Tinten-Betrachtungen: Tinteneigenschaften+Tests (I)

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Andi36
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Tinten-Betrachtungen: Tinteneigenschaften+Tests (I)

Beitrag von Andi36 » 26.08.2011 18:47

Dieser Post enthält Hinweise und Erläuterungen zur Rubrik "Tintenbetrachtungen", siehe auch "Tintenbetrachtungen – Leitfaden".

Er beschäftigt sich mit Tinteneigenschaften und wie diese ggf. beurteilt oder getestet werden können. Falls Ihr Korrekturen, Anmerkungen oder Ergänzungen zu diesem Post habt, dann schreibt mir bitte eine PN, oder öffnet einen separaten Faden unter "Die Tinte und der Tintenfluss". Auch wenn dieser Post gesperrt ist, so ist Euer Feedback selbstverständlich erwünscht und wird hier einfließen – so dass dieser Post die Form einer Zusammenfassung bewahrt.

Welche Eigenschaften zeichnen unsere Tinten aus?


Durchbluten / Durchschlagen / Bleedthrough
Beim Schreiben trocknet die Tinte teils durch Verdunstung, teils durch Absorption des Papiers. Das heißt, sie dringt in das Papier ein. Saugt sich das Papier so stark voll Tinte, dass diese bis auf die Oberfläche der Rückseite gelangt, dann sprechen wir von "Durchbluten" oder "Durchschlagen". Das sieht dann so aus:
Durchbluten (600).jpg
Das Durchschlagen ist nicht mit "Durchscheinen" gleichzusetzen. Die Schrift einer dunklen Tinte kann man oft von der Rückseite erkennen, auch ohne dass die Tinte durchgeschlagen hat.

Das Durchschlagen hängt aber nicht nur von der Tinte selbst ab, sondern auch von Papierdicke, Papierqualität und wie "trocken" oder "nass" die Feder schreibt.

Ausfransen / Feathering
Idealerweise hat der geschriebene Strich auf dem Papier glatte, scharfe Kanten. "Ausfransen" nennt sich der Effekt, wenn sich an den Kanten Zacken bilden, die rechtwinklig von der Linie in das weiße Papier hineinragen.
Ausfransen (600).jpg
Zur Beurteilung ist eine Lupe hilfreich, mit dem bloßen Auge ist Ausfransen nicht immer sofort zu erkennen.

Auslaufen/Verlaufen
Verläuft die Tinte beim Schreiben gleichmäßig, also nicht punktuell wie beim Ausfransen, so ergibt sich der Effekt, dass der geschriebenen Strich auf dem Papier dicker ausfällt, als die Feder ist. Die Kanten des Strichs sind glatt.
Das Schreibgefühl ist ein wenig als würde man auf Löschpapier schreiben.

Schattierung / Shading
Schattierungen spiegeln den Rhythmus des Schreibens wieder. An Wendepunkten, wie z.B. im Buchstaben "m", und überall dort, wo die Feder abgesetzt wird, bleibt etwas mehr Tinte stehen. Hier entfaltet sich die Tinte mit intensiverer Farbe und wirkt dunkler. Die Abwechslung mit den helleren, schnell geschriebenen Fragmenten der Schrift bringt Spannung ins Schriftbild.

Wer Schattierungen nicht mag ist mit schwarzen Tinten am besten bedient.
Shadings (600).jpg
Schattierungen lassen sich gut an einem Tinten-Klecks (1), der z.B. mit einer Messerspitze auf dem Papier verstrichen wird, beurteilen - oder man kann mit dem Feder-Rücken flach über das Papier streichen. Auch der Q-Tip (2) Test, bei dem die Tinte 1x, 2x, und 3x übereinander aufgetragen wird, gibt Aufschluss über die Tendenz der Tinte zu Schattierungen.

Wischfestigkeit
Lässt sich die Tinte trocken verwischen, wenn man z.B mit dem Finger darüber reibt? Dieser ungewünschte Effekt lässt sich insbesondere bei stark saturierten Tinten feststellen.

Ende Teil (I)

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Andi36
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Tinten-Betrachtungen: Tinteneigenschaften+Tests (II)

Beitrag von Andi36 » 26.08.2011 18:54

Trocknungszeit / Drytime
Die Trocknungszeit ist eine der wenigen Eigenschaften, welche ganz objektiv festgestellt und einfach getestet werden können.
Schreibe etwas auf das Papier, warte eine Sekunde und wische mit dem (trockenen) Finger darüber - verschmiert es, so war die Tinte noch nicht trocken.
Wiederhole die Prozedur nach 3, 5, 15, 20 Sekunden bis Du feststellst, dass die Tinte nicht mehr verwischt und Du kennst die Trocknungszeit.
Trocknung (1200).jpg
Trocknung (1200).jpg (57.77 KiB) 22160 mal betrachtet
Wasserfestigkeit / Waterproof
Ein kleiner Tropfen Wasser auf dem beschriebenen Papier gibt schnell Aufschluss, wie es um die Wasserfestigkeit der Tinte steht, ob sie sich vollständig im Wasser löst (im Bild links) oder nur Bestandteile der Tinte fortgeschwemmt werden und ein leserlicher Rest verbleibt (im Bild rechts).
Wasserfestigkeit (600).jpg
Wasserfestigkeit (600).jpg (25.35 KiB) 22096 mal betrachtet
Lichtechtheit / Lightfast
Lichtechte Tinte reagiert nicht auf anhaltende Lichteinstrahlung. Andernfalls ist die Reaktion:
  • die Tinte ändert ihre Farbe
  • die Tinte verblasst
  • die Tinte wird unkenntlich
  • die Tinte verschwindet vollständig

Der Test ist einfach: ein beschriftetes Papier mit Tesa ans Fenster kleben. Bei den meisten Tinten erkennt man bereits nach wenigen Tagen deutliches Verblassen. Manche Tinten verblassen bis zur völligen Unkenntlichkeit.
Lichtechtheit (600).jpg
Lichtechtheit (600).jpg (24.75 KiB) 22065 mal betrachtet
Dokumentenecht / Permanent / Bulletproof
Dokumentenechte Tinten sind nach dem Trocknen nicht mehr veränderbar:
die Farbe ist lichtecht, lässt sich weder von Wasser noch anderen Flüssigkeiten abwaschen und verläuft auch nicht im Wasserbad, so dass sie immer gut lesbar bleibt. Sie darf von Bleichen, Aceton, oder anderen Chemikalien nicht verblassen, lediglich eine geringfügige Veränderung der Farbe ist erlaubt. Sie ist auch nicht radierbar.

Wer aufgrund einer gesetzlichen Dokumentationspflicht auf dokumentenechte Tinte angewiesen ist, sollte unbedingt darauf achten, dass die Tinte nach DIN ISO 12757-2 geprüft wurde. Der Hersteller kann ein entsprechendes Zertifikat vorweisen. Diese Norm beschreibt die Anforderungen an eine dokumentenechte Tinte.
Die meisten "dokumentenechten" Tinten sind also streng genommen quasi-dokumentenecht, so die "permanent" und "bulletproof" Tinten, wie sie im englischen heißen.

Tintenfluss / Flow
Eine Eigenschaft von Flüssigkeiten, also auch Tinten, ist die Viskosität, d.h ihre Zähflüssigkeit. Sie beeinflusst, wie leicht oder wie schwer die Tinte durch Tintenzuführung und über die Feder auf das Papier läuft. Federn, die "trocken" schreiben können mit zähen Tinten zu Aussetzern führen; Federn die "nass" schreiben, werden mit leicht laufenden Tinten zum Durchschlagen neigen.
Wir können den Tintenfluss subjektiv als "schnell/leicht laufende" Tinte bzw. "langsam/zäh laufende" Tinte oder auch "neutral" beurteilen. Man sollte mit dem jeweiligen Schreibgerät vertraut sein um diese Eigenschaft realistisch einschätzen zu können.

Farbe
Last not least – die Farbe!
Sie gefällt - oder sie gefällt nicht.
Hinweise wie "reines Blau, keine Violett-Töne" sind natürlich wertvoll, ersetzen aber keinesfalls Scan oder Foto.

Welche Informationen sind noch von Interesse bei einer Tintenbetrachtung?
Gebinde (also Patrone, Glas mit ml-Menge), Verpackung, Preis, und Verfügbarkeit.


Ich hoffe diese Hinweise sind Euch eine Unterstützung bei er Erstellung oder Interpretation von unseren Tinten-Betrachtungen.
Gruß,
Andreas

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