Lochfraß durch Vergoldung?

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Frodo
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Re: Lochfraß durch Vergoldung?

Beitrag von Frodo »

Hi
Ja, die Feder oben sieht wirklich grauenhaft kaputt aus. Der Besitzer hatte den Fülli, als er die vergammelte Feder erblickt hatte, diesen wohl mit der Spitze voran auf den Steinboden geschmissen, dabei reisst die Feder senkrecht zur Wurfrichtung am Atemloch ein, man sieht das an einer halbmondförmigen fast glatten Bruchkante, die sich dann bis zur Federbasis im Korrosionswust fortgesetzt hat. Einen winzigen voreilenden Riss sieht man darüberhinaus gespiegelt auf der linken Seite des Lochs. Vielleicht ists aber auch nur ein Kratzer, bietet aber wegen der schönen Achsensymmetrie ein fast ästhetisches Drama. Die Besitzer von eingerissenen Federn, bei denen der Federbacken aber gerade noch hält, loben ihre Federn sehr, weil "der Flex" plötzlich enorm zugenommen hat. Ich hab auch grad wieder einen Fremdfüller hier, zum reparieren.
Die Anmerkung in meinem Essay mit dem Lochfrass bezog sich aber auf V4A Federn und stammte ursprünglich aus einem Aufsatz des Betriebsleiters der DEGUSSA- Federn aus Dossenheim. Hier brachen, so berichtet der Ingenieur, die Federn relativ bald nach dem Verkauf durch den Lochfrass am Schaft ab und zigtausende gerade produzierte Stahlfedern mussten zum Schrott.
Der Korrosionsvorgang der CN Federn könnte aber ähnlich wie der der V4A Federn verlaufen. Die Korrosionsbeständigkeit des einlegierten Chroms kommt ja daher, dass dieses eine sehr dünne Chromoxidschicht bildet, die durchsichtig ist und das darunterliegende Chrom blank erscheinen lässt, wahrscheinlich ist das Cr2O3. Dieses ist schwerlöslich, könnte aber durch ein Oxidationsmittel zu einem leicht löslichen Cr +VI oder zu Peroxochrom oxidiert werden. Ich vermute mal, dass das schwarze Zeug in den Fraslöchern und an der Bruchkante nicht nur eingetrocknete Tinte ist.
Dass das Braune auf der unteren Feder eine Brünierung ist, glaube ich aber nicht. Die CN Feder war eigentlich schön silbrig, das sah doch ganz in Ordnung aus. Die V4A und V2A Federn aber, waren einfach nur grau, so etwa wie eine Edelstahlspüle in der Küche halt irgendwann aussieht.
Gruss F
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Zollinger
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Re: Lochfraß durch Vergoldung?

Beitrag von Zollinger »

Danke für die hilfreichen Erläuterungen....und die anderen auch :mrgreen:
V-Li
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Re: Lochfraß durch Vergoldung?

Beitrag von V-Li »

Und nicht vergessen, dass der Schaft prädestiniert für Spaltkorrosion ist, da er dort eingesteckt ist.

Mal zum Klugscheißern, alle Stähle, die ein gewisses Maß an Phosphor und Schwefel unterschreiten sind Edelstähle. Laut Norm sind nicht-rostende Stähle alle, die mehr als 10,5% Chrom enthalten, damit gibt es aber auch welche, die ein ferritisches Gefüge haben und lustig vor sich hin rosten können (1.4512). Das ist der Peak Normungskunst.
Thom

Re: Lochfraß durch Vergoldung?

Beitrag von Thom »

Das kommt auch ein bisschen auf die Tinte an. Bei so einem Chrom-Nickel-Stahl wird bei einer hohen Chloridkonzentration der Sauerstoff in der Chromoxidschicht substituiert und dann beginnt die Lochkorrosion. Man hat das bedingt mit Molybdän in der Legierung stabilisiert, das ist dann der V4A.

V.G.
Thomas
pan51
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Re: Lochfraß durch Vergoldung?

Beitrag von pan51 »

Guten Morgen,
Zollinger hat geschrieben:
08.06.2021 20:55
... könnte es sein, dass es sich hier um eine brünierte Feder handelt?
ich bekam eine nagelneue CN-Feder, die genauso aussah. Ich meine, das ist eine Schutzschicht aus - vermutlich - Wachs, so wie man sie in dickerer Form auch an Maschinenwerkzeugen oder Motorradteilen fand (Nockenwellen bspw. waren früher ein Wachsklumpen).
Eine Brünierung ist grau bis schwarz, diese kann man nur mit Polieren auch nicht entfernen. Die braunen Flecken auf der Feder dagegen ziemlich leicht.

Viele Grüße,
Axel
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Zollinger
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Re: Lochfraß durch Vergoldung?

Beitrag von Zollinger »

pan51 hat geschrieben:
09.06.2021 8:09
...Die braunen Flecken auf der Feder dagegen ziemlich leicht.
Danke, dann werde ich die Feder wohl einmal polieren müssen :)
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