Die bunte Welt der Chinafüller

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PhiSch
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Die bunte Welt der Chinafüller

Beitrag von PhiSch » 04.11.2017 17:21

- oder so.

Ich werde über die nächsten Monaten nach und nach meine Schreibgeräte aus China im Alltagseinsatz testen und mich hier darüber auslassen. Da ich Student bin, heißt Alltag bei mir Mitschreiben in Vorlesungen, Bearbeiten von Aufgaben etc. Es sind weniger lange Texte als vielmehr Formeln, Rechnungen und Stichworte. Das ergibt ein etwas anderes Anforderungsprofil und sollte bei der Einordnung der Erfahrungen nicht außen vor gelassen werden.

Alle Füller habe ich bei Aliexpress für .52 bis 3.05€ erstanden. Bestellung war problemlos, die Zahlung mit Sofortüberweisung oder giropay ebenso. Lieferdauer war mit unter zwei bis unter vier Woche weit von den angedrohten 60 (Werk-)Tagen entfernt. Das Zeug war ausnahmslos in Luftpolsterkuverts verpackt und bis auf den Hero 616 kamen alle Teile unbeschädigt bei mir an. Beim 616 war die Kappe beschädigt, der Clip verbogen und dadurch saß die Kappe weder dicht noch fest. Der Kaufbetrag wurde aber genauso anstandslos erstattet wie er für die nicht gelieferten Fude Federn meinem Account gutgeschrieben wurde.

PhiSch
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Re: Die bunte Welt der Chinafüller

Beitrag von PhiSch » 04.11.2017 18:02

Den Anfang darf der Hero 366 machen.
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Ich war überrascht als ich ihn aus dem Kuvert nahm, da er doch eher als niedlich beschrieben werden kann. Er ist tatsächlich alles andere als groß, aber noch weit entfernt von den Mini Füllern, die die Tage an anderer Stelle gezeigt wurden. Mit aufgesteckter Kappe lässt sich problemlos damit schreiben, sofern man mit dem geringen Durchmesser klar kommt – für mich kein Problem.
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Um bei der Kappe zu bleiben, sie ist zum Stecken, sie klickt nicht, nur eine Reibungspassung, es ist möglich sie abzuschütteln. Die Kappe ist glänzend und die Oberfläche alles andere als fehlerfrei. Nicht störend, aber wer sucht, findet.
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Der Clip ist gefedert, angenehm stramm und definiert. Die Federung ist wie bei allen Heros vergleichsweise primitiv, es kommt keine echte Feder zum Einsatz. Ablichten des Innenlebens der Kappe ist mir nicht gelungen. Leider ist die Kappe nicht dicht, am Clip kann Tinte austreten. Das ist insoweit unschön, da beim Schütteln sehr schnell Tinte kleckert.
Der Rest ist einwandfrei verarbeitet, keine Kanten sind spürbar und das Gewinde läuft gut. Das Griffstück ist mittig über der Feder, aber es war verkratzt und verschmutzt. Bei den Kratzern konnte der Lappen nicht helfen.
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Der Hero ist mit einem aerometrischen Füllsystem ausgestattet, es funktioniert sehr gut, der Tintensack wird annähernd ganz voll. Mir gefällt dieses System, das ohne die Blechvorrichtung auskommt, ausgesprochen gut. Allerdings sind bei beiden Exemplaren die Luftschläuche, die nur gesteckt sind, herausgerutscht. Aufmachen und wieder Reinstecken war mir mit zu viel Gewalt verbunden, da das Griffstück zusätzlich veklebt ist. Ob darin die Ursache für den sehr hohen Fluss beim Schreiben liegt weiß ich nicht.
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Damit wären wir auch schon beim Schreiben. Er schreibt nass. So nass, dass sogar 4001 königsblau auf Oxford oder anderem glatten Papier einen Sheen an den Kanten entwickelt. Mir gefällt es sehr gut, die Feder gleitet dadurch natürlich außerordentlich gut, ich hatte nicht das Bedürfnis sie zu manipulieren. Federbreite würde ich auf Oxford als schmale M beschreiben, auf Kopierpapier ist es gerne eine BB. Anschreibprobleme gibt es trotz der undichten Kappe auch nach Tagen keine.
Eine Konversation zum Eyedropper halte für möglich, da der Schaft dicht ist. Dafür müsste natürlich der Tintensack entfernt werden. Ob das sinnvoll ist, will ich nicht beurteilen, ich könnte mir aber vorstellen, dass der Tintenfluss zu üppig wird (Achtung, unqualifizierte Meinung).

Mir gefällt der Füller nicht schlecht, er hat so ein schönes Hosentaschenformat, ist aber für mich nicht alltagstauglich, da zu nass. Ich bereue nicht mir zwei bestellt zu haben, aber ein dritter wird sich nicht dazugesellen.
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Das M&M türkis ist eher ein hellblau, der Grünanteil fehlt. Mit weniger Fluss als beim Hero gefällt es mir.

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Grimbart
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Re: Die bunte Welt der Chinafüller

Beitrag von Grimbart » 04.11.2017 18:40

Danke, PhiSch, für den Start dieses Fadens. Ich ergreife die Gelegenheit, von negativen Erfahrungen mit zwei Jinhaos zu berichten.

Bei beiden, einem X 450 und einem 159, floss die Tinte bei geschlossener Kappe durch den Tintenleiter in die Kappe und ergoß sich beim Öffnen derselben über meine Hand. Glücklicherweise waren wenigstens die Kappen dicht, sonst wäre die Tinte im Etui gelandet.

Der X 450 war mit einer wiedergefüllten Patrone bestückt, der 159 mit dem Jinhao-Konverter. Versuchsweise Umrüstung auf Pelikan-Konverter brachte keine Verbesserung (der Versuch fand natürlich im Glas und mit Wasser statt Tinte statt). Es liegt zumindest beim 159 wohl am Tintenleiter.

Zudem kam der 159 in Luftpolster-Folie in einem Umschlag. Und seine Feder war krummgebogen. Auf dem Transport kann das nicht passiert sein, denn da war die Kappe ja drauf und schützte die Feder.
Zum Glück hatte ich noch eine #6-Feder, die ich gegen die verbotene Feder austauschen konnte.

So schön und billig (nicht "preiswert", das ist was anderes) viele der Jinhaos auch sind, ich traue ihnen nicht mehr.
Der Dachs hat Streifen im Gesicht.
Den argen Winter mag er nicht.
Im März schaut er aus seinem Loch
und grunzt: "Jetzt kommt der Frühling doch!"
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Gruß von Gernot

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Tenryu
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Re: Die bunte Welt der Chinafüller

Beitrag von Tenryu » 04.11.2017 19:24

Ich hatte bislang anscheinend Glück. Von den vielen Chinafüllern in meiner Sammlung war nur einer unbrauchbar. Und das betraf nur die Feder, die sich leicht tauschen läßt. Bei einem Preis von nicht mal 3€, ist das für mich kein Ding.
Ich besitze Füller, die >40€ gekostet haben und für mich nicht brauchbar sind, weil der Tintenfluß nach zwei Seiten versiegt, oder die Feder nach drei Tagen Nichtgebrauchs schon eintrocknet. Das ärgert mich weit mehr.
Ich bin inzwischen so weit, daß ich eigentlich keine günstigen Füller aus europäischer Produktion mehr kaufen möchte. Im Luxus-Segment sind sie nach wie vor unerreicht gut. Aber wieso 20-50€ für etwas ausgeben, was man in der selben oder sogar besseren Qualität für 2-10€ aus China bekommen kann?
Ein Beispiel: Ich hatte mir neulich einen Waterman Kultur angeschaut. Kostet ca. 15€, ohne Konverter. Billiges dünnes Plastik. Nichtmal ein Kappenring aus Metall. Zum Vergleich: der Jinhao 992, ebenfalls dünnes billiges Plastik, aber mit breitem Kappenring und inkl. Konverter. Kostet ca. 1,30€.
Da kaufe ich mir fürs gleiche Geld lieber zehn Chinesen.

PhiSch
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Beitrag von PhiSch » 04.11.2017 22:16

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Johnson-Leser

Re: Die bunte Welt der Chinafüller

Beitrag von Johnson-Leser » 05.11.2017 8:49

@Grimbart

Das ist einer der Gründe, warum ich die Hände von sowas lasse. So lange, wie ich damit rechnen muss, dass ich zu 10 oder 20% oder höherer Wahrscheinlichkeit ein Ausschuss- oder Wegwerfprodukt erhalte, lasse ich die Finger davon. Weitere Gründe dagegen sind die Arbeitsbedingungen, die eingesetzten Chemikalien und Umweltverschmutzung durch Verpackung und Versand.

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Re: Die bunte Welt der Chinafüller

Beitrag von Killerturnschuh » 05.11.2017 11:55

Johnson-Leser hat geschrieben:@Grimbart

Das ist einer der Gründe, warum ich die Hände von sowas lasse. So lange, wie ich damit rechnen muss, dass ich zu 10 oder 20% oder höherer Wahrscheinlichkeit ein Ausschuss- oder Wegwerfprodukt erhalte, lasse ich die Finger davon. Weitere Gründe dagegen sind die Arbeitsbedingungen, die eingesetzten Chemikalien und Umweltverschmutzung durch Verpackung und Versand.
Ich sehe das genau wie du und wundere mich seit Jahren wie bereitwillig viele Leute einfach wegsehen...Geiz ist nicht geil, sondern in den meisten Fällen verantwortungslos. Trotz der niedrigen Preise verdient jemand gutes Geld an den Billigteilen, nur nicht die die sie herstellen.
Zum Glück werden diese Billigteile bald für den europäischen Markt sehr viel unattraktiver werden wenn sie neue Weltpostregelung in Kraft tritt und ordentlich Porto für solche Teile aus China anfallen.

Ich selbst habe mir kürzlich einen Satz Jinhaos Plastikspritzgussfüller geordert für Tintentests. Der Tintenfluss ist ungleichmäßig, Konverter, Müll, insgesamt Qualität unterirdisch. Voller Demut bin ich wieder zu meinen drei Lamys und den Preppys, als Tintenversuchskaninchen zurückgekehrt.
Nein, ein gutes Gewissen hatte ich bei diesem Kauf ohnehin nicht. Kaufauslöser war auch nicht der billige Preis sondern die Frage was diese Billigfüller taugen.

Richtig Rot sehe ich auch bei Plagiaten aus Asien von Markenprodukten. Damit entstehen der Wirtschaft nicht nur beträchtliche Verluste und Imageschäden, diese Pseudo " Ich-habe-es-nötig-anderen-etwas-vorzumachen-Teile" kosten Arbeitsplätze und schädigen die Gesundheit von denen die sie für unterirdische Löhne herstellen müssen. Muss man die Bezugsquellen für dieses Zeug hier im Forum auch noch posten?

Viel Spaß allen die mit ihren Billigasiaten ach so gerne schreiben.
Zuletzt geändert von Killerturnschuh am 05.11.2017 12:44, insgesamt 2-mal geändert.
Salve

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Re: Die bunte Welt der Chinafüller

Beitrag von Frischling » 05.11.2017 12:04

Hallo

Ich würde mich an dieser Grundsatzdiskussion gerne beteiligen, möchte aber diesen Tread nicht mit weiteren OT zerstören, vielleicht könnten wir in einen neuen Tread übersiedeln?

LG
Christa
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Re: Die bunte Welt der Chinafüller

Beitrag von Killerturnschuh » 05.11.2017 12:18

@ Christa,

ich finde das auch kritische Anmerkungen hier in diesem Thread ausgesprochen passend sind. Sie sprechen eben die Schattenseiten dieser schönen "bunten Welt der Chinafüller" an, die andere leider gerne ausblenden.
Salve

Angi

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Johnson-Leser

Re: Die bunte Welt der Chinafüller

Beitrag von Johnson-Leser » 05.11.2017 12:31

@Killerturnschuh

Beide Beiträge würde ich liken, wenn ich könnte.

rorro
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Re: Die bunte Welt der Chinafüller

Beitrag von rorro » 05.11.2017 12:43

Was ist denn die "neue Weltpostregelung"? Ach gerade gelesen ...
Viele Grüße, Ralf

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Re: Die bunte Welt der Chinafüller

Beitrag von Killerturnschuh » 05.11.2017 12:51

Schön :lol:

Für alle anderen ganz kurz....weitere Infos findet der mündige Bürger im Internet :wink:
https://www.welt.de/wirtschaft/article1 ... eurer.html
Salve

Angi

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Johnson-Leser

Re: Die bunte Welt der Chinafüller

Beitrag von Johnson-Leser » 05.11.2017 13:11

Schön, dass andere Postkunden dieses Geschäftsmodell nicht mehr subventionieren müssen.

agathon
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Re: Die bunte Welt der Chinafüller

Beitrag von agathon » 05.11.2017 13:25

Tenryu hat geschrieben: Ich bin inzwischen so weit, daß ich eigentlich keine günstigen Füller aus europäischer Produktion mehr kaufen möchte. Im Luxus-Segment sind sie nach wie vor unerreicht gut.
Das sehe ich ganz genauso. Diese Erfahrung habe ich nämlich auch gemacht und die nämliche Konsequenz daraus gezogen.


Tenryu hat geschrieben: Aber wieso 20-50€ für etwas ausgeben, was man in der selben oder sogar besseren Qualität für 2-10€ aus China bekommen kann?
Von der China-Qualität bin ich aber - ich beziehe mich hier ausdrücklich nur auf die Billigfüller - alles andere überzeugt. Auch diese Schreiber waren mehr über kurz als überlang bei mir alle kaputt. Deswegen kommen mir die aus den gleichen nämlichen Gründen nicht mehr ins Haus.

Ich kann gut verstehen, dass man sich aus Neugierde ein wenig damit beschäftigt und im Füllerforum hat das auch seine Berechtigung (Es handelt sich ja schließlich um Füller.). Diese Schreiber über den grünen Klee zu loben halte ich jedoch nicht für angebracht. Und das betrifft - und da gebe ich Angi recht -, nicht nur die Produktqualität.

Grüße

agathon

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thewritingsonthewall
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Re: Die bunte Welt der Chinafüller

Beitrag von thewritingsonthewall » 05.11.2017 14:29

Na ja es kommt bei den Chinesen ganz drauf an. Wirklich schlechte Erfahrungen habe ich noch nicht gemacht. Meine 159er benutze ich sehr gerne, auch wenn das Material an Matchbox Autos erinnert. Und der wing sung 3008 ist bisher auch ein solider Begleiter, der allerdings qualitativ nicht mit dem. Twsbi Eco oder einem Pelikan M200 mithalten kann.
Eines haben sie alle gemeinsam, es ist kein riesiger Verlust wenn sie doch mal abhanden kommen.
Möge der Saft mit dir sein :mrgreen:

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