Hero 616 – „legendärer Klassiker“… der durchfällt!

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SteamDevil
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Hero 616 – „legendärer Klassiker“… der durchfällt!

Beitrag von SteamDevil »

Wie einige von Euch mitbekommen haben, habe ich ja vor einigen Monaten ein „kleines“ Geschenkpaket erhalten, in dem unter anderem auch so einige Füller verschiedenster Marken und Modelle waren. Also aus China, Indien, England, Deutschland und Italien etc…
Unter diesen befanden sich auch 3 „Hero 616“. 2x in Rot und 1x in Grün.
Bis auf einige Gebrauchsspuren (was ja vollkommen normal ist) sind alle 3 Exemplare technisch in einwandfreien Zustand und nicht weiter nachträglich bearbeitet – soweit ich das beurteilen kann.

An dieser Stelle danke ich nochmals nachträglich dem edlen Schenker für all die interessanten und auch teils lange begehrten Stücke.

Da die Füller also ein Geschenk waren, mache ich die hierzu gehörenden Preisangaben auf Basis der aktuell aufgerufenen Preise bei AliExpress.

Und damit fangen wir dann auch gleich mal mit der Vorstellung an...



Und – wie üblich – zuerst die technischen Daten...
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Marke: Hero
Modell: 616
Farbvariante:
  • Green & Red with silver Cap
  • Erhältlich in verschiedenen Farbvarianten wie folgt:
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  • Auch in den günstigen 10er-Pack Versionen erhältlich sind folgende Varianten:
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Material: Plastik - Spritzguss

Federstärke: "EF"

Länge: 13,8 cm
Ø Schaft: 11mm
Ø Griffstück: 10,8mm → 8,8mm verjüngend
Gewicht: 14g

Befüllsystem(e): Aerometric

Preis: ca. 2,55 € (bei Kauf in 10er-Pack) bis 5,20 € (In „Morandi“ Farben)

Bezugsquelle: AliExpress – Hero 616 (Suchergebnisse relativ unsortiert)



Erster Eindruck:

Zur ursprünglichen Verpackung kann ich leider nichts sagen, da wie gesagt als Geschenk in einer Ledermappe erhalten.
Da möchte ich auch nicht spekulieren, da ich nicht weiß über welchen Anbieter/Shop diese damals gekauft wurden.

Erschreckend aber wie ähnlich er tatsächlich dem Parker 51 auf den ersten Blick sieht.
Da kann man bei besten Willen nicht mehr nur von „inspired by“ oder „Abklatsch“ reden.
Besten Falls kann man von einer „Kopie“ reden, ich hingegen würde es sogar einen fast 1:1 Klon nennen.
Das erklärt auch, warum ich selber über all die Jahre diesen Füller nie gekauft habe, denn er ist – vor allem wegen des „Arrow Clip“ einfach zu nah am Original Parker 51.
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Und auch das mehr schlecht als recht gemachte Rillen-Design auf der Kappe lehnt sich zu sehr an den Parker 51 an.
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Aus dem gleichen Grund würde ich nie einen Jinhao 100 mit Arrow Clip kaufen, damit wäre der nämlich auch zu sehr am Parker Duofold dran.
Bei aller „Liebe“ zu chinesischen Füllern, irgendwo hat nun mal alles seine Grenzen.

Lässt man den Faktor Kopie/Klon mal ganz kurz außer Acht, sieht er zwar auf den ersten Blick ganz gelungen aus, offenbart aber auch sofort seine „Minderwertigkeit“. Dazu aber im nächsten Abschnitt.



Material und Verarbeitung:

Der Hero 616 besteht im Korpus und Griffbereich aus „billigen“ Plastik aus einer Spritzguss Form und ist Material technisch nun wirklich alles andere als hochwertig.
Auch lässt sich schon auf den ersten Blick am Schaftende ein Loch erkennen, dass zeigt, er kommt aus einer Spritzguss Maschine.
Dennoch ist der Kunststoff relativ robust.
Klar, mit aller Gewalt bekommt man alles kaputt, aber bei normalem Gebrauch und sachgemäßer Behandlung sollte keinerlei Gefahr bestehen ihn massiv zu beschädigen.

Apropos „normaler Gebrauch“…
Aufgrund des recht „günstigen“ Materials neigt er natürlich auch dazu relativ schnell typische Gebrauchsspuren zu zeigen.

In Sachen Material & Verarbeitung kann ich also nur sagen, unterster Durchschnitt bis maximal Durchschnittsmitte.



Haptik & Ergonomie:

Hmmm…
Mit der Haptik ist das auch so eine Sache.
Zwar ist die Oberfläche schön sauber und glatt, aber irgendwie spürt man auch, dass es kein besonders hochwertiges Material ist.
Der direkte haptische Vergleich (blind im Beisein meiner Frau) mit dem Jinhao 51a „Dreamland“ (gedrehtes Kunstharz/Resin) ließ mich auf Anhieb erkennen welcher der Hero 616 und welcher der Jinhao war.
Erschreckend wie „billig“ sich der Hero anfühlt, aber ebenso erschreckend wie „wertig“ im Vergleich der Jinhao wirkt.

Ergonomisch gesehen würde ich das auch „Durchschnitt“ nennen.
Auch hier muss ich einen Vergleich mit dem Jinhao 51a machen, da dieser ja fast gleich in der Bauart ist.
Aber auch hier… Sofort ein deutlicher Unterschied zu spüren, wenn man mit ihm schreiben will.
Liegt wohl darin begründet, dass der Hero 616 – an der Stelle wo ich typischer Weise beide Füller halte – an der stärksten Stelle etwa 0,7mm schmaler ist als der Jinhao 51a.
Damit befindet sich der Hero 616 schon an der untersten Toleranzgrenze für meine Fingerhaltung und meinem persönlichen Empfinden von „Bequem“. Der Jinhao 51a ist da jetzt nicht besonders viel besser, aber immerhin etwas und auch deutlich spürbar.

Zum schreiben selber benutze ich den Hero 616 grundsätzlich nur mit auf den Schaft aufgesteckter Kappe, da er mir mit effektiv 12,5cm relativ kurz ist. Besonders auch deswegen, weil ich ihn eh schon relativ weit oben zum Schaft hin in den Fingern halte. Gleiches trifft aber ach auf den Jinhao zu.

Insgesamt aber ist der Hero ergonomisch dennoch dem Jinhao leicht unterlegen.



Die Feder:

Wenn Form und Optik das Herz eines Füllers sind, dann ist die Feder dessen Seele…
Und der Hero 616 ist – mangels anderer Begrifflichkeit – in so fern recht seelenlos.
Nicht falsch verstehen. Die Feder funktioniert einwandfrei und erfüllt ihren Zweck. Aber eben auch nicht mehr.
„EF“ Feder typisch hat sie ein recht starkes Feedback, zu dessen Ungunsten auch noch eine brutale Härte/Steifigkeit hinzu kommt.
Sie fühlt sich eher schon wider wie ein Kugelschreiber oder sehr harter Bleistift an.
Daher nennen die Chinesen diese Art Feder wohl auch „financial tip“… Weil sie hart/steif genug ist um auch Quittungen und/oder Formulare mit Durchschlag auszufüllen, wofür man einen gewissen Druck benötigt.
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Für mich persönlich ist eine solche Art Feder eher sehr unangenehm.
Es soll aber Füller-Enthusiasten geben, die diese Art Feder bevorzugen.

Grob zusammen gefasst:
Die Feder ist in ihrer Funktion zweckmäßig und funktioniert.
Mir persönlich aber kann sie keine Jubelrufe entlocken, geschweige denn größeren Respekt abringen.



Befüllung:

Auch hier ist der Hero 616 sehr limitiert, regelrecht eingeschränkt.
Als Befüllsystem hat er nur das so genannte „Aerometric“ System. Also einen kurzen Gummischlauch der mittels wiederholten Drücken befüllt wird.
Unterstützt wird er dabei von einer Metallhülsen, in der einen Aussparung mit einem Federblech ist, um die Handhabung etwas zu erleichtern.
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Andere Befüllmethoden lässt der Hero 616 leider nicht zu.
Noch nicht mal ein Umbau zum Eyedropper ist möglich, da ja am Schaftende ein offenes Loch vom Spritzguss ist.
Dieses müsste man erst mit Epoxid oder ähnlichem abdichten, am Gewinde vom Griffstück einen kleinen Dichtungsring anbringen und dann das Gewinde noch mit Silikonfett behandeln. Dann wäre vielleicht ein eyedroppen möglich.

Und das winzige, eigentlich fast nur angedeudete, Tintenfenster ist nach dem Befüllen auch nicht so wirklich hilfreich.
Das hätte man getrost weg lassen können.



Schreibprobe:

Wie schon kurz angemerkt im Abschnitt „Feder“, kann ich nur folgendes festhalten:
Die Feder fühlt sich an wie der regelrechte – teils gefürchtete – „Nagel“.
Auch ist das Feedback sehr, sehr deutlich spürbar.
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Wenn man die Feder nicht wirklich exakt am „Sweetspot“ erwischt, wird es sogar regelrecht „grausam“.
Daher stecke ich die Kappe immer so auf den Schaft, so dass der Clip der Kappe mit der Oberseite der Feder auf exakt einer Linie liegt, um auch visuell die Position/Lage der Feder kontrollieren zu können. Denn die Feder ist so klein und kurz, so dass sie nur ein klein wenig mit der Spitze aus dem Griffstück ragt und man daher deren Lage nicht wirklich gut sehen kann.
Das finde ich auch generell das größte Manko bei den so genannten „hooded nibs“.



Fazit:

Abschließend kann ich folgendes – aus meiner subjektiven Sicht – festhalten…

Überzeugen konnte mich der Hero 616 nun wirklich nicht.
Vergleiche ich ihn direkt mit dem fast baugleichen Jinhao 51a, ist er dem Jinhao 51a in nahezu allen Belangen deutlich unterlegen.
Bei aller Ähnlichkeit, der Jinhao kann alles immer irgendwie ein deutliches Stück besser.
In der „Acrylic“ oder auch Holz Version hat der Jinhao einfach das deutlich hochwertigere Material.
Die gesamte Verarbeitung ist beim Jinhao besser…
Allein die werksmäßigen Federn sind auch beim Jinhao deutlich besser. Ganz zu schweigen die Varianten mit der „Bobby Handmade Nib“, die geradezu ein Traum unter den chinesischen "size #3" hooded nibs sind.
Der Hero 616 nutz nur diesen „Pumpsack“, während der Jinhao 51a Konverter und Patronen nutzt und damit unterwegs, z.B. auf Reisen, deutlich flexibler, deutlich nützlicher ist.
Auch der – wenn auch minimale – Unterschied im Durchmesser von Schaft und Griff fallen hier zu Gunsten des Jinhao aus.
Und am wichtigsten für mich persönlich: Der Jinhao 51a zeigt klar seine Inspiration, will aber - im Vergleich zum Hero 616 - den Parker 51 nicht auf Biegen und Brechen bis ins Kleinste Detail kopieren.

Zieht man nun in Betracht das beide Füller in der gleichen Preisklasse spielen/liegen, dann hat der Hero 616 hier deutlich die „Arschkarte“ gezogen.

Einzig für jene, die konkret einen Parker 51 Klon suchen, der auf den aller ersten kurzen Blick zu täuschen vermag, ist der Hero 616 das Objekt der Wahl.

Für mich käme er allerdings schon wegen dieser „Klonhaftigkeit“ nicht in Frage.
Und nachdem ich ihn nun auch persönlich getestet habe, reicht auch seine Performance insgesamt nicht aus, so das ein Kauf für mich völlig außer Frage steht.

Ergo:
Durchgefallen!



So, ich hoffe Euch hat’s mal wieder gefallen und wurdet gut unterhalten.


Liebe Grüße
SteamDevil



P.S.
Wie üblich… Video dazu folgt voraussichtlich am Freitag.
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Re: Hero 616 – „legendärer Klassiker“… der durchfällt!

Beitrag von Corp. »

Ich habe auch den Parker, so richtig doll fand ich den auch nicht.

Mit etwas Gebastel und Kleber kann man die Pumpe aber auch in einen Konverter umbauen, habe ich mal mit einem Hero gemacht. Die Feder wird dadurch aber immer noch nicht weniger anstrengend.
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Re: Hero 616 – „legendärer Klassiker“… der durchfällt!

Beitrag von SteamDevil »

Corp. hat geschrieben:
04.05.2023 12:41
Ich habe auch den Parker, so richtig doll fand ich den auch nicht.
Zum Parker 51 selber - bzw. seinem Schreibverhalten - kann ich persönlich gar nichts sagen, habe ich ja keinen und auch noch nie besessen.
Daher habe ich meine Vergleiche mit dem auch nur auf das optische Erscheinungsbild beschränkt.

Mich selber hat aber ein Parker 51 auch noch nie so wirklich interessiert. Ganz besonders eben auch wegen der "hooded nib".
Und nur eher durch "Zufall" habe ich zur Zeit 4 oder 5 chinesische Modelle mit so einer Feder. Wobei der Jinhao 51a mit der "Bobby Handmade nib" am deutlichsten hervor sticht. Dennoch zählen diese - auch der Jinhao - nicht wirklich zu meinen Top Favoriten. Eher im Gegenteil. Sie sind die von mir am wenigsten genutzten überhaupt - abgesehen von den komplett unbrauchbaren.
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Re: Hero 616 – „legendärer Klassiker“… der durchfällt!

Beitrag von SteamDevil »

SteamDevil hat geschrieben:
04.05.2023 0:06
P.S.
Wie üblich… Video dazu folgt voraussichtlich am Freitag.
Hmz...
Dauert wohl doch noch bis mindestens morgen.
Die Familie halt...
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Re: Hero 616 – „legendärer Klassiker“… der durchfällt!

Beitrag von SteamDevil »

Sodale...
Sollte ab 17:00 Uhr verfügbar sein das Video.

Hero 616 | „legendärer Klassiker“… der durchfällt...
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