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Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 01.06.2023 22:06
von Thom
Niklo hat geschrieben:
01.06.2023 19:02
Hallo Thomas,
wow, danke für Deine interessante Quelle. ...
Roland, keine Ursache! Bei Dir geht das alles noch, aber bei Downfall ist das unentschuldbar, weil der müsste eigentlich wissen, dass ich mit "vergangenen Jahrhunderten" nicht 1985 sondern 1619 meine. :)

V.G.
Thomas

Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 01.06.2023 22:54
von Niklo
Thom hat geschrieben:
01.06.2023 22:06
Roland, keine Ursache! Bei Dir geht das alles noch, aber bei Downfall ist das unentschuldbar, weil der müsste eigentlich wissen, dass ich mit "vergangenen Jahrhunderten" nicht 1985 sondern 1619 meine. :)
Sicherlich wusste Downfall auch, was mit "vergangenen Jahrhunderten" gemeint war. Downfall wusste aber auch, was mich interessiert und hat in meinem Sinne geantwortet :) Nochmals danke.
Der Downfall schreibt, dass die Tinten von Dir (blau- und rotfließend) auch dem Niveau der Urkundentinten ist. Hast Du die Tinten selber gemacht? Ist der Salzsäuretest mit Deiner rotfließenden Tinte gemacht oder mit der Rohrer & Klingner Scabiosa Tinte?
Bei mir daheim habe ich eine 4%ige Salzsäure. Welche Salzsäure hast Du benutzt?
Servus,
Roland

Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 01.06.2023 23:07
von Thom
Die rot- und die blaufließende sind damals im Rahmen des Eisengallusthreads entstanden, da waren auch mehrere hartgesottene Tester beteiligt, besonders sind agathon und Cepasaccus zu nennen. Der Salzsäuretest war weder die rotfließende noch die Scabiosa, das war eine andere, die hatte aber auch einen roten Hilfsfarbstoff. Die genaue Salzsäurekonzentration kann ich Dir gar nicht sagen, ich habe 20%ige, die hatte ich ein bisschen verdünnt, aber die 4%ige reicht auch. Die EG-Komponenten werden da wasserlöslich, solange die im Papier bleiben, kann man die Schriftzüge wieder sichtbar machen, aber sie können in dieser Phase mit Wasser weggespült werden.

V.G.
Thomas

Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 01.06.2023 23:33
von Downfall
Roland, der verlinkte Eisengallus-Thread ist auf jeden Fall mal eine Lektüre wert, falls du an einem Sonntagnachmittag nichts zu tun hast. Ich fand es richtig spannend zu lesen, wie die Tinten sukzessive entstanden und verfeinert worden sind. Wäre gerne selbst ein Teil dieses Prozesses gewesen :)

Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 02.06.2023 8:01
von Niklo
Hallo Downfall,
ich bin schon neugierig das zu lesen. Nochmal danke für die Empfehlung. Ich bin auch neugierig geworden mit dieser Tinte zu experimentieren, wobei ich vermutlich keine eigene EG Tinte herstellen werden. Das geht dann doch zu weit, wobei es durchaus seinen Reiz hätte eine möglichst seine eigene Tinte herzustellen und die in Richtung möglichst "dokumentenecht" bzw. haltbar zu optimieren. :)
Leider fehlt es da bei mir für so eine Optimierung am Wissen... Vermutlich wäre ich froh etwas auf dem Haltbarkeitsniveau von königsblauer Pelikantinte und grauer Farbe herzustellen. :D
Servus,
Roland

Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 02.06.2023 8:02
von Niklo
Hallo Thomas,
ich finde es toll, dass Ihr da so weit experimentiert habts und eine gut brauchbare Eisengallustinte herausgekommen ist. Natürlich würde ich mir wünschen, wenn man die EG nicht so leicht aus dem Papier unbemerkt aus dem Papier ausspülen könnte. So richtig verstehen tue ich es auch noch nicht. Verdünnte Salzsäure ist etwas was z.B. vor 100 oder 200 Jahren ohne große Probleme beschaffbar war. Wenn man so einfach die Tinte perfekt weglöschen und dann neu überschreiben konnte, dann wäre das Thema Urkundentinte unsinnig gewesen. Man hätte dann für die Urkundentinte eine andere Rezeptur gebraucht, die sich nicht so einfach unbemerkbar weglöschen und überschreiben lässt. Gab es etwas diese Behandlung mit Salzsäure nachzuweisen? Dann wäre das vielleicht ein Ausweg aus dem Problem gewesen?
Habts Ihr zum Tintenlöschen das ganze Papier in Salzsäure gebadet oder nur mit getränktem Wattestäbchen bestrichen?
Das Thema finde ich auf jeden Fall spannend.
Servus,
Roland

Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 02.06.2023 8:23
von Thom
Roland, es gibt bei Urkundentinte ja zwei Aspekte, davon ist einer die Fälschungssicherheit. Der andere ist die Beständigkeit.
100% fälschungssicher sind auch beständigere Tinten nicht, weil man immernoch dazuschreiben könnte "ich war das gar nicht", was uns wieder zu Matthias führt.

V.G.
Thomas

P.S. Hier wird überhaupt nix in Salzsäure gebadet. :)

Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 02.06.2023 12:33
von Downfall
Roland, mir geht es bei den EG-Tinten tatsächlich auch nur bedingt um die Beständigkeit (wobei die schon eine entscheidende Rolle spielt). Weshalb ich EG aber gegenüber Pigment bevorzuge, ist die Farbe. Das reizt mich nach wie vor am meisten an den EG-Tinten. Das Nachdunkeln und auch das Endresultat ist mit Farbstofftinten nicht nachzuahmen und dementsprechend einzigartig.

Für alles, was nicht beständig sein muss, mag ich am liebsten kräftige Blautöne, wie Pilot Asa Gao.

Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 02.06.2023 13:08
von Thom
Es gab, wie gesagt, damals Versuche die Tinten beständiger und fälschungssicherer zu machen, z.B. ein Drittel chin. Tusche beimischen, das geht mit Tauchfeder, aber im Füller wird das nichts. Eine andere Variante waren Versuche mit dem Papier, wenn man das so präpariert, dass chem. Manipulationen auch das Papier verändern, dann erkennt man zumindest die Fälschungsabsicht. Aber bei amtlicher Verwendung sind Fälschungen gar nicht so einfach, fälsche mal einen Grundbucheintrag o.ä. oder Verträge mit doppelter Ausführung. Dokumentenechtheit nach DIN ist eine Sache, ob das immer erforderlich ist, wieder eine andere.

V.G.
Thomas

Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 02.06.2023 20:17
von Niklo
Hallo Thomas und Downfall,
ja, das stimmt schon, dass man die absolute Fälschungssicherheit nicht erreichen kann und normalerweise auch nicht braucht.
Unabhängig wie stabil die Tinte bei Salzsäure und Chlorbleichlauge ist, ist es eine interessante klassische Tinte die relativ stabil ist und heute Gott sei Dank sogar immer noch zu kaufen gibt, sogar in einer füllertauglichen modernen Variante.
Die KWZ blau schwarz hört sich auch interessant an. Ich habe 2 ml für einen Test bestellt und die die KWZ blau #1. Ich bin schon gespannt. Ich kenne sie noch nicht, aber ich kenne unter anderem die Pelikan 4001 blau schwarz und die Diamine Registar's ink, die mir sehr gut gefällt. Ich werde mal einen kleinen Eisengallustinten Test machen auch mit nicht füllertauglichen Eisengallustinten. Diese EG Tinten haben schon etwas faszinierendes. :)
Natürlich mag ich auch die normalen "Farbtinten" in blau (sogar königsblau hat etwas Schönes), grün und auch schwarz... Es gibt in jeder Farbe schöne Tinten, die ein schönes Schriftbild zeigen. Die Pelikan 4001 brillant-grün und die 4001 schwarz waren meine ersten Tinten neben dem normalen klassischen Pelikan 4001 königsblau. Später kam waterman green und Mischungen aus verschiedenen Tinten ...)
Servus,
Roland

Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 02.06.2023 21:10
von Downfall
Die KWZ IG Blue Black und die Blue #1 habe ich auch sehr viel verwendet, von beiden habe ich knapp ein Fässchen geleert. Die Blue #1 geht sehr blass hellblau aufs Papier und dunkelt dann komplett ins Graue nach, die hat fast kein Blau mehr am Ende. Die ist aber nur ein klein wenig wasserfest, genau wie die anderen EG von KWZ. Die Blue Black ist die einzige Ausnahme, die ist deutlich stärker. Die habe ich richtig gern verwendet, die geht von Königsblau im nassen Zustand bis Schwarz nach einiger Trocknungszeit. Die KWZ sind mit Sicherheit so ziemlich am unkompliziertesten, sind aber keine "klassischen" EG in dem Sinne, dass sie wirklich gut aus der Feder fließen und dementsprechend auch nicht auf jedem Papier gehen.

Die Nachtblau von Thomas und alle anderen EG, die ich abseits von KWZ kenne (also die Diamine, ESSRI etc.) sind dahingehend anders, dass sie wirklich auf so gut wie jedem Papier gehen. Das ist, neben der einzigartigen Farbgebung, eigentlich meine liebste Eigenschaft. Das sorgt auch dafür, dass ich auf der Arbeit jegliche Blätter mit Füller beschriften kann, unser Kopierpapier ist nämlich nicht füllertauglich. Die Beständigkeit ist für mich, abseits von einigen privaten Schreibprojekten, nur von geringer Relevanz. Fälschungssicher muss bei mir zum Glück nichts sein :)

Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 03.06.2023 0:28
von Thom
Downfall hat geschrieben:
02.06.2023 21:10
... Fälschungssicher muss bei mir zum Glück nichts sein :)
Der Kollege Kujau hatte einfach Pelikan Blau und Schwarz gemischt, Papier mit optischen Aufhellern verwendet und Siegelkordel mit Reaktivfarbstoff. Eigentlich hätte er nicht mehr viel noch falsch machen können und die haben das trotzdem veröffentlicht. :)

V.G.
Thomas

Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 05.06.2023 8:46
von Black Betty
Ich habe mir ein paar von Noodler's Bulletproof und Partially Bulletproof Tinten vorgenommen und sie mit einigen Substanzen traktiert.
Auftrag sehr großzügig mit Q-tip auf das Papier, dann (nach gründlichen Trocknen lassen) nacheinander mit einem Pinsel folgende Lösungen (spaltenweise) aufgetragen:
- DanKlorix (=Bleiche)
- 96% Ethanol
- 10% Essigsäure
- gesättigte Natronlösung (Haushaltsnatron, keine Natronlauge!)
- zum Schluss habe ich das Blatt noch für 20 Minuten seitlich in Wasser eingetaucht.
Gallery_1685945917926.jpg
Gallery_1685945917926.jpg (425.59 KiB) 1624 mal betrachtet
Die Bleiche vernichtet die Baystate Blue komplett, bei den Partially Bulletproof Tinten nur den bunten Farbstoff- diese speziellen Tinten sind von Noodler's im allgemeinen eine Mischung aus einem sehr beständigen schwarzen Farbstoff und unbeständigen wasserlöslichen bunten Farbstoffen zusammen gemischt - sieht man besonders gut an der rechten "Wasserbadseite".
Von Alkohol lässt sich nur die BSB (etwas) beeindrucken, dem Rest kann das nichts anhaben.
Essigsäure löst die wasserlöslichen Farbstoffe an, wobei ich vermute, dass da eher die 90% Wasser, die da ja noch mit drin sind, verantwortlich sind...
Natron scheint die "La reine mauve" ein bisschen anzugreifen, die würde ich mir irgendwann vielleicht noch mal genauer anschauen.

Mein Fazit: Lexington Grey und 54th Massachusetts sind durch nichts von dem hier getesteten auch nur aufzuhellen, La reine mauve und Bad Green Gator auch nur geringfügig. Air Corps Blue-Black, Red-Black und Walnut sind nach der Behandlung zwar nicht mehr bunt, bleiben aber lesbar. Und Baystate Blue mit der bekannten "Schwäche" gegenüber Bleiche und evtl etwas gegen Ethanol.

Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 05.06.2023 22:22
von Thom
Black Betty hat geschrieben:
05.06.2023 8:46
Essigsäure löst die wasserlöslichen Farbstoffe an, wobei ich vermute, dass da eher die 90% Wasser, die da ja noch mit drin sind, verantwortlich sind...
Ja, das wird so knapp über pH 2 sein. Macht mal keine Experimente mit starken Säuren, das ist bei Eisengallustinten eine spezifische chem. Reaktion und ich wusste auch schon vorher, was passiert.

V.G.
Thomas

Re: Bleichtest: 10 "Dokumentenechte" oder die man dafür hält

Verfasst: 05.06.2023 22:52
von vanni52
Black Betty hat geschrieben:
05.06.2023 8:46
Ich habe mir ein paar von Noodler's Bulletproof und Partially Bulletproof Tinten vorgenommen und sie mit einigen Substanzen traktiert.
Danke für den informativen und spannenden Test. Die Grenzen der BSB sind ja auch schon von Hermann aufgezeigt worden.