Moderatoren: desas, MarkIV, Linceo, Lamynator, JulieParadise, HeKe2
Ich kann ja jetzt nur für eine von beiden sprechen. Damit:
SteamDevil hat geschrieben: ↑28.10.2023 18:07... So können meine Enkelkinder, Ur-Enkel, Ur-Ur-Ur-Enkel usw. in Zukunft nachschlagen, in welchen Zeiten wir hier und heute gelebt haben - wenn ihnen der Sinn danach sein sollte. ...
Natürlich, wir werden genauestens beobachtet, von der Zukunft. Und die Bilanz der vergangenen 500 Jahre würde ich als eher gemischt bezeichnen.maggutefueller hat geschrieben: ↑02.11.2023 8:07vorsicht, es wird auch festgehalten, wenn man ein schmierfink war
Das ist ja eine Supertinte, muss ich sagen. Falls Du Zeit hast, zeige die heute nochmal. Ich hatte kürzlich wieder eine Diskussion mit einem französischen EG-Freund. "Wieso schreibst du nicht, dass die schwarz wird?!" "Weil sie dunkelbraun wird." "Und warum schreibst du, die ist rot?" "Ich schreibe nicht rot, sondern rotfließend und das aus gutem Grund."
An den 3 Bildern sieht man es jetzt gut, die EG-Bildung geht lange über den einfachen Trocknungsvorgang hinaus. Ich sage immer, 3:50 ist Dancing Queen von ABBA, aber Eisengallus selbst auf "schnellem" Papier mindestens 2 Stunden bis zum Wassertest geben.
Als Ergänzung zu den Schreibproben jetzt die EG-Bildung auf Laborfilterpapier, die Chromatographie der Tintenproben entsprechend sofort nach dem Auftrag der Probe, dann nach 10 Minuten und nach 24 Stunden:
Ja, wenig schwarz ist viel grau. Eisentannat und Eisengallat unterscheiden sich farblich, die scheinen sich auch nicht gleichschnell zu bilden. Der violette ist ein Eisenkomplex, der war nach 10 Minuten noch auf Wanderschaft.
Interessant finde ich darüberhinaus, dass sich die beiden Eisenkomplexe offensichtlich schon vor der Chromatographie auf dem Filterpapier getrennt haben, also noch vor dem Trocknen.
Das ist jetzt ein leichter Schlag mit einer schweren Waffe. Zweifelsfrei habe ich das nie durchgetestet, weil das Ergebnis nicht handlungsrelevant wäre. Nur mit Tannin kriegt man keine tiefschwarze Tinte, bei den Hilfsfarbstoffen ist das aber eh wieder wurscht. Ich würde mal sagen, alles was eher blaugrau ist, ist Tannat. Wenn es violett wird, dann Gallat, das braucht man nämlich um die Tinte tiefschwarz zu kriegen. Vermutlich wird Tannat weiter wandern, weil die Gerbsäure wie ein Tensid wirkt. Das eigentliche Problem ist, diese ganze Forschung zur Struktur steht im Kontext mit der Konservierung alter Eisengallusschriften. Die Tinten aus dem Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit waren aber größtenteils keine Eisengallus- sondern Eisengerbsäuretinten, es sei denn, die schimmelten mal zufällig. Es ist ja bekannt, was im Wesentlichen frisst, die Säurebildung und die Katalyse durch Metallionen, also kann man auch schlussfolgern, was zu tun ist. Aber diese Forschung am Eisen-Gallat-Komplex ist wie, wir haben den Schlüssel zwar im Dunkeln verloren, aber wir suchen lieber unter der Laterne, weil es da hell ist.
Danke Dir. Die Interpretation dieses Chromatogrammes dürfte jetzt mit dem Insiderwissen so ziemlich abgeschlossen sein.
