Wie macht man Flex-Federn?

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Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom »

Zum Üben kann man Tauchfedern nehmen, die halten im Federhalter auch nicht ewig.
Habe ich mehrfach gezeigt.
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KaEff
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von KaEff »

Ich denke, zwei Elemente spielen für Flex-Federn eine Rolle:
a) Material und Materialgefüge
b) Dreidimensionale Gestaltung von Feder und Federaufnahme samt Tintenleiter.

Umformtechniken (Tiefziehen, eventuell Gesenkschmieden, Biegen, Walzen oder Pressen), thermische Behandlung (Hitzen, Anlassen usw.) oder Dotieren/Vergüten nehmen zwar auch Einfluss auf die Eigenschaften. Wesentlich dürfte aber Form und Material sein.
Ein dünner hochfester Stahl wird sich bedingt flexibel verhalten aber vermutlich schnell ermüden und brechen.
Ein Federstahl hoher Elastizität wird sich bei zu hoher Materialstärke oder ungünstiger Spannung auch nicht flexibel verhalten.

Zumindest was die Stähle betrifft, gibt es im Konstruktionsbereich eine Vielzahl unterschiedlicher Festigkeiten und somit Elastizitäten. Daher würde ich in diesem Bereich eine mächtige Stellschraube im Bereich der Auswahl entsprechender Materialien erwarten. Ich denke auch, dass die Umformbarkeit festerer Stähle in den letzten Jahrzehnten besser beherrschbar geworden ist: Moderne, harte Edelstähle und entsprechende Bearbeitung führen zu weniger Flex??
Bei Edelmetall-Legierungen habe ich auch keine Idee.
Frank
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Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom »

Ich glaube auch nicht, dass die das heute nicht mehr "können", die wollen nur nicht.

V.G.
Thomas
thobie
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von thobie »

Naja, ich kann die Hersteller da schon verstehen. Heute schreiben viele mit Kugelschreiber, bevor man sich wieder an einem Füllhalter versucht. Und dann wird genau so viel Druck ausgeübt, wie beim Kugelschreiber. Die rigide Feder übersteht das klaglos. Ich vermute mal, dass man die Feder in meinem M800 nur mit ganz viel Kraft verbiegen kann. Die übersteht jeden Gebrauch. Das sieht bei der Feder im M1000 ganz anders aus. Die kann man mit zuviel Druck beim Aufsetzen relativ leicht zerstören. Ich werde es aber nicht ausprobieren...
KaEff
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von KaEff »

Thom hat geschrieben:Ich glaube auch nicht, dass die das heute nicht mehr "können", die wollen nur nicht.

V.G.
Thomas
Ich bin auch der Meinung, dass man diese Federn aus mir unbekannten Gründen nur im Nieschenbereich anbietet. Das mag an der weiten Verbreitung des Kugelschreibers und den Folegn für die Motorik liegen. Es kann aber auch genauso gut andere Gründe haben, die ich nicht kenne.
Fertigungs-und materialtechnlogisch ist mir kein plausibler Grund für die stocksteifen Fedren bekannt. Oder, exakter ausgedrückt, ich wüsste nicht, warum man keine Flexfedern mehr zu produzireen vermögen sollte.

Es könnte gut sein, dass die betreffende Metallegierung kein "Massenstahl" mehr ist und in recht hoher Menge von einem Spezial-Hersteller erschmolten und "verblecht" werden müsste. Wie viele Millionen Federn ergibt ein Stahlcoil von einigen Tonnen?

Beispiel: Die Feder habe 2 g = 0,002 kg. Das Stahlkoil bringe es auf 2 t = 2000 kg. Da komme ich auf eine Million...
Frank
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ddss
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von ddss »

Ich glaube, man darf die Eigenschaften einer Feder "weich" und "flexibel" nicht durcheinander bringen: Mit "flexibel" ist die Eigenschaft einer Feder gemeint, trotz hohen Drucks wieder in die Ausgangsposition zurück zu kehren. Eine weiche Feder gibt schneller nach, ist aber bei (leicht) erhöhtem Druck auch schnell kaputt, springt also nicht zurück. Die aktuellen Pelikane haben alle starre Federn, allerdings ist die im M1000 tatsächlich weicher als die im M800 (und daher vermutlich auch schneller beschädigt).

Ich habe schon oft darüber nachgedacht, warum starre Federn heutzutage überwiegend hart gemacht werden. Sheaffer hat Anfang der 40er-Jahre die TRIUMPH-Feder und damit einen richtigen "Nagel" auf den Markt gebracht. Gründe waren u.a. die höhere Widerstandsfähigkeit und die Fähigkeit, Durchschriften mit Kohlepapier zu erzeugen. MB hat Mitte der 50er Jahre die "Flügelfeder" eingeführt. Auch mit einer solchen Feder kann man Durchschriften erzeugen, weil sich die Schenkel bei höherem Druck nicht so weit spreizen wie bei einer runden Feder; man konnte die Feder also etwas weicher lassen als bei einer Rundfeder. Auch hier könnte ich mir vorstellen, dass die Hersteller von Kugelschreibern versucht haben, die Kunden mit der Durchschreibfähigkeit dieser Stifte abzuwerben (MB hat ja auch in der 2. Hälfte der 50er bei allen Stiften in der laufenden Serie die bedingt flugtauglichen Tintenleiter durch "flugtaugliche" Tintenzuführer ersetzt; auch das dürfte der Verteidigung gegen die Kugelschreiber gedient haben). Heutzutage wird vermutlich einfach (mangels Kundschaft) das Interesse fehlen, mit weichen Federn irgendwelche Risiken einzugehen und mit kugelschreibergewohnten "Hartschreibern" Ärger zu bekommen.

Mit Flexfedern würde man diese Risiken aber m.E. reduzieren: Ich habe gerade einmal die Feder in meinem M1000 mit der aus dem Osmia 663 verglichen: Auf den ersten 1-2 mm geben die Federn bei gleichem Druck in etwa gleich nach. Der Osmia hat aber viel höhere Reserven und ich würde (etwas keck) behaupten, den Osmia bekommt man (anders als den M1000) mit normalem Schreiben nicht beschädigt. Anders ist das natürlich beim Flexen; hier gilt: Nach breit kommt krumm (in diesem Stadium ist die M1000-Feder aber längst kaputt).

Ich habe noch einmal ein bisschen recherchiert und das hier gefunden: http://www.vintagepen.net/performance-flex.html

Wenn es tatsächlich stimmt, dass die Herstellung einer echten Flex-Feder 70 Bearbeitungsschritte erfordert und die meisten davon Handarbeit sind, braucht man sich nicht zu wundern, wenn sich darum keiner mehr kümmert (und warum wir hier "aus dem Handgelenk" auch keine Patentlösung finden): Die goldenen Zeiten des Flex-Schreibens sind vorbei. Ein kleiner Betrieb (oder gar ein Einzelkämpfer) ist vermutlich überfordert.

Noch schwieriger ist wohl der Bau einer Hybrid-Flex-Feder, mit der man sowohl flexen als auch kratzfrei (!) normal schreiben kann. Genau so eine wünschte ich mir aber (wie vielleicht viele hier im Forum). Ich möchte gar nicht flexen, liebe es aber, wenn die Feder beim (normalen) Schreiben ein bisschen "mitschwingt" und dann auch noch eine gewisse Linienvariation liefert. Solche Federn scheint es aber selbst historisch nur sehr selten zu geben (http://www.vintagepen.net/grading-flex-nibs.html). Umso erstaunlicher finde ich es, dass der Osmia aus den 50er Jahren das kann.


Viele Grüße

Michael
Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom »

Der Bursche hat's ja da mit Goldfedern. Der einzige techn. "Kontakt" den ich mit Gold hatte, waren Anschlussdrähte von Dehnmessstreifen bei Justagerobotern. Da muß ich mal etwas interpolieren. Der Feingehalt gibt ja nur den Gewichts- (oder von mir aus Masse-) Anteil Gold an. Entscheidend sind da die Legierungselemente. Da ist vermutlich Kupfer drinnen, das gibt der Legierung mehr Festigkeit und, mit seiner starken Neigung zur Kaltverfestigung, auch diese. Da kommt dann das erwähnte forging und Tempern in's Spiel. Wie auch immer, die Werkstofftechnik ist heute weiter, als sie's jemals war (und das ist ziemlich weit). Ich denke auch, dass die Angelegenheit irgendwas mit der mittlerweile unwirtschaftlichen Vermarktung zu tun hat.

V.G.
Thomas
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ddss
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von ddss »

Ich glaube auch, dass man in der heutigen Zeit mit Stahlfedern viel einfacher ans Ziel kommen könnte. Aber JoWo und Bock interessieren sich ja offenbar nicht dafür (und würden vermutlich auch erst dann reagieren, wenn die Industriekunden solche Federn wollen). Am Besten müssen sich die Chinesen mit Stahl auskennen: Wir müssten es also irgendwie schaffen, Jinhao einzureden, dass alle Amerikaner und Europäer verrückt auf Flex-Federn sind :D .

Liebe Grüße

Michael
agathon
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von agathon »

Mal als Zwischenfrage: Was haltet ihr in dem Zusammenhang von den alten CN-Federn von Pelikan?

Grüße

agathon
Südwind
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Südwind »

ddss hat geschrieben:Ich habe noch einmal ein bisschen recherchiert und das hier gefunden: http://www.vintagepen.net/performance-flex.html
hei, da macht aber einer ein Geheimnis draus. Füllfederhalter sind keine Raketentechnik.
Die Goldbearbeitung (Walzen, Schmieden, Härten) kann jeder Goldschmied machen. Firmen wie Umicore oder Heraeus in Hanau können natürlich auch Goldbleche mit den entsprechenden Specs herstellen und liefern (die können noch viel schwierigere Dinge). Die Frage ist eher, ob es sich lohnt, die vorhersehbar winzigen Mengen industriell herstellen zu lassen. Beide Varianten (Inhouse durch den Goldschmied oder extern durch einen Zulieferer) sind nicht billig ...
Grüße
Robert
KaEff
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von KaEff »

Thom hat geschrieben: [...]Wie auch immer, die Werkstofftechnik ist heute weiter, als sie's jemals war (und das ist ziemlich weit). Ich denke auch, dass die Angelegenheit irgendwas mit der mittlerweile unwirtschaftlichen Vermarktung zu tun hat.

V.G.
Thomas
Warum habe ich jetzt den seligen Alfred Habermann (der "Schmiedepapst") vor Augen und im Ohr: "Gutes Handwerk braucht Zeit."
Wir sind technologisch weiter denn je zuvor, was das schnelle massenhafte Erzeugen von Material und Werkstücken betrifft.
Traditionelle, aufwändige Fertigungsverfahren mit hohem Anteil von Handarbeit und Gefühl und die erforderlichen Techniken gehen aber unter...

Lieber Südwind, Heraeus oder andere stellen Dir alles her, wie Du es gern hättest und lassen es sich auch adäquat vergüten.
Allerdings, die Sache hat manchmal noch zwei weitere Haken: Der Besteller muss eine Chargennummer vorlegen oder eine Rezeptur und hat dann eine bestimmte Mindestmenge an Material am Hals. Sonst funktioniert das Herstellungsverfahren nicht zuverlässig. Das Quantum kann durchaus mehr sein, als man auf zig Jahrzehnte braucht.
Frank
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Thom

Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von Thom »

Frank, es passiert einfach dasselbe wie immer. Das verschwindet, was nicht mehr gebraucht wird. Und wenn es gebraucht wird, verschwindet's auch nicht.

V.G.
Thomas
KaEff
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von KaEff »

Thomas, Du hast das Wort "vermeintlich" vergessen. Aber, grundsätzlich stimme ich Dir zu.

Und dann wären wir schon in einer "wundervollen" Diskussion um Nachhaltigkeit, Werte und die Aufrichtigkeit unseres Konsumverhaltens... :wink:
Frank
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thobie
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von thobie »

Thom hat geschrieben:Entscheidend sind da die Legierungselemente. Da ist vermutlich Kupfer drinnen, das gibt der Legierung mehr Festigkeit und, mit seiner starken Neigung zur Kaltverfestigung, auch diese.
Wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe (mein Vater hat früher mit Steinen gehandelt und ein Kunde hat es mir mal erklärt), dann führt ein entsprechender Kuperanteil beim Gold zu einer rötlicheren Färbung. Das ist halt beim Legieren auch noch zu berücksichtigen. Jedenfalls wenn eine gelbe Feder dabei herauskommen soll. Ich habe allerdings nie Gold selber legiert.

Gruß
Thomas
KaEff
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Re: Wie macht man Flex-Federn?

Beitrag von KaEff »

Das Legieren ist eine kleine Wissenschaft: Kupfer geht nach rötlich, mit Eisen nach bläulich, Cadmium macht grünlich, Alu meine ich violett, Palladium ergibt Weißgold... Usw usf.

Ich bin an der Grenze zu Thüringen zu Hause, wenn ich da gelegentlich Schmuck aus DDR-Zeiten sehe, hat das Gold da häufig einen Grünstich...

Letztendlich, mit dem Legieren ändern sich immer viele Eigenschaften des Gemischs. Will man mehr Elastizität, geht die goldene Goldfarbe etwas zurück, aber auch der Schmelzpunkt ändert sich usw.
Frank
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