Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

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Moguai1978
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Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von Moguai1978 »

Hallo zusammen,

ich habe einen defekten schildpatt-braunen Patienten erstanden, den ich gerne einerseits identifizieren und andererseits (möglichst selbst) instandsetzen möchte. Der Patient hat eine goldene OM-Feder. Auf der Feder ist ein Pelikan-Logo und kein Schriftzug. Der Tintenleiter hat Längslamellen (Ebonit)? Der Kappenring/-band hat nicht die Bezeichnung Pelikan 400.
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Zur Identifizierung:
Anhand der Bilder und der Erläuterungen hier: https://www.pelikan-collectibles.de/de/ ... index.html würde ich auf einen Pelikan 400 schildpattbraun-gestreift tippen. Die zeitliche Einordnung ist aber schwierig. Kappenband ohne Gravur deutet auf vor 1954 hin. Allerdings passt das nicht mit dem Hinweis "Ab Dezember 1954 wurde das Federdesign mit Pelikanlogo eingeführt" hin, da die Feder ja ein Logo und keinen Schriftzug hat. Habe ich hier ein Mischmasch erstanden? Ist der Tintenleiter mit Längslamellen aus Ebonit?

Edit:
Auf dem Korpus im schildpatt-Design steht an dem Ende, wo man den Kolben rein- und rausdreht ganz klein wie eingestanzt "Günther Wagner Pelikan". Vielleicht hilft das ja noch etwas bei der Identifizierung.

Zur Instandsetzung:
Ausgehend von der Feder mit Logo dürfte es sich eher nicht um ein ganz anfängliches 400er-Modell handeln? Bedeutet wiederum keine Steckfeder, sondern Schraubfeder.
Die bekomme ich aber nicht raus momentan, deshalb badet der Füller seit gestern Abend und es löst sich reichlich alte Tinte.
Irgendwo hatte ich meine ich gelesen, dass der Ebonittintenleiter beim Baden etwas aufquillt? Evtl. sind deshalb - neben der alten Tinte - auch Feder und Leiter momentan nicht rauszuschrauben? Gibt es bei einem Ebonittintenleiter da noch etwas zu beachten oder Tipps (wenn ich denn einen solchen habe)?
Damit aber noch nicht genug. Der Kolben ist im Füller und ich weiss noch nicht, ob er sich bewegt und ich ihn herausbekomme. Das Teil zum Drehen und Aufziehen des Kolbens lässt sich abschrauben, der Kolben und die Kolbenstange (aus Plastik?) stecken jedoch noch drin.
Wie gehe ich da am besten vor? Weiter baden bis ich Feder und Tintenleiter vorsichtig heraus bekomme und dann wie hier beschrieben viewtopic.php?f=3&t=2920 den Kolben mit Dichtung und Stange vorsichtig heraustreiben?

Bin für jeden Tipp dankbar!
Viele Grüße

Dominique
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tinte&feder
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Re: Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von tinte&feder »

Sind Kappe und Griffstück schwarz oder braun?

Vorgehen wäre: Federeinheit entfernen und dann mit geeignetem Drücker/Stab von vorne und erwärmten Hinterteil die Mechanik nach hinten herausdrücken. Es wird ein neuer Drehknopf mit Stange von Nöten sein.

Eventuell kann man von vorne die Einkerbungen im Ring um den Tintenleiter sehen, dann wäre es eine geschraubte Federeinheit - manchmal braucht es ein klein wenig mehr Kraft, einen kleinen Impuls, um die alte Federeinheit zu lösen, durch wässern lösen sich aber eher die Verkrustungen als dass sich das ganze schwerer lösen lässt würde ich sagen.

Viele Grüße
Kristof
Moguai1978
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Re: Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von Moguai1978 »

Danke Dir!

Kappe und Griffstück sind dunkelbraun. Die Feder und Tintenleiter waren mit einem Ring reingeschraubt.

Damit wäre der Einstieg gemacht. Jetzt kam mir hinten die klappernde Plastikgewindestange entgegen. Da schaut nichts gebrochen aus. Lässt sich das nicht kleben...wenn da was fixiert werden müsste? Gibt es Fotos, wie das Teil mit Kolben ausgebaut ausschaut?
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Ob der Kolben mit Dichtung jetzt tatsächlich fest ist, habe ich noch nicht probiert. Er badet gerade wieder nachdem mir nach Entfernung von Feder und Leiter ein Schwung alte Tinte entgegen kam.
Viele Grüße

Dominique
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tinte&feder
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Re: Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von tinte&feder »

Dann würde ich auch auf einen Pelikan 400 schildpatt tippen. Wenn sich im Drehknopf eine Bohrung für die Spindel befindet und nichts abgebrochen ist, dann müsste man das kleben können, vielleicht reicht sogar einpressen, diesen Fall hatte ich noch nicht. Die Mechanik muss aber dennoch raus um alles wieder korrekt zusammenzusetzen, denn der Drehknopf soll im Normalfall ja nicht ganz abgeschraubt werden können, vorher stößt der Kolben vorne an und dafür muss die Mechanik vor dem einsetzen zusammengebaut sein.

Viele Grüße
Kristof
Moguai1978
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Re: Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von Moguai1978 »

tinte&feder hat geschrieben:
17.02.2021 20:42
Wenn sich im Drehknopf eine Bohrung für die Spindel befindet und nichts abgebrochen ist, dann müsste man das kleben können, vielleicht reicht sogar einpressen, diesen Fall hatte ich noch nicht.
Also im Drehknopf ist eine Bohrung für die Spindel vorhanden. Die Spindel - sorry hatte bislang den Begriff Gewindestange verwendet - geht dort mit dem einen längeren zylindrischem Ende schwer hinein, geht aber und ich habe es schwer auch wieder rausbekommen. Schaut auch nicht danach aus, dass das abgebrochen wäre. Kann ich das also wieder verwenden? Frage wäre dann später, ob ich die Spindel da reinklebe in den Drehknopf oder nicht?

Ich bade ihn jetzt erstmal noch weiter. Habe eh noch nichts da, womit ich das Innenleben austreiben könnte. Und im Lockdown wirds schwierig da irgendwo die Materialien aufzutreiben. :(
Viele Grüße

Dominique
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dnic
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Re: Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von dnic »

Moguai1978 hat geschrieben:
18.02.2021 9:23
... womit ich das Innenleben austreiben könnte...
Nur meine ungefragte Meinung: Das Austreiben (ausschlagen/klopfen) birgt ein hohes Risiko für die Dichtung.

Stelle den Füller mal in frisches Wasser, Mechanik nach unten, das gestreifte Material 3cm im Wasser.
Wechsel das Wasser täglich und nach 4-5 Tagen schraubst Du Deinen Füllgriff hinten auf und ziehst vorsichtig. Sonst noch ein paar Tage länger wässern. Dann geht die Mechanik einfach raus - relativ zügig reparieren, wieder einschieben und wieder einige Tage trocknen lassen. Dann ist alles wieder bombenfest.

Gruß
Dominic
Moguai1978
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Re: Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von Moguai1978 »

dnic hat geschrieben:
18.02.2021 12:09
Nur meine ungefragte Meinung: Das Austreiben (ausschlagen/klopfen) birgt ein hohes Risiko für die Dichtung.
Lieber Namensvetter mit leicht anderer Schreibweise,

Deine Meinung ist keinesfalls ungefragt, sondern mehr als gern gesehen! Wenn ich den Patienten ohne irgendwo Gewalt anwenden zu müssen, wieder instandgesetzt bekomme, umso besser.

Also er badet jetzt andersrum, wie Du vorgeschlagen hast. Wenn ich die Mechanik auf dem Wege rausbekomme, wäre das prima. Bin gespannt, ob die Dichtung noch okay ist. Sowohl von der Spindel als auch jetzt beim Baden der Mechanikseite kommt da Tinte raus. Beides dürfte ja nicht sein, wenn die Dichtung okay wäre.

Jetzt wird er erstmal in der Position gewässert und dann probiere ich immer mal wieder vorsichtig, ob sich da schon was bewegen lässt.

Ist mein erster Patient, der ernsthaft erkrankt ist und ich liebe die Herausforderung. Umso schöner wird es dann, wenn das Ganze mit einem Erfolgserlebnis gekrönt wird... :)
Viele Grüße

Dominique
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tinte&feder
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Re: Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von tinte&feder »

Moguai1978 hat geschrieben:
18.02.2021 9:23
Frage wäre dann später, ob ich die Spindel da reinklebe in den Drehknopf oder nicht?
Ich würde es erstmal ohne Kleben versuchen, wenn sich der später geschmierte Kolben gut bewegen lässt ist das ja nicht notwendig.

Um die Mechanik zu entfernen gibt es sicher viele Wege, für 4 Tage wässern wäre ich doch zu ungeduldig ;). Ich benutze dafür eine 5mm Alustange mit stumpfem, glatten Ende, erwärme das Hinterteil des Füllers leicht mit einem Fön und umgreife den Füller mit der Hand und drücke mit der Stange auf den Tisch, kein klopfen oder hämmern. In dem Fall hier drückt man also mit dem frei beweglichen Kolben die Hülse der Mechanik heraus. Im Normalfall ist die Mechanik noch komplett und dann drückt man alle Teile der Mechanik zusammen, dabei könnte natürlich eher etwas kaputt gehen.

Eine andere Möglichkeit wäre den Drehknopf ohne Spindel aufzuschrauben bis ein Spalt bleibt und dann ein Gummiband oder Kordel in den Spalt zu wickeln - dreht man nun den Drehknopf weiter zu könnte dieser die Hülse herausziehen, so habe ich das aber noch nie probiert.

Viel Erfolg und viele Grüße
Kristof
Moguai1978
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Re: Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von Moguai1978 »

Liebe Unterstützer und Daumendrücker,

die Geduld hat sich gelohnt und das Wässern hat gereicht, um relativ leicht von Hand ohne Gewalt die Mechanik herauszubekommen.

Soweit so gut, es offenbarte sich nun der Grund, weshalb da im hinteren Mechanikteil Tinte war, wo sie nicht hingehört:
Dichtung01.jpeg
Dichtung01.jpeg (85.82 KiB) 3973 mal betrachtet
Dichtung02.jpeg
Dichtung02.jpeg (101.72 KiB) 3973 mal betrachtet
Die Bilder sind nicht so toll, aber ich denke man kann erkennen, dass die Dichtung beschädigt ist.

Da das keine normalen O-Ringe sind, stellt sich nun die Frage, wo ich so eine Dichtung oder das abgebildete Teil herbekommen kann. Könntet Ihr mir auch da einen Tipp geben?

Großes merci!
Viele Grüße

Dominique
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Darwin666
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Re: Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von Darwin666 »

Ich habe sehr lange gesucht und kenne nur diesen einen Verkäufer:
https://vintagepens.com/catill_sacs_seals.shtml

Liebe Grüße
Peter
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Charles Darwin (1809 - 1882), englischer Naturforscher
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tinte&feder
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Re: Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von tinte&feder »

Wenn ich das richtig sehe ist die mittlere Lamelle kaputt und damit wahrscheinlich die hintere auch. Wie sieht denn die vordere aus? Du könntest die alte Dichtung ja erstmal testen, die mittlere Lamelle entfernen und ein wenig schimeren - ich nehme dazu Silikonfett - und erstmal schauen ob sie wirklich undicht ist. Nur Kolben & Spindel einsetzen und reinpusten. Alte Tinte kann auch hinter den Kolben kommen wenn die Tinte eingetrocknet ist und dann der Kolben bewegt wird.
Moguai1978
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Re: Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von Moguai1978 »

Also beim oberen Bild schwer erkennbar ist, dass die obere Lamelle kaputt ist und genau auf der gegenüber liegenden Seite - das ist das untere Bild - die mittlere und untere Lamelle kaputt sind.

Da führt wohl also kein Weg an einer neuen Dichtung vorbei. Und wenn ich ihn gerade schon zerlegt habe, macht es Sinn ihn dann auch gewissenhaft instand zu setzen.

Schmierung in Form von Rizinusöl - den Tipp hatte mir Peter vor ein paar Wochen gegeben - hätte ich da, aber hier ist die Dichtung sehr eindeutig hinüber...

Wenn jemand noch eine europäische Bezugsquelle hätte, wäre ich sehr dankbar. Ich weiss nicht, wie lange in Coronazeiten da so eine Lieferung aus den USA dauert...
Viele Grüße

Dominique
Moguai1978
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Re: Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von Moguai1978 »

Hallo,

es gibt ein Update. Die Dichtungen aus der USA-Quelle sind da.

Ich habe den Füller wieder zusammengebaut...scheint alles gut, Kolben mit Rizinusöl geschmiert ... läuft ... aber noch etwas schwergängig. Wegen der Schwergängigkeit wird beim Drehen nun hin und wieder die Kolbenmechanik hinten rausgedrückt. Offenbar ist nicht mehr genügend von dem damaligen Klebstoff (?) vorhanden.

Womit haben die das damals eigentlich reingeklebt? Müsste doch etwas sein, was sich beim Wasserbad oder beim Föhnen auflöst/weich wird?

Gibt es da noch etwas, was man da verwenden kann? Dann würde mich noch interessieren, ob die Spindelstange - siehe meine ersten Fotos - da fix in den Drehknopf verklebt ist und falls ja, womit ggf.?
Viele Grüße

Dominique
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mickey
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Re: Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von mickey »

Grüß Gott,

Zitat: "..... Drehen nun hin und wieder die Kolbenmechanik hinten rausgedrückt. "
So habe ich eine Pelikan 481 geschrottet, die Kolbenmechanik ist über Rastnasen in den Schaft gesteckt und bei Montage (ich kann mich noch erinnern, daß dies recht streng ging) hat der Schaft einen Riß bekommen.....
... behalten habe ich die Kolbenmechanik, also Vorsicht!
Aber:
Wenn es ein alter M400 ist, sollte die Kolbenmechanik doch geschraubt sein?!?
Zumindest bei meinem schlidplattbraunen M400 mit Ebonit Tintenleiter sieht man eindeutig eine Abflachung um die Kolbenmechanik aus dem Schaft zu schrauben.
Fragen über Fragen....

Servus
Ps.: Wieso ich kann keine Bilder hochladen??
mfg mickey

"... die wege entstehen im gehen... ,denn erstens kommt es anders und zweitens als man denkt!"
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pelifan
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Re: Identifikation und Instandsetzung eines schildpatt-braunen Patienten

Beitrag von pelifan »

Hallo,
meines Erachtens wurde damals nichts geklebt, deshalb wäre ich da vorsichtig.
Vielleicht hileft ja ein Musiker-Tip? Wenn die Wirbel von Geigen die Saite nicht mehr halten, reibt man sie mit etwas Kreide ein, das erhöht die Reibung. Wenn Du nun den "Stöpsel" von der Stange so behandelst, vielleicht hält diese dann besser.
Grüße von Cordula
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Ein Optimist ist jemand, der Kreuzworträtsel mit Tinte löst.
(Marcel Achard, 1899-1974)
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