M 1000 Feder

Moderatoren: desas, MarkIV, Linceo, Lamynator, Zollinger

Benutzeravatar
pelikanjog
Beiträge: 885
Registriert: 19.10.2017 11:42
Wohnort: östl. Raum von Stuttgart

M 1000 Feder

Beitrag von pelikanjog »

Hallo,

ich habe immer behauptet, die M 1000 Feder sei weiche, elastisch ..., aber nicht flexibel, muss ich das zuminstest teilweise revidieren.

Mein Sohn hat einen M 1005 mit einer (rhodinierten) F - Feder. Der Füller ist durch "Kindereinwirkung" so unglücklich gefallen, dass ein Federflügel stark verbogen war. Pelikan hat (nach langem coronabedingtem Warten) eine neue Federeinheit eingesetzt und die lädierte beigelegt.

Die verbogene Feder habe ich in Kur genommen, zurückgebogen und geglättet.

Alles ok, auch wenn man optisch noch minimal sehen kann, wo der Knick war.
Aber: Nach der Wiedermontage hat die Feder geflext! Ich habe es nicht geglaubt, aber es ist so:

P8270003 Kopie.jpg
P8270003 Kopie.jpg (176.37 KiB) 3903 mal betrachtet


Das kenne ich sonst nur von meinen vintage-Federn. Ob die Feder vorher auch schon so geflext hat, weiß ich nicht, aber jetzt spreizen sich die Federflügel bei leichtem Druck, wie ich das von Waterman, Eversharp, Mabie & Todd der Vorkriegszeit kenne.

Ob das allerdings bei den Federstärken verschieden ist / sein kann (meine M 1000 Federn - Goldtrim - in M, F und EF flexen eindeutig nicht) oder ob das vom kalt Biegen kommt, weiß ich auch nicht.

Was meinen die Experten?

Hansjürgen
Krümel
Beiträge: 84
Registriert: 12.02.2020 9:12

Re: M 1000 Feder

Beitrag von Krümel »

:o ...ich schmeiße sofort meine Füller auf den Boden - Feder voran :) .
Benutzeravatar
hoppenstedt
Beiträge: 3367
Registriert: 13.10.2013 23:56
Wohnort: Nahe beim Schimpfeck ;)

Re: M 1000 Feder

Beitrag von hoppenstedt »

Extrem interessant! :o

Nur sollte man das Bild und das Vorgehen dringendst mit dem Hinweis "Nicht nachmachen" versehen - insbesondere nicht nachmachen mit einer normalen, unverletzten M100x-Feder!

Wie dieses flexende Verhalten zustande kommen kann, würde auch mich interessieren. :!:

DESAFINADO!

Grüße von Alfred
Benutzeravatar
vanni52
Beiträge: 6137
Registriert: 02.03.2016 17:57

Re: M 1000 Feder

Beitrag von vanni52 »

Krümel hat geschrieben:
27.08.2020 12:58
:o ...ich schmeiße sofort meine Füller auf den Boden - Feder voran :) .
...das sollte besser der Filius von Hansjürgen bewerkstelligen...🙂
LG
Heinrich
Benutzeravatar
Killerturnschuh
Beiträge: 5353
Registriert: 04.12.2013 17:56
Wohnort: München und Edinburgh

Re: M 1000 Feder

Beitrag von Killerturnschuh »

Lieber Hansjürgen,

die Feder des M1000 ist in der Tat weich und elastisch aber definitiv keine Flex Feder, auch wenn sie wie bei deinem Schriftbeispiel nach geglückter Reparatur nachgibt. Du tust der ohnehin bereits angegriffenen Feder auch keinen Gefallen wenn du sie derart malträtierst.
Salve

Angi

"Don't believe everything you read on the Internet!"
Bob Dylan
Drummer, Metallica
Benutzeravatar
desas
Beiträge: 3189
Registriert: 24.04.2014 11:15
Wohnort: Offenbach am Main

Re: M 1000 Feder

Beitrag von desas »

Könnte auch sein, dass die Feder von der Biegerei feinste Risse bekommen hat und deshalb so flexibel wirkt.

Dann wird das so lange immer flexibler, bis man die Risse sieht :(

Ich drücke Dir die Daumen, dass es soweit nicht kommt.
Beitrag in schwarz: desas als Füllerfreund - Beitrag in grün: desas als Moderator

"Fairness ist die Kunst, sich in den Haaren zu liegen, ohne die Frisur zu zerstören."
Gerhard Bronner
Krümel
Beiträge: 84
Registriert: 12.02.2020 9:12

Re: M 1000 Feder

Beitrag von Krümel »

vanni52 hat geschrieben:
27.08.2020 14:00
Krümel hat geschrieben:
27.08.2020 12:58
:o ...ich schmeiße sofort meine Füller auf den Boden - Feder voran :) .
...das sollte besser der Filius von Hansjürgen bewerkstelligen...🙂

...vll ein neues Geschäftsmodell?
Benutzeravatar
pelikanjog
Beiträge: 885
Registriert: 19.10.2017 11:42
Wohnort: östl. Raum von Stuttgart

Re: M 1000 Feder

Beitrag von pelikanjog »

Hallo,

erstmal vielen Dank für die Rückmeldungen.

Muss man wirklich sagen "nicht nachmachen" ???? Ich tue es hiermit.

Das mit den Mini- / Haarrissen könnte sein, schließe ich aber erstmal aus. Das Phänomen der Risse kenne ich von meinen vintage-Federn.

Ob ich die Feder "malträtiere" weiß ich nicht, ich "quäle" sie gewiss nicht, aber sie war vor meiner "Reparatur" abgängig.
So freue ich mich an der Überaschung, wer weiß wie lange ... und mache keine Reklame für den Sachverhalt !!!

Im übrigen habe ich gelesen (wo immer - hier im Forum?), dass die früher die Federn, die flex werden sollten, kalt "bewegt" haben.
Das würde mir erklären, was ich auch nicht erklären kann. Ob das so sein kann, wollte ich mit den Experten hier klären.

Meine M 1000 EF wird nicht flexibel "gemacht"! Ich habe genug Füller mit Federn, deren Flexiblität von semiflex bis vollflex reicht.

Nochmals: Kann es sein, dass die Flexibilität früher durch gekonnte Handarbeit erreicht wurde?

Das würde mir jedenfalls erklären, warum die Federn minimale Unterschiede im Ansprechverhalten haben können (wie z.B. meine beiden Patrician-Federn) und warum es keine modernen Flexfedern mit der Charakteristik von früher gibt.

Hansjürgen
Südwind
Beiträge: 172
Registriert: 02.03.2016 14:47
Wohnort: Am Wald

Re: M 1000 Feder

Beitrag von Südwind »

Durch die Kaltverformung (Biegen und zurückbiegen) sollte die Feder an der Stelle härter geworden sein. Es kann aber sein, dass sich dadurch die Biegelinie der Federschenkel so verändert hat und die Feder dadurch mehr spreizt.
Weicher bekommst du Goldlegierungen durch geeignetes Glühen.
Wenn ein Metallstück bei Kaltverformung weicher geworden ist, dann liegen wohl schon Microcracks vor. Ob das der Fall ist, wirst du bald merken ... (das passiert kurz vor dem Materialversagen).

Ja, Härten und Glühen von Gold ist Handarbeit (Goldschmiedearbeit). https://www.stratmanngold.de/kapitel_2.html
Grüße
Robert
Benutzeravatar
pelikanjog
Beiträge: 885
Registriert: 19.10.2017 11:42
Wohnort: östl. Raum von Stuttgart

Re: M 1000 Feder

Beitrag von pelikanjog »

Hallo Robert,

vielen Dank für diese Information und den link.

Hier geht es aber weniger um härter oder weicher, sondern um Flexibilität und das heißt, das Spreizen der Federschenkel durch (geringen) Druck und anschließendes Zurückschnellen bei nachlassendem Druck in die ursprüngliche Stellung.

Das mit den Mini -Rissen kann und will ich nicht ausschließen. Man wird sehen - Ich berichte, wenn ich etwas entdecke.

Hansjürgen
Südwind
Beiträge: 172
Registriert: 02.03.2016 14:47
Wohnort: Am Wald

Re: M 1000 Feder

Beitrag von Südwind »

Hallo Hansjürgen,

ich glaube, du hast meine Antwort nicht richtig verstanden. Früher wurden die Federn so weit ich weiss zum Teil von der Spitze her gehämmert. Das hat die Federn vorne dünner aber auch härter gemacht. (Hast du schon einmal mit einer Sense gearbeitet? Da muss man dengeln, um die Klinge scharf und schnitthaltig zu bekommen).
Durch die Kaltverformung hast du auch die Feder von der Spitze her wahrscheinlich ein wenig härter gemacht.
Der Rest, also wie gut die Feder spreizt, hängt von der Federgeometrie ab. Eine flache Feder wird eher wenig Linienvarianz zeigen, egal was du machst. Mit einem gewölbten Rücken spreizt die Feder mehr. Wenn du jetzt die Feder vorne härter machst, dann wird vereinfacht gesagt die Feder weiter hinten gekrümmt. Durch die Geometrie spreizt die Feder mehr.
(Hast du die Feder aus ausgebaut und das Aggregat zerlegt? Dann kann es auch sein, dass die Feder beim Einbau nicht mehr so stark geklemmt wird. Das führt auch dazu, dass sich der Flex nach hinten verschiebt).

Der andere Punkt, den du ansprichst, die Elastizität: Das muss so sein. Wenn du zu stark biegst, dann wird die Verformung plastisch, d.h. du verschiebst die Atome im Kristall. Das will man beim Schreiben nicht, weil die Feder dann auf Dauer abbrechen würde.
Grüße
Robert
Benutzeravatar
pelikanjog
Beiträge: 885
Registriert: 19.10.2017 11:42
Wohnort: östl. Raum von Stuttgart

Re: M 1000 Feder

Beitrag von pelikanjog »

Hallo Robert,

Ok, jetzt habe ich es besser verstanden. Danke!

Ich bin immer noch auf der Suche nach dem post, in dem ein Forist erklärt, wie sie früher die Federn bearbeitet haben.
Ich erinnere mich, dass da auch erwähnt wurde, dass die Feder mit der Spitze in eine Kartoffel gesteckt wurde, damit die Hitze nicht an einer falschen Stelle Schaden anrichtet.

Erinnert sich außer mir noch jemand - und vielleicht viel genauer? War das vielleicht in "Rund um die Feder"?
Ich habe es jedemfalls nicht (mehr) gefunden.

Hansjürgen
Benutzeravatar
duckrider
Beiträge: 848
Registriert: 21.02.2014 11:51
Wohnort: nahe Wiesbaden

Re: M 1000 Feder

Beitrag von duckrider »

Nu' ja,
neben zahlreichen Rezeptideen und der Beschreibung der Pelikankantine kam bei der profanen Suche nach einer Kartoffel im Forum folgendes heraus:
viewtopic.php?f=6&t=18773&p=193222&hili ... el#p193222

Mich würden ein/zwei Fotos Deiner Feder sehr interessieren, ich denke, manch' andere auch.

Thomas
Tigrib
Beiträge: 69
Registriert: 14.02.2020 19:02
Wohnort: seit einigen Jahren in Hessen

Re: M 1000 Feder

Beitrag von Tigrib »

pelikanjog hat geschrieben:
28.08.2020 10:34

Ich bin immer noch auf der Suche nach dem post, in dem ein Forist erklärt, wie sie früher die Federn bearbeitet haben.
Ich erinnere mich, dass da auch erwähnt wurde, dass die Feder mit der Spitze in eine Kartoffel gesteckt wurde, damit die Hitze nicht an einer falschen Stelle Schaden anrichtet.

Erinnert sich außer mir noch jemand - und vielleicht viel genauer?
Meinst Du den hier:
viewtopic.php?p=193222#p193222
Frodo hat geschrieben:
23.06.2017 23:22
Hi
Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, ob es in der Anfrage um die historischen Vorgänge zur Federnherstellung oder um die nachträglichen Modifikationen einer neuen Feder ging. Ersteres kann ich mal hier grob beschreiben:

Federnherstellung in der Praxis

Aus einem 4 cm breiten und 0,5 mm dicken 14- oder 18karätigem Goldband wurden drachenförmige fünfeckige kurze Rohlinge ausgestanzt. In die Spitzen der Platten wurde jeweils eine Vertiefung eingeschlagen, in die ein noch kantiges Körnchen der natürlich vorkommenden Iridium- Osmium- Legierung eingelegt wurde. Die Spitze wurde verlötet, in späteren Jahren auch im elektrischen Lichtbogen verschweißt
Die Platte wurde von Hand oder mit kleinen mechanischen Hammerwerken von der Spitze her gehämmert, späterer auch gewalzt. Bei diesem Vorgang wurde das Material erheblich verdichtet. Die Mikrokristalle verhaken sich dabei gegenseitig. Die Goldlegierung wurde härter aber auch spröder und es konnte zu Korngrenzenbrüchen kommen. Die ursprüngliche Dicke an der Spitze blieb erhalten, an der Basis der Feder wurde sie auf Bruchteile von Millimetern verringert. (Heute werden die Goldbänder vor dem Ausstanzen der Platinen unter kontrolliert hohem Anpressdruck verdichtet und auf die gewünschte Härte gebracht) Der Sinn des eigenartigen Dickenprofils wird einsichtig, wenn man bedenkt, dass sich eine Feder mit gleichmäßiger Dicke am schmalsten Teil, dh. an der Spitze,unverhältnismäßig stark durchbiegen müsste. Durch die höhere Materialstärke an den schmaleren Teilen biegen sich die, bei den historischen Goldfedern oft sehr langen Schenkel gleichmäßig durch. Das Hoock `sche Gesetz, das ein lineares durchbiegen einer Feder in Abhängigkeit von der ausgeübten Kraft beschreibt, wird in jedem Fall eingehalten.
Zwischen den Schmiedevorgängen musste die auftretende „Glashärte“ durch Ausglühen der Feder immer wieder abgestumpft werden. Die Spitze durfte aber bei diesem empfindlichen Vorgang nicht mit erhitzt werden da insbesondere das Osmium leicht zu Osmiumtetroxid oxidieren kann. Bei der KAWECO wussten sich die Federarbeiterinnen im ersten Viertel des Jahrhunderts mit einem Haushaltstrick zu helfen: Die Federspitze wurde bis zur Schulterflanke in eine große Kartoffel gesteckt und die Basis der Feder an einer Gasflamme auf dunkle Rotglut erhitzt. Obgleich diese Vorgehensweise recht vorsintflutlich erscheint, so war es doch vermutlich dieses organische Temperaturprofil längs des Metalls, welches Federn mit weltweit geschätzten und bis heute kaum mehr erreichten angenehm flexiblen Schreibeigenschaften hervorgebracht hatte. Wie viele Federn allerdings „versehentlich“ vollständig in den Kartoffeln verschwanden und erst zuhause beim Abendessen wieder auftauchten, ist nicht überliefert.
Jede Feder war ein Unikat in dem viel vom Gefühl des Beschäftigten steckte. Fehler, z.B. Überhitzen, konnte zu irreversiblen Veränderungen des Kristallgefüges sowie zu einer unkontrollierten Oberflächenoxidation der unedleren Legierungsbestandteile führen. Seit der Einführung der Massenproduktion werden die Federn einheitlich in einem hocherhitzten Bad aus geschmolzenen Salzen geglüht.
Die endgültige Fläche der Feder wurde nochmals ausgestanzt und dann das Herzloch ausgeschlagen oder gebohrt und mit winzigsten Feilen ausgefeilt. Mit einem Stahlstempel wurde der Firmeneindruck und der Goldgehalt eingeprägt.
Das halbrunde Profil der Feder wurde geformt
Die Feder wurde geschlitzt. Mit sehr schnell rotierenden 0,1 mm dicken Kupferscheiben, die mit einer ölhaltigen Verreibung aus Korund bestrichen wurden, wurde von der Spitze her der Mittelschnitt bis zum Herzloch eingesägt. Später wurden Carborundum beschichtete Hartgummischeiben verwendet.
Die endgültige Form der Federspitze wurde geschliffen.
Die Federn wurden entgratet und innen und außen poliert.
<
Die Federn wurden zum größten Teil von angelernten Fabrikarbeitern hergestellt. In Schrebgerätefabriken wurden während der Semesterferien gerne Medizinstudenten eingestellt, die mit winzigen Handwerkszeugen umgehen konnten und z.B. die Herzlöcher in die Federn feilten (!!). Es sollte kein größeres Hexenwerk sein, mit heutigem Werkzeug eine Modellfeder im Haushalt herzustellen. Allerdings wird man kein Hartmetallkorn auftreiben und auch der Mittelschnitt wird nicht einfach zu machen sein. Von der Federnfabrik Heinze & Blanckerz gab es mal eine Handreichung für den technischen Unterricht in der Schule zur Herstellung von Stahlfedern. Und bevor man Opas Ehering posthum an einen Goldankäufer verschleudert, könnte man ihn vielleicht auch noch zu einer Feder umarbeiten.
Mit einem Flexprüfer kann bei linienvarianten Federn die lineare Beziehung zwischen Biegemoment und Aufspreizung dokumentiert werden.
Gruss, Frodo
Lieben Gruß
Birgit
Benutzeravatar
pelikanjog
Beiträge: 885
Registriert: 19.10.2017 11:42
Wohnort: östl. Raum von Stuttgart

Re: M 1000 Feder

Beitrag von pelikanjog »

Hallo Birgit,

herzlichen Dank. Ja, ich meine, das sei der Artikel.
Du hast meiner - mir ärgerlichen - Vergesslichkeit aufgeholfen.

Da ich Frodo an einem Abend in Handschuhsheim im Museum kennengelernt habe, werde ich den Hinweis damals verfolgt haben.
Frodo ist ein großer Experte - auch in Sachen Schaft-Material und vor allem Kaweco.

Damit ist für mich die Sache geklärt: Allein durch Zurückbiegen und mit Druck glätten kann die (neue) Flexibiltität nicht erklärt werden.

Alles weitere wird die Zukunft zeigen. Jedenfalls freue ich mich jetzt über die Feder und benutze sie gerne.

Hansjürgen
Antworten

Zurück zu „Pelikan“