, einer kleinen Ortschaft in der Nähe von Alba, übernachtet.

Ich weiß nicht, ob ich in naher Zukunft noch an weiteren Betriebsbesichtigungen bei Schreibgeräteherstellern teilnehmen kann oder werde. Aber ich glaube, das diese Aurorareise schwierig zu TOPPEN ist.

Nicht nur mein, sondern unser aller Dank gilt den Damen und Herren der Manufaktur Aurora, Hier wurden wir gastfreundschaftlich empfangen, nett und freundlich betreut, gut bewirtet und obendrein noch beschenkt.
Der weitere Dank gilt Herrn Hoffmann und unserem 1. Vorsitzenden, Herrn Dr. Dirk Barmeyer für die ganze Vorarbeit dieser unvergesslichen Tage.

Auch wenn ich „unseren“ Dirk Barmeyer hier am Ende der Danksagung aufgeführt habe, gebührt ihm doch unser aller Respekt und Anerkennung für die Planung dieser Reise. Er hat alle Unwägbarkeiten wie Sonderwünsche, kurzfristige Absagen etc. gekonnt umschifft und diese Tour mit zu einem Erlebnis werden lassen.

Viele Grüße
Günter

* Wer gerne Mitglied werden und/oder weitere Infos über den CAS möchte, dem sei die Webseite http://www.cas1996.de/ empfohlen.
miro
Beiträge: 46
Registriert: 09.11.2005 18:04

Beitrag von miro »

Hallo hotap!

Danke für Ihren beeindruckenden Bericht!

Ich habe mit Faszination gelesen und konnte mir dabei wahrlich die italienische Gastfreundschaft vorstellen...

Ich finde es schön, dass es noch Traditionsunternehmen gibt, die ihre Unternehmensphilosophie anscheinend wirklich leben und nicht nur in Propekten und Katalogen "abdrucken".

Ich wünsche Ihnen die Möglichkeit, noch an vielen Besichtigungen teilnehmen zu können!

Freundliche Grüße,
miro
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