Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

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Strombomboli
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Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von Strombomboli »

Lieber Herr Günther,

im letzten Jahr habe ich breite Oblique-Federn, also Z50 OB, bei einem englischen Händler (Cult pens) entdeckt und gleich einen Schwung davon geordert, wobei ich mich wunderte, daß es die in England zu kaufen gibt, aber nicht in Ihrem eigenen Webshop und auch sonst nirgendwo in diesem unseren Land. Ich bedaure es allgemein, daß es Federn, mit denen ich wirklich gut schreiben kann (und dafür muß es OBB sein), anscheinend bei allen Herstellern nur noch im oberen Preissegment gibt. Aber wie auch immer: Haben Sie denn zufällig irgendwo noch ein paar von diesen OB-Federn herumliegen und würden sie auch abgeben?

Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau ***,

zunächst vielen Dank für Ihre E-Mail. Aufgrund der extrem geringen Nachfrage von Oblique-Federn haben wir deren Herstellung mit Edelstahl als Werkstoff vor einigen Jahren eingestellt. Zwar haben wir noch sehr begrenzte Vorräte in unserem Reparatur-Center, jedoch benötigen wir diese, um im Reparaturfall den betreffenden Kunden noch so lange wie möglich bedienen zu können. Wir bitten deshalb um Verständnis, dass wir Ihnen keinen OB-Federn in Edelstahl verkaufen können.

Mit freundlichen Grüßen / Kind regards

C. Josef Lamy GmbH

i. V.

Ulrich Günther
Leiter Qualitätswesen
Iris

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DiBa

Re: Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von DiBa »

Schade.
Damit nähert sich der Füllfederhalter weiter dem Kuli an.
Glücklicherweise gibt es noch den Gebrauchtsektor, in der letzten Zeit habe ich aus unerfindlichen Gründen u.a. einen Pelikan P1 mit OBB Feder und einen MB 1246, oder so ähnlich, auch mit sehr breiter schräger Feder bekommen. Und die Dinger sind ja auch nicht schlecht. Auch bei den Lamy 27 gibt es immer wieder welche mit OB Feder.
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osh
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Re: Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von osh »

Wer also einen Lamy in der elektronischen Bucht (oder sonstwo) findet mit defekter oblique-Feder, der sollte zuschlagen, denn es ist das Ticket ins Reparatur-Center. :wink:

Gruß,
Oliver
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Strombomboli
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Re: Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von Strombomboli »

Ich habe Herrn Günther noch einmal geschrieben:
Sehr geehrter Herr Günther,

das ist aber sehr bedauerlich!

Daß diese Federn extrem selten nachgefragt werden, ist allerdings, meines Erachtens, kein Grund, sie gar nicht mehr anzubieten. Es müßte doch möglich sein, einmal einen Schwung zu produzieren und dann eben einen Vorrat für die nächsten zehn Jahre zu haben. Allzuviel Platz dürften sie nicht wegnehmen und schlecht werden sie ja nun auch nicht. Das nur als Anregung.
Auf die Antwort werden wir aber etwas warten müssen:
Ich werde ab 03.12.2014 nicht im Büro sein. Ich kehre zurück am 08.12.2014.
Iris

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osh
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Re: Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von osh »

Meine Vermutung ist:
Die werden auch deshalb nicht mehr produziert, weil die Herstellung zu aufwändig und teuer ist. Nicht nur allein wegen zu wenig Nachfrage.

Eine normale Feder wird in der Mitte mittels einer feinen Säge geschlitzt, dann werden die Hartmetallpunkte angeschweisst - fertig. Da hat man eine Maschine, die haut das im Zehntel-Sekundentakt raus.

Eine oblique Feder benötigt noch eine schräge Kante in einem bestimmten Winkel und das Hertmetallpunkt muss dann natürlich auch entsprechend sitzen. Dafür dann extra eine andere Maschine - oder die gleiche Maschine mit anderen Einstellungen - lohnt sich wirtschaftlich vermutlich nicht.

Die Idee mit dem auf einen Rutsch mal ein paar hundert oder Tausend zu produzieren finde ich persönlich richtig gut. Aber ob es ins Konzept des Herstellers passt ... abwarten. Wenn überhaupt eine Firma so etwas stemmt, dann ja wohl Lamy mit ihrem wirklich tollen Kundenservice.

Gruß,
Oliver
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Cepasaccus
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Re: Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von Cepasaccus »

Haben die Federn ueberhaupt ein Iridiumkorn?

Cepasaccus
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Strombomboli
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Re: Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von Strombomboli »

Ich würde sagen: nein. Der Knubbel vornedrauf scheint mir aus demselben Material zu sein wie der Rest der Feder, und als Unterschied zu einer M-Feder sehe ich, daß der Knubbel bei der OB-Feder etwas knubbeliger ist, wenn sich das jemand vorstellen kann. Sollte der Knubbel aus einem anderen Material sein, dann wäre jedenfalls auf jeder Feder so etwas vornedrauf.
Iris

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Frodo
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Re: Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von Frodo »

osh hat geschrieben:.............
Eine normale Feder wird in der Mitte mittels einer feinen Säge geschlitzt, dann werden die Hartmetallpunkte angeschweisst - fertig. Da hat man eine Maschine, die haut das im Zehntel-Sekundentakt raus.

.........
Oliver
Ist das nur eine grobe Vermutung oder hast Du das schon irgendwo mal gesehen?
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osh
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Re: Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von osh »

Ich gucke ganz gerne Videos, die sich um die Herstellung von Füllern drehen ...
z.B.:
Video 1
Video 2
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YETI
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Re: Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von YETI »

Danke für die Links; das Video von Pilot kannte ich noch nicht. Mich wundert, daß dort das Korn vor dem Biegen angeschweißt wird. Aber vielleicht ist das der Trick,warum die Japaner auch die feinsten Federn noch glatt ans Schreiben bringen.

Gruß

Andreas
Es ist besser ein kleines Licht anzuzünden, als auf die Dunkelheit zu schimpfen.
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YETI
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Re: Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von YETI »

Hier habe ich noch einen Beitrag aus einer der besten deuschen Bildungssendungen:
https://www.youtube.com/watch?v=cXEc_FYyZEI
Und nochmal die Maus:
https://www.youtube.com/watch?v=BTpwkRp-rIU
Da erfährt man noch mehr, als in den Werbefilmchen der Hersteller. :mrgreen:

Gruß

Andreas
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wesohm
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Re: Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von wesohm »

YETI hat geschrieben:Hier habe ich noch einen Beitrag aus einer der besten deuschen Bildungssendungen:
https://www.youtube.com/watch?v=cXEc_FYyZEI
Aus diesem Werk stammt auch der legendäre Hannah Montana Füller! :mrgreen:
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YETI
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Re: Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von YETI »

Also doch Luxusfüller! :lol:

Andreas
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Hansn
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Re: Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von Hansn »

Danke für Videotipps.
Ist schon aufschlussreich wenn man den Produktion-Part auch einmal gesehen hat...
somit bin ich wieder etwas gescheiter!
:wink:
Besten Gruß
HANS
Ein kluger Mann macht nicht alle Fehler selbst,
er gibt auch anderen eine Chance.
(Winston Churchill)
Frodo
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Re: Oblique-Federn - wieder eine zerstörte Hoffnung

Beitrag von Frodo »

Hallo Federfreunde
Vielen Dank für die links, da wird der Herstellungsprozess ja recht anschaulich erklärt. In diesem Zusammenhang deshalb noch ein paar kleinere Anmerkungen zu den Beiträgen. Die Federn werden natürlich nach dem anbringen des Schreibkorns geschlitzt 2 Körner an die beiden Federschenkel anzuschweißen wäre nicht angebracht. Die Federn werden nicht mit feinen Sägen geschnitten sondern mit Schleifscheiben. In der Urzeit der Federnindustrie waren das Kupferscheiben, die ständig mit einer ölhaltigen Suspension von Korund berieben wurden. Heute nimmt man, sofern das Schlitzen noch nicht durch den Laser ersetzt wurde Scheiben aus Hartgummi, welches ein Schleifmittel, z.B. Siliciumcarbid enthält. Die Scheiben sind äußerst fragil und zerbrechen bereits beim leichten verbiegen. Allein die Trägheit bei den enormen Drehzahlen verhindert das zersplittern.
Bild
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Das aufgeschweißte Schreibkorn besteht nicht aus demselben Material wie die Feder. Es ist auch kein Iridium. Iridium war auch kaum je ein nennenswerter Legierungsbestandteil in Federn (vgl hierzu: Mottishaw/ Montgommery: "Where is the Iridium?") Federspitzen werden heute aus einer Legierung hergestellt, die hauptsächlich Ruthenium sowie weitere Platinmetalle enthält. Hochwertige Federspitzen enthalten einen höheren Prozentsatz an Osmium, jedoch ist dann der Schweißvorgang schwieriger. Die Pellets an der Spitze, und das sieht man auch in den Filmchen, sind aber ausreichend groß, dass auch problemlos eine O- Feder geschliffen werden könnte. Bei vielen hochwertigen Federn ist das Schreibkorn auch nach dem Schleifen so voluminös, dass auch nachträglich auf O (ly) umgeschliffen werden könnte.
Breite Zierschriftfedern sind in der Regel nicht getippt. Die gleichmäßige Verteilung auf mehr als 1 mm Breite ist kaum durchführbar. Allerdings sind Zierschriftfedern auch nicht im Dauergebrauch weshalb ein Abschreiben kaum bemerkbar wäre. Ähnliches gilt auch für Federn die prinzipiell wegen Billigproduktion ohne Schreibkorn hergestellt werden. Sie können vielleicht nur so alt wie der Füller werden. Haltbarkeitsgarantien von 25 Jahren, wie in früheren Zeiten üblich, sind heute völlig unbekannt.
Noch eine Anmerkung zu den Filmen: Die Rohware, wie Goldbänder und Schreibkörner, werden nicht in- house hergestellt. Die Bleche werden nach jedem Walzvorgang verdichtet. Dabei werden sie härter aber auch brüchiger und müssen öfters getempert werden. Die Feder ist an der Spitze dicker als an der Basis, dieses ist bei dem gezeigten Produktionsverlauf der Pilot- Feder nicht ersichtlich. Auch die Pellet Herstellung ist nicht nachvollziehbar. Die beiden grauen Pulver, die Osmium und Iridium darstellen sollen, werden verrührt und dann im Lichtbogen zusammengeschmolzen. Der enorm hohe Schmelzpunkt dieser Legierung würde beim anschweißen die Federspitze abschmelzen. Außerdem verbrennt Osmium bereits bei niedrigen Temperaturen, Heraeus in Hanau verfügt über die notwendige Vakuumtechnik und stellt, meines Wissens nach, auch alle Pellets her.
Es ist leider verständlich, dass keine O -Federn mehr konfektioniert werden. Die meißelartige Handhaltung der allgemeinen Kugel schrei ber- Hand ist das differenzierte Aufsetzen einer Feder nicht mehr gewohnt. Auch die Füller- Schreiber haben alle einen etwas abweichenden Anstellwinkel. Es wäre für den Handel zu befürchten, dass die O- bestückten Füller zu Ladenhütern werden könnten.
Gruß, Frodo
Zuletzt geändert von Frodo am 04.12.2014 22:17, insgesamt 1-mal geändert.
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