Pelikan 4001 Königsblau

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IchFülleAlsoBinIch
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Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von IchFülleAlsoBinIch » 08.10.2016 13:08

Tenryu hat geschrieben:Die Rezeptur der Königsblauen wurde tatsächlich vor einigen Jahren leicht verändert. Das wurde auch in der Werbung hervorgehoben.

Der blaue Farbstoff ist auch nicht sehr stabil. Er verträgt weder Hitze noch Sonnenlicht. Von daher könnte ich mir vorstellen, daß auch die Lagerung sich auf die Farbe (Verblassen) auswirkt.

Das ist eben eine typische Schultinte. Sie soll leicht aus der Kleidung auswaschbar sein, keine hartnäckigen Flecken auf der Haut hinterlassen und sich wegkillern lassen. So etwas kann man nicht mit sehr beständigen und intensiven Farben bewerkstelligen.
Ich würde sagen, Du gehst etwas unkritisch mit Dir selbst ein paar Anachronismen gehörig auf den Leim.

1. Eine Tinte, die im Glas vermarktet wird, kann wohl schon seit Jahrzeiten nicht mehr für sich selbst beanspruchen, eine Schultinte zu sein. Sie kann das höchstens, weil sie auch in Patronen vermarktet wird. Die 4001 war aber deutlich früher da als die Patrone.

2. Die 4001 ist eine Allzwecktinte. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass das Königsblau auch im Konstruktionsbüro meines Vaters die Bürotinte schlechthin war. Darum musste ich die auch in meiner Schulzeit verwenden, was er fürs Büro bestellt hat, mussten wir auch privat verwenden.

3. Der mir wichtigste Punkt: Nicht die Tinte ist blass, sondern unsere Sehgewohnheiten haben sich in den letzten 40 Jahren grundlegend geändert. Das sieht man an Alltagsdruckerzeugnissen (einfach mal Tageszeitungen vor 40 Jahren mit Tageszeitungen von heute vergleichen, gleiches kann man mit Buchumschlägen machen). Die sind nämlich sehr viel bunter geworden. Ich führe das vor allem auf die Wirkung der Computerdisplays auf die Wahrnehmung zurück. Durch die additive Farbmischung in Computerdisplays wirken Farben sehr viel leuchtender und "knackiger" als die subtraktiv farbgemischten Druckerzeugnisse oder die direkte Weltwahrnung. Schön sieht man die Wirkung auch in der Diskussion um die Qualität von Computerdisplays. Da geht es um knackige und knallige Farben, um Farbtiefe, und, damit man sie auch draußen ablesen kann, um extreme Leuchtkraft, es geht eben nie um "realistische" Darstellung, die die Farbigkeit der Welt mit der Farbigkeit der Displays in Übereinstimmung bringt. Das alles führt dazu, dass Farben nicht realistisch abgebildet werden, sondern stets übersteigert. Da unsere Welt aber zunehmend über Displays medial vermittelt wird (jeder kann an sich selbst mal ausrechnen, wie lange pro Tag er auf Displays schaut und nicht auf die reale Welt), prägt das unseren Blick und unseren Anspruch an Farbdarstellungen. Man kann der 4001 also höchstens vorwerfen, dass sie mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten hat. Aber das hat der Füllhalter ja auch nicht.

Was mich noch interessiert:
Tenryu hat geschrieben:Der blaue Farbstoff ist auch nicht sehr stabil. Er verträgt weder Hitze noch Sonnenlicht.
Kannst Du das irgendwie konkretisieren? In welchen realistischen Nutzungsszenarien ist denn Hitze und Sonnenlicht für die Tinte ein wahrnehmbares Problem (dass es technisch messbare Effekte gibt, ist mir klar)? Ich meine, in welchen alltäglichen Nutzungsszenarien werden Seiten über Wochen und Monaten der direkten Einstrahlung von UV-Licht und großer Hitze ausgesetzt, damit das ein wirklich spürbares Problem darstellt?

Ich frage auch deshalb, weil meine praktische Erfahrung mit der Tinte eine andere ist. In meinem Informationsarchiv habe ich Seiten, die ich Anfang der 80er mit 4001 KB beschrieben habe. Mal davon abgesehen, dass die Tinte damals weniger pigmentgesättigt war als heute hat das Papier durch Blättern und Bereiben der Ränder gelitten, aber nicht die Tinte.
Und was heißt schon New York? Großstadt ist Großstadt; ich war oft genug in Hannover (Arno Schmidt).

Thom

Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von Thom » 08.10.2016 13:29

"4001" ist aber kein Synonym für Königsblau. Die alte Buchtinte hätte ich schon längst wieder zurückgeholt (abgesehen vom Geruch), aber Pelikan behauptet, die alten Laborbücher wären verschwunden. Wenn Du mit sowas wie Königsblau vor 100 Jahren bei einer Behörde angetreten wärst, hätten die Dich sofort zum Gefreiten degradiert. :)

V.G.
Thomas

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Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von IchFülleAlsoBinIch » 08.10.2016 13:39

Für'n Schützengraben gibts eh nichts besseres als Bleistift.
Und was heißt schon New York? Großstadt ist Großstadt; ich war oft genug in Hannover (Arno Schmidt).

Thom

Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von Thom » 08.10.2016 13:52

Na ja, wenn die so weiter machen, können wir das vielleicht auch noch testen.

V.G.
Thomas

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Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von IchFülleAlsoBinIch » 08.10.2016 14:04

Hat Ernst Jünger alles schon getestet. Daraus ist schließlich ein faszinierendes Stück Antikriegsliteratur geworden (im Gegensatz zu Remarque und Konsorten, die Krieg eher verherrlichen). Aber das führt alles zu weit weg vom Thema.

Bei der 4k1 KB sehe ich jedenfalls eher Normierungstendenzen wirksam, die das Normale nur wegen der Normalität wegen abwerten und Normalität nicht als Wert erkennen wollen. Aber auch das ist in meinen Augen nur ein Zeitgeistphänomen. In Zeiten wo alles nur noch Superlativ sein will, ist das Normale das erfrischend Besondere. Deswegen mag ich das 4k1 KB.
Und was heißt schon New York? Großstadt ist Großstadt; ich war oft genug in Hannover (Arno Schmidt).

Thom

Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von Thom » 08.10.2016 14:11

Die ist ja auch nicht traditionell "normal", das waren die Eisengallustinten, auch als es die Anilintinten schon gab. Das ist einfach nur der Einfluß der Schule. Es entspricht aber durchaus dem Zeitgeist, dass die Normaltinte jeweils soviel taugt,
wie das geschriebene Wort. :)

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Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von IchFülleAlsoBinIch » 08.10.2016 14:26

Thom hat geschrieben:Es entspricht aber durchaus dem Zeitgeist, dass die Normaltinte jeweils soviel taugt,
wie das geschriebene Wort. :)
Wenn Du damit andeuten willst, dass mit teuren Flaschentinten aus Japan oder Montblanc Namens-/Jahrgangstinten nur Hochkulturelles und Schönstgeistiges aufgezeichnet wird, wäre ich diesbezüglich mit Zustimmung sehr sehr zögerlich. ;) Ich würde eher sagen, das geschriebene Wort taugt immer nur so viel wie der Geist des Schreibers zu leisten fähig ist. Mit der Tinte hat das nichts zu tun.
Und was heißt schon New York? Großstadt ist Großstadt; ich war oft genug in Hannover (Arno Schmidt).

Thom

Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von Thom » 08.10.2016 14:36

Damit will ich sagen, wer seinem Text "Bedeutung" und Beständigkeit zutraut, sollte sich kurzmal über die verwendete Tinte + Papier Gedanken machen. Mir ist völlig egal, womit jemand schreibt, wenn sie/er will auch mit Joghurt auf Dachpappe. :)

V.G.
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Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von Andreas-54 » 08.10.2016 16:06

IchFülleAlsoBinIch hat geschrieben:
Thom hat geschrieben:Es entspricht aber durchaus dem Zeitgeist, dass die Normaltinte jeweils soviel taugt,
wie das geschriebene Wort. :)
Wenn Du damit andeuten willst, dass mit teuren Flaschentinten aus Japan oder Montblanc Namens-/Jahrgangstinten nur Hochkulturelles und Schönstgeistiges aufgezeichnet wird, wäre ich diesbezüglich mit Zustimmung sehr sehr zögerlich. ;) Ich würde eher sagen, das geschriebene Wort taugt immer nur so viel wie der Geist des Schreibers zu leisten fähig ist. Mit der Tinte hat das nichts zu tun.
Völlige Zustimmung.
Und mit dem Preis des verwendeten Füllers genauso wenig. :wink:


Andreas

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Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von IchFülleAlsoBinIch » 08.10.2016 16:41

Thom hat geschrieben:Damit will ich sagen, wer seinem Text "Bedeutung" und Beständigkeit zutraut, sollte sich kurzmal über die verwendete Tinte + Papier Gedanken machen. Mir ist völlig egal, womit jemand schreibt, wenn sie/er will auch mit Joghurt auf Dachpappe. :)
Ich finde, wer seinem Text "Bedeutung" und Beständigkeit zutraut, sollte sich vor allem über die hermeneutische Seite des Textes Gedanken machen ;) Mit welcher Tinte er auf welches Papier geschrieben ist, ist heute wumpe. Die Haltbarkeit der Schreibmaterialien ist nicht das Problem, sondern die Relevanz des Textes. Die Haltbarkeit des Textes dürfte, egal auf welchem Papier und mit welcher Tinte er geschrieben ist, das Interesse der Mit- oder Nachwelt locker übersteigen.
Zuletzt geändert von IchFülleAlsoBinIch am 08.10.2016 16:54, insgesamt 3-mal geändert.
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Thom

Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von Thom » 08.10.2016 16:46

Absolut. Das ist ja das Problem. :)

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Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von MarkIV » 08.10.2016 17:13

Nicht das ich eurer Diskussion nicht gespannt folge, aber es geht hier um Pelikan 4001 Königsblau, nicht um die philosophische Bewertung der Wertigkeit des geschriebenen Wortes.

:D

Mark
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Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von IchFülleAlsoBinIch » 08.10.2016 17:45

Also wenn die Diskussion dahin führt, dass Texten mal pauschal der Bedeutungsgehalt abgesprochen wird nur weil sie mit 4001 KB geschrieben sind, dann sind wir mittendrin im Thema.
Und was heißt schon New York? Großstadt ist Großstadt; ich war oft genug in Hannover (Arno Schmidt).

Thom

Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von Thom » 08.10.2016 17:51

Mark, hast recht, ich habe nur ein paar Minuten gebraucht. :) Jetzt mache ich noch was "Messbares" und das ist dann aber genug für mich zum Thema Königsblau.
Das schrieb mir Martin nach der N.C. Aktion im Frühjahr 2013 und ich habe's hinter Glas an die Wand. Abstand zum Fenster ca. 5 Meter, diffuses Licht, keine direkte Sonnenbestrahlung (jeder Tisch, Stehpult etc. im Raum hat eine höhere Lichtexposition).
Und so sieht's nach dreieinhalb Jahren aus:
Koenigsblau.JPG
Koenigsblau.JPG (398.65 KiB) 5049 mal betrachtet
V.G.
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Re: Pelikan 4001 Königsblau

Beitrag von IchFülleAlsoBinIch » 08.10.2016 18:11

Schönes Experiment, aber nicht praxisrelevant. Denn üblicherweise liegen Papiere auf gebundenen oder ungebundenen Stapeln. Die Frage ist, ob die Sonnen- oder Hitzeempfindlichkeit bei der üblichen Nutzung im Alltag irgendwelche spürbare Relevanz besitzt.
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