Kaweco Supra
Verfasst: 04.03.2018 20:50
Moin allerseits!
Lange habe ich einen Bogen um Messingfüller gemacht. Aber wenn nun doch ein einziger in die Sammlung aufgenommen werden sollte, welcher wäre das?
Wenn's nur einer werden darf, dann natürlich der beste! Aber was genau macht für mich den 'besten' Messingfüller aus? Und warum?
Bei unbehandeltem Messing steht eindeutig die Patina im Vordergrund. Es ist ein Material, das sich verändert, ganz individuell altert und gerade das scheint mir der Witz an einem solchen Schreibgerät zu sein. Nur was bedeutet das in Hinblick auf die Auswahl eines spezifischen Modells? Zum einen passt ein solcher Alterungsprozess in meinen Augen am besten zu einem betont rustikalen Schreibgerät. Zum anderen geht der Plan individueller Alterung nur auf, wenn der Füller auch wirklich benutzt wird und zwar nach Möglichkeit häufig und schonungslos, damit er überhaupt die Chance bekommt, eine ansehnliche Patina auszubildenden.
Das zusammengenommen mag zwar für jeden etwas anderes bedeuten; für mich jedenfalls folgt daraus der Kaweco Supra. Aber warum ausgerechnet der Supra und warum überhaupt Kaweco? Zugegeben, Messingfüller sind seit einigen Jahren schwer in Mode und sehr viele Firmen (wie auch unzählige Kickstarter-Projekte) bieten Modelle aus Messing. Soweit ich sehe, hat Kaweco allerdings nicht nur als eine der ersten Firmen damit anfangen, sondern hat mittlerweile mit das umfangreichste Sortiment an Messingschreibgeräten überhaupt. Der eigentliche Grund, liegt aber woanders: Kaweco ist für mich DIE Firma wenn's um Taschenschreibgeräte geht. Obwohl mein erstes Schreibgerät mit dem Kaweco-Logo ein alter Dia war, den ich restauriert habe, verbinde ich doch immer den alten Kaweco Sport mit dieser Firma (und den Slogan 'Klein in der Tasche, groß in der Hand'...). Genau deshalb schien mir Kaweco eine lohnende Anlaufstelle für den einen Messingfüller. Denn wenn's dabei um Patina gehen soll, welches Modell wäre geeigneter als ein Taschenfüller? Der Füller sollte ja betont rustikal sein und deshalb finde ich etwas für die Hosentasche besser. Einen Füller, den man wirklich immer tragen kann (wenn man Hosen an hat), wodurch die idealen Voraussetzungen für Patina und - wichtiger noch - eine sich stets weiterentwickelnde Patina geschaffen sind: Landet zufällig mal eine Münze oder etwas anderes mit in der Tasche, sieht die Oberfläche danach völlig anders aus als vorher. Der Inbegriff eines rustikalen und häufig tragbaren Schreibgerätes also. Und gerade bei Kaweco herrscht hier ja keinerlei Mangel.
Aber warum ausgerechnet der Supra? Zugegeben, für manche ist er mit dem Absatz bei eingesetzter Verlängerungshülse soetwas wie das hässliche Entlein... Aber für mich erfüllt er die oben genannten Anforderungen absolut perfekt und sogar deutlich besser als bspw. Liliput oder Sport! Der Liliput ist mir für längeres Schreiben einfach zu schmal, aber gerade längeres Schreiben sollte möglich sein, wenn es um häufiges und ausgiebiges Benutzen geht. Der Sport ist einer meiner absoluten Lieblingsfüller und zwar nicht nur unter den Taschenfüllern. Aber ein Problem gibt es doch: Obwohl das Griffstück einen bequemen Durchmesser hat, sitzt es durch die verhältnismäßig kurze Feder ein bisschen zu nah am Federkorn. Sprich: Ich greife weiter hinten, auf Gewinde oder sogar Schaft. Und hier liegt der Grund, warum ich den Supra so super finde: Durch die große Feder liegt das Griffstück genau dort, wo ich intuitiv greife und der Griffdurchmesser ist auch für längeres Schreiben ordentlich dimensioniert. Insofern ist der Supra nicht nur ein 'großer Liliput', wie man immer wieder liest, sondern weit mehr. Vor allem aber ist es ein ganz eigenständiger Entwurf eines andersartigen Taschenfüllers und gerade das finde ich gut und hervorhebenswert, denn wie gesagt, sehe ich das Kerngeschäft von Kaweco bei den Taschenfüllern. Gerade in dem Bereich ein Modell zu konstruieren, dass das beste beider Welten miteinander verbindet - die Vorzüge von Taschenfüllern mit den Vorzügen normal dimensionierter Füller (auch ohne eingesetzte Hülse) - ist ein sehr gelungener Wurf.
Womit wir wieder bei dem Absatz der Hülse wären... hätte man die Verlängerungshülse nicht auch ohne Absätze zu Griffstück und Hinterteil konstruieren können? Vielleicht. Und ich verstehe auch gut, dass das Auge sich daran stößt. Aber dennoch finde ich es gut, weil es den Absatz alter Safeties mit einziehbarer Feder aufnimmt (beim MB 100 Year Pen ist das gut zu sehen): Eine Hülse mit Absatz am Schaft hat klassischerweise mit der Länge des Füllers zu tun. So auch beim Supra. Nichts Ausgeklügeltes zwar, aber genau diese Einfachheit passt eben wieder hervorragend zum bread-and-butter-Messingfüller.
Was ich außerdem sehr mag, ist die schlichte Tubus-Form und dadurch absolut gleichmäßige Oberfläche: Gerade dadurch kommt die sich entwickelnde Patina am besten zur Geltung.
Abgesehen davon liegt die Stärke des Supra für mich im kurzen Format bei gleichzeitig vollwertigem Durchmesser und mit aufgeschraubter Kappe vollwertiger Länge. Sprich: Ich benutze ihn maßgeblich in der Taschenfüllerversion und die ist einfach super
Die Verarbeitung ist gewohnt präzise und top notch. Wie gut der Supra gemacht ist, zeigt sich in meinen Augen vor allem auch darin, dass die Schraubkappe ohne jegliche Dichtungen auskommt und die Feder dennoch nicht austrocknet. Das ist wirklich hohes Fertigungsniveau.
Gibt es auch einen Wehmutstropfen? Jein: Als bekennender Pingel stört mich etwas, dass Kaweco Logo auf dem Kappenkopf und Supra-Schriftzug an der Stirn nicht ausgerichtet sind... andererseits ist das Meckern auf hohem Niveau und ansonsten finde ich rein gar nichts auszusetzen.
Spannende Frage ganz zum Schluss wäre nun noch: Wie macht sich die große Feder? Überraschend: Während die kleinen Kaweco-Federn üblicherweise eher trocken schreiben, hat die große vom Supra einen deutlich stärkeren Tintenfluss (7 von 10). Dennoch ist die F-Feder wirklich eine F-Feder und schreibt auch so: fein (der Strichstärke wie auch dem Verhalten nach).
Insofern ist der große Kleine nicht nur ein hervorragender Füllfederhalter, sondern für mich sogar der ideale Messingfüller.
Lange habe ich einen Bogen um Messingfüller gemacht. Aber wenn nun doch ein einziger in die Sammlung aufgenommen werden sollte, welcher wäre das?
Wenn's nur einer werden darf, dann natürlich der beste! Aber was genau macht für mich den 'besten' Messingfüller aus? Und warum?
Bei unbehandeltem Messing steht eindeutig die Patina im Vordergrund. Es ist ein Material, das sich verändert, ganz individuell altert und gerade das scheint mir der Witz an einem solchen Schreibgerät zu sein. Nur was bedeutet das in Hinblick auf die Auswahl eines spezifischen Modells? Zum einen passt ein solcher Alterungsprozess in meinen Augen am besten zu einem betont rustikalen Schreibgerät. Zum anderen geht der Plan individueller Alterung nur auf, wenn der Füller auch wirklich benutzt wird und zwar nach Möglichkeit häufig und schonungslos, damit er überhaupt die Chance bekommt, eine ansehnliche Patina auszubildenden.
Das zusammengenommen mag zwar für jeden etwas anderes bedeuten; für mich jedenfalls folgt daraus der Kaweco Supra. Aber warum ausgerechnet der Supra und warum überhaupt Kaweco? Zugegeben, Messingfüller sind seit einigen Jahren schwer in Mode und sehr viele Firmen (wie auch unzählige Kickstarter-Projekte) bieten Modelle aus Messing. Soweit ich sehe, hat Kaweco allerdings nicht nur als eine der ersten Firmen damit anfangen, sondern hat mittlerweile mit das umfangreichste Sortiment an Messingschreibgeräten überhaupt. Der eigentliche Grund, liegt aber woanders: Kaweco ist für mich DIE Firma wenn's um Taschenschreibgeräte geht. Obwohl mein erstes Schreibgerät mit dem Kaweco-Logo ein alter Dia war, den ich restauriert habe, verbinde ich doch immer den alten Kaweco Sport mit dieser Firma (und den Slogan 'Klein in der Tasche, groß in der Hand'...). Genau deshalb schien mir Kaweco eine lohnende Anlaufstelle für den einen Messingfüller. Denn wenn's dabei um Patina gehen soll, welches Modell wäre geeigneter als ein Taschenfüller? Der Füller sollte ja betont rustikal sein und deshalb finde ich etwas für die Hosentasche besser. Einen Füller, den man wirklich immer tragen kann (wenn man Hosen an hat), wodurch die idealen Voraussetzungen für Patina und - wichtiger noch - eine sich stets weiterentwickelnde Patina geschaffen sind: Landet zufällig mal eine Münze oder etwas anderes mit in der Tasche, sieht die Oberfläche danach völlig anders aus als vorher. Der Inbegriff eines rustikalen und häufig tragbaren Schreibgerätes also. Und gerade bei Kaweco herrscht hier ja keinerlei Mangel.
Aber warum ausgerechnet der Supra? Zugegeben, für manche ist er mit dem Absatz bei eingesetzter Verlängerungshülse soetwas wie das hässliche Entlein... Aber für mich erfüllt er die oben genannten Anforderungen absolut perfekt und sogar deutlich besser als bspw. Liliput oder Sport! Der Liliput ist mir für längeres Schreiben einfach zu schmal, aber gerade längeres Schreiben sollte möglich sein, wenn es um häufiges und ausgiebiges Benutzen geht. Der Sport ist einer meiner absoluten Lieblingsfüller und zwar nicht nur unter den Taschenfüllern. Aber ein Problem gibt es doch: Obwohl das Griffstück einen bequemen Durchmesser hat, sitzt es durch die verhältnismäßig kurze Feder ein bisschen zu nah am Federkorn. Sprich: Ich greife weiter hinten, auf Gewinde oder sogar Schaft. Und hier liegt der Grund, warum ich den Supra so super finde: Durch die große Feder liegt das Griffstück genau dort, wo ich intuitiv greife und der Griffdurchmesser ist auch für längeres Schreiben ordentlich dimensioniert. Insofern ist der Supra nicht nur ein 'großer Liliput', wie man immer wieder liest, sondern weit mehr. Vor allem aber ist es ein ganz eigenständiger Entwurf eines andersartigen Taschenfüllers und gerade das finde ich gut und hervorhebenswert, denn wie gesagt, sehe ich das Kerngeschäft von Kaweco bei den Taschenfüllern. Gerade in dem Bereich ein Modell zu konstruieren, dass das beste beider Welten miteinander verbindet - die Vorzüge von Taschenfüllern mit den Vorzügen normal dimensionierter Füller (auch ohne eingesetzte Hülse) - ist ein sehr gelungener Wurf.
Womit wir wieder bei dem Absatz der Hülse wären... hätte man die Verlängerungshülse nicht auch ohne Absätze zu Griffstück und Hinterteil konstruieren können? Vielleicht. Und ich verstehe auch gut, dass das Auge sich daran stößt. Aber dennoch finde ich es gut, weil es den Absatz alter Safeties mit einziehbarer Feder aufnimmt (beim MB 100 Year Pen ist das gut zu sehen): Eine Hülse mit Absatz am Schaft hat klassischerweise mit der Länge des Füllers zu tun. So auch beim Supra. Nichts Ausgeklügeltes zwar, aber genau diese Einfachheit passt eben wieder hervorragend zum bread-and-butter-Messingfüller.
Was ich außerdem sehr mag, ist die schlichte Tubus-Form und dadurch absolut gleichmäßige Oberfläche: Gerade dadurch kommt die sich entwickelnde Patina am besten zur Geltung.
Abgesehen davon liegt die Stärke des Supra für mich im kurzen Format bei gleichzeitig vollwertigem Durchmesser und mit aufgeschraubter Kappe vollwertiger Länge. Sprich: Ich benutze ihn maßgeblich in der Taschenfüllerversion und die ist einfach super
Die Verarbeitung ist gewohnt präzise und top notch. Wie gut der Supra gemacht ist, zeigt sich in meinen Augen vor allem auch darin, dass die Schraubkappe ohne jegliche Dichtungen auskommt und die Feder dennoch nicht austrocknet. Das ist wirklich hohes Fertigungsniveau.
Gibt es auch einen Wehmutstropfen? Jein: Als bekennender Pingel stört mich etwas, dass Kaweco Logo auf dem Kappenkopf und Supra-Schriftzug an der Stirn nicht ausgerichtet sind... andererseits ist das Meckern auf hohem Niveau und ansonsten finde ich rein gar nichts auszusetzen.
Spannende Frage ganz zum Schluss wäre nun noch: Wie macht sich die große Feder? Überraschend: Während die kleinen Kaweco-Federn üblicherweise eher trocken schreiben, hat die große vom Supra einen deutlich stärkeren Tintenfluss (7 von 10). Dennoch ist die F-Feder wirklich eine F-Feder und schreibt auch so: fein (der Strichstärke wie auch dem Verhalten nach).
Insofern ist der große Kleine nicht nur ein hervorragender Füllfederhalter, sondern für mich sogar der ideale Messingfüller.