Midori Traveler's Company Füllhalter

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Flügelfeder
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Midori Traveler's Company Füllhalter

Beitrag von Flügelfeder »

Die Feder ist mächtiger als das Schwert oder 'Midori über Katana'

Ich war die vergangenen Wochen auf der Suche nach einem ganz besonderen Füller als Geschenk. Dieses Jahr wollte ich mich bei meinem Aikido-Lehrer für zwanzig Jahre Unterricht bedanken, die mich tief geprägt haben. Und da er selbst überzeugter Füllhalternutzer ist, was läge näher, als eine japanische Feder?! Das breite Angebot von Sailor, Pilot, Platinum, etc. ist sehr facettenreich und somit bietet sich für jeden Anlass eine reichhaltige Auswahl. Ein Schreiber sticht für mich allerdings besonders hervor und das ist der - von mir - lang ersehnte Füllfederhalter von Midoris Traveler's Company. Ich bin seit Jahren Midori-Nutzer und habe schon häufiger die Bullet Kugelschreiber und Bleistifte aus Messing als Reisebegleiter verschenkt (perfektes Accessoire für die Generation Hipster) - selbst war ich dabei aber immer etwas traurig, dass es keinen passenden Füller gab. Nun schon und daher soll es auch eine Vorstellung dazu geben. Aber Vorsicht: Wenn man sich Jahre oder gar Jahrzehnte mit klassischen Budo-Künsten beschäftigt, wird man wunderlich... insofern dreht sich die folgende Vorstellung nicht nur um den Füllfederhalter, sondern mehr noch darum, was dieser für mich versinnbildlicht.
Die harten Fakten sind schnell erzählt:
Komplett aus Messing. Made in Japan. Design eines Bullet pen, also angelehnt an eine Gewehrpatronenhülse, die als Steckkappe fungiert und ein kurzer Teil des Korpus kuckt wie das Projektil vorne raus. Clip abnehmbar.
Edelstahl-Feder, ausschließlich in F (europäisches F). Federeinheit aus Deutschland (weiß jemand ob Bock oder Schmidt?). Befüllt wird mit kleiner Standardpatrone und es passt auch nur eine solche.
Schreibeigenschaften sind hervorragend, Verarbeitung ist ebenfalls hervorragend!
So, schön und gut, aber warum begeistert mich das Ding so und vor allem, warum ist es im Vergleich zu anderen japanischen Federn in meinen Augen das bessere Geschenk für den Anlass?
Ich mag bspw. die Vorstellung, einem deutschen Trainer einer japanischen Kampfkunst einen japanischen Füller mit deutscher Federeinheit zu schenken. Die Analogie ist einfach zu schön um wahr zu sein.
Außerdem versinnbildlicht gerade dieses Schreibgerätedesign wie kein anderes, etwas Negatives zu nehmen und etwas Praktisches daraus zu machen: Der Bulletpen hat seinen Ursprung nach dem zweiten Weltkrieg, als das einzige, was man zuhauf hatte, leere Patronenhülsen waren und findige Handwerker diese praktisch nutzbar machten. Aus etwas Schlechtem entstand so etwas Nützliches und mehr noch: sogar etwas Gutes. Besonders beeindruckt mich dabei nämlich, dass auf diese Weise etwas Schreckliches bewusst in den Alltag integriert wurde, ihm gerade dadurch aber der Schrecken genommen werden kann. Hoch philosophisch das und ein gutes Sinnbild für das Streben in den klassischen Budo-Disziplinen danach, Nachteile in Vorteile zu verwandeln - nicht nur die des Angreifers, sondern vor allem auch die eigenen.
Ich mag den Messingkorpus, der Patina entwickelt und Kratzer ins Gesamtbild einbindet, so wie Hakama, Obi und Gi im Budo besser werden, je älter und abgenutzer sie sind, weil daran das viele Training deutlich wird.
Ich mag die Stahlfeder, weil es im Budo nicht um edle Anmutung, sondern um Schlichtheit geht. Es wurde sogar auf ein Loch am Ende des Federschlitzes verzichtet, ganz nach dem Motto: Perfektion ist, wenn man nichts mehr weglassen kann. Außerdem ist Stahl das Klingenmaterial des Katana und damit sind wir bei der nächsten Besonderheit, sowohl des Midori Füllers als auch des japanischen Katana: Während sich in Europa die Klingen von Epoche zu Epoche änderten, weil sie den herrschenden Bedürfnissen angepasst wurden, blieb das Katana über 1000 Jahre praktisch unverändert, weil man sich der Klinge anpasste. Schön und gut, aber was hat das jetzt mit dem Traveler's Company Füller zu tun?! Es gibt ihn in genau einer Federstärke: F! (Wie beim Ford Model T und anfangs dem Stipula Modello T: You can have it in any color, as long as it is black!) So ein bisschen das gleiche 'Hier, bitteschön ... und sieh' zu, wie Du damit klar kommst'. Der Nutzer muss sich den Eigenschaften und Eigenarten des Werkzeugs anpassen. Mir gefällt's, ich finde es sehr stimmig. (Und für alle, die sich jetzt fragen: japanischer Füller mit deutscher Federeinheit... ist F dann japanisch F oder europäisch F??? Die Antwort: europäisch F! Fein aber sehr alltagstauglich. Tintenfluss bei 6 von 10).
Auch die Steckkappe gefällt mir. Zum einen ist es der klassische Öffnungsmechanismus eines Bulletpen, zum anderen - wieder Analogie Katana - will ja auch das Schwert aus der Scheide gezogen werden und nicht gedreht. Was mich hier aber besonders erfreut, ist die Tatsache, wie gut der Steckverschluss beim Midori gemacht ist: Innen in der Kappe sind Führungsschienen und Innenkappe (ähnlich dem Lamy 2000). Zudem sind die Spaltmaße perfekt und die Durchmesser von Korpus und Kappe tadellos: nichts wackelt, alles vertrauenerweckend fest und ein seidenweicher Gang.
Nächste Besonderheit: Befüllen lässt sich wirklich nur mit einer Standardpatrone. Nichtmal einer der kleinen Kaweco-Konverter passt! Auch so eine Sache für Füller- und damit Tintenfreunde... Man muss sich dem Midori anpassen, nicht andersrum. Andererseits finde ich auch das in höchstem Maße konsequent: Es ist ein Reisefüller und insofern ist die Entscheidung für Standardpatronen die beste Wahl. Gibt's überall und auch wenn ich jeden Urlaub aufs neue erwäge, ein Tintenfass mitzunehmen, entscheide ich mich doch immer wieder für ein Päckchen Patronen - was mich nicht davon abhält, im Urlaub neue Füller zu kaufen, in die keine Standardpatronen passen
Auch die Möglichkeit, den Clip abzunehmen, finde ich sehr gelungen. Für mich gehört ein Clip eindeutig zu einem Reisefüller dazu. Aber ich muss gestehen, dass die Nähe zu klassischen ring top pens auch ihren Reiz hat und dem kleinen Midori ein Seidenband mit Quaste sicher auch wirklich gut stünde.
Wie man den vorangegangenen Zeilen entnehmen kann, bin ich wirklich sehr angetan vom kleinen Reisegefährten und so sehr ich auch suche, ich finde tatsächlich rein gar nichts negatives zu berichten. Das ganze Budo-Symbolik-Gedöns mal beiseite, ist es schlicht und ergreifend ein wirklich guter Füller! Die Verarbeitung ist top notch. Als kleiner Messingfüller hat er ein sehr gutes Gewicht, durch die im Verhältnis schwerere Kappe liegt das Gewicht beim Schreiben ziemlich genau am Übergang zwischen Zeigefinger und Daumen, also wo der hintere Teil des Stiftes aufliegt. Dadurch ist der vordere Teil angenehm leicht zu bewegen, was für mich recht ermüdungsfreies Schreiben bedeutet. Das angedeutete Geiffstück ist viel zu schmal und zu nah an der Federspitze, wie beim Kaweco Liliput greift man deshalb am Korpus. Trotz des auch hier immer noch schmalen Durchmessers (vergleichbar mit dem Griffstück des Lamy CP1) liegt der Midori sehr angenehm in meiner Hand. Klar bedeutet längeres Schreiben vor allem mit schwitzigen Fingern metallischen Geruch, aber es ist ein Messingfüller und insofern kann man ihm hier keinen Vorwurf machen. Der Tintenfluss ist super und absolut verlässlich. Auch nach Tagen schreibt er sofort an.
Eine rundum gelungene Sache mit -derzeit noch - Seltenheitswert.
Ein Problem allerdings gibt's doch, wenn ich so drüber nachdenke... ich hab den Kleinen so lieb gewonnen, dass ich ihn nicht hergeben mag und wohl oder übel einen zweiten zum Erfüllen des ursprünglichen Zwecks werde besorgen müssen. Ist ja aber andererseits auch nett, wenn Lehrer und Schüler dann den gleichen Füller für ihre Reise auf dem Weg des Budo haben, symbolisch und alles

Und nun natürlich Bilder!!!
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Grüße in die Runde,

Armin
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Krazy Kat
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Re: Midori Traveler's Company Füllhalter

Beitrag von Krazy Kat »

Hm, das sind ja sehr schöne Bilder von dem mir bislang unbekannten Midori-Pocket Pen :D
Etwas schade dass der Clip eine andere Farbe hat. Könnte man noch zwecks zusätzlicher Aufedelung auch ein Goldfederchen einbauen :wink: Zum Material: Bei Luiban steht "Stahl" ?!?
Thou art so like a fountain penne my love; Mine eyes gaze rapt upon thy flexy tines. Thy nibbe is smoother far than silk'n glove. And naught may match the boldeness of thy lynes.
W.S.
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