Wing Sung (Yong Sheng) 3001 – schwache Pilot 78(g) Kopie

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SteamDevil
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Wing Sung (Yong Sheng) 3001 – schwache Pilot 78(g) Kopie

Beitrag von SteamDevil »

Um mal wieder eine andere, relativ bekannte, Marke ins Spiel zu bringen, werfe ich heute den „Wing Sung (Yong Sheng) 3001“ der Meute zum Fraß vor.

Noch ein kleiner Exkurs bezüglich des Namens „Wing Sung“:
In China selber spricht man den Namen in der Kurzform „Yongsheng“ (永生) aus und bedeutet soviel wie „Ewiges Leben“. Im japanischen lautet die Kurzform „Eisei“ (永生) und wird mit den exakt gleichen Schriftzeichen (Kanji = Chinesische Schrift) geschrieben.
Die Originale Schreib- & Sprechweise wäre folgende:
Chinesisch = Yǒnghéng de shēngmìng (恆的命)
Japanisch = Eien no inochi (遠の命)
Hier ändert sich dann die japanische Schreibweise etwas im Gegensatz zur Kurzform.

Aber zurück zum Füller:
Ich nehme es auch gleich vorweg...
Es handelt sich hierbei um eine 98%ige Kopie des „Pilot 78(g)“.
Warum nur 98%??
Weil nicht das gleiche Material und der gleiche Fertigungsstandard verwendet wurden.
Es ist also kein 1:1 Klon. Aber in allen anderen Bereichen doch sehr nahe dran.

Und damit fangen wir dann auch gleich mal mit der Vorstellung an...



Die technischen Daten...

Marke: Wing Sung
Modell: 3001
Farbvariante: Black & Blue (in weiteren Farben erhältlich)

Material: Plastik - Spritzguss

Federstärke: "F"

Länge: 13,5 cm
Ø Schaft: 11mm
Ø Griffstück: 10,0mm → 8,5mm verjüngend
Gewicht: 22g

Befüllsystem(e): Patronen & Konverter im chinesischen Standard-Kaliber 3,4mm

Preis: ca. 1,64 € inkl. Vers.(beim damaligen Kauf) – Aktuell 1,92 € + 1,53 € Vers.

Bezugsquelle: AliExpress – luxury quality brand Yong Sheng 3001 FOUNTAIN PEN
(Die Bezeichnung „luxury quality“ kann man so was von vergessen...)
  • Bild


Erster Eindruck:

Die Verpackung wie üblich viel Plastik + viel Luft und nichts von Ästhetik.

Ausgepackt sieht er erst mal ganz nett aus und wirkt gefällig.
Und wer den „Pilot 78(g)“ sein Eigen nennt, dem fällt sofort die „Ähnlichkeit“ auf.
Weit mehr noch. Nicht nur ähnlich, sondern exakt gleich im Aussehen ist er wohl.
Und dieser Eindruck ist dann doch schon etwas – nennen wir es – grenzwertig.
Aber abgesehen davon macht er erst mal eine gute Figur.

Dennoch will ich die Sache erst mal unvoreingenommen angehen und schau mir alles etwas genauer an bevor ich ihn das erste mal öffne und benutze.

Und schon sehe ich die erste unschöne Sache, die ich so nicht gerne an einem Füller sehe.
Am Schaft- und Kappenende ist mal wieder so eine „Delle“ welche ein Überbleibsel der Spritzguss Maschine ist.
So etwas gefällt mir ganz und gar nicht.

Die Kappe "ziert" ein in Gold gehaltenes aufgemaltes Kappenband, in dem die Schriftzeichen 永生 und die Modellbezeichnung 3001 zu sehen sind.
  • Bild
Der in Gold gehaltene Clip wartet mit der "Gravur" (sieht für mich eher gepresst aus) "Wing-S" auf.
In ziemlich genau der Form und Größe, wie dort beim Pilot 78(g) der Name "Pilot" steht.
  • Bild
Da hab ich Füller aus der gleichen Preisspanne, die deutlich sauberer gearbeitet sind. Teils sogar mit Metallabschlüssen.

Der erste Eindruck ist also wieder mal etwas gemischt...



Material und Verarbeitung:

Der Wing Sung 3001 besteht im Korpus und Griffbereich aus „billigen“ Plastik aus einer Spritzguss Form und ist Material technisch nun wirklich alles andere als hochwertig.
Um ehrlich zu sein:
Sogar noch minderwertiger als das Material beim Hero 616.
Das Plastik ist so weich und dünn, dass man allein die offene Kappe mit 2 Fingern zusammen quetschen und zerbrechen könnte.
Man muss also schon sehr aufpassen die Kappe nicht zu fest zu verschließen, da sonst Risse entstehen könnten.
Apropos Risse:
Der schwarze Füller kam bei mir schon mit einem Riss in der Griffsektion an.
Dieser entstand anscheinend schon bei der Herstellung, als man Feder und Tintenleiter eingesetzt hat.
Das spricht also nicht gerade für eine vernünftige Qualität.
Zumindest wurde mir nach Bemängelung anstandslos der Kaufpreis zurück erstattet, ohne das ich den Füller hätte zurück schicken müssen (was bei AliExpress so auch ganz normal ist, auch bei „wertigeren“ Produkten).

Also…
Dann erst mal das Griffstück am Riss mit einem Bastel-Skalpell etwas schräg (ca. 30°) bis zur Hälfte der Materialdicke eingeschnitten und den Riss dann mit 2-Komponenten Epoxid Kleber wieder fit gemacht, geschliffen und – soweit möglich – poliert.
Damit passt alles wieder und man bekommt keine schwarzen Finger mehr weil die Tinte durch den Riss leckt.

Aufgrund des recht „günstigen“ Materials neigt er natürlich auch dazu relativ schnell typische Gebrauchsspuren zu zeigen.
Selbst bei geringer Nutzung fängt schon bald die Goldfarbe – welche das Kappenband imitiert – sich zu lösen.
In Sachen Material & Verarbeitung kann ich also nur sagen, unterste Kategorie – und das ist schon wohlwollend ausgedrückt.

Und noch etwas seltsames:
Das schwarze Modell kam mit einem Dichtungsring zwischen Schaft und Griffstück, während der blaue Füller keinen Dichtungsring hatte.
Wie ich bei den meisten Besitzern dieses Modells gesehen habe, kommt der auch in der Regel ohne diese Dichtung.
Warum also bei meinem eine dabei war, ist und bleibt mir ein Rätsel.



Haptik & Ergonomie:

Haptisch ist der Wing Sung 3001 wahrlich kein Füller für den gehobenen Empfindungsbereich.
Auch auf Grund des geringen Gewichts von 22g fühlt er sich eben auch so „billig“ an, wie er es preislich ist.
Da kann man auch nicht viel schön reden.

Was die Ergonomie angeht.
Da bewegt er sich auf dem Niveau eines Jinhao 992 (mit dem ich gerne kleinere/kürzere Sachen schreibe) und ist für mich gerade noch im akzeptablen Bereich. Allerdings nur im „geposteten“ Zustand, da er sich für mich relativ kurz und leicht anfühlt.
Ich sage bewusst „anfühlt“, denn eigentlich ist er ausreichend lang um ihn auch ohne aufgesteckte Kappe zu benutzen, aber „gefühlt“ fehlt dem noch irgend etwas. Und wenn es nur ein paar Gramm an Gewicht zum Schaftende hin sind.
Wer aber nicht all zu große Hände hat, der kommt auch sicher so ganz normal mit ihm klar.
Für mich ist das eher wieder ein negatives Empfinden.



Die Feder:

Ok, die Feder… Das Herzstück eines jeden Füllers.
Hier muss ich sagen, ich hab schon weit schlechtere Federn in teils teureren Füllern gehabt.
An der kann ich eigentlich nicht aussetzen.
Sie schreibt für eine „F“ Feder relativ nass und hat bei vorsichtigem Druck sogar eine gewisse Linienvarianz.
Sie ist also definitiv kein Nagel. Im Gegenteil.
Das Feedback bewegt sich zwischen moderat und stark, mit einer Tendenz zum eher moderaten hin.
Auf glatteren Papieren empfinde ich sie als durchaus angenehm, wie z.B. Oxford Optik Paper, Clairefontaine Triomphe, Staufen Briefblock, Rhodia Dot Pad oder ähnlichen. Bei raueren Papieren (z.B. Clairefontaine Smart Print Paper) jedoch kommt sie schnell in den Bereich, wo ich sie so gar nicht mag. Ganz speziell aber bei Büttenpapier.

Man kann die Feder demnach als „vernünftig“ oder „durchwachsen“ bezeichnen.
Jedenfalls ist sie zuverlässig und macht ihren Job.
Und Wing Sung typisch ist auf der Feder auch deren Logo, Name und die Federstärke angegeben.
  • Bild
Was aber noch zu erwähnen ist:
Es handelt sich nicht um eine gewöhnliche Größe #5 Feder, sondern um eine „winged“ Feder. Also eine Feder im Stile der Pilot Federn, so wie sie auch im Pilot 78(g) oder 88 zu finden ist.
Wobei ich mir immer die Frage gestellt habe, wer eigentlich diese Art Federn zuerst in seinen Füllern hatte. Die Japaner? Die Chinesen? Vielleicht gar die Europäer??
Egal… Hab da eh keinen Plan...



Befüllung:

Positiv ist es mal wieder, dass der Wing Sung 3001 mit Patronen & Konverter bestückt werden kann.
Negativ hingegen ist, beides nur im chinesischen Standard-Kaliber von 3,4mm.
Zumindest wird ein passender Konverter gleich mit geliefert, so dass man sich darum schon mal keinen Kopf machen muss. Dieser ist zwar auch günstigster Bauart, aber erfüllt bisher ohne Probleme seinen Zweck.
  • Bild


Schreibprobe:

Wie schon kurz angemerkt im Abschnitt „Feder“, kann ich nur folgendes festhalten:
Die Feder, dass Feedback ist deutlich spürbar. Aber in den meisten Fällen (je nach Papier eben) durchaus im angenehmen Bereich.
In Sachen Schreibkomfort gibt es da eigentlich nichts zu jammern.
So gesehen wäre es sogar ein ganz brauchbarer Füller.
  • Bild


Fazit:

Abschließend folgendes...

Überzeugen konnte mich der Wing Sung 3001 in den meisten Belangen nicht.
Weder in Sachen Material oder Verarbeitung.
Und das allein seine Feder ausreichend gut ist, macht die ganze Sachen leider nicht wirklich fett oder rund.

Ja, ich benutze ihn hier und da mal, aber eben nur für Sachen wie Unterschriften oder dem ausfüllen kleinerer Formulare. Zu mehr aber auch nicht.
Er ist wegen seiner Maße und seinem Gewicht ganz nett als Füller für unterwegs in einem kleinen Etui, um eben mal nur so schnelle kleine Dinge zu erledigen. Aber für größere Aufgaben ist er mir einfach zu unbequem und gibt mir kein wirklich angenehmes Gefühl beim schreiben.
Was sich aber auch damit begründet, dass ich eher „kräftigere“ Füller mag, die dann auch mal gerne das eine oder andere Gramm mehr wiegen dürfen – aber nicht zwingend nötig ist.
Und wegen der Feder allein lohnt es sich mit Sicherheit auch nicht.
Dann lieber den Wing Sung 3013 Vacuum Filler (ehemals „Paili 013"), der hat die gleichen Federn, liegt mir besser in der Hand und ist auch mit etwas besseren Materialien besser verarbeitet.

Und auch hier muss ich letzten Endes sagen:
Leider überwiegend durchgefallen...



So, ich hoffe Euch hat’s mal wieder gefallen und wurdet gut unterhalten.


Liebe Grüße
SteamDevil



P.S.
Wie üblich… Video dazu ist auch vorhanden...
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Re: Wing Sung (Yong Sheng) 3001 – schwache Pilot 78(g) Kopie

Beitrag von Chia »

Vom Wing Sung 3001 habe ich auch ein paar: 1x hellblau transparent, 1x weiß opak, 1x dunkelgrün opak. Alle 2ndHand gekauft.

Vom Schreibgefühl finde ich sie ehrlich gesagt ziemlich angenehm; liegen mir auch gut in der Hand.

Das Plastik scheint aber in der Tat etwas anfällig zu sein. Von meinen dreien ist nur der blau-transparente unbeschädigt. Beim weißen ist das Endstück der Kappe gebrochen (wurde aber geklebt und ist ohne Funktionseinschränkung). Der dunkelgrüne hat ähnlich wie dein schwarzer einen tintenfingerverursachenden Spalt im Griffstück (anders als Du habe ich das allerdings (bislang) noch nicht repariert).

Mein transparenter hat auch einen O-Ring beim Griffstück. Bei den beiden undurchsichtigen bin ich mir nicht ganz sicher und ich hab sie grad nicht zur Hand um nachsehen zu können (bzw weiß ich beim dunkelgrünen nicht ob ich den überhaupt noch habe). Da es aber wie gesagt 2ndHand Käufe waren, ist der original Auslieferungszustand eh unklar.
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SteamDevil
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Re: Wing Sung (Yong Sheng) 3001 – schwache Pilot 78(g) Kopie

Beitrag von SteamDevil »

Chia hat geschrieben:
14.05.2023 15:49
Vom Schreibgefühl finde ich sie ehrlich gesagt ziemlich angenehm; liegen mir auch gut in der Hand.
Die Schwierigkeit beim beschreiben des Schreibgefühls ist es nun mal, das ein jeder da seine individuelle Empfindung hat.
Ich kann also nur das für mich subjektive Empfinden wiedergeben, daß zum Empfinden anderer in krassen Gegensatz stehen kann.
Einfach gesagt: "Grau ist alle Theorie..." ;)
Chia hat geschrieben:
14.05.2023 15:49
Da es aber wie gesagt 2ndHand Käufe waren, ist der original Auslieferungszustand eh unklar.
Bei mir waren es ja direkte Händler-Käufe. In sofern ist der Auslieferungszustand bei meinen Exemplaren bekannt.
Daher auch meine Verwunderung darüber, daß der eine mit und der andere ohne Dichtung kam.
Zitat aus Kommentar bei YT:
PS: bei mir ist übrigens auch kein Dichtungsring dabei, trotzdem lässt er sich ziemlich fest verschrauben.
Scheint also rech inkonsequent zu verlaufen in der Produktion.
Oder aber es sind verschiedene Produktionslinien (Batches) in denen einmal mit und einmal ohne Dichtung gefertigt wurde.
Das "Institut für nicht abgeschlossene Forschungsstudien" hat festgestellt,
dass 4 von 6 Personen
Chia
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Re: Wing Sung (Yong Sheng) 3001 – schwache Pilot 78(g) Kopie

Beitrag von Chia »

SteamDevil hat geschrieben:
14.05.2023 16:07
Bei mir waren es ja direkte Händler-Käufe. In sofern ist der Auslieferungszustand bei meinen Exemplaren bekannt.
Daher auch meine Verwunderung darüber, daß der eine mit und der andere ohne Dichtung kam.
Zitat aus Kommentar bei YT:
PS: bei mir ist übrigens auch kein Dichtungsring dabei, trotzdem lässt er sich ziemlich fest verschrauben.
Scheint also rech inkonsequent zu verlaufen in der Produktion.
Oder aber es sind verschiedene Produktionslinien (Batches) in denen einmal mit und einmal ohne Dichtung gefertigt wurde.
Theoretisch könnte es auch einfach Zufall sein, also gar keine gezielte Entscheidung. Denn die O-Ringe sind ja separate Teile - vielleicht waren die manchmal halt aus und dann hat man die Füller eben ohne rausgeschickt 🤷🏼‍♀️

Falls es aber doch eine bewusste Entscheidung war, wäre es interessant was zuerst war: Waren sie ursprünglich mit O-Ring und man hat dann aber später gemerkt 'ne, ist unnötig'. Oder waren sie zunächst ohne und man hat das Hinzufügen eines O-Rings dann erst als sinnvoll erkannt 🤔

Wie ist das denn beim Vorbild, dem Pilot 78, hat der einen O-Ring?
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Re: Wing Sung (Yong Sheng) 3001 – schwache Pilot 78(g) Kopie

Beitrag von SteamDevil »

Chia hat geschrieben:
14.05.2023 17:34
Wie ist das denn beim Vorbild, dem Pilot 78, hat der einen O-Ring?
Kann ich leider so nicht beantworten, ich habe den Pilot 78 leider nicht (mehr).
Und so aus dem Stehgreif kann ich das auch nicht mehr sagen.
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